Was lässt das Leben gelingen? Wie kann der Mensch sein eigenes Potential voll ausschöpfen – als Individuum, und gleichzeitig als Teil einer Gruppe? Unternehmerin, Diplom-Lebensberaterin in Logotherapie und Existenzanalyse und Coach Andrea Roither beschäftigt sich in diesem Buch mit dem Konstrukt des „BewegungsSpielRaumes“. Als Erfahrungsräume für die persönliche Entwicklung sollen BewegungsSpielRäume Menschen helfen, die nach neuen Möglichkeiten, Beweglichkeit, Selbstausdruck und Entwicklung suchen. Dabei steht auch die Frage im Mittelpunkt, welche Chancen sich durch das Entdecken und Erfahren von individuellen BewegungsSpielRäumen für die Persönlichkeitsentwicklung innerhalb einer Gruppe ergeben.
Der Zugang zur Fragestellung ist interdisziplinär: Aspekte der Psychologie, Soziologie, Philosophie, Humanethologie, Pädagogik, Logotherapie und Existenzanalyse werden von der Autorin herangezogen, um das eigens entwickelte Konstrukt „BewegungsSpielRaum“ zu reflektieren. Neben Überlegungen zum Mensch-Sein und Mensch-Werden in der Gruppe und Gesellschaft erschließt die Autorin Schlüsselpositionen für die Persönlichkeitsentwicklung – Beziehung, Emotion, Gefühl, Sinneswahrnehmung, Lernen und Kommunikation – die in ihrer Arbeit eine zentrale Basis für die menschliche Interaktion darstellen. Angeregt durch Beispiele aus ihrer beruflichen Praxis als Coach und Trainerin skizziert Andrea Roither Möglichkeiten, wie jeder Einzelne Zugang zu seinen BewegungsSpielRäumen erhält und sein Potential entfalten kann. Die wissenschaftliche Arbeit endet mit einer persönlichen Biografiearbeit der Autorin, in der ihre ersten 17 Lebensjahre mit den Ergebnissen der Untersuchung reflektiert werden.
Das Buch richtet sich an Trainer, Coaches, Supervisoren, HRs und Pädagogen sowie an jeden, der neue Handlungsräume entdecken und sich weiterentwickeln möchte.
ABSTRAKT
Die vorliegende Arbeit widmet sich grundsätzlich folgender Fragestellung: Welche Chancen ergeben sich durch „BewegungsSpielRäume“ für die Persönlichkeitsentwicklung in und trotz der Gruppe?
Die von mir gewählten Zugänge verlaufen über folgende Ebenen: Psychologie, Soziologie, Philosophie, Humanethologie, Pädagogik, Logotherapie und Existenzanalyse, darüber hinausgehende Ebenen und auch rein pathologische Zugänge wurden nicht mit einbezogen. Zu Beginn dieser Arbeit steht die Beschreibung des Konstrukts BewegungsSpielRaum im Mittelpunkt. Um eine theoretische Basis für die Auseinandersetzung mit der Fragestellung zu schaffen, wurde mit der Recherche nach unterschiedlichen Ansätzen zur Persönlichkeitsentwicklung bzw. Identitätsbildung begonnen. Unwillkürlich mussten danach Überlegungen darüber folgen, in welchen Feldern sich der Mensch bewegt, womit er in Beziehung ist, und wodurch er sich selbst erfahren kann. Ein extra Kapitel wurde dem Thema „Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung in BewegungsSpielRäumen“ gewidmet. Die darin enthaltenen Schwerpunkte – Beziehung, Emotion, Gefühl, Sinneswahrnehmung, Lernen und Kommunikation – wurden separat betrachtet, obwohl alle Punkte ebenso wie die anderen Kapitel BewegungsSpielRäume beschreiben. Die Hervorhebung dieser Positionen begründe ich damit, dass sie für die Interaktion des Menschen als soziales Wesen und dadurch für die Persönlichkeitsentwicklung von zentraler Bedeutung sind.
Unter Zusammenfassung folgen jeweils persönliche Schlussfolgerungen und weiterführende Gedanken. Diese bilden die Grundlage und Begründung des am Ende der Arbeit identifizierten Nutzens, der sich für die Persönlichkeitsentwicklung, durch das Entdecken, Erobern, Erleben und Erfahren von individuellen BewegungsSpielRäumen ergibt. Ich schließe meine Diplomarbeit für Lebens- und Sozialberater in Logotherapie und Existenzanalyse mit einem Ausblick zum persönlichen Praxistransfer und einem Anhang in Form meiner, im Zuge der Arbeit entstandenen, Biographiearbeit bis zu meinem 17. Lebensjahr und deren Aufarbeitung mit den zuvor erschlossenen Themen.
Inhaltsverzeichnis
1. BewegungsSpielRaum ... 8
1.1. Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung in und trotz der Gruppe ... 8
1.1.1. Einleitung ... 8
1.1.2. Vorwort ... 8
1.1.3. Fragestellungen ... 9
1.1.4. Methodik ... 9
1.1.5. Das Konstrukt BewegungsSpielRaum ... 9
2. Bewegungsfelder des Menschen ... 12
2.1. Perspektiven zum Mensch-Werden und Mensch-Sein ... 12
2.1.1. Das Subjekt und die Welt ... 12
2.1.2. Freuds Persönlichkeitstheorie zur psychischen Entwicklung ... 14
2.1.3. Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung ... 16
2.1.4. Jungs Darstellung der Individuation ... 26
2.1.5. Keupps Ansätze zur Identität und deren Konstruktion ... 27
2.1.6. Schewior-Popps Zugang zur Persönlichkeit und deren Kompetenzen ... 30
2.1.7. Existenzialismus und Existenzphilosophie ... 31
2.1.8. Frankls Credo zum personalen Geist – die Person dahinter ... 32
2.1.9. Disziplinen (Säulen) der Logotherapie und Existenzanalyse ... 40
2.1.10. Zusammenfassung Mensch-Werden und Mensch-Sein ... 42
2.2. Perspektiven zum menschlichen Da-Sein und Bei-Sein ... 45
2.2.1. Körperliche Weltbeziehung ... 45
2.2.2. Das Gefühl der Entfremdung ... 50
2.2.3. Raum und Zeit ... 51
2.2.4. Fähigkeiten der Geistigen Person ... 52
2.2.5. Zusammenfassung Da-Sein und Bei-Sein ... 54
2.3. Perspektiven zum Mensch in der Gruppe und Gesellschaft ... 55
2.3.1. Gruppenidentität und Ich-Identität ... 55
2.3.2. Stammesgeschichtliche und kulturelle Anpassung ... 55
2.3.3. Sozialisation ... 56
2.3.4. Der Prozess – Tuckmans Phasen-Modell der Gruppendynamik ... 56
2.3.5. Die Struktur – Thomanns Beziehungsmodell und Stahls Gruppenfelder ... 58
2.3.6. Gesellschaft und Gerechtigkeit ... 62
2.3.7. Die Theorie des Guten und des vernünftigen Lebensplans ... 63
2.3.8. Gerechtigkeit und Glück für das Individuum ... 65
2.3.9. Spiritualität, Wert und Sinn ... 66
2.3.10. Zusammenfassung Mensch in der Gruppe und Gesellschaft ... 69
3. Schlüssel zur Persönlichkeitsentwicklung in BewegungsSpielRäumen ... 71
3.1. Position der Beziehung ... 71
3.1.1. Beziehungsfähigkeit und Beziehungsarbeit ... 71
3.1.2. Sichere und unsichere Bindungen ... 72
3.1.3. Neurobiologische-Perspektiven zur Beziehung ... 73
3.1.4. Bubers Entwicklung von Beziehungsstrukturen ... 74
3.1.5. Bauers Kriterien für gelingende Beziehungen ... 75
3.1.6. Beschreibung der gelingenden Beziehung nach Martin Buber ... 77
3.1.7. Schlicks fünf Lebenssinn-Beziehungen ... 79
3.1.8. Zusammenfassung ... 79
3.2. Position der Emotion und des Gefühls ... 81
3.2.1. Biologie des menschlichen Verhaltens ... 83
3.2.2. Die Grundformen der Angst – Riemann-Kreuz nach Riemann ... 85
3.2.3. Konflikte und Krisen – Spannung zwischen Sein und Soll ... 87
3.2.4. Emotionale Intelligenz oder Kompetenz ... 88
3.2.5. Kongruenz und Inkongruenz ... 90
3.2.6. Genetische Perspektiven – Frühe und späte Inkonsistenz-Erfahrungen ... 90
3.2.7. Reflexionsfähigkeit – Metaebene – Konfliktverarbeitung ... 92
3.2.8. Zusammenfassung ... 95
3.3. Position des Lernens ... 97
3.3.1. „Ge-Hirn merk dir was“ ... 98
3.3.2. Vertrauen – die Basis ... 102
3.3.3. Rotters Erwartung x Wert-Theorie und Kontrollüberzeugung ... 106
3.3.4. Rohrachers Aktivierungsgesetz ... 107
3.3.5. Ryan und Decis Selbstbestimmungstheorie ... 109
3.3.6. Banduras Lernen am Modell ... 110
3.3.7. Motivation – Motive – Ziele und Absichten ... 111
3.3.8. IQ, Kognitive Fähigkeiten und Handlungskompetenzen ... 114
3.3.9. Die Gruppe als Lernchance - erfahrungsorientiertes Lernen ... 117
3.3.10. Zusammenfassung ... 118
3.4. Position der Kommunikation ... 121
3.4.1. Menschliche Weltbeziehung ... 121
3.4.2. Stammesgeschichtliche Perspektiven ... 122
3.4.3. Körpersprache, Körperausdruck und Berührung ... 123
3.4.4. Vier Ebenen einer Nachricht ... 125
3.4.5. Dialogisches Prinzip des Lebens – Verantwortung ... 127
3.4.6. Metakommunikative Axiomen und Systemtheoretische Sichtweise ... 128
3.4.7. Logotherapeutisches Gespräch ... 130
3.4.8. Kongruenz und Authentizität ... 130
3.4.9. Zusammenfassung ... 131
4. Fazit ... 133
4.1. Persönlichkeitsentwicklung durch die Entdeckung der individuellen BewegungsSpielRäume ... 133
4.1.1. Die Chance – das gelingende Leben ... 133
4.1.2. Der Nutzen – die Zusammenfassung ... 134
4.1.3. Die Ausblicke zum Konstrukt des BewegungsSpielRaums ... 135
4.1.4. Persönlicher Praxistransfer ... 136
4.1.5. BewegungsSpielRaum-Konzepte für meine berufliche Tätigkeit ... 137
5. Anhang ... 143
5.1. Biographiearbeit ... 143
6. Literaturverzeichnis ... 163
„Der Schlüssel zu den Herzen der Menschen ist nicht deine Klugheit,
sondern deine Liebe.“
Hermann von Bezzel
„Durch die Liebe zum Leben und zum Menschen können Bedürfnisse und
Potentiale im Menschen mit Geduld und Weisheit erfasst werden.
BewegungsSpielRäume zur kongruenten Persönlichkeitsentwicklung können
danach durch Vertrauen in Leichtigkeit entdeckt, erobert, erlebt und
genutzt werden.“
Andrea Roither
1. BewegungsSpielRaum
1.1. Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung in und trotz der Gruppe
Meine berufliche Tätigkeit als Führungskraft, Coach, Trainer hat mein Interesse daran geweckt, welche Möglichkeiten es für die Persönlichkeitsentwicklung durch die Entdeckung von BewegungsSpielRäumen für Einzelpersonen in diversen Gruppen geben kann.
1.1.1. Einleitung
Das Thema „BewegungsSpielRaum“ zieht mich durch das Beobachten von Phänomenen in der Praxis und in meiner eigenen Persönlichkeitsentwicklung sowie der von Menschen, die mir auf meinem Lebensweg begegnen, in den Bann. Der BewegungsSpielRaum ist die Chance zur Persönlichkeitsentwicklung.
1.1.2. Vorwort
Die Suche nach Möglichkeiten, mehr Spielraum, Beweglichkeit, Selbstausdruck und Entwicklung wird in mir durch eine tiefe Sehnsucht vorangetrieben, gewiss eine Prägung, die zu einem mir lieb gewordenen Teil geworden ist. Sie gründet auf dem Gewahr-Sein dessen, was faktisch ist und fakultativ möglich sein könnte. Durch meine subjektiven Erfahrungen und meiner kritischen Auseinandersetzung mit ihnen, führte im Zuge meiner Ausbildung in Logotherapie und Existenzanalyse zu der Annahme, dass BewegungsSpielRäume, wenn sie erkannt, angenommen, konstruktiv reflektieren werden und nach den daraus erwachsenden Entscheidungen auch Handlungen oder Haltungen folgen, die lebensbejahend sind, zu einer dynamischen Persönlichkeitsentwicklung führen, unabhängig davon, in welcher Lebensphase oder in welchem Bereich der Mensch dazu imstande ist. Diese subjektiven Erfahrungen werden in dieser Arbeit mit wissenschaftlicher Literatur abgeglichen und mit rationalen Überlegungen aufgearbeitet. Die Identifizierung des persönlichen Nutzens, der sich durch die Entdeckung von BewegungsSpielRäumen für die Persönlichkeitsentwicklung ergibt, ist das Ziel dieser Arbeit.
Hypothese der Arbeit ist:
Die Zusammenhänge der und die Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung, die sich für den Menschen durch die individuell zu entdeckenden BewegungsSpielRäume ergeben, sind nicht ausreichend zusammenfassend und verständlich beschrieben. Sie werden daher zu wenig und nur zufällig beobachtet, erkannt und genutzt.
Die vorliegende Arbeit „BewegungsSpielRaum – Chancen für die Persönlichkeitsentwicklung in und trotz der Gruppen“ bietet lehrenden, ausbildenden, begleitenden, beratenden, coachenden und trainierenden Menschen einen fundierten Betrachtungshorizont hinsichtlich Persönlichkeitsentwicklung und BewegungsSpielRäume, die über das Stufenmodell von Erikson, ebenso wie über die zu lösenden Probleme oder Aufgabenstellungen in einzelnen Disziplinen hinaus, Perspektiven öffnet. Darauf aufbauend können entsprechende Haltungen und Konzepte, Tools und individuelle „Handwerkzeuge“ für die praktische Umsetzung entwickelt werden.
1.1.3. Fragestellungen
Welche Chancen ergeben sich durch „BewegungsSpielRäume“ für die Persönlichkeitsentwicklung des Menschen in und trotz der Gruppe?
- Welche Rahmenbedienungen sind die Basis, das Potential und/oder die Begrenzung dafür?
- Wie und wann entwickelt sich ein Mensch?
1.1.4. Methodik
Die Literaturrecherche und Literaturanalyse zur Sichtung und Einordung des Themenkomplexes eröffnete die vorliegende Arbeit. Die Analyse beschränkt sich dabei nicht auf ein Fachgebiet. Sowohl Psychologie, Soziologie, Philosophie, Humanethologie, Pädagogik, Logotherapie als auch Existenzanalyse werden in diese Arbeit miteinbezogen und mit der eigenen Biographie in Verbindung gebracht. Darüber hinaus gehende Fachgebiete wurden nicht abgearbeitet.
1.1.5. Das Konstrukt BewegungsSpielRaum
Das Wort BewegungsSpielRaum verbinde ich mit drei Assoziationen:
- Die Bewegung assoziiere ich mit Veränderung, Dynamik, Sprengkraft und Erfahrung.
- Das Spiel assoziiere ich mit Leichtigkeit, Freiheit, Lebendigkeit, Motivation, Kreativität und Neugierde.
- Den Raum assoziiere ich mit der Wahrnehmung, den ontischen und ontologischen Möglichkeiten und deren Entwicklungen.
Um das in mir so präsente Konstrukt des BewegungsSpielRaums besser verständlich zu machen, stelle ich einen Bezugspunkt zu einem allgegenwärtigen Raum her.
Der BewegungsSpielRaum ist ein Konstrukt, das ich mit Hilfe des Kosmos beschreibe. Alles was uns in ihm vertraut ist und wir sehen können, beruht auf bereits Vergangenes. Der Raum, den wir von ihm zu erblicken vermögen, verrät uns nicht, wo er endet und ob er endet. Jede Positionsveränderung oder Horizontüberschreitung im System ermöglicht uns neue Blickwinkel und Perspektiven. Vieles innerhalb des Systems lässt sich erklären und nachvollziehen, wobei das Ende offenbleibt. Alles in ihm ist in Bewegung, hat eigene Dynamik, wirkt aufeinander und hängt voneinander ab, sodass es auch Situationen gibt, deren Verlauf und dessen Auswirkungen nicht eindeutig festlegbar sind. Der Kosmos und der BewegungsSpielRaum dehnen und breiten sich in die Zukunft aus, unabhängig davon, ob innerhalb des Systems, Situationen sich ausdehnen oder zusammenziehen, verändern oder auflösen, um an anderer Stelle neu zu entstehen. (Vaas, 2016, S. 11ff)
„Jeder Stern und jeder Mensch ist einmalig und auf seine ganz ureigene Art manifest geworden.“ (Filimon, 2017).
All(es) ist BewegungsSpielRaum. Der Mensch entwickelt sich in BewegungsSpielRäumen. BewegungsSpielRäume sind dynamisch, es gibt sie in jeder Lebensphase. Die Weite oder Größe des BewegungsSpielRaums liegt im Auge des Betrachters. Darum ist er nicht zur Gänze von außen bestimmbar, er ist subjektabhängig. Durch die Kraft der Sehnsucht im Menschen, seine persönlichen Erfahrungen und / oder der seiner Wegbegleiter – mit anderen individuellen subjektiven BewegungsSpielRäumen – können bestehende Begrenzungen überwunden werden. Die Nutzung der individuellen BewegungsSpielRäume ermöglicht die Entwicklung einer integren und authentischen Persönlichkeit.
Bereits beim Niederschreiben dieser Formulierungen zum Konstrukt des BewegungsSpielRaums wird für mich deutlich, dass mit dieser Arbeit nur ein kleiner Teil der möglichen Aspekte dazu betrachtet werden kann. Dennoch wage ich es, damit zu beginnen, das Konstrukt BewegungsSpielRaum aus den Perspektiven der Ebenen Psychologie, Soziologie, Philosophie, Humanethologie, Pädagogik, Logotherapie und Existenzanalyse zu beleuchten und dadurch neue Perspektiven für mögliche Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung zu schaffen. Beziehung, Emotion, Lernen und Kommunikation sind darüber hinaus zentrale Themen, weil sie die Basis für Interaktionen sind und eine Schlüsselposition für die Persönlichkeitsentwicklung einnehmen. Darüber hinaus gehende Ebenen und auch rein pathologische Zugänge wurden nicht mit einbezogen.
Wenn BewegungsSpielRäume Erfahrungsräume für die Entwicklung beinhalten, welche begrenzende Felder können dann diesbezüglich vorhanden sein?
- Reale Grenze – Körper, Umwelt, Kultur, Gesellschaft...
- Mentale Grenze – Gedanke, Erwartung, Zielsetzung, Glaubenssatz...
- Emotionale Grenze – Stimmung, Gefühl, Emotion, Affekt...
- Begrenzung der Geistigen Person [1] – Begrenzung auf Körper und Verstand, Überbewertung des Egos
Wie, zu welchem Zeitpunkt im Leben und in welchem Umfeld entwickelt sich ein Mensch? Welche Rahmenbedienungen sind die Basis, das Potential und/oder die Begrenzung dafür? Weil die Entwicklung des Menschen und das Mensch-Sein an sich das In-der-Welt-Sein und das Zusammenleben von Menschen erfordert, beginne ich im nächsten Kapitel mit einem Ausflug in die Soziologie.
2. Bewegungsfelder des Menschen
2.1. Perspektiven zum Mensch-Werden und Mensch-Sein
Das menschliche Sein wird mit unterschiedlichen Wörtern ausgedrückt: der Mensch, die Person, das Individuum, das Subjekt, das Selbst, das Psychophysikum, der Charakter, die Persönlichkeit oder die Identität. Jedes Wort drückt verschiedene Nuancen und Perspektiven aus. Näher eingegangen wird für die vorliegende Arbeit auf die Begriffe Subjekt, Identität, Person und Persönlichkeit und auf deren Entwicklung
2.1.1. Das Subjekt und die Welt
Die Soziologie entwirft mit der Erkenntnistheorie eine Verortung des Mensch-Seins in der Welt. Hartmut Rosa, Professor für Allgemeine und Theoretische Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität, beantwortet die Fragen: „Was ist die Welt?“ und „Wer ist ein Subjekt?“ mit folgenden Ausführungen:
Die hier avisierte Soziologie (…) geht (…) nicht davon aus, dass Subjekte auf eine vorgeformte Welt treffen, sondern postuliert, dass beide Seiten – Subjekt und Welt – in der und durch die wechselseitige Bezogenheit erst geformt, geprägt, ja mehr noch: konstruiert werden. Was und wie ein Subjekt ist, lässt sich erst bestimmen vor dem Hintergrund der Welt, in die es sich gestellt und auf die es sich bezogen findet; Selbstverständnis und Weltverständnis lassen sich in diesem Sinne nicht trennen. Subjekte stehen der Welt also nicht gegenüber, sondern sie finden sich immer schon in einer Welt, mit der sie verknüpft und verwoben sind, der gegenüber sie je nach historischen und kulturellem Kontext fließende oder feste Grenzen haben, die sie fürchten, oder lieben, in die sie sich geworfen oder in der sie sich getragen fühlen etc. (…) Subjekte sind (…) durch zwei wesentliche, gegenüber der Varianzen der Weltbeziehung invariante Eigenschaften gekennzeichnet: Sie sind zum Ersten, diejenigen Entitäten, die Erfahrungen machen oder, wenn man in Rechnung stellt, dass Erfahrungen immer auch intersubjektiv konstituiert sind, an denen sich Erfahrungen manifestieren; und sie bezeichnen, zum Zweiten, den Ort, an dem sich psychische Energien motivational materialisiert, an dem also Handlungsantriebe wirksam werden. Dies wiederum macht deutlich, dass Subjekte, in der Diktion der phänomenologischen Tradition nach Husserl, auf ihre Welt stets intentional bezogen sind, dass es sich also nicht nur um eine kognitive, sondern immer auch um eine evaluative und existentielle Beziehung handelt. (…) Weltbeziehungen lassen sich daher auch als Konkretionen der Intentionalität verstehen. (…) Die Welt wiederum lässt sich (…) konzeptualisieren als alles, was begegnet (oder auch: was begegnen kann), sie erscheint als der ultimative Horizont, in dem sich Dinge ereignen können und Objekte auffinden lassen, oder, im Sinne Blumbergs, als Metapher für das Ganze der Erfahrbarkeit. (…) Der Mensch ist dadurch ausgezeichnet, als Objekt in der Welt als einem Ganzen von Seienden zu stehen bezeichnenderweise sich darin einzuordnen und zugleich als ein Subjekt zu fungieren, für das Welt erst ein Thema werden kann. (2016, p. 61ff)
Die Welt und das Subjekt sind miteinander verwoben. Und es ist nachvollziehbar, dass es einen Unterschied macht, ob ein Mensch in Südafrika, China, Europa oder am Nordpol zur Welt kommt, und dass seine Persönlichkeit und die Welt sich dadurch formen. Infrage stelle ich, ob sich die gesamte Individualität erst im Wechselspiel mit der Welt, in die der Mensch gestellt wird, formt, und gehe in der weiteren Auseinandersetzung von einem idiographischen Ansatz aus, denn Individualität besitzt jeder Mensch von Geburt an, weil die Einzigartigkeit den Menschen immanent ist.
Auch hinsichtlich des menschlichen Verhaltens werden in der Psychologie weder der Situationismus, in dem davon ausgegangen wird, dass maßgebend Variablen der Situation das Verhalten eines Menschen bestimmen, noch der Dispositionismus, in dem angenommen wird, dass das Verhalten einer Person maßgebend von Eigenschaften dieser Person gesteuert wird, akzeptiert. In der Regel wird der Interaktionismus, der ein dynamisches Zusammenspiel von Situations- und Personenvariablen hervorhebt, postuliert. (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 27)
Mit der Frage „Welche Aspekte kennt unsere Sprache zum Thema Identität?“, stoße ich im Lexikon der Psychologie auf unterschiedliche Beschreibungen.
Die narrative Identität ist zum Beispiel die erzählende Antwort auf die Frage: „Wer bin ich?“. Hingegen wird mit der nationalen Identität eher die Identifikation eines Menschen mit den Werten der eigenen Nation beschrieben. In unserer Zeit ist auch die Rede von Offline und Online Identität, wobei die Online Identität eine Form der Selbstdarstellung innerhalb einer virtuellen Realität darstellt, die in der Regel davon abweicht wie man wirklich ist. Die Offline Identität wiederum ist diejenige, welche den Menschen in der Realität kennzeichnet.
Weiteres kann unter subjektiver Identität (Wie bin ich?), objektiver Identität (Wie möchte ich sein?) und zugeschriebener Identität (Für wen hält man mich?) unterschieden werden. Die Identität bildet sich zuerst in Abhängigkeit von den Erziehern des Individuums und der durch Gene vorgegebenen Tiefenstruktur und in weiterer Folge durch verschiedene Ereignisse und Umstände ganz individuell. (Brenner, 2002, p. 7)
So kann zusammenfassend festgestellt werden, dass sich jeder Mensch auf irgendeine Art mit seiner Umwelt arrangiert und dadurch seine Identität verändert. Alleine durch seine Anwesenheit beeinflusst er die Umwelt und die Gemeinschaft in und mit der er lebt. Dadurch wiederum ist auch die Umwelt eine andere geworden. Rosa, Mead, Brenner, Schütz, Rüdiger, Rentzsch und andere vertreten den Interaktionismus, demzufolge sich Identität permanent mit jeder Interaktion verändert. Auch Erikson geht davon aus, dass der Mensch sich mit zunehmender Interaktionserfahrung entwickelt, jedoch fixiert er dafür in seinem Stufenmodel, dass gesunde Entwicklung in acht linear aufeinander folgende Phasen stattfindet. Um in weiterer Folge Erikson, den Vater der Identitätsforschung, besser nachvollziehen zu können, bedarf es zuerst einer Beschäftigung mit der Persönlichkeitstheorie Freuds. Denn auf das Entwicklungsmodell von Freud baut Erikson sein Stufenmodell der Persönlichkeitsentwicklung auf, in dem der Mensch in eine Sozialordnung eingebettet wird.
2.1.2. Freuds Persönlichkeitstheorie zur psychischen Entwicklung
Der 1856 in Wien geborene Freud war Neurologe. Seine zentrale Annahme war das Energieerhaltungsgesetz, demzufolge sich die Energiemenge in einem abgeschlossenen System zwar verschieben oder umwandeln, nicht jedoch vermehren oder verringern kann. Freud ging davon aus, dass jeder Mensch über eine bestimmte Energiemenge verfügt. Und er sah im menschlichen Verhalten ein ständiges Wechselspiel zwischen Spannungsaufbau und -entladung. Der Motor dafür sind die Triebe (Selbsterhaltungstrieb: Sexualtrieb, Libido und Todestrieb: Thanatos). Zentral für Freuds Ansatz ist das Konzept des Unbewussten, denn er nahm an, dass wir uns der Determinanten unseres Erlebens und Verhaltens nur teilweise bewusst sind. Mit dem Strukturmodell teilt er die Persönlichkeit des Menschen in die drei Instanzen Es, Ich und Über-Ich auf, die in dynamischen und konflikthaften Beziehungen zueinanderstehen. Am Anfang des Lebens eines Menschen besitzt das Es die Gesamtenergie, die dann allmählich an das Ich und Über-Ich weitergegeben wird.
Im Es sind nach Freud biologisch angelegte Triebe verankert, die als „Selbsterhaltungs-“ und „Todestrieb“ bezeichnet werden. Das Es ist am Lustprinzip orientiert, strebt also nach sofortiger Bedürfnisbefriedigung und lässt sich in diesem Streben weder von realen noch von rationalen Argumenten beeinflussen. Das Über-Ich stellt den moralischen Teil der Persönlichkeit dar, der gesellschaftliche und elterliche Normen integriert. Durch das Über-Ich wird Verhalten kontrolliert, indem Belohnung und Bestrafung in Aussicht gestellt werden. Zwischen den zwei Instanzen Es und Über-Ich besteht nach Freud ein ständiger Konflikt. Das Ich als vernunftbezogener Aspekt der Persönlichkeit ist an der Realität ausgerichtet. Seine Aufgabe ist es (…) Bedürfnisse des Es mit eigenen und gesellschaftlichen Wertvorstellungen des Über-Ichs in Einklang zu bringen. (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 53)
Der Trieb wird als ein von einem inneren Drang ausgehender psychischer Vorgang, der das Individuum auf ein Ziel hinstreben lässt, definiert. Der Ausgangspunkt, die Triebquelle, ist ein körperlicher Spannungszustand; das Triebziel ist die Aufhebung des herrschenden Spannungszustandes; am Triebobjekt oder mit Hilfe dieses Objektes kann der Trieb sein Ziel, die Triebbefriedigung, erreichen. (Schuster & Springer-Kremser, 1997, p. 22)
Freud misst bei der „gesunden“ Persönlichkeitsentwicklung den frühen Lebensjahren des Menschen besondere Bedeutung bei. Die Tiefenpsychologie beinhaltet folgendes Modell, das die kindliche Triebsituation in Phasen beschreibt, wobei davon ausgegangen wird, dass diese in einer festen Abfolge nacheinander ablaufen. In jeder Phase wird die erhöhte Erregung und Sensitivität einer bestimmten Körperregion betont.
Orale Phase. Die orale Phase prägt nach Freud das erste Lebensjahr des Kindes. Die phasenspezifische erogene Zone ist der Mund. Triebbefriedigung erfolgt durch Schlucken, Saugen, Kauen, Trinken, Lutschen oder Gefüttert-Werden. Reste der Oralität im Erwachsenenalter vermutet Freud im Rauchen, Essen und Küssen. Anale Phase. In der darauf folgenden analen Phase im Alter von circa zwei bis drei Jahren ist nach Freud der Anus die erogene Zone. Triebbefriedigung resultiert hier aus der Entleerung des Darms oder aus der Zurückhaltung von Kot, dem Spiel mit Kot, der Erkundung des eigenen Analbereichs oder aus der Beobachtung von Familienmitgliedern beim Toilettengang. Phallische Phase. In der phallischen Phase, die vom dritten bis zum fünften Lebensjahr andauern soll, wird schließlich die Genitalregion zur erogenen Zone. Typische Triebbefriedigungen stellen das Urinieren oder Spielen mit den Genitalien dar. In diese Phase fallen auch die von Freud postulierte Kastrationsangst [2] sowie der Ödipuskomplex [3]. (…) An diese Phase schießt sich nach Freud eine Latenzzeit an. Während dieser Phase ist keine Körperzone durch besondere Erogenität gekennzeichnet. Genitale Phase. Die letzte Phase des Modells bezeichnet die reife Sexualität im Erwachsenenalter. In dieser Phase erhalten alle früheren erogenen Zonen wieder Bedeutung. (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 58f)
„Wo Es war, soll Ich werden“, Freud bringt damit zum Ausdruck, dass die Entwicklung zum Ich-Starken Menschen, der Vernunft und Willensstärke bei gleichzeitiger Möglichkeit zur Lebens- und Sinnesfreude hat, im Mittelpunkt der Reifung der Persönlichkeit steht.
In der Psychoanalyse Freuds ist die Thematik der Bildung der Identität nicht wesentlich über die Kindheit hinaus verfolgt worden, wenngleich er nur mit Erwachsenen an den Themen der Kindheit, und mit seinem Strukturmodell arbeitet. Die Auswirkungen der sozialen Organisationen oder Institutionen (Familie als gesellschaftliche Institution oder Schule, Beruf), die über die Eltern hinaus besteht, wurden von ihm auf ein Nebengleis geschoben. Freud führte neben dem Es das Ideal-Ich und das Über-Ich innerhalb des Ichs ein. Das Über-Ich ist dabei als die Verinnerlichung aller der von außen aufgenötigten Einschränkungen, denen das Ich sich zu unterwerfen hat, um aus der Sicht Freuds Selbstachtung zu gewinnen, zu verstehen. Das Über-Ich wird überwiegend durch die belohnenden oder strafenden Eltern und später durch die berufsmäßigen Erzieher gebildet, die dem Modell zufolge letztendlich maßgebend für die Ich-Identität sind. Freuds Theorien sind bis heute stark umstritten. Popper bezeichnet die Werke von Freud und Adler als bedeutend, jedoch auch als reduktionistisch und nicht wissenschaftlich, weil sie weder nachprüfbar noch widerlegbar sind.
Es folgen die Ansätze Eriksons, der die Persönlichkeitsentwicklung um psychosoziale Aspekte erweitert. Er übernahm die Vorstellung Freuds, dass sich die Entwicklung des Menschen in abgrenzbare Phasen unterteilen lässt. Er erweitert die Phasen Freuds und verfolgt so wie Jung einen lebenslangen Prozess. Eriksons Phasenmodell hat enge Bezüge zu Freuds Persönlichkeitsverständnis. (Kuhl, 2010, p. 380)
2.1.3. Eriksons Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung
Erik H. Erikson wurde 1902 in der Nähe von Frankfurt geboren. Trotz fehlenden Studium- Abschlusses erhielt er 1960 eine Professur in Havard. Auf Basis der Wechselwirkung zwischen Individuum und Gesellschaft entwarf Erikson ein epigenetisches Prinzip [4], das Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung. Dieses untergliedert die Entwicklung des Menschen von seiner Geburt bis zum Tod in acht Phasen:
- Urvertrauen gegen Misstrauen
- Autonomie gegen Scham und Zweifel
- Initiative gegen Schuldgefühle
- Werksinn gegen Minderwertigkeitsgefühle
- Identität gegen Identitätsdiffusion
- Intimität und Distanzierung gegen Isolation und Selbstbezogenheit
- Generativität gegen Stagnierung (Selbst-Absorption)
- Integrität gegen Verzweiflung und (Lebens)Ekel
Die letzten drei Stufen beschreibt Erikson als „die drei Stadien des Erwachsenenlebens“ (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 114). Jede Phase wird, über die altersspezifische Abgrenzung in vorbestimmter Abfolge hinaus, durch zwei Polaritäten definiert, die das Spektrum der möglichen Entwicklung in der jeweiligen Phase beschreiben. Das Konzept des Stufenmodells baut darauf auf, dass in jeder Stufe eine entwicklungsspezifische Krise zur nächsten Stufe überleitet. Die Überwindung einer Krise bedeutet einen positiven Abschluss der betroffenen Phase und ein Eintreten in die nächste Phase ohne Belastungen aus der letzten Stufe. Entgegen der Theorie von Freud, die auf die zentrale Bedeutung der frühkindlichen Entwicklung des Menschen fokussiert ist, veranschaulicht Erikson mit seinem Stufenmodell in der Entwicklung des Menschen einen lebenslangen Prozess. Bei allen Stufen wird deutlich, welchen maßgebenden Einfluss die Beziehungsfähigkeit für die Entwicklung der Persönlichkeit hat. Das Gefühl, eine Identität zu besitzen, ergibt sich aus der Erfahrung. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 150ff)
1. Phase – Urvertrauen gegen Misstrauen
Erlebnishorizont im Säuglingsalter: „Ich bin, was man mir gibt.“
Der Mensch ist herausgefordert, Vertrauen zu sich und zu anderen zu entwickeln. Dies ist möglich durch positive Erfahrungen, wie Geborgenheit, Wärme, Zuverlässigkeit, die verlässliche Zuwendung einer Bezugsperson, die elementare Befriedigung der Grundbedürfnisse, wie Essen, Trinken, Hautkontakt und orale Befriedigung, und durch das aktive Nehmen (Annehmen) der vom Umfeld kommenden Angebote. Die damit einhergehenden positiven Erfahrungen sollten den negativen Erfahrungen und Frustrationen, wie auf Bedürfnisbefriedigung warten müssen; Enttäuschung, Einsamkeit, Missachtung oder physische Schmerzen und dergleichen überwiegen, damit im Menschen ein Grundgefühl des „In-Ordnung-Seins“ erlebt und Urvertrauen aufgebaut werden kann. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont ist die erste Bezugsperson, zum Beispiel die Mutter.
Urvertrauen – die Chance : Sich-verlassen-Dürfen und die eigene Vertrauenswürdigkeit, Hoffnung
Urmisstrauen – das Risiko: Trauergefühl, schizoider und depressiver Unterton
Das Urvertrauen ist das Ja des Menschen zu seiner Umwelt, es wird grundgelegt im Ja des Umfeldes zum Menschen, durch die körperliche Nähe zwischen Bezugsperson und Säugling. Durch das Getragenwerden, das Fühlen und Wahrnehmen des Körpers wird eine besondere Achtsamkeit geschult, die es ermöglicht, die Bedürfnisse des anderen intensiv wahrzunehmen. Noch bevor das Kleinkind sprechen kann, hat es eine Körpersprache, über die es sich ausdrückt und wahrnimmt. Die Erfahrung berührt zu werden, ist ein zentrales Element, um sich in der Welt und in sich selbst zu Recht zu finden. (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, pp. 62-97)
2. Phase – Autonomie gegen Scham und Zweifel
Erlebnishorizont im Kleinkindalter: „Ich bin, was ich will.“
Der Mensch ist herausgefordert, seinen eigenen, bewussten Willen durch Festhalten und Loslassen zu entwickeln. Dies ist möglich, wenn Rückhalt durch die Bezugsperson erlebt wird, wenn der erwachende Tatendrang, die Neugierde, der Wissens- und Forscherdrang gutgeheißen werden, und wenn die Erfahrung gemacht wird, dass die Kompetenz des Selbst-Festhaltens und -Loslassens beherrscht wird. Damit verbunden sind nicht nur das Reinwerden und die wachsenden motorischen Fähigkeiten der Hände in Form von Wegschmeißen und Festhalten, sondern auch das sich von einer Bezugsperson Entfernen-können, das sich Abgrenzen, das Willen Durchsetzen und sich unabhängig Erleben. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont sind die Eltern.
Autonomie – die Chance: Selbstvertrauen, Anerkennung und Unabhängigkeit erfahren, Willenskraft
Scham und Zweifel – das Risiko: Misserfolg durch übermäßige Anforderungen der Bezugsperson, Furcht vor Kritik, Zweifel an der eigenen Kompetenz, zwanghaftes Verhalten, frühreifes Gewissen, Zorn gegen sich selbst, Zurückhaltung im Spielenden-Erproben
Wer sich schämt, glaubt sich exponiert und beobachtet, ist unsicher und befangen (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, p. 76ff). Aus einem Körperbewusstsein und einer Empfindung der Selbstbeherrschung ohne Verlust des Selbstgefühls entsteht das Gefühl der Autonomie und des Stolzes. Die Voraussetzung dafür ist laut Erikson ein fest verwurzeltes und überzeugend weitergeführtes Vertrauen. Damit die Entwicklung der Autonomie des Kindes gestärkt wird, muss es vor allem vor übermassigen Misserfolgen geschützt werden, die in ihm ein Gefühl von Scham über das eigene Unvermögen bis hin zu Zweifel an den eigenen Kompetenzen auslösen kann. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 78)
Werden dem Kind die Entwicklungsmöglichkeiten zur Autonomie durch die erziehenden Personen vorenthalten, sind gravierende Einschnitte, die zu Krankheitsbildern wie Zwangsverhalten und Selbstzweifel verbunden mit der Furcht vor Kritik führen, zu erwarten (2015, p. 81).
3. Phase – Initiative gegen Schuldgefühle
Erlebnishorizont im Spielalter: „Ich bin, was ich mir zu werden vorstellen kann.“
Der Mensch ist herausgefordert, herauszufinden, was für eine Art von Person er werden will, indem er seinen Horizont erweitert und in alles Mögliche eindringt und/oder sich alles Mögliche einverleibt. Dies ist möglich durch das Entwickeln und Zusammenwachsen seiner physischen und psychischen Fähigkeiten, das Erobern von räumlichen Betätigungsfeldern durch körperliche Fähigkeiten und das Erobern von geistigen Betätigungsfeldern durch sprachliche Fähigkeiten, das Erkennen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten, von richtigem und falschem Denken und Tun. Die unersättliche Neugierde ermöglicht dem Kind Ehrgeiz und Zielgerichtetheit, ebenso wie freien Unternehmensgeist. Darüber hinaus wird die Erkenntnis des Individuums, ein Glied in der Ahnenreihe des eigenen Geschlechtes zu sein, von Erikson als ein Stützpfeiler für eine gesunde Entwicklung betrachtet. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont ist die Familie. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 87ff)
Initiative – die Chance: sich frei und kraftvoll als selbstständige Person zu erleben; Kultivierung von Initiative und Unternehmensgeist, Zielstrebigkeit
Schuldgefühl – das Risiko : Gefühle von Hass und Schuld; Behinderung und Einschränkung oder übertriebenes Hervortreten von Initiative durch ein übersteigertes Gewissen (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, p. 87ff)
Laut Erikson entwickelt sich in dieser Phase auch das Gewissen, das er „Lenker der Initiative“ nennt. Bereits während des Tuns weiß das Kind, ob es richtig oder falsch im Sinne der Eltern handelt. Das Kind ist mehr und mehr in der Lage, sich nicht nur für das, was es getan hat, zu schämen, sondern die Entdeckung an sich zu fürchten und sich für den bloßen Gedanken an seine Taten schuldig zu fühlen. Dies bezeichnet Erikson als den Grundstein für die individuelle Moralität. Um eine positive Entwicklung zu fördern, ist es wichtig, das Gewissen des Kindes nicht übermäßig zu strapazieren. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 94ff)
4. Phase – Werksinn gegen Minderwertigkeitsgefühle
Erlebnishorizont im Schulalter: „Ich bin, was ich lerne.“
Der Mensch ist herausgefordert, sich für die Welt zu öffnen, den Spieltrieb in die Welt hinüberzunehmen, die er mit anderen teilt. Obwohl das Kind auch noch spielerisch in einer Als-ob-Welt zuhause ist, stellt diese es früher oder später nicht mehr zufrieden, es will produktiv sein, etwas Neues lernen, einen Beitrag zur Erwachsenenwelt leisten und in dieser anerkannt werden. Dies ist möglich, indem das Kind gemäß seinen Fähigkeiten in seinem Umfeld zuschauen, dies beobachten, daran teilnehmen und mitmachen darf. Das Kind möchte nützlich sein und etwas leisten; es entwickelt die Lust an Wissen, Zielstrebigkeit, Genauigkeit, Perfektion und Ausdauer. Es möchte etwas schaffen. Etwas Richtiges machen und das Gemeinsam-mit-anderen-Sein ist ihm in dieser Phase besonders wichtig. Die Bewältigung dieser Phase ist entscheidend für soziale Beziehungen, für das Gefühl zur Arbeitsteilung und zu gerechten Chancen. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont ist die Wohngegend und die Schule. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 98ff)
Werksinn (Leistung) – die Chance: Leistungsfähigkeit, positive Arbeitshaltung, Anerkennung durch Leistung, Motivation, selbst zu lernen und herzustellen, Fleiß durch das sich bei Erfolg einstellende Bestätigungsgefühl, Tüchtigkeit
Minderwertigkeitsgefühl – das Risiko: Entwicklung eines Gefühls der Unzulänglichkeit und der Minderwertigkeit, Schwächung des Selbstvertrauens durch Misserfolge, aber auch fehlende Anerkennung können Frustration bis hin zu blindem Hass nach sich ziehen.
Ein weiteres Risiko ist die Gefahr einer übermäßigen Anpassung und die Entwicklung eines gedankenlosen, leicht auszubeutenden Konformisten, der sich vermeintlich hinter dem Werksinn und nicht offensichtlich hinter dem Minderwertigkeitsgefühl entwickeln kann (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 102ff). Durch positive Rollenzuweisung, individuell hilfreiche Lernzugänge, Erfolge, zugetraute Verantwortung und nicht ausschließlich über Leistung erlebte Zuwendung und Akzeptanz, kann diese Phase erfolgreich überwunden werden (2015, p. 106f).
5. Phase – Identität gegen Identitätsdiffusion
Erlebnishorizont im Moratorium [5] oder in der Adoleszenz: „Ich bin, was man mir gab, was ich will, was ich mir zu werden vorstellen kann, was ich lerne und was ich von alledem in mir vereinen kann.“ [6]
Der Mensch ist herausgefordert, seine Identität zu erforschen und zu entwickeln. Dem geht sowohl ein rasches körperliches Wachstum als auch die Entwicklung der Geschlechtsreife einher. Auch der Beruf kann als Identitätsaspekt gesehen werden, der bei Entsprechung mit Befriedigung ausgeübt wird. Die ausgebildete Ich-Identität erlaubt es dem jungen Menschen, sich als in der Gesellschaft eingebettet, im Einklang mit sich selbst und seiner Umwelt zu erleben, und von ihr als akzeptierte Persönlichkeit, die aufgrund der erworbenen Fähigkeiten den Anforderungen der Zukunft gewachsen ist, zu begreifen. Dies ist möglich, indem der Jugendliche die verschiedenen Elemente der vorangegangenen Stufen (Vertrauen, Autonomie, Initiative und Fleiß) zu einem Ganzen zusammenführt. Gelingt dies nicht, nimmt Erikson das Auftreten einer negativen Identität, beziehungsweise eine Identitätsdiffusion [7] an, in der der Jugendliche alle anerkannten Werte und Normen negiert, um auf diesem Weg seine eigene Identität zu finden. Erikson räumt ein, dass eine vorübergehende Intoleranz von allgemein anerkannten Werten auftreten kann. Der Jugendliche versucht, sich auf diesem Weg gegen sein Gefühl des Identitätsverlustes (also gerade gegen die Identitätsdiffusion) zu verteidigen. (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, p. 106ff)
Laut Erikson kann sich eine andauernde und stabile Ich-Identität nur dann ausbilden, wenn diese Phase konstruktiv gelöst wurde. Und ohne das Gefühl einer Ich-Identität gibt es im Dschungel der menschlichen Existenz auch kein befriedigendes Lebensgefühl. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont sind Gleichaltrige und / oder Vorbilder und nicht mehr so sehr die Eltern oder Lehrer. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 106ff)
Identität – die Chance: Ein gefestigte Persönlichkeit (ein sicheres Gefühl der Identität), die sich an Idolen und Idealen orientiert; ein junger Mensch, der für sich selbst Perspektiven und Zukunft sieht, Treue
Identitätsdiffusion oder Rollenkonfusion – das Risiko : kein Lebens- und Zugehörigkeitsgefühl; Zwiespalt, der auf starke frühere Zweifel des jungen Menschen an seiner sexuellen Identität beruht; bei kriminellen oder sexuellen oder ausgesprochen psychotischen Zwischenfällen
(…) wenn man die scheinbar psychischen oder kriminellen Fälle von Jugendlichen korrekt diagnostiziert und behandelt, haben sie nicht die gleiche fatale Bedeutung wie bei anderen Altersgruppen. So mancher Jugendlicher, der von seiner Umgebung zu hören bekommt, er sei ein geborener Strolch, ein komischer Vogel oder Außenseiter, wird erst aus Trotz dazu. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 110)
Eine Phase der Adoleszenz ist die Pubertät, in der die Fortpflanzungsfähigkeit durch Geschlechtsreife erreicht wird. In dieser Phase wird die Identitätsentwicklung besonders akzentuiert erlebt. Das Identitätsproblem muss am Ende der Adoleszenz einen relativ konfliktarmen, psychosozialen Kompromiss finden, oder es bleibt unerledigt und konfliktbelastet. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 149)
Der Prozess der Adoleszenz ist jedoch nur dann wirklich abgeschlossen, wenn das Individuum seine Kindheitsidentifikationen einer neuen Form von Identifikation untergeordnet hat, die es in der intensiven Gemeinschaft und im Wetteifern mit Gleichaltrigen errungen hat. Diese neuen Identifikationen sind nicht mehr durch das Spielerische der Kindheit und die Probierfreude der Vorpubertätszeit charakterisiert. Unerbittlich zwingen sie den jungen Menschen, Entscheidungen zu treffen, die mit wachsender Beschleunigung zu immer endgültigeren Selbstdefinitionen, zu irreversiblen Rollen und so zu Festlegungen „fürs Leben“ führen. (…) Die einzelnen Kulturen gestatten (unterschiedliche) und die jungen Menschen brauchen eine mehr oder weniger anerkannte Karenzzeit zwischen Kindheit und Erwachsenenleben, institutionalisierte psychosoziale Moratorien, während welcher ein nunmehr endgültiger Rahmen für die „innere Identität“ vorgezeichnet wird. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 136f)
„Das Ende der Adoleszenz ist also das Stadium einer sichtbaren Identitätskrise. Das heißt aber nicht, dass die Identitätsbildung mit der Adoleszenz beginnt oder endet: sie ist vielmehr eine lebenslange Entwicklung, die für das Individuum und seine Gesellschaft weitgehend unbewusst verläuft.“ (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 140f)
6. Phase – Intimität und Distanzierung gegen Isolation und Selbstbezogenheit
Erlebnishorizont im frühen Erwachsenenalter: „Ich bin, was ich in Beziehungen erfülle und fühle.“
Der Mensch ist herausgefordert, Intimität mit dem anderen Geschlecht, mit anderen Menschen und auch mit sich selbst aufzubauen, und in weiterer Folge tragfähige Beziehungen einzugehen. Der geschlechtliche Verkehr alleine ist nicht maßgebend, weil die geschlechtliche Intimität nicht zwingend die Fähigkeit zur wechselseitigen psychologischen Intimität voraussetzt. Das ergänzende Gegenstück zur Intimität ist die reife [8] und gesunde Distanzierung von Einflüssen oder Menschen, die dem eigenen Wesen gefährlich erscheinen. Dies ist möglich, indem der Mensch aufbauend auf seine geklärte Identität mit sich selbst Einheit wird und als gefestigte Persönlichkeit agiert. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont sind Freunde, Rivalen, Arbeitskollegen, Vertraute, Sexualpartner. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 114f)
Mit der reifen Sexualität im Erwachsenenalter erhalten alle früheren erogenen Zonen (Freuds Phasenmodell) wieder Bedeutung und Sensibilität. In der Psychoanalyse Freuds wird die „Genitalität“ als ein Hauptmerkmahl der gesunden Persönlichkeit hervorgehoben und wie folgt erfasst: (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 58)
(1.) Wechselseitigkeit des Orgasmus (2.) mit einem geliebten Partner (3.) des anderen Geschlechts (4.) mit dem man wechselseitiges Vertrauen teilen will und kann (5.) und mit dem man imstande und willens ist, die Lebenskreise der (6.) Arbeit (7.) Zeugung und (8.) Erholung in Einklang zu bringen, um (9.) der Nachkommenschaft eine befriedigende Entwicklung zu sichern. (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, p. 242f)
Genitalität ist die Fähigkeit, mit einem geliebten Partner des anderen Geschlechts orgastische Potenz zu entwickeln. Orgastische Potenz wiederum bedeutet hier (…) die heterosexuelle Wechselwirkung bei voller genitaler Empfindung und völliger Entspannung des ganzen Körpers. (…) Der Sinn ist (…) das Erlebnis einer Klimax der Gemeinsamkeit im Orgasmus, das ein höchstes Beispiel der gemeinsamen Regulation komplizierter Verhaltensweisen bietet und auf irgendeine Weise die angestauten Aggressionen löst, die das tägliche Erleben der Gegensätzlichkeiten von männlich und weiblich, von Wirklichkeit und Phantasie, Liebe und Hass, Arbeit und Spiel erzeugt. Befriedigende Geschlechtsbeziehungen machen das Geschlechtliche weniger bedrängend und sadistische Ventile überflüssig. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 116f)
Menschen, die sich ihrer Identität noch nicht sicher sind, scheuen sich vor Intimität mit anderen Menschen, wodurch es oftmals zur Isolation kommt, die psychische Störungen, depressive Selbstversunkenheit oder Charakterschwierigkeiten zur Folge haben. Je sicherer ein Mensch sich seiner selbst wird, umso mehr lässt er sich auf Intimitäten in Form von Freundschaften, Wettstreit, Gefolgschaft, Liebe und Inspiration ein. Bringt ein junger Mensch seine Identität nicht ausreichend mit sich selbst in Einklang und ist er nicht in der Lage, sich auf intime Beziehungen zu anderen und zu sich selbst einzulassen, wird er sich entweder isolieren oder bestenfalls nur sehr stereotype und formale [9] zwischenmenschliche Beziehungen aufbauen. Heiratet ein junger Mensch unter diesen Umständen, so meist in der Hoffnung, er könnte im Partner sich selbst finden, doch die vorzeitige Pflicht, in einer festgelegten Weise als Gatte/Gattin oder Elternteil zu fungieren, stört in der Vollendung der Arbeit an sich selbst.
Intimität und Distanzierung – die Chance: Selbstführsorge, Beziehungsfähigkeit, Freunde, erfüllte Sexualität und Entspannung, Liebe
Isolation und Selbstbezogenheit – das Risiko: Psychische Störungen, depressive Selbstversunkenheit oder Charakterschwierigkeiten durch Isolation, sehr stereotype und formale zwischenmenschliche Beziehungen durch Selbstbezogenheit (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 114ff)
7. Phase – Generativität gegen Stagnierung (Selbst-Absorption)
Erlebnishorizont im Erwachsenenalter: „Ich bin was ich schöpfe und gebe.“[10]
Der Mensch ist herausgefordert, gemeinsam mit einem sexuellen Partner über die erfüllende Genitalität hinauszuwachsen, um Interesse an der Elternschaft und das gemeinsam Aufziehen von Kindern zu entwickeln. Das gemeinsame Arbeiten, Zusammenleben in der Ehe, Schaffen und Versorgen wird neben der Genitalität von Bedeutung. Es gibt auch Menschen, die wegen unglücklicher Umstände oder aufgrund besonderer Gaben oder Berufungen die Generativität nicht auf ein Kind, sondern auf andere schöpferische Leistungen richten. Wesentlich ist, dass diese Phase gesunde Wachstumschancen für die Persönlichkeit bereitstellt. Dies ist möglich, indem der Mensch bereits ein positives Identitätsgefühl hat, sich selbst verwirklicht und auch überwindet, bereit wird selbstlos zu geben, Verantwortung zu übernehmen und Fürsorge für andere zu entwickeln. Das Vertrauen in die Gemeinschaft und die Gattung hat dabei eine wesentliche und hilfreiche Rolle. Erikson ist davon überzeugt, dass der reife Mensch das Bedürfnis hat, seiner selbst zu bedürfen. Wenn die bereichernde Generativität ganz entfällt, erfolgt eine Regression auf ein quälendes Bedürfnis nach Pseudointimität, die oft mit einem übermäßigen Gefühl von Stillstand, Langeweile und Verarmung in den zwischenmenschlichen Beziehungen einhergeht und dazu führt, dass der Mensch sich zum eigenen Kind macht und beginnt, sich selbst zu verwöhnen. Dem unverheirateten, kinderlosen und sich seinem gesellschaftlichen Beitrag entziehenden Menschen droht soziale Isolation und Distanzierung. Er bringt jenen, welche die Generativität nicht verfehlen, Hass und Ablehnung entgegen, um sich selbst zu schützen. Mit dem übersteigerten Wunsch des Alleinseins versucht er, sein „Problem“ zu vergessen, indem er sich dem Eindruck der sogenannten „glücklichen Familie“ möglichst entzieht. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont ist die eigene Familie oder das soziale Umfeld.
Generativität – die Chance: Das erfüllende Geben seiner Selbst in irgend einer Form; ein „fruchtbarer“ Beitrag für die Gesellschaft durch Elternschaft, gemeinsames Arbeiten, Zusammenleben in der Ehe und Versorgen des Nachwuchses; durch schöpferische und /oder kreative Beiträge zu sein, Fürsorge
Selbst-Absorption (Stagnation) – das Risiko: Soziale Isolation und Distanzierung, quälendes Bedürfnis nach Pseudointimität, übermäßiges Gefühl von Stillstand und Langeweile, Verarmung in den zwischenmenschlichen Beziehungen, Kompensation durch das Sich-selbst-zum-eigenen-Kind-Machen verbunden, Selbstbezogenheit, Hass und Ablehnung entgegen denjenigen, die Generativität nicht verfehlen (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 117f)
8. Phase – Integrität gegen Verzweiflung und (Lebens)Ekel
Erlebnishorizont im hohen Alter: „Ich bin was von mir überlebt.“
Der Mensch ist herausgefordert, sich seinem Lebenszyklus zu stellen. Das beinhaltet zu sein, was man geworden ist und zu wissen, dass man einmal nicht mehr sein wird (Erikson, Kindheit und Gesellschaft, 2005, p. 119ff). Weiter ist auch eine Ich-Integration erforderlich, die in Form einer emotionalen Integration die Identifikation, Verantwortung und Führung einschließt. Dies ist möglich, wenn der Mensch seinen eigenen und einzigen Lebenszyklus und auch die Menschen die in ihm notwendig da sein müssen annimmt. Eine neue, andere Liebe zu den Eltern zu entwickeln, die frei von dem Wunsch ist, sie mögen anders gewesen sein als sie waren, und die Bejahung der Tatsache, dass jeder für das eigene Leben alleine verantwortlich ist, ist die Basis dafür. Integrität enthält auch ein Gefühl von Kameradschaft zu den Männern und Frauen ferner Zeiten und Lebensformen, die Ordnung, Dinge und Lehren schufen, welche die menschliche Würde und Liebe vermehrt haben. Der integre Mensch weiß, dass sein individuelles Leben die zufällige Koinzidenz nur eines Lebenskreises mit nur einem Segment der Geschichte ist, und dass für ihn alle menschliche Integrität mit dem einen Integritäts-Stil steht und fällt, an dem er teilhat. Nur wer sich den vorangegangenen Stufen der Entwicklung gestellt hat, einmal die Sorge für Dinge und Menschen auf sich genommen hat, wer Ursprung von anderen Menschenwesen und der Schöpfer von Dingen und Ideen war, nur dem kann in der letzten Stufe die Frucht der ersten sieben Stadien zuteil werden. Durch einen Mangel oder den Verlust der Ich-Integrität breitet sich Verzweiflung und oft unbewusst Todesfurcht aus, wodurch die fehlende Bejahung des eigenen Lebenszyklus zum Vorschein kommt, die sich mitunter auch in der Form von Ekel, Lebensüberdruss, einer chronischen Verächtlichmachung bestimmter Institutionen oder Leute und Selbstverachtung zeigt. Das maßgebende Umfeld für den Erlebnishorizont ist die eigene innere Welt.
Integrität – die Chance: Anerkennung, Würdigung, Emotionalen Integration, Identifikation, Verantwortung und Führung für das eigene Leben, Frieden schließen mit allem was war und ist, Weisheit
Verzweiflung und (Lebens)Ekel – das Risiko: Verzweiflung, unbewusste Todesfurcht, fehlende Bejahung des eigenen Lebenszyklus, (Lebens)Ekel, Lebensüberdruss, chronische Verächtlichmachung bestimmter Institutionen oder Leute, Selbstverachtung (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 118f)
Wenn Kritik am Stufenmodell zu äußern ist, dann darin, dass es den gesellschaftlichen Normen seiner Zeit unterliegt. So ist zum Beispiel die Ausrichtung auf heterosexuelle Heirat und Kindererziehung heute nicht mehr allgemein gültig, und zum andern beschränkt er den gesunden Entwicklungsvorgang auf einen vielleicht natürlichen oder idealen Zeitraum. Dennoch sind sicher auch heute noch die wesentlichen Grundzüge des Modells auf den Menschen übertragbar. Erikson setzt die Sexualtheorie Freuds bei seinen drei ergänzenden Entwicklungsstufen nicht fort, sein Fokus liegt eher bei den Herausforderungen der Identitätsbildung in der Gesellschaft. Erikson überwand somit die Fixierung auf die dominante ödipale Dreier-Situation als unveränderliches Schema und Ursache für alle irrationalen menschlichen Verhaltensweisen ebenso wie die Reduktion der Identitätsbildung auf die Prägungen der Kindheit. Mit der Konzeption des Stufenmodells, das erstmals einen lebenslangen Prozess und Lebensphasen mit unterschiedlichen zu bewältigenden Krisen sowie daraus erwachsenden Chancen beschreibt, die in einer regelhaft-linearen Entwicklung verlaufen, öffnet Erikson völlig neue Zugänge. Er hält bei aller Revolution an der Vorstellung fest, dass nur durch ein adäquates Durchlaufen des Stufenmodells bis zur Adoleszenz eine sichere Identitätsplattform für das weitere Erwachsenenleben gebildet wird und anderenfalls eine Identitätsdiffusion die Folge sei.
Dass das Subjekt wesentliche Schritte in die Richtung eines definierten Ichs innerhalb einer sozialen Realität geht und dabei eine Ich-Identität entwickelt, die auch ein Identitätsgefühl ermöglicht, wird zum klinischen Forschungsthema, in dem subjektive Erfahrungen, dynamische Tatsachen um gruppenpsychologische Phänomene untersucht werden (2015, p. 7ff).
Das bewusste Gefühl, eine persönliche Identität zu besitzen, beruht auf zwei gleichzeitigen Beobachtungen: der unmittelbaren Wahrnehmung der eigenen Gleichheit und Kontinuität in der Zeit, und der damit verbundenen Wahrnehmung, dass auch andere diese Gleichheit und Kontinuität erkennen. Was wir hier Ich-Identität nennen wollen, meint mehr als die bloße Tatsache des Existierens, vermittelt durch persönliche Identität; es ist die Ich-Qualität dieser Existenz. (Erikson, 2015, p. 18)
Das Gefühl der Ich-Identität ist (…) das angesammelte Vertrauen darauf, dass der Einheitlichkeit und Kontinuität, die man in den Augen anderer hat, eine Fähigkeit entspricht, eine innere Einheitlichkeit und Kontinuität (also das Ich im Sinne der Psychologie) aufrechtzuerhalten. (…) Identität wird von Erikson also als ein Konstrukt entworfen, mit dem das subjektive Vertrauen in die Kompetenz zur Wahrung von Kontinuität und Kohärenz formuliert wird. Dieses Identitätsgefühl (…) ist die Basis für die Beantwortung der Frage: „Wer bin ich?“, die in einfachster Form das Identitätsthema formuliert. (Keupp, et al., 2008, p. 29)
Das Stufenmodell von Erikson setzt eine gesellschaftliche Kontinuität und Berechenbarkeit voraus, in die eine subjektive Selbstfindung verlässlich eingebunden werden kann. Individualisierung und Globalisierung haben auch die Identitätstheorie erreicht. Eine Forschergruppe um Heiner Keupp widmet sich dem Thema Identitätsbildung. Um die verschiedenen Begriffe zum Mensch-Sein zu klären, zuvor noch ein kleiner Abstecher zu Jung, danach folgen Perspektiven von Keupp und Schewior-Popp.
2.1.4. Jungs Darstellung der Individuation
Carl Gustav Jung (1875-1961) nannte die Entwicklung und Selbstwerdung des Menschen Individuation.
Die Archetypen C. G. Jungs, also die quer durch alle Kulturen hinweg in den Menschen angelegten Urbilder des Lebens, sind Beispiele aus der intuitiven Wahrnehmungswelt, die dann erfahrbar wird, wenn Menschen ein fest eingeübtes, ritualisiertes Verhalten ausführen. Jung konnte an zahlreichen Therapiebeispielen demonstrieren, dass der Kontakt mit den in den Archetypen enthaltenen Urerfahrungen Menschen helfen kann, mehr zu sich zu kommen. Psychische Störungen und Entwicklungsblockaden lassen sich überwinden, wenn z. B. Frauen und Männer unabhängig von den Zeitströmungen und sozialen Erwartungen, denen sie ausgesetzt sind, Kontakt bekommen mit ihren eigenen Urbildern von Weiblichkeit bzw. Männlichkeit und Männer auch ihren weiblichen Archetyp (…) und Frauen ihren männlichen Archetyp (…) annehmen lernen. (Kuhl, 2010, p. 115)
Auch er beschränkte dies nicht auf die Kindheit, sondern weitete den Prozess über die gesamte Lebensspanne aus. Zum Individuum wird ein Mensch aus seiner Sicht, indem er auf den verschiedenen Ebenen [11] den jeweils unterentwickelten, unbewussten Gegenpol (Schatten) [12] zur bewussten Psyche akzeptiert und ins bewusste Selbstbild integriert, wobei er das Begreifen der Welt mit dem „Fühlen“ auch als rationalen Vorgang und Verarbeitungsstil betrachtet (Kuhl, 2010, p. 320). Jungs Lehre vom kollektiven Unbewussten und den Archetypen stehen im Gegensatz zu Freuds Vorstellung vom Unbewussten (Schuster & Springer-Kremser, 1997, p. 19).
2.1.5. Keupps Ansätze zur Identität und deren Konstruktion
Der griechische Philosoph Platon hat in „Das Gastmahl“ beschrieben, dass jedes lebende Wesen, solange es lebt, als dasselbe angesehen und bezeichnet wird, wenngleich es doch niemals in sich selbst gleichbleibt, sondern einerseits sich immer wieder erneuert und andererseits anderes verliert, zum Beispiel an Haaren, Fleisch oder Knochen. Er weitet die rein körperliche Beschreibung aus und schreibt das Entstehen und Vergehen auch der Seele zu. So bleiben Charakterzüge, Gewohnheiten, Meinungen, Begierden, Freuden, Leiden und Befürchtungen im einzelnen Menschen niemals gleich. Diese klassischen Formulierungen von Platon sind zeitgemäßer und näher am aktuellen Stand der Identitätsforschung als dies zu vermuten wäre. Die Forschergruppe um Heiner Keupp widmet sich dem Thema Identitätsbildung, um über das Stufenmodell von Erikson hinaus Anschluss an die Art der Identitätsbildung in der Spätmoderne mit ihrer gesellschaftlichen Veränderungs- und Beschleunigungsdynamik, zu finden, die auch dem modernen Selbstverständnis gerecht wird. Das 1999 erschienene Buch „Identitätskonstruktionen: Das Patchwork der Spätmoderne“ liefert Rechenschaft über zehn Jahre Forschungsarbeit mit den Ergebnissen der durchgeführten Längsschnittstudie zur Identität und ihre Bildung. Keupp beschreibt darin das Subjekt und dessen Selbstverortung in seiner sozialen Welt als einen selbst zu erbringenden Prozess, indem es sich selbst kognitiv zu konstruieren hat. Dazu bedarf es auch der Zustimmung anderer zu den jeweiligen Entwürfen und Konstruktionen, weil sie auf wechselseitige soziale Anerkennung angewiesen sind, durch die auch Akzeptanz, Respekt und Zugehörigkeit erreicht werden können. Wenngleich die Entstehung von Identität nur als ein narrativer, kommunikativer Prozess begriffen werden kann, wird Identität in der westlichen Welt in einer ichbezogenen Form erzählt und präsentiert. Es geht aus seiner Sicht bei der Identität und ihrer Selbstverortung immer um die Herstellung einer Passung [13] zwischen dem subjektiven Innen und dem gesellschaftlichen Außen. Die interaktiven Erfahrungsfragmente und Bedeutungszuschreibungen, die das Subjekt in einen sinnhaften und stimmigen Zusammenhang bringt, sichern seine Identität. (Keupp, et al., 2008, p. 54ff)
Der Körper ist dabei nicht nur Hülle für Identität, er ist das unmittelbar zur Verfügung stehende Referenzschema für Identität; er wird gestaltet, dekoriert und trainiert als Ausdruck der Identität des Individuums (Keupp, et al., 2008, p. 89ff). Identitätsbildung wird bei Keupp zur Identitätsarbeit, zur aktiven Leistung des Subjektes, die nicht nur Risiken, sondern auch die ausgesprochene Freiheit und somit auch Verantwortung zur selbstbestimmten Konstruktion enthält. Identität wird nicht mehr wie bei Erikson als Entstehung eines inneren Kerns thematisiert, sondern als Prozessgeschehen alltäglicher Identitätsarbeit mit unterschiedlichen womöglich widersprüchlichen Identitäts-Entwürfen oder -Projekten, die geleichzeitig entwickelt und verfolgt werden. Dies stelle einen radikalen Bruch mit allen Vorstellungen von der Möglichkeit einer stabilen und gesicherten Identität dar.
Es geht im Leben darum, dass wir die verschiedenen, oft widersprüchlichen inneren Strebungen harmonisieren, sodass wir ihrer Widersprüchlichkeit zum Trotz ein Ich, eine ganze Persönlichkeit werden und bleiben. Gleichzeitig haben wir uns damit auseinander zu setzen, dass unsere äußeren Lebensverhältnisse nie den inneren Bedürfnissen voll entsprechen, dass wir uns am Umwelt und Realität anzupassen haben. (Bleuler, 1987, p. 18)
Bleuler sieht in der Psychose ein Zeichen dafür, dass ein Subjekt die Anforderung der Herstellung einer Passung zwischen seiner inneren und äußeren Welt nicht schafft. Dieses Scheitern veranschaulicht im Umkehrschluss, was Identitätsarbeit im Sinne dieser kontinuierlichen Passungsarbeit zu leisten hat. (Schizophrenie als besondere Entwicklung. Neue Praxis braucht neue Theorien, 1987)
„Identitätsarbeit ist, wenn sie gelingt ein signifikanter Beitrag zur Lebenssouveränität des Menschen“ (Keupp, et al., 2008, p. 20). „Individuen, die sich als sich selbstbestimmende, autonome Souveräne, für sich selbst verantwortliche Verfasser ihrer eigenen Lebenswerke verstehen, wurden die zentralen Akteure auf der sozialen Bühne“ (Keupp, et al., 2008, p. 19). „Ohne Responsivitätserfahrungen (…) sind weder Identität noch Sozialität möglich“ (Rosa H. , Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, 2016, p. 293).
Weder die Natur des Menschen, noch Identität, Authentizität, Autonomie, Anerkennung, Sinn oder Korrespondenz von Habitus und Feld sind geeignet oder ausreichend dafür, das Andere der Entfremdung (das nicht entfremdete Mensch-Sein), ihren Gegenbegriff zu bestimmen (Rosa H. , Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, 2016, pp. 293-305). Das Nichtentfremdete-menschliche-Dasein lässt sich durch den Umstand, dass jeder Mensch sein eigenes Maß, also seine eigene Weise des Menschseins hat, kaum allgemein gültig konkretisieren. Es lässt sich nur insofern begreifen, dass es für das Subjekt erfahrbar ist und mit einem Gefühl der Stimmigkeit (Stimmt das so für mich?) und Echtheit einhergehen muss. (Keupp, et al., 2008, p. 52)
Die Voraussetzung für die Identitätsbildung ist die Möglichkeit der Entstehung von Entwürfen und Projekten. Sie erleichtern in der Regel auch deren Realisierung (Keupp, et al., 2008, p. 245). Die Möglichkeit und Fähigkeit zu aktiver Aneignung, Gestaltung und Veränderung von Erfahrungsräumen sind nach Keupps Auffassung zentrale Faktoren für die Bewältigung der mit der Moderne verbundenen Anforderungen (2008, p. 246).
Die Vorstellung eines gelungenen Lebens kann sich demnach in der Gestalt des gefundenen individuellen Lebenssinnes und einer vollintegrierten Persönlichkeit ausdrücken, die durch beständige Identitätsarbeit entsteht und Lebenssouveränität nach sich zieht (Keupp, et al., 2008, p. 18f). Auch Rogers ist von einer lebenslänglichen Veränderbarkeit, Entwicklungsmöglichkeit und darüber hinaus von der grundsätzlichen Motivation zur Selbstverwirklichung des Individuums überzeugt (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 73).
Die Lebenschancen[14] erhöhen sich mit der Entfaltungschance, die ein Individuum hat. Die Kriterien dafür sind zum einem Wahlmöglichkeiten und Handlungsalternativen, über die ein Mensch in einer bestimmten gesellschaftlichen Position und Situation verfügt, und zum anderen die gesicherten Bezüge, Verankerungen, Einbindungen – die Sinn-, Sozial-, und Ortsbezüge. Diese könnten auch als die fixen Handlungskoordinaten verstanden werden.
Keupps Arbeit setzt sich mit der Entwicklung des Menschen circa ab der Adoleszenz auseinander und zeigt auf, dass die Lebensfelder Arbeit, Familie (Partnerschaft und Liebe), Freizeit (soziale Beziehungen und Kultur) Identitätsbausteine, Erfahrungs- und BewegungsSpielRäume darstellen, die mit Hilfe psychischer, sozialer und materieller Ressourcen selbstbestimmt konstruiert werden können. Die gelingende Identitätsbildung ist demzufolge auch eine Frage der Fähigkeit, das materielle Kapital als Optionsraum, das kulturelle Kapital als subjektive Relevanzstruktur und das soziale Kapital als Bewältigungsressource zu nutzen, wobei die Möglichkeit zur Aufgabe, der Erfahrungsraum zum BewegungsSpielRaum wird, weil akzeptierte oder vorgegebene Lebenskonzepte und übernehmbare Identitätsmuster keine Tradition mehr sind. Die Freiheit fordert diesbezüglich auch zur Verantwortung auf. Nichts ist mehr selbstverständlich, so wie es ist. Was der Mensch auch tut und wofür er sich entscheidet, es bedarf in der Moderne des Bewusstseins, dass auch anders entschieden und gehandelt werden kann. Die Fähigkeit zur Aneignung, Gestaltung und Veränderung von Erfahrungsräumen ist ebenso wie die aktive Identitätspassung (soziale Verortung) zwischen der eigenen Innenwelt und gesellschaftlichen Außenwelt verantwortlich dafür, ob der Mensch den Anforderungen der Moderne gewachsen ist und sein Leben gelingen kann. Orientierung, Ordnung und Struktur, Flexibilität und Entscheidungsfähigkeit bestimmen das Drehbuch des Lebens eines Menschen in der Moderne maßgebend.
Der Identitätsaufbau umfasst aus biologischer Perspektive
- Name, Daten, Fakten – die gespeicherte Identität
- Optisches, visuelles Bild – die repräsentative Identität
- Charaktereigenschaften – die „versteckte“ Identität
- Soziales Umfeld – die anerzogene Identität
- Tiefenstruktur – die Gene vorbestimmte Identität (Miram & Scharf, 1988, p. 82)
Diesem Existenzialismus stelle ich nun eine andere Existenzphilosophie gegenüber. Zuvor will ich zur Definition der Persönlichkeit Schewior-Popps Ansichten kurz zusammenfassen.
2.1.6. Schewior-Popps Zugang zur Persönlichkeit und deren Kompetenzen
Die individuelle Gesamtheit des Menschen, seine Merkmale, Eigenschaften, Einstellungen, Motive, Moralvorstellungen, Emotionen und Handlungskompetenzen, stellen seine Persönlichkeit dar. Der Mensch ist Zeit seines Lebens dazu herausgefordert, sich als Individuum mit seiner Umwelt zu arrangieren. Dafür stehen dem Menschen grundsätzlich folgende Kompetenzen zur Verfügung
Selbstwahrnehmung
(Selbstreflexion, Selbstbild, Identität, Affektdifferenzierung)
Die Fähigkeit, sich als ein eigenes „Selbst“ wahrzunehmen und kritisch zu
betrachten, in sein Inneres schauen und unterschiedliche Gefühle, Muster
und Glaubenssätze erkennen.
Selbststeuerung
(Affekttoleranz, Selbstwertregulierung, Impulssteuerung, Antizipation =
Erwartungshaltung)
Die Fähigkeit, auf die eigenen Bedürfnisse, Gefühle und das
Selbstwertgefühl selbst steuernd Einfluss nehmen zu können.
Abwehr
Die Fähigkeit, das seelische Gleichgewicht in Konflikten durch eigene
Schutz- und Abwehrmechanismen aufrecht zu erhalten.
Objektwahrnehmung
(Selbst-Objekt-Differenzierung, Empathie = bezeichnet die Fähigkeit,
Gedanken, Emotionen, Absichten und Persönlichkeitsmerkmale eines anderen
Menschen oder eines Tieres zu erkennen und zu verstehen, ganzheitliche
Objektwahrnehmung, objektbezogene Affekte)
Die Fähigkeit zwischen meiner inneren und äußeren Realität sicher
unterscheiden zu können, Einfühlungsvermögen, den anderen Menschen und mich
selbst ganzheitlich und als mit eigenen Qualitäten und Rechten ausgestattet
wahrzunehmen.
Kommunikation
(Werte, Sinn)
Die Fähigkeit auf den anderen zuzugehen, ihn zu verstehen, sich ihm
mitzuteilen und gefühlsbezogene Signale zu verstehen. Kontaktaufnahme,
Verstehen von Affekten, Mitteilung von Affekten, gegenseitiger sozialer
Austausch. (Reziprozität = Gegenseitigkeit stellt ein Grundprinzip
menschlichen Handelns dar)
Bindung
(Beziehung)
Die Fähigkeit, innere Repräsentanzen des anderen anzunehmen, zu errichten
und längerfristig mit positiven Empfindungen zu besetzen. Die negativen
Bindungen zu lösen und die Fähigkeit, sich auf Bindungen einzustellen, die
nicht gleichmäßig verlaufen. (Schewior-Popp, Sitzmann, & Lothar, 2009)
2.1.7. Existenzialismus und Existenzphilosophie
Die Existenzphilosophie des Existenzialismus beschränkt die menschliche Existenz auf unseren zwei Dimensionen (Körper und Psyche). Sie beinhaltet eine nihilistische Lebenseinstellung (nihil ist das lateinische Wort für „nichts“), Werte und Normen als Basis für unser Handeln werden im Nihilismus nicht anerkannt: Leben hat in diesem Welt- und Menschenbild keinen Sinn. Das Leben schrumpft zusammen auf Effekte, Produkte und Resultate; so auch im Psychologismus, Physiologismus und Soziologismus. Der Existenzphilosophie der Logotherapie und Existenzanalyse liegt die gegenteilige These vom Primat der Existenz vor der Essenz, die von Kierkegaard, Jaspers und Heidegger vertreten wird, zugrunde. Diese Existenzphilosophie meint ein Denken, durch das der Mensch er selbst werden möchte: Existenz im Sinne von Selbstsein und als äußere Möglichkeit des Menschen. Im Wesen ist sie ein Appell an den Menschen, zu sich selbst zu kommen. (Biller & Stiegler, 2008, p. 78)
So ist in der Logotherapie und Existenzanalyse die menschliche Existenz, ohne Anspruch auf eine konkrete spirituelle Ausrichtung, in drei Dimensionen gegenwärtig (Körper, Psyche und Geistige Dimension). Auf die Geistige Dimension wird im nächsten Kapitel genauer eingegangen, sie „beinhaltet“ die freie Stellungnahme des Menschen zu sich und zur Welt, eigenständige Willensentscheidungen (Intentionalität), Einfälle und Ideen, Interesse, eigenständiges Schaffen und Gestalten, Glauben, Hoffen, Lieben, Gewissen und Wertverständnis. (Biller & Stiegler, 2008, p. 109)
„Niemals kann Triebhaftes von sich aus anderes Triebhaftes dazu zwingen, dass es sich wandelt und sich andere Triebobjekte und –ziele setze“ (Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzenten, 1994, p. 109).
Psychoanalyse und Tiefenpsychologie – Lustprinzip: Das Lustprinzip ist ein psychotherapeutisches Konzept Freuds und seiner Schüler. Ihm liegt ein Welt- und Menschenbild zugrunde, demzufolge der Mensch ein luststrebender und nur getriebener ist.
Individualpsychologie – Machtprinzip: Das Machtprinzip ist ein psychotherapeutisches Konzept Adlers und seiner Schüler. Ihm liegt ein Welt- und Menschenbild zugrunde, demzufolge der Mensch ein machtstrebender ist, der nur reagiert.
Logotherapie und Existenzanalyse – Sinnprinzip: Das Sinnprinzip ist ein psychotherapeutisches Konzept Frankls und seiner Schüler. Analyse auf die sich bietende Möglichkeit, den Sinn hin – sehen, was ist. Existenzanalyse zielt darauf ab, Werte zu erkennen, durch deren Verwirklichung wir Sinn erleben. (Riedel, Deckart, & Noyon, 2008, p. 21ff)
2.1.8. Frankls Credo zum personalen Geist – die Person dahinter
In der Logotherapie und Existenzanalyse sprechen wir von der Person im Sinne der Geistigen Person, der Geistigen Dimension im Menschen. Die Existenzanalyse charakterisiert und qualifiziert die Essenz der Existenz des Menschen in dem Sinne, dass Existenz eine Seins-Art ist, deren Eigenart darin besteht, dass es sich beim Menschen nicht um ein faktisches, sondern um ein fakultatives Sein handelt, nicht um ein Nun-einmal-so-sein-Müssen, sondern vielmehr um ein Immer-auch-anders-werden-Können. (Frankl, 1994, p. 61)
Viktor Frankls „psychiatrisches Credo“ für die existenzanalytische Betrachtung und die Logotherapie ist Grundlage für eine Haltung mit unbedingter Menschenwürde: „… dieser unbedingte Glaube an den personalen Geist“ (Frankl, 1996, p. 110).
Dieser unbedingte Glaube Frankls ist rationaler als die Wortwahl vermuten lässt. I. Kant, der mit „transzendental“ den Erkenntnisakt des Menschen qualifiziert, und M. Schelers Kritik an Kants Verständnis zum Erkenntnisvorgang sind Basis für Frankls Dimensionalontologie. Die zwei Gesetze der Dimensionalontologie beschreiben den Widerspruch und die Mehrdeutigkeit, die durch das außer Acht lassen der geistigen Dimension in der menschlichen Existenz auftritt. Die menschliche Existenz ist Einheit in der Mannigfaltigkeit.
Der Widerspruch – das erste Gesetz:
Ein und dasselbe Ding, aus seiner Dimension heraus in verschiedene Dimensionen hineinprojiziert, die niedriger sind (…) als die eigenen, bilden sich auf eine Art und Weise ab, dass die Abbildungen einander widersprechen. Projiziere ich beispielsweise das Trinkglas da, geometrisch ein Zylinder, aus dem dreidimensionalen Raum heraus in die zweidimensionalen Ebenen des Grund- und Seitenrisses hinein, dann ergibt dies im einen Fall einen Kreis, im anderen Fall jedoch ein Rechteck. Darüber hinaus ergibt die Projektion aber auch insofern einen Widerspruch, als es sich in jedem Fall um eine geschlossene Figur handelt, während das Trinkglas doch ein offenes Gefäß ist.
Abb. 1 Bildquelle: (Biller & Stiegler, 2008, p. 46) [Abbildungen und Tabellen sind in dieser Leseprobe nicht enthalten.]
Die Mehrdeutigkeit – das zweite Gesetz:
(Nicht ein und dasselbe, sondern) verschiedene Dinge, aus ihrer Dimension heraus (nicht in verschiedene Dimensionen, sondern) in ein und dieselbe Dimension hinein projiziert, die niedriger ist als ihre eigene, bilden sich auf eine Art und Weise ab, dass die Abbildungen (nicht einander widersprechen, sondern) mehrdeutig sind. Projiziere ich beispielsweise einen Zylinder, einen Kegel und eine Kugel aus dem dreidimensionalen Raum heraus in die zweidimensionale Ebene des Grundrisses hinein, dann ergibt dies in jedem Fall einen Kreis. Nehmen wir an, es handelt sich um die Schatten, die der Zylinder, der Kegel und die Kugel werfen, dann sind die (…) Schatten insofern mehrdeutig, als ich aus ihnen, die ja gleich sind, nicht darauf schließen kann, ob es ein Zylinder, ein Kegel oder eine Kugel ist, was sie wirft.
Abb. 2 Bildquelle: (Biller & Stiegler, 2008, p. 46) [Abbildungen und Tabellen sind in dieser Leseprobe nicht enthalten.]
Die Dimensionalontologie erweitert die faktische, physische und psychische Ebene des Menschen um die fakultative geistig-personale Dimension. Riedel zitiert Frankl: „Zwar ist des Geistige ontologisch eine eigene Seins-Art und anthropologisch die eigentliche Seins-Art des Menschen; doch gilt dies nur mit zwei Einschränkungen: Zunächst ist das Geistige keineswegs die einzige ontologische Region, welcher der Mensch angehört (…), denn der Mensch – mag er auch noch so geistiges Wesen sein – ist eine leiblich-seelisch-geistige Einheit und Ganzheit“ (Riedel, Deckart, & Noyon, 2008, p. 78).
Da die drei zitierten Dimensionen (leiblich, seelisch, geistig) allgemein recht unterschiedlich verwendet werden, erfolgt an dieser Stelle eine kurze Zusammenfassung und Abgrenzungsbemühung zu den Begriffen – im Sinne der Logotherapie und Existenzanalyse.
Soma (leiblich): Ich habe einen Körper. Die somatische Ebene umfasst den Körper, alles Physische und die Triebe. Ihr sind alle leiblichen bewussten und unbewussten Phänomene, die biologisch-physiologischen Körperfunktionen ebenso wie die chemischen und physikalischen Pozesse zugeordnet.
Psyche (seelisch): Ich habe einen Verstand. Die psychische Ebene umfasst den Verstand, das Psychische, das Denken, die Vorstellungskraft, die intellektuelle Begabung, erworbene Verhaltensmuster, soziale Prägungen, Befindlichkeiten, Gestimmtheit, Gefühle, Instinkt und Affekte. Alle bewussten und unbewussten psychischen Phänomene und Prozesse werden dieser Dimension zugeschrieben.
Nous (geistig): ICH BIN (Geistige Person). Der Weg zur Geistigen Person ist Selbstdistanz bzw. EGO-Distanz ebenso wie, Kreativität, Intuition, Intention, Imagination, Verantwortung im Jetzt, Spirit, Esprit, Humor, spirituelle Herzensverbindung, Verbindung zum Urgrund, Verbundenheit mit allem, ethisches Empfinden, Willen zum Sinn, unpersönliche Liebe… Spiritualität, welcher Art auch immer, wird nur durch Verbundenheit erlebbar. Sie kann eingeschränkt oder verdeckt sein, doch diese menschliche Ebene ist immer gesund und vorhanden, solange der Mensch lebt. Die geistige (noetische) Ebene ermöglicht es dem Menschen, geistig und transzendent zu sein, das bedeutet zu sehen, zu verstehen und zu erkennen, was ist, zum höchsten Wohl für alles Leben zu entscheiden und zu gestalten. Spiritualität ist im naturwissenschaftlichen Sinn spekulativ, und doch ist sie erfahrbar. (Biller & Stiegler, 2008, p. 104)
Der Existenzanalyse zufolge gibt es nicht nur unbewusste Triebhaftigkeit, sondern auch unbewusste Geistigkeit; mit anderen Worten: wir kennen und anerkennen nicht nur ein triebhaft Unbewusstes, sondern auch ein geistig Unbewusstes, und der Logos, den die therapeutische Ausgestaltung der Existenzanalyse, die Logotherapie, so sehr zum Woraufhin und Woher ihres Bemühens macht, wurzelt im Unbewussten. Daran lässt sich ermessen, wie wenig der Logos in unserem Sinne zu tun hat, erstens mit Ratio und zweitens mit dem Intellectus. Mit anderen Worten: wie wenig das Geistige in unserem Sinne identifiziert werden darf einerseits mit dem bloß Verstandesmäßigen und andererseits mit dem bloß Vernunftmäßigen. (Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzenten, 1994, p. 58)
(…) Demgemäß ist die Trotzmacht des Geistes (der Geistigen Dimension des Menschen entgegen der Triebe, dem Ratio und des Intellektes) eine bloße Möglichkeit, aber keine Notwendigkeit. Zu trotzen ist zwar immer möglich, aber der Mensch hat es nicht immer nötig. (…) Der Mensch muss von der Trotzmacht des Geistes keineswegs immer Gebrauch machen. Er braucht sie nicht immer zu bemühen. Seinen Trieben, seinem Erbe und seiner Umwelt braucht er einfach schon deshalb nicht zu trotzen, weil er sie braucht; denn (…) trotz seiner Triebe, trotz seines Erbes und trotz seiner Umwelt behauptet sich der Mensch auch kraft seiner Triebe, dank seinem Erbe und dank seiner Umwelt. (Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzenten, 1994, p. 62f)
„Die geistige Person kann nicht krank werden. Wohl aber kann der Mensch krank werden“ (Frankl, Logotherapie und Existenzanalyse. Texte aus sechs Jahrzenten, 1994, p. 149).
Spiritualität ist Standpunkt, jedoch nicht Gegenstand der Logotherapie und Existenzanalyse:
Die Erkenntnisgegenstände richten sich in ihrer Gesetzlichkeit einseitig nach dem Gesetz des Erkenntnisaktes. Auf den Bereich der Wertkenntnis angewandt bedeutet dies: Der erkannte Wert wird in seinem Wert-Sein durch die Prinzipien des Verstandes geformt, der ihn erkennt. Dagegen (Kants Ausführungen) stellt Scheler das Ergebnis seiner phänomenologischen Analyse des Erkenntnisaktes: „Vielmehr besteht (…) zwischen spezifischen Aktarten und Sacharten prinzipiell gegenseitige Wesenszusammenhänge“ (…) Dies muss so sein, weil die Akte selbst nicht reflexiv werden können, d.h. der Erkennende kann den Akt, in dem er seine Erkenntnis vollzieht, selbst nicht analysieren. (Riedel, Deckart, & Noyon, 2008, p. 50)
„(…) Damit verdeutlicht Frankl, dass der normative und konstitutive Bereich seiner Gesamttheorie durch die phänomenologische Analyse gewonnen ist, die für den Diskurs über die Ontologie der Person, die Dimensionalonthologie und die personale Ethik von Freiheit und Verantwortung das angemessene Verfahren darstellt“ (Riedel, Deckart, & Noyon, 2008, p. 52).
[...]
[1] Die Geistige Person wurde von Viktor Frankl geprägt und wird unter Punkt 2.1.8 beschrieben.
[2] „ Kastrationsangst entsteht nach Freud bei Jungen durch die Beobachtung der Tatsache, dass Mädchen das Glied fehlt“ (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 58).
[3] „ Den Ödipuskomplex beschreibt Freud als unbewusstes Begehren der Mutter von Seiten des männlichen Kindes eine gleichzeitige Rivalität mit dem Vater.“ (Schütz, Rüdiger, & Rentzsch, 2016, p. 58)
[4] Das epigenetische Prinzip besagt, dass die Entwicklung eines Menschen einem Grundbauplan folgt. Alles, was wächst, hat allgemein einen Grundbauplan, dem alle Teile folgen, wobei jeder Teil eine Zeit des Übergewichtes durchmacht, bis alle Teile zu einem funktionierenden Ganzen herangewachsen sind. (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 57)
[5] Moratorium ist Eriksons Bezeichnung für die Lernform und meist verwirrenden Phase zwischen Kindheit und Erwachsenenalter, in der alle bisher erlernten Optionen erneut ausprobiert werden können, sodass der Jugendliche am Ende sicher ist, die für ihn persönlich besten Aspekte ausgewählt zu haben.
[6] Formulierung der Autorin
[7] Die Identitätsdiffusion wir auch als Zwiespalt in der eigenen Persönlichkeit beschrieben, der es nicht gelingt herauszufinden, ob man imstande ist, in sich Zusammenhang zu finden und liebenswert zu sein, ob man ein richtige/r Frau / Mann ist, ob man imstande sein wird, seine Triebe zu beherrschen, ob man jemals verstehen wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen… (Erikson, Identität und Lebenszyklus, 2015, p. 111f)
[8] Reife Distanzierung ist über blinde Vorurteile hinausgewachsen.
[9] Formal im Sinne, dass diesen Beziehungen Wärme, wirkliche Kameradschaft und Spontanität fehlt.
[10] Formulierung der Autorin
[11] Jung trennt in seiner Theorie zwischen überwiegend explikationsfähigen („bewussten“) Ich, das er auch zuweilen als „Selbst“ bezeichnet, und dem (kollektiven) Unbewussten, das für ihn aus angeborenen und kulturübergreifenden Urbildern bestand, sogenannte Archetypen: Vater, Mutter, Kind, Erde, Ganzheit, Paar, Schatten, Wandlung, Anima, Animus… Zwischen bewussten Ich und dem kollektiven Unbewussten gibt es in Jungs Strukturmodell noch eine Schicht, die er das persönlich Unbewusste nannte, welches verdrängte Inhalte – persönliche Erfahrungen, die nicht akzeptabel erscheinen – umfasst (Kuhl, 2010, p. 317).
[12] Mit dem Schatten bezeichnet Jung die „dunkle“ Seite des Wesens eines Menschen, wie z. B. nicht eingestandene negative oder moralisch zu verurteilende Tendenzen (Kuhl, 2010, p. 318).
[13] Keupp führ den Begriff Passung ein. Er drückt damit die Fähigkeit zur Selbstorganisation und zur Verortung in der Welt aus. (Keupp, et al., 2008, p. 30ff)
[14] Entsprechend dem Konzept von Ralf Dahrendorf
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