Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, mit dem Untersuchungsergebnis mittels eines induktiven Vorgehens einen Rückschluss vom Stahlhandel über den Großhandel auf die Allgemeinheit zu erhalten. Das Ergebnis wird im letzten Abschnitt der Arbeit vorgestellt.
Im Jahr 2008 wurde auf EU-Ebene der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) eingeführt, der hierzulande als Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) seinen Weg in das Bildungssystem zu finden versucht. Er soll als Metarahmen dienen, um alle EU-Abschlüsse für Lernende, Berufstätige, Unternehmen und Institutionen vergleichbar, gleichwertig und transparent zu machen. Das oberste Ziel des DQR ist es, das Lebenslange Lernen zu unterstützen. Dies wird in der vorliegenden Arbeit überprüft.
Zunächst erfolgt im Rahmen der Grundlegung eine begriffliche Hinführung zum Lebenslangen Lernen und v.a. zu ihrem ausführenden Instrument, der beruflichen Weiterbildung. Der Europäische Qualifikationsrahmen als Ausgangspunkt der nationalen Qualifikationsrahmen in den EU-Ländern bildet die Grundlage des Deutschen Qualifikationsrahmens, der im folgen-den Abschnitt dieser Arbeit im Rahmen der Grundlegung behandelt wird.
Anhand der Groß- und Außenhandelsbranche wird im Anschluss gezeigt, dass ein unveränderter Bedarf in der Wirtschaft nach selbst ausgebildeten Nachwuchskräften und deren Kompetenzen besteht. Durch die nähere Betrachtung einer Teilbranche des Großhandels, dem Stahlhandel, wird detaillierter auf die grundsätzliche Personal- und Ausbildungssituation dieses Bereichs eingegangen. Die Erwartungen und Anforderungen an potenziell Auszubildende werden hierzu untersucht.
Wiederum wird der Fernstudiengang des Fachverbandes der Stahlhandelsbranche „Betriebswirt Stahlhandel (BDS)“ herangezogen, um als Untersuchungsgegenstand die Frage nach der Unterstützung des Lebenslangen Lernens durch den DQR zu diskutieren. Hierzu werden im Hauptteil dieser Arbeit am Beispiel des vorgenannten Fernstudiengangs aus Sicht der Betroffenen die Ziele des DQR überprüft.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
2. Grundlegung
2.1 Berufliche Weiterbildung und Lebenslanges Lernen in Deutschland
2.2 Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) für Lebenslanges Lernen
2.2.1 Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) als Ausgangspunkt
2.2.2 Entwicklung und Ziele des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR)
2.2.3 Konzept und Struktur
2.2.4 Praktische Anwendung
3. Stahlhandel in Deutschland und das Fernstudium „Betriebswirt Stahlhandel (BDS)“
3.1 Steckbrief des Groß- und Außenhandels
3.2 Anforderungen des Stahlhandels im Ausbildungsbereich
3.3 Der Bundesverband Deutscher Stahlhandel und sein Fernstudiengang „Betriebswirt Stahlhandel (BDS)“
3.3.1 BDS-Fernstudium: Initiierung, historische Entwicklung und Ziele
3.3.2 BDS-Fernstudium: Aufbau, Inhalt und Rahmenbedingungen
3.3.3 DQR-Einstufung des BDS-Fernstudiums
4. Diskussion: Die Unterstützung des Lebenslangen Lernens durch den DQR am Beispiel des Fernstudiengangs „Betriebswirt Stahlhandel BDS“ aus der Perspektive der Beteiligten
4.1 Transparenz
4.1.2 Fernstudenten
4.1.3 Stahlhandel
4.2. Verlässlichkeit, Durchlässigkeit und Qualitätssicherung
4.2.1 Fernstudenten
4.2.2 Stahlhandel
4.3 Gleichwertigkeiten und Unterschiede
4.3.1 Fernstudenten
4.3.2 Stahlhandel
4.4 Übersetzungsinstrument
4.4.1 Fernstudenten
4.4.2 Stahlhandel
4.5 Mobilität
4.5.1 Fernstudenten
4.5.2 Stahlhandel
4.6 Kompetenzorientierung
4.6.1 Fernstudenten
4.6.2 Stahlhandel
4.7 Outcome-Orientierung
4.7.1 Fernstudenten
4.7.2 Stahlhandel
4.8 Anrechnung und Anerkennung
4.8.1 Fernstudenten
4.8.2 Stahlhandel
5. Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Beispiele für Ausprägungen der Weiterbildung
Abb. 2: Anbietertypen von Weiterbildung gemäß „Anbieterforschung“
Abb. 3: Der EQR als Übersetzungsinstrument
Abb. 4: Phasen der DQR-Entwicklung
Abb. 5: Die Vier-Säulen-Struktur des DQR
Abb. 6: Struktur der DQR-Niveaus
Abb. 7: Niveaustufen für zugeordnete Qualifikationen
Abb. 8: Verteilung der Ausbildungsberufe im Großhandel
Abb. 9: Einschätzung zum Bedeutungswandel einzelner Ausbildungsberufe.
Abb. 10: Wunsch und Wirklichkeit bei Schulabschlüssen
Abb. 11: BDS-Geschäftsmodell
Abb. 12: Inhalte Fachbereich Technik
Abb. 13: Inhalte Fachbereich Wirtschaft
Abb. 14: Inhalte Fachbereich Methoden
Abb. 15: Zulassungsvoraussetzungen zum BDS-Fernstudium
Abb. 16: Zeitlicher Ablauf des BDS-Fernstudiums
Abb. 17: Selbsteinstufung der Studienleistungen in den Kompetenzkategorien
Abb. 18: Ergebnis der BDS-Selbsteinstufung
Abb. 19: Ergebnisübersicht zum Abgleich der DQR-Ziele mit dem BDS-Fernstudium
1. Einleitung
Im Jahr 2008 wurde auf EU-Ebene der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) eingeführt, der hierzulande als Deutscher Qualifikationsrahmen (DQR) seinen Weg in das Bildungssystem zu finden versucht. Er soll als Metarahmen dienen, um alle EU-Abschlüsse für Lernende, Berufstätige, Unternehmen und Institutionen vergleichbar, gleichwertig und transparent zu machen. Das oberste Ziel des DQR ist es, das Lebenslange Lernen zu unterstützen. Dies wird in der vorliegenden Arbeit überprüft.
Zunächst erfolgt im Rahmen der Grundlegung eine begriffliche Hinführung zum Lebenslangen Lernen und v.a. zu ihrem ausführenden Instrument, der beruflichen Weiterbildung. Der Europäische Qualifikationsrahmen als Ausgangspunkt der nationalen Qualifikationsrahmen in den EU-Ländern bildet die Grundlage des Deutschen Qualifikationsrahmens, der im folgenden Abschnitt dieser Arbeit im Rahmen der Grundlegung behandelt wird.
Anhand der Groß- und Außenhandelsbranche wird im Anschluss gezeigt, dass ein unveränderter Bedarf in der Wirtschaft nach selbst ausgebildeten Nachwuchskräften und deren Kompetenzen besteht. Durch die nähere Betrachtung einer Teilbranche des Großhandels, dem Stahlhandel, wird detaillierter auf die grundsätzliche Personal- und Ausbildungssituation dieses Bereichs eingegangen. Die Erwartungen und Anforderungen an potenziell Auszubildende werden hierzu untersucht.
Wiederum wird der Fernstudiengang des Fachverbandes der Stahlhandelsbranche „Betriebswirt Stahlhandel (BDS)“ herangezogen, um als Untersuchungsgegenstand die Frage nach der Unterstützung des Lebenslangen Lernens durch den DQR zu diskutieren. Hierzu werden im Hauptteil dieser Arbeit am Beispiel des vorgenannten Fernstudiengangs aus Sicht der Betroffenen die Ziele des DQR überprüft.
Es ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, mit dem Untersuchungsergebnis mittels eines induktiven Vorgehens einen Rückschluss vom Stahlhandel über den Großhandel auf die Allgemeinheit zu erhalten. Das Ergebnis wird im letzten Abschnitt der Arbeit vorgestellt.
2. Grundlegung
2.1 Berufliche Weiterbildung und Lebenslanges Lernen in Deutschland
„Lebenslanges Lernen umfasst die Gesamtheit allen formalen, non-formalen und informellen Lernens über den gesamten Lebenszyklus eines Menschen hinweg (Expertenkommission, 2004, S. 6)“.
Seit dem Jahr 2000 ist Lebenslanges Lernen das umfassende bildungspolitische Leitbild der EU, welches über die Bund-Länder-Kommission im Jahr 2004 zum übergreifenden Ziel der Bildungspolitik in Deutschland wurde (Hummelsheim, 2010, S. 125). Es entwickelte sich ein begrifflicher Dreiklang, der das Lebenslange Lernen näher bestimmt: Bildungsgänge, die in einem institutionellen Rahmen zu einem anerkannten Abschluss führen (z.B. Schule, Universität), werden „formale Bildung“ genannt. Dem Lernenden[1] steht dabei professionelles Personal zur Verfügung, welches staatlich anerkannte Zertifikate, Zeugnisse u.Ä. verleiht. Der Abschluss berechtigt zur Ausübung eines Berufs oder zur Aufnahme einer hierarchisch aufbauenden Bildungslaufbahn (Gnahs, 2010, S. 17.). Außerhalb dieses Systems findet die „non-formale Bildung“ statt, welche durch die Vermittlung von unmittelbar im Berufs- oder Privatleben verwertbaren Kenntnissen und Fähigkeiten charakterisiert wird. Im Rahmen dieser organisierten Bildungsprozesse erhält der Absolvent zum Abschluss ebenfalls eine Berechtigung wie z.B. einen Führerschein. „Informelles Lernen“ beschreibt außerhalb eines fremdorganisierten Rahmens das beabsichtigte Aneignen von Kenntnissen und Fähigkeiten. Dies kann z.B. als Lernen im Freundes- oder Kollegenkreis oder mit Eltern oder Freunden stattfinden. Das informelle Lernen beinhaltet auch das „zufällige Lernen“.
Für die Verwirklichung Lebenslangen Lernens spielt die Weiterbildung als „verklammernde“ Funktion die wesentliche Rolle (Luther, 2003, S.42). Denn Lebenslanges Lernen ist kein voraussetzungsloser Vorgang, sondern bedarf einer professionellen Unterstützung sowie institutioneller Verankerungen, um wirksam zu werden (Kraft, 2006, S.7). Dies leistet die Weiterbildung, welche eine Sozialisations-, Qualifikations- und Selektionsfunktion ausübt (Hummelsheim, 2010, S. 43). Diese Funktionen begründen sich wiederum im integrativen Element aus gesellschaftlicher Sicht, in dessen Rahmen gesellschaftliche und beschäftigungs- bzw. erwerbsnahe Kompetenzen erworben werden. Selektiv wirkt sich der Erwerb eines Basis- oder weiterführenden Zertifikats aus. Diese Grundfunktionen der Weiterbildung machen ihre Klassifizierung als öffentliches und privates Gut plausibel (ebenda).
Die noch heute weitgehend akzeptierte Definition für Weiterbildung legt organisierte Lernprozesse zugrunde, die der Vertiefung, Erweiterung oder Erneuerung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten dienen (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197). Sie richtet sich an Personen, die eine erste Bildungsphase beendet und i.d.R. eine Erwerbs- oder Familientätigkeit aufgenommen haben. Weiterbildung kann fremdorganisiert, selbstorganisiert oder zufällig (d.h. unkontrolliert) stattfinden (Gnahs, 2010, S. 17). Eine Erweiterung erfuhr der Begriff aufgrund der heutigen Relevanz der non-formalen Bildung und des informellen Lernens. Weiterbildung wird demnach definiert als „(…) die Fortsetzung oder Wiederaufnahme von formellen und/oder informellen Lernen allgemeiner oder beruflicher Inhalte nach Abschluss einer ersten berufsqualifizierenden Ausbildung (Expertenkommission 2002, S. 56)“.
Abbildung 1 stellt die Zusammenhänge zwischen Weiterbildung und ihren Ausprägungen anhand von Beispielen ausgesuchter Weiterbildungsaktivitäten dar.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Beispiele für Ausprägungen der Weiterbildung (entnommen aus Gnahs, 2010, S. 18)
Eine weitere Unterteilung erfährt die Weiterbildung durch die Trennung in politische, allgemeine und berufliche Weiterbildung. Entstanden sind diese Begriffskategorien durch die Verwertung vom jeweiligen Kontext Markt, Erwerb, Arbeit, Politik, Kultur und Allgemeinbildung (Hummelsheim, 2010, S. 40).
Die Nachfrageseite der Weiterbildung, dargestellt im AES-Trendbericht 2014[2], zeichnet sich durch eine Teilnahmequote von 51% der 18 bis 64-Jährigen mit mindestens einer Weiterbildungsteilnahme im Jahr 2014 in Deutschland aus. Das betriebliche Segment ist dabei mit 70% am größten, was als passend zur Teilnahmequote der Erwerbstätigen (58%) interpretiert wird. Es folgen mit 54% Personen in schulischer oder beruflicher Ausbildung und deutlich darunter die Teilnahmequote von Arbeitslosen (32%). Zwei Drittel der Beamten und Angestellten stellen die größte Gruppe gemäß beruflicher Stellung dar, gefolgt von Selbständigen (53%) und Arbeitern (44%). Drei Viertel der Arbeiter und Angestellten auf Führungsebene nehmen Weiterbildung wahr. Bei der Weiterbildungsbeteiligung von Männern und Frauen gibt es mit 52% bzw. 50% nahezu keinen Unterschied. Die höchste Teilnahmequote liegt in der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen (58%) vor. Bedingt durch das größte Segment, der betrieblichen Weiterbildung, sind die Weiterbildungsaktivitäten von eher kürzerer Dauer geprägt: Immerhin 30% der betrieblichen Weiterbildungsaktivitäten dauern nur einige Stunden an. Während die betriebliche Weiterbildung zwar knapp drei Viertel der Weiterbildungsaktivitäten ausmacht, umfasst sie nur gut die Hälfte der insgesamt für Weiterbildung aufgewendeten Zeit. Individuelle berufsbezogene Weiterbildungsaktivitäten schließen überdurchschnittlich häufig mit zumindest einem Leistungsnachweis ab (AES 2014).
Anbieterseitig hat sich in den letzten Jahrzehnten ein sehr heterogenes und ausdifferenziertes Spektrum an Weiterbildungsmarktteilnehmern entwickelt, welches auf die Entwicklung, Organisation und Durchführung von Weiterbildungsangeboten und –dienstleistungen spezialisiert ist[3]. Dies betrifft nicht nur die Angebots- und Leistungsstrukturen, sondern auch die wirtschaftlichen, regionalen, weltanschaulichen und politisch-rechtlichen Rahmenbedingungen (Dollhausen, 2010, S. 45).
Abbildung 2 stellt die Marktanteile der Anbietertypen von Weiterbildung dar.[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Anbietertypen von Weiterbildung gemäß „Anbieterforschung“ (entnommen aus Dietrich/Schade/Behrensdorf 2008, S. 27)
Die privaten Anbieter dominieren mit einem deutlichen Vorsprung die Weiterbildungsszene. Mit klarem Abstand folgen die Volkshochschulen auf dem zweiten Platz. Insgesamt entschieden sich im Jahr 2014 z.B. über 400.000 Menschen in Deutschland für einen non-formalen oder informellen Fernlehrgang, davon begannen mehr als 150.000 die Teilnahme an einem Fernstudium (Forum Distance-Learning 2016). Diese Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich des Fernunterrichts werden von rund 400 Instituten in mehr als 3.200 Lehrgängen angeboten. Eine deutliche Auswirkung auf den Weiterbildungsmarkt verursachte die Empfehlung auf europäischer Ebene, den Europäischen Qualifikationsrahmen und in der Folge den Deutschen Qualifikationsrahmen einzuführen.
Diese Instrumente werden im folgenden Abschnitt der vorliegenden Arbeit behandelt.
2.2 Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) für Lebenslanges Lernen
Dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) geht ein längerer Entwicklungsprozess voraus. Im Oktober 2006 haben sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) darauf verständigt, gemeinsam einen Deutschen Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen zu entwickeln.
2.2.1 Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt für diese Entscheidung war die Empfehlung des europäischen Parlaments und des Rats zur Errichtung des Europäischen Qualifikationsrahmens (EQR), die am 23. April 2008 in Kraft trat. Sie legt den Mitgliedstaaten nahe
„1. Den Europäischen Qualifikationsrahmen als Referenzinstrument zu verwenden, um die Qualifikationsniveaus verschiedener Qualifikationssysteme zu vergleichen und sowohl das lebenslange Lernen und die Chancengleichheit in der wissensbasierten Gesellschaft als auch die weitere Integration des europäischen Arbeitsmarkts zu fördern, wobei die Vielfalt der nationalen Bildungssysteme zu respektieren ist;
2. ihre nationalen Qualifikationssysteme bis 2010 an den europäischen Qualifikationsrahmen zu koppeln, insbesondere indem sie ihre Qualifikationsniveaus auf transparente Art und Weise mit den in Anhang II aufgeführten Niveaus verknüpfen und im Einklang mit der nationalen Gesetzgebung und Praxis gegebenenfalls nationale Qualifikationsrahmen erarbeiten[5] ;
3. gegebenenfalls Maßnahmen zu erlassen, damit bis 2012 alle neuen Qualifikationsbescheinigungen, Diplome und Europass-Dokumente, die von den dafür zuständigen Stellen ausgestellt werden, über die nationalen Qualifikationssysteme eine klaren Verweis auf das zutreffende Niveau des Europäischen Qualifikationsrahmens erhalten;
4. bei der Beschreibung und Definition von Qualifikationen einen Ansatz zu verwenden, der auf Lernergebnissen beruht, und die Validierung nicht formalen und informellen Lernens gemäß den gemeinsamen europäischen Grundsätzen, die in den Schlussfolgerungen des Rates vom 28. Mai 2004 vereinbart wurden, zu fördern, wobei besonderes Augenmerk auf die Bürger zu richten ist, die sehr wahrscheinlich von Arbeitslosigkeit und unsicheren Arbeitsverhältnissen bedroht sind und in Bezug auf die ein derartiger Ansatz zu einer stärkeren Teilnahme am lebenslangen Lernen und zu einem besseren Zugang zum Arbeitsmarkt beitragen könnte;
5. bei der Koppelung der im Rahmen der Hochschulbildung und beruflichen Bildung erworbenen Qualifikationen innerhalb der nationalen Qualifikationssysteme an den Europäischen Qualifikationsrahmen die in Anhang III dargelegten Grundsätze für die Qualifikationssicherung in der allgemeinen und beruflichen Bildung zu fördern und anzuwenden (Europäisches Parlament und Rat 2008)[6] “.
Diese Entwicklung des EQR ist in erster Linie mit verschiedenen anderen Bestrebungen zu sehen, die Transparenz, Durchlässigkeit und Mobilität in Europas Bildungssystemen fördern sollen. Zu nennen sind hier v.a. zwei Erklärungen der europäischen Bildungsminister: Die „Erklärung von Bologna (1999)“, die den gleichnamigen Bologna-Prozess angestoßen hat und die „Kopenhagener Erklärung (2002)“.
Während im Bologna-Prozess mit der Schaffung eines einheitlich gestuften Studiensystems zur Vergleichbarkeit innerhalb der europäischen Hochschulsysteme beigetragen wird, ist in der Kopenhagener Erklärung das Anliegen formuliert, mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in die berufliche Bildung zu bringen (Europäische Bildungsminister 2002, 1999).
Der EQR beschreibt auf acht Niveaustufen in den drei Kategorie-Säulen Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen (knowledge, skills, competence) Lernergebnisse, die „für die Erlangung der diesem Niveau entsprechenden Qualifikationen in allen Qualifikationssystemen erforderlich sind (Europäische Kommission 2008, S. 12).“ Jedes der acht Niveaus wird durch eine Reihe von Deskriptoren definiert, welche die Lernergebnisse beschreiben, die für die Erlangung der diesem Niveau entsprechenden Qualifikationen in allen Qualifikationssystemen erforderlich sind.
Kenntnisse sind gemäß EQR das Ergebnis der Verarbeitung von Informationen durch Lernen. Kenntnisse bezeichnen die Gesamtheit der Fakten, Grundsätze, Theorien und Praxis in einem Arbeits- oder Lernbereich. Im EQR werden Kenntnisse als Theorie- und/oder Faktenwissen beschrieben.
Fertigkeiten sind die Fähigkeit, Kenntnisse anzuwenden und Know-how einzusetzen, um Aufgaben auszuführen und Probleme zu lösen. Im EQR werden Fertigkeiten als kognitive Fertigkeiten (logische, intuitives und kreatives Denken) und praktische Fertigkeiten (Geschicklichkeit und Verwendung von Methoden, Materialien, Werkzeug und Instrumenten) beschrieben.
Kompetenz ist im EQR die nachgewiesene Fähigkeit, Kenntnisse, Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten in Arbeits- oder Lernsituationen und für die berufliche und/oder persönliche Entwicklung zu nutzen. Im EQR wird Kompetenz im Sinne der Übernahme von Verantwortung und Selbständigkeit beschrieben (DQR-Handbuch 2013, S. 13).
Basierend auf Kompetenzen und orientiert am sog. „Outcome“ soll deutlich werden, „was ein Lernender nach Abschluss eines Lernprozesses weiß, versteht und in der Lage ist zu tun (Europäische Kommission 2008, S. 3).“ Zur Umsetzung des EQR wurde den europäischen Mitgliedsstaaten nahegelegt, eigene Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) zu entwickeln und diese bis 2010 an den Europäischen Qualifikationsrahmen zu koppeln (Europäisches Parlament und Rat 2008, S. 3).
Wie Qualifikationen zweier Länder durch den EQR vergleichbar werden, zeigt Abbildung 3. Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Der EQR als Übersetzungsinstrument (DQR 2016)
Eine beliebige Qualifikation des Landes A wird über den NQR einem EQR-Niveau zugeordnet. Durch den EQR erfolgt daraufhin eine Übersetzung zum NQR des Landes B. Dies ermöglicht es, die Qualifikation des Landes A mit der auf dieser Niveaustufe zugeordneten Qualifikation des Landes B zu vergleichen und dementsprechend anzuerkennen.
Das Europäische Parlament und der Rat haben zur Weiterentwicklung des europäischen Bildungsraumes auf Vorschlag der Europäischen Kommission eine Reihe von Empfehlungen verabschiedet. Neben dem EQR sind die wichtigsten
- das Dokumentationssystem Europass,
- die Leistungspunktesysteme ECTS und ECVET[7]
- die Qualitätssicherungssysteme CQAF und EQARF[8]
- die Empfehlung des Rates der Europäischen Union zur Validierung nicht-formalen und informellen Lernens (DQR-Handbuch 2013, S. 8).
Der Europass bildet individuelle Lern- und Qualifikationsverläufe ab und stellt standardisierte Formate für die Erläuterung von Zertifikaten bereit. Eine Niveaueinstufung von Qualifikationen soll, so der Anspruch an den DQR, die Europass-Dokumente verständlicher machen und somit die Transparenz erhöhen. Auch Leistungspunktesysteme beziehen sich auf individuelle Lernergebnisse und Qualitätssicherungssysteme (als vertrauensbildende Voraussetzungen) und stellen keine Mobilitäts- und Transparenzinstrumente dar. Die Einrichtung des EQR für Lebenslanges Lernen berührt nicht die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ursprüngliche Richtlinie 2005/36/EG), welche die Vereinbarungen über den Zugang zu reglementierten Berufen beinhaltet (ebenda).
Die sich an die Implementierung des EQR anschließende Entwicklung des Deutschen Qualifikationsrahmens wird im folgenden Abschnitt der vorliegenden Arbeit behandelt.
2.2.2 Entwicklung und Ziele des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR)
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Kultusministerkonferenz (KMK) haben sich zusammengeschlossen, um durch die Entwicklung des DQR die Umsetzung des EQR auf nationaler Ebene umzusetzen. Somit wurde erstmals in Deutschland ein nationales Rahmenwerk für die berufliche und die allgemeine Bildung sowie die Hochschulbildung formuliert. Die Erarbeitung des DQR wird von der „Bund-Länder-Koordinierungsstelle Deutscher Qualifikationsrahmen (B-L-KK DQR)“ gesteuert. Eine Qualifikation wird im DQR definiert als das formale Ergebnis eines Beurteilungs- und Validierungsprozesses, bei dem eine dafür zuständige Stelle festgestellt hat, dass die Lernergebnisse einer Person vorgegebenen Standards entsprechen (DQR-Handbuch 2013, S. 30). Gemeinsam mit Experten aus der allgemeinen Bildung, der Hochschulbildung, der beruflichen Bildung, der Wissenschaft und der Praxis sowie den Sozialpartnern bilden sie den „Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AK DQR)“. Dieser hat, begleitet durch regelmäßige Rückkopplung an die entsendenden Institutionen und Gremien, einen DQR-Entwurf erarbeitet, der aus einem Einführungstext und einer Matrix mit den Niveaustufen sowie einem Glossar der wichtigsten Begriffe besteht (DQR 2016).
Dieser Entwurf wurde im Jahr 2009 der Öffentlichkeit zu Diskussion vorgelegt und im Anschluss in vier Arbeitsgruppen erprobt, welche durch die einvernehmliche exemplarische Zuordnung von ausgewählten formalen Qualifikationen die Handhabbarkeit der Matrix zu überprüfen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten (ebenda ). Die Arbeitsgruppen teilen sich in die vier Berufs- und Tätigkeitsfelder Gesundheit, Handel, IT-Bereich und Metall/Elektro auf.
Nachdem zum Abschluss der Erprobungsphase der AK DQR am 22. März 2011 dem BMBF und dem KMK die aktuellste Fassung des DQR vorgelegt hatte, wurde ein Leitfaden entwickelt. Dieser hat die Aufgabe, zunächst die Zuordnung aller formalen Qualifikationen des deutschen Bildungssystems zu erleichtern.
Im Dezember 2012 hat Deutschland, vertreten durch das BMBF und die KMK, den „Bericht zur Referenzierung des DQR zum EQR“ vor der „EQR Advisory Group“ der Europäischen Kommission erfolgreich präsentiert. Im Laufe des Jahres 2012 erfolgte die Verständigung über erste Zuordnungen und mit Wirkung zum 1. Mai 2013 trat der gemeinsame Beschluss von Bund und Ländern zur Umsetzung des DQR in Kraft (DQR-Handbuch 2013, S. 11). Als Instrument zur operativen Nutzung liegt das Handbuch zum Deutschen Qualifikationsrahmen, herausgegeben von der B-L-KK, seit dem 1 August 2013 vor.
Weitere erfolgte und bereits geplante Arbeitsschritte sind der nachfolgenden Abbildung 4 zu entnehmen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Phasen der DQR-Entwicklung (DQR-Handbuch 2013, S. 12)
Es war ursprünglich vorgesehen, zunächst die Qualifikationen des formalen Bereichs, d.h. der Allgemeinbildung, der Hochschulbildung und der beruflichen Bildung (jeweils einschließlich der Weiterbildung), einzubeziehen. Alle Bildungsabschlüsse sollten unter der Maßgabe der Gleichwertigkeit dem DQR zugeordnet werden. Von einer Zuordnung allgemeinbildender Schulabschlüsse wurde zunächst abgesehen und ein Konsens zur lernergebnisbasierten Niveauzuordnung der allgemeinen und fachgebundenen Hochschulreife im Verhältnis zu den Abschlüssen im beruflichen Bereich (z.B. duale Berufsausbildung) hat sich bislang nicht erreichen lassen. Folglich wurde der allgemeinbildende Bereich insgesamt nicht zugeordnet.
Die Förderung von Transparenz, Durchlässigkeit und Mobilität sind EQR-seitig als übergeordnete Ziele für den europäischen Bildungsraum genannt worden. Die Bedeutung dieser Ziele für das lebenslange Lernen wurde im DQR genauer spezifiziert und in den folgenden acht Teilzielen zum Ausdruck gebracht (DQR-Handbuch 2013, S. 9 f.):
1. Der DQR soll das deutsche Qualifikationssystem transparenter machen.
2. Verlässlichkeit und Durchlässigkeit im Bildungssystem sowie Qualitätssicherung sollen unterstützt werden.
3. Verdeutlichung von Gleichwertigkeiten und Unterschieden von beruflicher Bildung und allgemeiner Bildung bzw. Hochschulbildung.
4. Als Übersetzungsinstrument soll der DQR den Akteuren im Bildungs- und Beschäftigungssystem zur verbesserten Einordnung von Qualifikationen dienen. Die Anerkennung in Europa von in Deutschland erworbenen Qualifikationen soll erleichtert werden.
5. Förderung der Mobilität von Lernenden und Beschäftigten in Deutschland im Sinne bestmöglicher Chancen. Dies betrifft auch die Mobilität zwischen Deutschland und anderen europäischen Ländern.
6. Kompetenzen sollen als Qualifikationsorientierung gefördert werden.
7. Förderung der Orientierung von Qualifikationsprozessen an Lernergebnissen (Outcome-Orientierung).
8. Der DQR soll zur Verbesserung der Möglichkeiten zur Anerkennung und Anrechnung von Ergebnissen nicht-formalen und informellen Lernens beitragen.
Die Hinführung zur genauen Ausgestaltung des DQR und die Darstellung seiner Struktur erfolgt im nächsten Abschnitt.
2.2.3 Konzept und Struktur
Der DQR weist ebenfalls acht Niveaus auf, die denjenigen des EQR zugeordnet werden können, jedoch sind die DQR-Niveaus anders strukturiert als die EQR-Niveaus, da auf vier anstelle von drei Kategorien zurückgegriffen wird. Über diese Vier-Säulen-Struktur hinaus gibt es einen weiteren Unterschied zum EQR, der aus einem kurzen Text besteht, der jedem Niveau vorangestellt ist. Dieser „Niveauindikator“ beschreibt die Anforderungsstruktur des jeweiligen Niveaus. Die Anforderungsstruktur wird durch die Merkmale Komplexität, Dynamik, Selbstständigkeit und Innovationsfähigkeit beschrieben (DQR-Handbuch, S. 43).
Kompetenz bezeichnet im DQR die „Fähigkeit und Bereitschaft des Einzelnen, Kenntnisse und Fertigkeiten sowie persönliche, soziale und methodische Fähigkeiten zu nutzen und sich durchdacht sowie individuell und sozial verantwortlich zu verhalten. Kompetenz wird in diesem Sinne als umfassende Handlungskompetenz verstanden (DQR-Handbuch 2013, S. 45).“ Der Kompetenzbegriff versteht sich als umfassende Handlungskompetenz, wobei die sogenannte Methodenkompetenz als Querschnittskompetenz verstanden wird und keine gesonderte Erwähnung findet (Gebrande 2011, S. 9).
Die beiden Kompetenzkategorien „Fachkompetenz“ und „Personale Kompetenz“ sind die Oberbegriffe für ihre jeweiligen Unterkategorien „Wissen“ und „Fertigkeiten“ sowie „Sozialkompetenz“ und „Selbständigkeit“, wodurch die Vier-Säulen-Struktur definiert wird. Entlang der genannten (Sub-)Kategorien beschreiben sogenannte Deskriptoren auf jeder der acht Niveaustufen die Kompetenzen, die für die Erlangung einer Qualifikation erforderlich sind. Die Beschreibungen orientieren sich an der Handlungskompetenz und an Lernergebnissen, dem Outcome (ebenda). Abbildung 5 veranschaulicht die Vier-Säulen-Struktur des DQR.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 5: Die Vier-Säulen-Struktur des DQR (eigene Darstellung, in Anlehnung an DQR 2016)
So soll gemäß DQR-Handbuch die Architektur der deutschen DQR-Matrix deutlich machen, „dass im deutschen Bildungssystem ein ganzheitliches Kompetenzverständnis von zentraler Bedeutung ist (DQR-Handbuch 2013, S. 14).“ Im Gegensatz zum EQR, der die Lernergebnisse in den Mittelpunkt stellt, bildet der Kompetenzbegriff im DQR die Klammer für alle Lernergebnisse. Wissen und Fertigkeiten (Säule 1 und 2) werden folglich als Aspekte von Fachkompetenz dargestellt, Sozialkompetenz und Selbständigkeit (Säule 3 und 4) als Aspekte personaler Kompetenz (DQR-Handbuch 2013, S. 15).
Die Struktur eines DQR-Niveaus veranschaulicht Abbildung 6, wobei noch einmal die Kompetenzbegriffe und die Deskriptoren näher erläutert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 6: Struktur der DQR-Niveaus (DQR-Handbuch 2013, S. 14)
Die folgenden acht Niveaus unterscheidet der DQR (DQR 2016) zur allgemeinen Beschreibung der Kompetenzen, die im deutschen Bildungssystem erworben werden:
Niveau 1 beschreibt Kompetenzen, die zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturiertem Lern- oder Arbeitsbereich benötigt werden. Ein Arbeitsbereich ist ein Feld praktischer Anwendung von Kompetenzen, welches durch eine charakteristische Anforderungsstruktur gekennzeichnet ist (DQR-Handbuch, S. 43). Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt unter Anleitung.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über elementares allgemeines Wissen und hat einen ersten Einblick in einen Lern- oder Arbeitsbereich. Einfache Aufgaben werden nach vorgegebenen Regeln ausgeführt, deren Ergebnisse können beurteilt werden. Der Absolvent kann elementare Zusammenhänge herstellen.
Personale Kompetenz: Der Absolvent kann mit anderen zusammen lernen oder arbeiten, sich mündlich und schriftlich informieren und austauschen. Er kann unter Anleitung lernen und arbeiten und das eigene und das Handeln anderer einschätzen und Lernberatung annehmen.
Niveau 2 beschreibt Kompetenzen, die zur fachgerechten Erfüllung grundlegender Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich benötigt werden. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt weitegehend unter Anleitung.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über grundlegendes allgemeines Wissen und grundlegendes Fachwissen in einem Lern- oder Arbeitsbereich. Hierzu liegen grundlegende kognitive und praktische Fertigkeiten zur Ausführung von Aufgaben vor. Deren Ergebnisse können nach vorgegebenen Maßstäben beurteilt und in Zusammenhänge gesetzt werden.
Personale Kompetenz: Der Absolvent wirkt in einer Gruppe mit und kann allgemeine Anregungen sowie Kritik aufnehmen und äußern. Er agiert und reagiert in mündlicher und schriftlicher Kommunikation situationsgerecht. In bekannten und stabilen Kontexten lernt oder arbeitet der Absolvent unter Anleitung weitgehend verantwortungsbewusst und kann das eigene und das Handeln anderer einschätzen. Er nutzt vorgegebene Lernhilfen und fragt Lernberatung nach.
Niveau 3 beschreibt Kompetenzen, die zur selbständigen Erfüllung fachlicher Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über erweitertes allgemeines Wissen oder über erweitertes Fachwissen in einem Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. Es liegt ein Spektrum von kognitiven und praktischen Fertigkeiten zur Planung und zur Bearbeitung von fachlichen Aufgaben in einem Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld vor. Ergebnisse können nach weitgehend vorgegebenen Maßstäben beurteilt und einfache Transferleistungen erbracht werden.
Personale Kompetenz: Der Absolvent wirkt in einer Gruppe mit und bietet punktuell Unterstützung an. Er gestaltet die Lern- oder Arbeitsumgebung mit, gestaltet Abläufe und stellt Ergebnisse adressatenbezogen dar. Der Absolvent lernt und arbeitet auch in weniger bekannten Kontexten eigenständig und verantwortungsbewusst. Er schätzt das eigene und das Handeln anderer ein und ist in der Lage, Lernberatung nachzufragen und verschiedene Lernhilfen auszuwählen.
Niveau 4 beschreibt Kompetenzen, die zur selbständigen Planung und Bearbeitung fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über vertieftes allgemeines wissen oder über fachtheoretisches Wissen in einem Lernbereich oder einem beruflichen Tätigkeitsfeld. Er hat ein breites Spektrum kognitiver und praktischer Fertigkeiten, die selbständige Aufgabenbearbeitung und Problemlösung sowie die Beurteilung von Arbeitsergebnissen und –prozessen unter Einbeziehung von Handlungsalternativen und Wechselwirkungen mit benachbarten Bereichen ermöglichen. Er erbringt Transferleistungen.
Personale Kompetenz: Die Arbeit in einer Gruppe und deren Lern- oder Arbeitsumgebung gestaltet der Absolvent mit und bietet kontinuierlich Unterstützung an. Er begründet Abläufe und Ergebnisse und ist in der Lage, über Sachverhalte umfassend zu kommunizieren. Er setzt sich Lern- und Arbeitsziele, welche er reflektieren, realisieren und verantworten kann.
Niveau 5 beschreibt Kompetenzen, die zur selbständigen Planung und Bearbeitung umfassender fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden Lernbereich oder einem beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über Fachwissen in einem Lernbereich oder über integriertes berufliches Wissen in einem Tätigkeitsfeld. Das schließt auch vertieftes fachtheoretisches Wissen ein. Er kennt Umfang und Grenzen des Lernbereichs oder des beruflichen Tätigkeitsfelds. Sein Spektrum bei spezialisierten kognitiven und praktischen Fertigkeiten ist sehr breit. Der Absolvent plant Arbeitsprozesse übergreifend und beurteilt diese unter umfassender Einbeziehung von Handlungsalternativen und Wechselwirkungen mit benachbarten Bereichen. Er erbringt umfassende Transferleistungen.
Personale Kompetenz: Der Absolvent plant und gestaltet Arbeitsprozesse kooperativ, auch in heterogenen Gruppen, und leitet andere an und unterstützt sie mit fundierter Lernberatung. Er stellt auch fachübergreifend komplexe Sachverhalte strukturiert, zielgerichtet und adressatenbezogen dar. Er berücksichtigt vorausschauend den Bedarf und die Interessen der Adressaten. Er ist in der Lage, eigene und fremd gesetzte Lern- und Arbeitsziele zu reflektieren, zu bewerten, selbstgesteuert zu verfolgen und zu verantworten. Der Absolvent zieht die Konsequenzen für die Arbeitsprozesse im Team.
Niveau 6 beschreibt Kompetenzen, die zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige Veränderungen gekennzeichnet.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über breites und integriertes Wissen einschließlich der wissenschaftlichen Grundlage, der praktischen Anwendung eines wissenschaftlichen Fachs sowie eines kritischen Verständnisses der wichtigsten Theorien und Methoden (entsprechend der Stufe 1 [Bachelor-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder über breites und integriertes berufliches Wissen, einschließlich der aktuellen fachlichen Entwicklungen. Er besitzt Kenntnisse zur Weiterentwicklung eines wissenschaftlichen Fachs oder eines beruflichen Tätigkeitsfelds, sowie einschlägiges Wissen an Schnittstellen zu anderen Bereichen. Es liegt ein breites Spektrum an Methoden zur Bearbeitung komplexer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 1 [Bachelor-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse), weiteren Lernbereichen oder einem beruflichen Tätigkeitsfeld vor. Der Absolvent erarbeitet neue Lösungen und beurteilt diese unter Berücksichtigung unterschiedlicher Maßstäbe auch bei sich häufig ändernden Anforderungen.
Personale Kompetenz: Er arbeitet verantwortlich in Expertenteams oder leitet verantwortlich Gruppen oder Organisationen (Unternehmen, Verwaltungseinheiten oder gemeinnützige Organisationen). Es gehört zu seinen Aufgaben, die fachliche Entwicklung anderer anzuleiten und vorausschauend mit Problemen im Team umzugehen. Der Absolvent vertritt komplexe fachbezogene Probleme und Lösungen argumentativ gegenüber Fachleuten und entwickelt diese gemeinsam mit ihnen weiter. Er definiert, reflektiert und bewertet Ziele für Lern- und Arbeitsprozesse und gestaltet eigenständig und nachhaltig Arbeitsprozesse.
Niveau 7 beschreibt Kompetenzen, die zur Bearbeitung von neuen komplexen aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden. Die Anforderungsstruktur ist durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über umfassendes, detailliertes und spezialisiertes Wissen auf dem neuesten Erkenntnisstand in einem wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 2 [Master-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder über umfassendes berufliches Wissen in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld. Darüber hinaus verfügt er über erweitertes Wissen in angrenzenden Bereichen. Bei ihm liegen spezialisierte fachliche oder konzeptionelle Fähigkeiten zur Lösung auch strategischer Probleme in einem wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 2 [Master-Ebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld vor. Er ist in der Lage, auch beim Vorliegen unvollständiger Informationen, Alternativen abzuwägen. Er entwickelt neue Ideen oder Verfahren, wendet diese an und bewertet sie unter Berücksichtigung unterschiedlicher Beurteilungsmaßstäbe.
Personale Kompetenz: Der Absolvent leitet verantwortlich Gruppen oder Organisationen (Unternehmen, Verwaltungseinheiten oder gemeinnützige Organisationen) und vertritt ihre Arbeitsergebnisse. Er fördert gezielt die fachliche Entwicklung anderer und führt bereichsspezifische und –übergreifende Diskussionen. Er ist in der Lage, für neue anwendungs- oder forschungsorientierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen zu definieren und geeignete Mittel einzusetzen und das hierfür erforderliche Wissen eigenständig zu erschließen.
Niveau 8 beschreibt Kompetenzen, die zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem beruflichen Tätigkeitsfeld benötigt werden. Die Anforderungsstruktur ist durch neuartige und unklare Problemlagen gekennzeichnet.
Fachkompetenz: Der Absolvent verfügt über umfassendes, spezialisiertes und systematisches Wissen in einer Forschungsdisziplin und trägt zur Erweiterung des Wissens dieser Fachdisziplin bei (entsprechend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse), oder er verfügt über umfassendes berufliches Wissen in einem strategie- und innovationsorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld. Entsprechendes Wissen an den Schnittstellen zu angrenzenden Bereichen liegt ebenfalls vor. Er hat umfassend entwickelte Fertigkeiten zur Identifizierung und Lösung neuartiger Problemstellungen in den Bereichen Forschung, Entwicklung oder Innovation in einem spezialisierten wissenschaftlichen Fach (entsprechend der Stufe 3 [Doktoratsebene] des Qualifikationsrahmens für Deutsche Hochschulabschlüsse) oder in einem beruflichen Tätigkeitsfeld. Er ist in der Lage, auch tätigkeitsübergreifend innovative Prozesse zu konzipieren, durchzuführen, zu steuern, zu reflektieren und zu beurteilen. Er beurteilt neue Ideen und Verfahren.
Personale Kompetenz: Der Absolvent leitet verantwortlich Organisationen oder Gruppen (Unternehmen, Verwaltungseinheiten oder gemeinnützige Organisationen) mit komplexen bzw. interdisziplinären Aufgabenstellungen und aktiviert dabei ihre Potenziale. Er fördert nachhaltig gezielt die fachliche Entwicklung anderer. Es werden fachübergreifende Diskussionen geführt und in fachspezifischen Diskussionen, auch in internationalen Kontexten, innovative Beiträge eingebracht. Der Absolvent definiert für neue komplexe anwendungs- oder forschungsorientierte Aufgaben Ziele unter Reflexion der möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen. Hierzu wählt er geeignete Mittel aus und entwickelt neue Ideen und Prozesse.
Die aufgrund der ersten Erfahrungen innerhalb des AK DQR in Zusammenarbeit mit der B-L-KS DQR erarbeiteten Hinweise zur Anwendung behandelt das folgende Kapitel.
2.2.4 Praktische Anwendung
Beim DQR handelt es sich um einen orientierenden Qualifikationsrahmen, d.h. um ein (im Gegensatz zum regulierenden Qualifikationsrahmen) Transparenzinstrument ohne Rechtswirkung. Er setzt auf die bestehende Systematik des Bildungssystems auf und lässt dieses unberührt. Der DQR bezieht die mit einer Qualifikation verbundenen Lernergebnisse auf die berufliche und persönliche Entwicklung des Einzelnen (d.h. Fachkompetenz bzw. personale Kompetenz). Damit nimmt er auch Bezug aus persönliche Einstellungen und Haltungen (DQR 2016).
Für zukünftig anstehende Zuordnungen im Bereich der formalen Bildung, etwa bei der Entwicklung einer neuen Qualifikation, gibt es ein verbindliches Verfahren, das im DQR-Handbuch zum Deutschen Qualifikationsrahmen beschrieben ist. Der Ordnungsmittelgeber, also die Institution, welche für die der Qualifikation zugrundeliegenden Rechtsverordnung zuständig ist, gibt die Zuordnungsunterlagen der Bund-Länder-Koordinierungsstelle DQR zur Kenntnis und Dokumentation. Diese überprüft die Zuordnung unter Beteiligung des Arbeitskreises DQR im Hinblick auf die Stimmigkeit des Gesamtgefüges. Ein Verfahren für die Zuordnung nicht-formal und informell erworbener Kompetenzen gibt es derzeit noch nicht. Daher sind Zuordnungen noch nicht möglich (ebenda).
Niveauindikatoren und Deskriptoren sind die Grundlage für die Zuordnung von Qualifikationen zum DQR. Da diese sich an Lernergebnissen orientieren, welche unabhängig von Ausbildungsdauer, Lernort oder der Lernform formuliert sind, können sie für die Beschreibung von allen Qualifikationsbereichen verwendet werden. Im Rahmen der Zuordnung von den Ankerqualifikationen wurden die nachstehenden Hinweise abgeleitet (DQR-Handbuch 2013, S. 26 ff.):
1. Bedeutung einer DQR-Zuordnung: Alle Niveaus können auf unterschiedlichen Bildungswegen erreicht werden. Es werden Aussagen über die Gleichwertigkeit, nicht über die Gleichartigkeit einer Qualifikation getroffen: Über die berufliche Bildung er-reichte Kompetenzen und akademisch erworbene Kompetenzen können nebeneinander auf einem Niveau stehen.
2. Qutcome-Orientierung: Gemäß DQR-Logik ist es bei einer bildungsbereichs-übergreifenden Vergleichbarkeit unerlässlich, das Lernergebnisse als „gemeinsame Sprache“ im Bildungsbereich gelten. Es handelt sich um nachhaltige handlungs-relevante Wirkungen und nicht um eine bestandene Prüfung, ein Zertifikat oder eine Zugangsberechtigung. „Input“ beschreibt die Aufwendung von Ressourcen (z.B. Zeit-, Lern- und Arbeitsmittel). „Output“ ist das unmittelbare Ergebnis dieser Aufwendungen (z.B. eine bestandene Prüfung) und der Terminus „Outcome“ bezeich-net die weiterwirkenden Effekte von Aktivitäten, im Falle des Qualifikationsrahmens von Lernprozessen.
3. Anwendung der DQR-Kategorien: Bei der Zuordnung von neuen Qualifikationen soll die Stimmigkeit des Gesamtgefüges betrachtet werden.
4. DQR-Säulenstruktur: Eine Gesamteinordnung der Lernergebnisse in die vier Säulen soll gemäß DQR-Handbuch im Sinne des Prinzips des „Best Fit“ („beste Passung“) erfolge. Ein Vergleich z.B. mit dem nächst niedrigeren oder höheren Niveau ist hilfreich.
5. Inklusionsprinzip: Höhere Niveaus schließen die Kompetenz-Beschreibungen der niedrigeren Niveaus mit ein. Merkmale, die bereits auf einem unteren Niveau beschrieben wurden, werden auf den folgenden höheren Niveaus nicht erneut erwähnt, es sei denn, sie erfahren eine Steigerung.
6. Bildung von Kompetenzbündeln: Die lernergebnisorientierte Analyse von Qualifikationen kann methodisch zu zwei Ergebnissen führen, die entweder dem induktiven Ansatz (Orientierung an Ordnungsmitteln) oder dem deduktiven Ansatz (Interpretation unter Outcome-Gesichtspunkten) folgen.
7. Typenbildung: Durch die Begründung eines Qualifikationstyps (z.B. Niveau 6, da es dem „Bachelor“ entspricht) ist es möglich, die Zuordnung zu einem Niveau zu begründen. Eine transparente Begründung wird vorausgesetzt (ebenda).
Es wurden bisher dem DQR Qualifikationen aus allen Bildungsbereichen zugeordnet, die sich gemäß DQR-Handbuch durch besondere „Arbeitsmarktrelevanz“ auszeichnen. Sie sollen als Anker- bzw. Referenzqualifikationen für die Zuordnung weiterer Qualifikationen dienen (DQR-Handbuch 2013, S. 34). Abbildung 7 zeigt am Beispiel bereits zugeordneter Qualifikationen aus dem beruflichen Tätigkeitsfeld im Abgleich mit dem Hochschulbereich, wie die Zuordnung au den einzelnen Niveaustufen sich derzeit darstellt.
[...]
[1] Die vorliegende Arbeit verwendet zur besseren Verständlichkeit ausschließlich männliche Bezeichnungen, meint aber jeweils auch die weibliche Bezeichnung.
[2] Vgl. AES (Adult Education Survey)-Trendbericht “Weiterbildungsverhalten in Deutschland 2014” des BMBF
[3] Vereinfachend wird in der vorliegenden Arbeit die Bezeichnung „Anbieter“ verwendet. Zur „institutionellen Staffelung“ mit der Unterscheidung zwischen Einrichtung und Träger vgl. z.B. Zeuner/Faulstich, 2009, S. 170
[4] Die Darstellung, basierend auf dem Projekt „Anbieterforschung“, enthält Ungenauigkeiten bei den Prozentangaben, der Kategorisierung und den Definitionen (vgl. z.B. Diskussion in Dollhausen, 2010, S. 46 f.)
[5] In Anhang II des damaligen Dokuments sind die Deskriptoren für alle acht Niveaus der drei Säulen (Kenntnisse, Fertigkeiten, Kompetenzen) erläutert (Europäisches Parlament und Rat 2008)
[6] Es handelt sich um insgesamt 14 Grundsätze, die in Anhang III aufgezählt werden (Europäisches Parlament und Rat 2008)
[7] ECTS: European Credit Transfer System; ECVET: European Credit System for Vocational Education and Training
[8] CQAF: Common Quality Assurance Framework; EQARF: European Quality Assurance Reference Framework
- Arbeit zitieren
- Oliver Ellermann (Autor:in), 2017, Berufliche Weiterbildung und der Deutsche Qualifikationsrahmen für den Fernstudiengang "Betriebswirt Stahlhandel (BDS)", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/368999
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