In Peter Weibels Standardwerk „Kontext Kunst“ ist die Rede von Kunst als „Instrument der Kritik und Analyse der sozialen Institutionen.“ Dieses erscheint in den 90er Jahren und beschreibt im Grunde, was VALIE EXPORT bereits in ihren frühen Werken, an denen Weibel nicht selten beteiligt war, in den 60er und 70er Jahren verarbeitet. Dennoch kommt es erst Jahre später zu einem gesellschaftlichen Diskurs, als sei die Zeit nötig gewesen, um sich Geltung und Anerkennung zu verschaffen, um registriert, verarbeitet und ernst genommen zu werden. Heute gilt das Werk der einst verhassten, als Pornographin verrufenen VALIE EXPORT als Pionierleistung des „feministischen Aktionismus“. Wie aber gestaltet sich eine Kritik, wie ein Analysieren sozialer Institutionen? Welcher Mittel und Möglichkeiten wird sich bedient, um in Zeiten des Umbruchs, des Aufbruchs und der beginnenden sexuellen Befreiung durch Kunst auf Missstände hinzuweisen? Und welche Rolle spielt das Geschlecht in diesem Zusammenhang? Handelt es sich lediglich darum, zu rebellieren, schockieren und provozieren oder liegt dem ein absichtsvolleres Handeln zu Grunde, wenn ja, wie äußert sich dieses?
Auf diese Fragen hin möchte ich im Folgenden zwei der frühen Aktionen EXPORTS untersuchen. Um die Relevanz ihrer Arbeiten gänzlich zu verstehen, gilt es die engen gesellschaftspolitischen Strukturen des Österreichs der 60er und 70er Jahre, dem Ursprungsland ihres Schaffens, zu berücksichtigen. Diese autoritäre, vom Katholizismus geprägte Unbeweglichkeit der österreichischen Nachkriegszeit erklärt die Empörung und das Unverständnis, das ihren Aktionen entgegengebracht wird. Vor diesem Hintergrund erscheint ein In-Frage-Stellen der Konstruktionen der Repräsentationssysteme durch die Performance-, Video-, Foto-, Medienkünstlerin und Filmemacherin VALIE EXPORT wie eine Notwendigkeit.
Ich werde zunächst auf die Eckpunkte ihrer Biographie eingehen und anschließend anhand zweier ausgewählter Beispiele ihrer frühen Aktionen ihre feministische Systemkritik untersuchen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- VALIE EXPORT
- Werdegang
- Gesellschaftspolitische Dimensionen in EXPORTS „feministischem Aktionismus“ der 60er und 70er Jahre
- Das „Tapp- und Tastkino“
- ,,Aktionshose: Genitalpanik“
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit den gesellschaftspolitischen Dimensionen im „feministischen Aktionismus“ von VALIE EXPORT in den 1960er und 1970er Jahren. Sie untersucht die Intentionen und Methoden, die EXPORT einsetzt, um auf Missstände hinzuweisen und gesellschaftliche Strukturen zu kritisieren.
- Kritik an patriarchal strukturierten Repräsentationssystemen
- Die Rolle von Geschlecht und Körper in der Kunst
- Die Verbindung von Kunst und Frauenbewegung
- Der Einfluss des österreichischen Kontextes auf EXPORTS Werk
- Die Relevanz von EXPORTS Aktionen für den feministischen Diskurs
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Relevanz von VALIE EXPORTS Werk in den Kontext der Kunstgeschichte. Sie beleuchtet den gesellschaftlichen Diskurs um EXPORTS Werk und die Bedeutung ihrer Aktionen für den Feminismus.
Das erste Kapitel gibt einen Einblick in den Werdegang von VALIE EXPORT und ihren frühen Einfluss. Es beleuchtet ihre künstlerische Entwicklung, ihre Wahl des Künstlernamens und die Rolle ihres persönlichen Lebens für ihre Arbeit.
Das zweite Kapitel konzentriert sich auf zwei exemplarische Aktionen von VALIE EXPORT: Das „Tapp- und Tastkino“ und die „Aktionshose: Genitalpanik“. Es beleuchtet die Intentionen, die Methode und den gesellschaftlichen Kontext dieser Aktionen und analysiert ihre Relevanz für die Kritik am patriarchal strukturierten Repräsentationssystem.
Schlüsselwörter
VALIE EXPORT, feministischer Aktionismus, Performance Kunst, Expanded Cinema, Körperkunst, Repräsentationssystem, Patriarchat, Geschlechterrollen, 60er und 70er Jahre, Österreich, Gesellschaftskritik, Kunst und Politik, Frauenbewegung.
- Quote paper
- Ariadne Stickel (Author), 2013, Gesellschaftspolitische Dimensionen in VALIE EXPORTS „feministischem Aktionismus“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/366898