Unter der Überschrift: “Demographen stellen das stabile Ehepaar vor”, konnte man am 01. Oktober 2004 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung lesen, welche Vorbedingungen zu besonders stabilen Ehen führen (F.A.Z., 1.10.04). So waren die Demographen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung zu dem Schluss gekommen, dass fo lgende Voraussetzungen erfüllt sein sollten: Demnach sollte die Ehepartner eine starke Emotionalität und Sexualität miteinander verbinden. Sie sollten regelmäßig miteinander kommunizieren, über einen positiven Kommunikationsstil verfügen, treu sein, sich gegenseitig unterstützen, gemeinsame Kinder, Freunde und Wohnungseigentum sowie noch keine Scheidung miterlebt haben, ähnlich gebildet und ungefähr gleichaltrig sein, über gemeinsame Interessen und Lebensentwürfe verfügen, religiös gebunden oder traditionell orientiert sein, nicht in Großstädten leben, nicht zu früh geheiratet und vor der Eheschließung bereits eine längere Zeit zusammengelebt haben. Von besonderen Interesse ist an dieser Stelle der letztgenannte Punkt. Noch vor fünfzig Jahren war es in Deutschland gesetzlich verboten, dass unverheiratete Paare zusammenwohnten. Nach § 180 StGB, dem berühmten “Kuppelparagraphen”, machte sich sogar strafbar, wer Unverheiratete bei sich, z.B. in der Mietwohnung, gemeinsam wohnen lies. Dass eine Meldung wie die obige heute in einer eher konservativen Tageszeitung erscheint, bzw. von einem Bundesinstitut herausgegeben wird, zeigt, dass sich in der Zwischenzeit viel verändert hat. Das Zusammenleben ohne Trauschein, sogenannte nichteheliche Lebensgemeinschaften, ist heute gesellschaftlich Akzeptiert und auch der § 180 StGB wurde “entschärft”. Von den 38,1 Millionen Haushalten die es 2000 in Deutschland gab, bestanden insgesamt fünf Prozent aus nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Rund vier Prozent ohne Kinder und rund ein Prozent mit Kindern (BiB 2004, S.69). Das zeigt, dass sich diese Lebensform, wenn auch bezogen auf die Gesamtzahl aller Haushalte auf einem relativ niedrigen Niveau, in Deutschland etabliert hat. Im Verlauf dieser Arbeit werde ich nun der Frage nachgehen, was nichteheliche Lebensgemeinschaften so besonders macht, wer sie warum wählt, welche Vorteile sie bieten und ob sie als “Ehe auf Probe” gewertet werden können. Weiterhin werde ich exe mplarisch den Diffusionsprozess nichtehelicher Lebensgeme inschaften in Westdeutschland, Ostdeutschland und Italien anhand einer Studie von Tiziana Nazio und Hans-Peter Blossfeld darstellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kurzer historischer Überblick über die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften
- Nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland
- Lebensformen der 30- bis 34-jährigen Frauen in Deutschland im Jahr 2000
- Einstellungen zu Familie und Eheschließung in Deutschland
- Familie und subjektives Wohlbefinden
- Ausprägungsformen nichtehelicher Lebensgemeinschaften und mögliche Gründe diese einzugehen
- Drei Typen nichtehelicher Lebensgemeinschaften
- Sechs mögliche Gründe für das Eingehen nichtehelicher Lebensgemeinschaften
- Ziehen Partner aus einem gemeinsamen Haushalt wirtschaftliche Vorteile?
- Können Paare von einem gemeinsamen Haushalt finanziell profitieren - einige theoretische Vorüberlegungen
- Können Paare von einem gemeinsamen Haushalt finanziell profitieren - einige empirische Anhaltspunkte
- Sind nichteheliche Lebensgemeinschaften ein Ersatz für Ehen oder eine Vorstufe davon?
- Nichteheliche Lebensgemeinschaften und der Diffusionsprozess
- Was bedeutet Diffusion?
- Die Diffusion nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Westdeutschland, Ostdeutschland und Italien
- Die Besonderheiten des Diffusionsprozesses
- Die zentralen Hypothesen
- Die Ergebnisse
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung, Ausprägung und Diffusion nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Sie beleuchtet den historischen Kontext, die sozioökonomischen Faktoren und die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Lebensform in Deutschland und im europäischen Vergleich.
- Historische Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften
- Sozioökonomische Aspekte und Gründe für das Eingehen nichtehelicher Lebensgemeinschaften
- Gesellschaftliche Akzeptanz und Veränderungen im Wandel der Zeit
- Wirtschaftliche Vorteile und Nachteile des Zusammenlebens
- Der Diffusionsprozess nichtehelicher Lebensgemeinschaften in verschiedenen Regionen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der nichtehelichen Lebensgemeinschaften ein und stellt die Forschungsfrage nach den Besonderheiten, Gründen der Wahl und den potenziellen Vorteilen dieser Lebensform. Sie verweist auf die gesellschaftliche Akzeptanz im Wandel und kündigt die exemplarische Darstellung des Diffusionsprozesses in Westdeutschland, Ostdeutschland und Italien an.
Kurzer historischer Überblick über die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften: Dieses Kapitel beschreibt die historische Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Europa, beginnend mit ihrer früheren Seltenheit und der hohen Wertschätzung von Ehe und Familie. Es wird der Wandel traditioneller Werte ab Mitte der 1960er Jahre und die damit einhergehende Abnahme der Bedeutung der Ehe als Institution thematisiert. Der Zusammenhang zwischen ökonomischen Vorteilen des Zusammenlebens und der Flexibilität nichtehelicher Lebensgemeinschaften im Vergleich zu Ehen wird ebenfalls diskutiert, wobei regionale Unterschiede in der Verbreitung und Akzeptanz hervorgehoben werden.
Nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland: Dieses Kapitel analysiert die Situation nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Deutschland, indem es Daten zur Lebensform von Frauen im Alter von 30 bis 34 Jahren, Einstellungen zu Familie und Ehe sowie den Zusammenhang zwischen Familie und subjektivem Wohlbefinden präsentiert. Es liefert einen Einblick in die demografischen Aspekte und gesellschaftlichen Perspektiven auf diese Lebensform in Deutschland.
Ausprägungsformen nichtehelicher Lebensgemeinschaften und mögliche Gründe diese einzugehen: Dieses Kapitel befasst sich mit verschiedenen Typen nichtehelicher Lebensgemeinschaften und den Gründen für deren Wahl. Es analysiert mögliche Motive wie ökonomische Vorteile, Arbeitsteilung, und die Aufrechterhaltung einer stabilen sexuellen Beziehung. Die Flexibilität dieser Lebensform im Vergleich zur Ehe wird als wichtiger Faktor im Kontext wirtschaftlicher Unsicherheit hervorgehoben.
Ziehen Partner aus einem gemeinsamen Haushalt wirtschaftliche Vorteile?: Dieses Kapitel untersucht die wirtschaftlichen Aspekte nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Es werden sowohl theoretische Überlegungen als auch empirische Befunde zu den finanziellen Vorteilen eines gemeinsamen Haushalts präsentiert. Die Frage, ob nichteheliche Lebensgemeinschaften als Ersatz für oder Vorstufe zur Ehe betrachtet werden können, wird ebenfalls diskutiert.
Nichteheliche Lebensgemeinschaften und der Diffusionsprozess: Dieses Kapitel analysiert den Diffusionsprozess nichtehelicher Lebensgemeinschaften, indem es den Begriff der Diffusion definiert und die Verbreitung in Westdeutschland, Ostdeutschland und Italien anhand einer Studie von Tiziana Nazio und Hans-Peter Blossfeld darstellt. Die Besonderheiten des Diffusionsprozesses, zentrale Hypothesen und die Ergebnisse der Studie werden erläutert.
Schlüsselwörter
Nichteheliche Lebensgemeinschaften, Ehe, Familie, Diffusionsprozess, Sozioökonomie, gesellschaftliche Akzeptanz, Deutschland, Europa, historischer Wandel, wirtschaftliche Vorteile.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Entwicklung, Ausprägung und Diffusion nichtehelicher Lebensgemeinschaften
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Entwicklung, Ausprägung und Diffusion nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Sie beleuchtet den historischen Kontext, die sozioökonomischen Faktoren und die gesellschaftliche Akzeptanz dieser Lebensform in Deutschland und im europäischen Vergleich.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, sozioökonomische Aspekte und Gründe für deren Wahl, die gesellschaftliche Akzeptanz und Veränderungen im Wandel der Zeit, wirtschaftliche Vorteile und Nachteile des Zusammenlebens sowie den Diffusionsprozess nichtehelicher Lebensgemeinschaften in verschiedenen Regionen (Westdeutschland, Ostdeutschland, Italien).
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in folgende Kapitel: Einleitung, Kurzer historischer Überblick, Nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland, Ausprägungsformen und Gründe für nichteheliche Lebensgemeinschaften, Wirtschaftliche Vorteile eines gemeinsamen Haushalts, Nichteheliche Lebensgemeinschaften und der Diffusionsprozess, Fazit.
Welche Aspekte der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in Deutschland werden betrachtet?
Die Arbeit analysiert Lebensformen von Frauen im Alter von 30 bis 34 Jahren, Einstellungen zu Familie und Ehe sowie den Zusammenhang zwischen Familie und subjektivem Wohlbefinden in Deutschland.
Welche Typen nichtehelicher Lebensgemeinschaften werden unterschieden?
Die Arbeit unterscheidet drei Typen nichtehelicher Lebensgemeinschaften und nennt sechs mögliche Gründe für deren Wahl, darunter ökonomische Vorteile, Arbeitsteilung und die Aufrechterhaltung einer stabilen sexuellen Beziehung.
Welche wirtschaftlichen Aspekte werden untersucht?
Die Arbeit untersucht theoretische und empirische Aspekte der finanziellen Vorteile eines gemeinsamen Haushalts für Paare in nichtehelichen Lebensgemeinschaften und diskutiert, ob diese Lebensform als Ersatz für oder Vorstufe zur Ehe betrachtet werden kann.
Wie wird der Diffusionsprozess behandelt?
Der Diffusionsprozess nichtehelicher Lebensgemeinschaften wird anhand einer Studie von Tiziana Nazio und Hans-Peter Blossfeld analysiert, die die Verbreitung in Westdeutschland, Ostdeutschland und Italien untersucht. Die Besonderheiten des Diffusionsprozesses, zentrale Hypothesen und die Ergebnisse der Studie werden erläutert.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Nichteheliche Lebensgemeinschaften, Ehe, Familie, Diffusionsprozess, Sozioökonomie, gesellschaftliche Akzeptanz, Deutschland, Europa, historischer Wandel, wirtschaftliche Vorteile.
Gibt es einen historischen Überblick?
Ja, die Arbeit enthält einen kurzen historischen Überblick über die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Europa, der den Wandel traditioneller Werte und die zunehmende Akzeptanz dieser Lebensform thematisiert.
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- Manuel Siegert (Author), 2004, Die Entwicklung, Ausformung und Diffusion nichtehelicher Lebensgemeinschaften, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36816