Spiegelwelt, anders.
In den ›dreizehn Fantasiestücke[n]‹ des Zyklus ›Asche zum Frühstück‹ stellt sich in vielfältigen Versionen die große alte Frage nach dem menschlichen Sein. Damit rührt DURS GRÜNBEIN an einem allzumenschlichen Bedürfnis:
Der Mensch [ist] das Tier, das sprechen kann, und zugleich das Tier, das sich wundern kann, zuerst über sich selbst. Er ist sich ein großes Rätsel. (Sich gegenseitig und sich selbst. Ein großes Rätsel.) Mit seiner Sprache stellt der Mensch sich Fragen wie »Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin?« [...] .
Die Sprache eröffnet dabei Unmengen von Möglichkeiten. So ist dieser Mensch GRÜNBEIN z.B. ein Dichter und seine Sprache somit eine lyrische, bildhafte. Allerdings ist es die Sprache eines Dichters, dem offenbar der Glaube an die (unsterbliche) Seele fehlt. Was er an Mandelstam bewundert: „Bei ihm wird alles beseelt.“ , spricht er unserer Zeit und ihrer Literatur ab.
„Wir sind im völligen Diesseits angelangt. [...] Das Wort hat sich vom dunklen Hintergrund seines zögernden Sprechers gelöst. Es hat aufgehört, Psyche zu sein [...].“
Aufgewachsen in der DDR, „einem System [...], in dem die Reduktion des Lebens auf Reflexe durchaus Methode war“ , erkennt sich GRÜNBEIN beinahe nüchtern als „moderne Zuchtvariante des Pawlowschen Hundes“ , konditioniert innerhalb einer „grausam einfältigen Gesellschaft“. Hier „war [der Mensch] die Summe seiner Pawlowschen Reflexe und fertig.“
GRÜNBEIN, als Resultat seiner Reflexe und seiner so empfundenen Geschichte, reduziert demnach auch das Schreiben auf einen rein physischen Akt. Für ihn „[...] geht alles wirksame Schreiben vom Körper aus [...]“ . Der Körper jedoch kennt keine Hoffnung. Ihn erwartet Verfall und Tod. Die düstere Stimmung des Zyklus mag daher auch niemanden verwundern. Dennoch, nicht alle angeschnittenen Fragen werden bis zur endgültigen Ernüchterung beantwortet, am zyklischen Horizont lassen ein paar Andeutungen noch hoffen.
Inhaltsverzeichnis
- Spiegelwelt, anders.
- Gedanken zum Titel
- Die Fantasiestücke
- Die andere Realität
- Struktur
- Inhalt
- Hör auf, dir so viele Gedanken zu machen
- Hör auf, in der Geschichte nach Antworten zu suchen
- Hör auf, deinem Körper zuviel Bedeutung zuzumessen
- Lebe verborgen
- Masken und Maskeraden
- Individuum
- Erkenne dich selbst.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert Durs Grünbeins Gedichtzyklus „Asche zum Frühstück“ und untersucht, wie der Autor das menschliche Sein in seinen dreizehn Fantasiestücken hinterfragt. Im Zentrum steht die Frage nach der Bedeutung und dem Sinn des Lebens angesichts der unweigerlichen Vergänglichkeit.
- Die Rolle der Sprache in der Konfrontation mit der eigenen Existenz
- Die Suche nach Sinn und Identität im Angesicht des Todes
- Die Kritik an der modernen Gesellschaft und ihren Mechanismen
- Die Darstellung des Lebens als Illusion und Theater
- Die Bedeutung von Fantasie und der Konstruktion einer „anderen Realität“
Zusammenfassung der Kapitel
- Spiegelwelt, anders.: Der Essay beginnt mit einer Analyse des Titels „Asche zum Frühstück“ und stellt die Frage nach der Bedeutung des Bildes der Asche in der Lyrik Grünbeins. Die Autorin argumentiert, dass die Asche als Metapher für Sinnlosigkeit und Vergänglichkeit dient.
- Gedanken zum Titel.: Dieser Abschnitt vertieft die Analyse des Titels und zeigt, wie die Asche in den Fantasiestücken im Kontext der Tageszeitungen und deren unwichtigen Informationen eine zentrale Rolle spielt. Die Tageszeitungen werden als „Asche zum Frühstück“ dargestellt, die den Leser mit belanglosen Informationen füllt.
- Die Fantasiestücke.: Dieser Teil beschreibt die Struktur des Zyklus „Asche zum Frühstück“ und hebt die zentrale Rolle des „babylonischen Hirns“ als Beobachter der Welt und des Lebens hervor. Die Fantasiestücke werden als „Protokoll“ der Erkenntnisse dieses Hirns dargestellt.
- Die andere Realität.: Hier wird die von Grünbein geschaffene „andere Realität“ der Poesie untersucht, die sich im Kontrast zur Lebenswirklichkeit befindet und von Verbitterung und Schizophrenie geprägt ist.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen des Gedichtzyklus „Asche zum Frühstück“ lassen sich mit den folgenden Schlüsselbegriffen beschreiben: Sprache, Existenz, Sinn, Tod, Vergänglichkeit, Fantasie, Spiegelwelt, Illusion, Schizophrenie, „babylonisches Hirn“, „Protokoll“, Tageszeitungen, Bedeutungslosigkeit.
- Quote paper
- Monique Weinert (Author), 2003, Durs Grünbein: Asche zum Frühstück. Eine Interpretation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36848