[...] Die vorliegende Arbeit wendet sich nach einer allgemeinen Begriffsbestimmung von Angewandter Musikpsychologie (Kap. 2) zunächst den Grundvoraussetzungen der aktuellen musikpsychologischen Forschung zu. Dies geschieht in Form einer kurzen Überblicksdarstellung des aktuellen Musikmarktes, für den die zunehmende Verbreitung von Tonträgermusik (Kap 3.1) und die Phänomene der Second Orality (Kap. 3.2) und des Kultur-Sponsoring (Kap. 3.2) von zentraler Bedeutung sind. Danach werden in Betrachtungen zur musikalischen Rezeption (Kap. 4.1) und Funktion (Kap. 4.2) zwei Kernprobleme der Angewandten Musikpsychologie vorgestellt. Nach einer kurzen Reflexion zur Ästhetik in der elektronischen Ära schließt die Arbeit mit der Vorstellung des Typus der Funktionellen Musik (Kap. 5), die in der Vergangenheit immer mehr in den
Mittelpunkt musikpsychologischer Forschung gerückt ist. Hier werden die Beispiele Arbeitsplatz (Kap. 5.1), Kaufhaus (Kap. 5.2) und Werbung (Kap. 5.3) behandelt. Zu den Forschungsschwerpunkten, die in dieser Arbeit nicht mehr berücksichtigt werden können, gehören in erster Linie empirische Betrachtungen zur Musik als Arbeit sowie zum Zusammenhang von Musik und Lerninhalten (Musik in der Schule).
- Inhalt -
1 Einleitung
2 Was ist Angewandte Musikpsychologie?
3 Musikmarkt im Wandel
3.1 Konsum und mediale Verbreitung von Musik
3.2 Second Orality
3.3 Kultur-Sponsoring
4 Kernpunkte der Angewandten Musikpsychologie
4.1 Musikalische Rezeption
4.2 Musikalische Funktion
Exkurs Zur Klangästhetik in der elektronischen Ära
5 Funktionelle Musik
5.1 Am Arbeitsplatz
5.2 Im Kaufhaus
5.3 In der Werbung
6 Literaturangaben
1 Einleitung
Entstehung und Relevanz des musikalischen Forschungsgebiets, das ich in der vorliegenden Hausarbeit vorstelle, ergibt sich prima facie. Musik ist ein Kulturgut - vielleicht das wichtigste, das wir haben. Sie gehört in eine Kategorie, die wir die zweite Natur nennen. Diese bezeichnet ein geistig-ideelles Residuum , eine Art nicht-physische Parallelwelt , die sich der Mensch im Laufe seiner Zivilisation jenseits seiner natürlichen Umwelt erschaffen hat. Die Bestandteile dieser Welt haben eine entscheidende Gemeinsamkeit: Sie sind ohne die menschliche Psyche nicht vorstellbar.
Ein Blitz ist ein Blitz, und er bleibt es – ganz gleich, ob er von einem Individuum wahrgenommen wird oder nicht. Kulturelle Phänomene hingegen haben ihre Existenz nicht allein in einer geistunabhängigen Welt, wie die natürlichen Phänomene, sondern entfalten ihre Wirkung erst im Zusammenspiel mit dem menschlichen Bewusstsein. Beethovens Dritte wird erst zu Beethovens Dritter, nachdem sie von einem Interpreten in entsprechende Luftschwingungen ungewandelt worden ist, diese dann den Gehörapparat eines wahrnehmenden Hörers überwunden haben und anschließend wiederum in ein subjektives Hörerlebnis (zurück-)verwandelt worden sind. Ob dieses Hörerlebnis nun dem des Interpreten gleicht, sei dahingestellt. Wir wissen es nicht und werden wohl noch lange nicht in Erfahrung bringen können. Fest steht allerdings eines: Beide Parteien, Hörer und Interpret, sind in der Lage, sich über das Werk zu verständigen. Beide finden Zugang zur Musik. Das Werk wird damit zur Eingangspforte in die intersubjektive zweite Welt.
Die Art und Weise, in der wir diese Pforte passieren, unterscheidet sich von Hörer zu Hörer eklatant. Der Produzent hört anders als der Künstler, der Musikkritiker anders als der Finanzbeamte, die Frohnatur anders als der Depressive. Ob wir einen rationalen, emotionalen, ästhetischen oder möglicherweise sogar bloß
profitorientierten Zugang zur Musik entwickeln, hängt also von unzähligen Faktoren ab. Die meisten von ihnen entziehen sich dem Bewusstsein des Hörers. Der Konsumindustrie sind solche Faktoren nicht verborgen geblieben. Musik kann Aufmerksamkeit erregen, Kaufinteresse stimulieren, unterschiedlichste Stimmungen hervorrufen, sprich: sich in den Dienst eines Produktes stellen, oder aber selbst zum Produkt werden.
Verlassen wir die Industrie und wenden uns der Untersuchung, Auswertung und Interpretation dieser Faktoren jenseits kommerzieller Interessen zu, dann haben wir das Feld der Angewandten Musikpsychologie betreten. Dass die ethische Bedenklichkeit ihrer praktischen Umsetzung auch die Musikpsychologie selbst in ein negatives Licht rückt, ist ebenso verständlich wie problematisch. Dies konfrontiert die wissenschaftliche Erkenntnis auf diesem Forschungsfeld immer wieder mit dem Zwang, sich rechtfertigen zu müssen, denn „[...] die Strategien, die aus ihr entwickelt werden können, sind nicht ohne Empfindung eines bitteren Geschmacks zu betrachten.“[1]
Die vorliegende Arbeit wendet sich nach einer allgemeinen Begriffsbestimmung von Angewandter Musikpsychologie (Kap. 2) zunächst den Grundvoraussetzungen der aktuellen musikpsychologischen Forschung zu. Dies geschieht in Form einer kurzen Überblicksdarstellung des aktuellen Musikmarktes, für den die zunehmende Verbreitung von Tonträgermusik (Kap 3.1) und die Phänomene der Second Orality (Kap. 3.2) und des Kultur-Sponsoring (Kap. 3.2) von zentraler Bedeutung sind. Danach werden in Betrachtungen zur musikalischen Rezeption (Kap. 4.1) und Funktion (Kap. 4.2) zwei Kernprobleme der Angewandten Musikpsychologie vorgestellt. Nach einer kurzen Reflexion zur Ästhetik in der elektronischen Ära schließt die Arbeit mit der Vorstellung des Typus der Funktionellen Musik (Kap. 5), die in der Vergangenheit immer mehr in den Mittelpunkt musikpsychologischer Forschung gerückt ist. Hier werden die Beispiele Arbeitsplatz (Kap. 5.1), Kaufhaus (Kap. 5.2) und Werbung (Kap. 5.3) behandelt. Zu den Forschungsschwerpunkten, die in dieser Arbeit nicht mehr berücksichtigt werden können, gehören in erster Linie empirische Betrachtungen zur Musik als Arbeit sowie zum Zusammenhang von Musik und Lerninhalten (Musik in der Schule).
2 Was ist Angewandte Musikpsychologie?
Zunächst ist die Angewandte Musikpsychologie Teil der allgemeinen Psychologie. Und genauso wie man in der Allgemeinen Psychologie mit Verweis auf praktische Relevanz in einem bestimmten Teilgebiet von Angewandter Psychologie spricht (Medienpsychologie, Forensik, Rechtspsychologie), lässt sich auch in der allgemeinen Musikpsychologie ein Bereich mit dem Etikett Angewandte Musikpsychologie versehen. Dieser Bereich fußt im Wesentlichen auf vier grundlegenden Forschungsschwerpunkten.
Die psychoakustische Psychologie beschäftigt sich mit den verschiedenen Arten von Klang und dessen Wirkung auf den Menschen. Die psychophysiologische Grundlagenforschung untersucht insbesondere die Art und Weise der Perzeption von Musik durch Ohr und Gehirn. Die experimentelle Musikpsychologie analysiert und interpretiert Eigenheiten der individuellen und über-individuellen Musikrezeption. In der Entwicklungs- und Testpsychologie schließlich werden psychomusikalische Einzelphänomene wie zum Beispiel das der Musikalität empirisch erforscht.[2]
Diese systematischen Ansätze werden in Zusammenhang gebracht mit Ergebnissen aus der Sozialforschung im makrosozialen (Musikindustrie, Hörgewohnheiten, Manipulation durch Musik, Berufsgruppenanalyse) oder mikrosozialen Bereich (Höreindruck, individuelle Ästhetik, musikalischer Geschmack, Perzeption). Außerdem arbeitet die Angewandte Musikpsychologie eng mit den Medien-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften zusammen.
3 Musikmarkt im Wandel
3.1 Konsum und mediale Verbreitung von Musik
Die zunehmende Elektrifizierung hat Musik in den vergangenen Jahrzehnten immer leichter zugänglich gemacht. Der Stellenwert der Reproduzierbarkeit musikalischer Einzelereignisse für die Gestalt von Musik insgesamt ist kaum hoch genug einzuschätzen. Blaukopf räumt elektroakustischen Geräten sogar den Status von „Werkzeugen der musikalischen Kommunikation“ ein und setzt sie mit „Instrumenten“[3] gleich.
Mit dem sich gegenseitig bedingenden Aufkommen von Unterhaltungsindustrie auf der einen und hedonistischer Fitness- und Freizeit-Hysterie auf der anderen Seite hat die Analyse der Elektrifizierung von Musik einen hohen Rang in der Angewandten Musikpsychologie bekommen. Blaukopf stellt dies Herausforderung an die Musikpsychologie dar, indem er von ihr fordert, „[...] die Konsequenzen des technischen Wandels gesondert zu prüfen, um entscheidende Merkmale der Mutation auch der akustischen und musikalischen Umwelt klarzustellen.“[4]
Der Wandel der Musik vom gezielt eingesetzten, situativ eingebundenen Einzelereignis zur allgegenwärtigen Erscheinung erzwingt ein grundlegendes kulturelles Umdenken; denn die Geschwindigkeit der historischen Entwicklung hinsichtlich der Musikrezeption ist imposant: Erst im 19. Jahrhundert entstanden die ersten großen öffentlichen Konzerte, knapp hundert Jahre später gehören Lautsprecher und Tonträger ebenso zum Alltag wie Kaffeemaschine und Toaster. Im Durchschnitt hören deutsche Jugendliche wie Erwachsene täglich rund drei Stunden Musik, insbesondere bedingt durch den stetig ansteigender Freizeitanteil.[5] Musikhören ist mit 97 Prozent in den alten und 95 Prozent in den neuen Bundesländern sogar die liebste Freizeitbeschäftigung der werberelevanten Zielgruppe im Alter von 14 bis 19 Jahren.[6] 95 Prozent aller Haushalte verfügen über ein Abspielmedium.[7] Die Zahlen zeigen: Hier ist der Musikmarkt nahezu gesättigt.
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[1] H. de la Motte-Haber, Musikpsychologie, Köln² 1977, S. 124.
[2] vgl. H. Bruhn, Art. Angewandte Musikpsychologie, in: MGG2, Sachteil Bd. 6, Kassel u. a. 1999, Sp. 1575.
[3] K. Blaukopf, Musik im Wandel der Gesellschaft, München 1982, S. 270.
[4] Ebd.
[5] vgl. P. M. Heyde, Jugend-Marktreport. Die Jugend als Verbraucher in verschiedenen Märkten, Hamburg 1992, S. 32.
[6] Ebd.
[7] Ebd.
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