Das Modell des dritten Geschlechts ist ein schon lange diskutierter Versuch, Personen, die weder Mann noch Frau sind, aus ihrem marginalisierten Status zu befreien. In Indien kämpft vor allem die Hijra-Gemeinschaft für die institutionelle Anerkennung ihrer Rechte. Sie zählen seit 3000 Jahren zur Kaste der Unberührbaren. Die Gesellschaft duldet sie zwar, doch ihnen wird keine Möglichkeit gewährt, gleichwertiges Mitglied dieser zu werden. Körperlich sind sie zumeist männlich, doch sie geben sich weibliche Namen und Verwandtschaftsbezeichnungen.
Eine Mischung aus beiden Geschlechtern ist wohl auch die naheliegendste Erklärung für das Erscheinungsbild der Hijras. Eine indische Kulturgemeinschaft alternativer Sexualität mit einer Tradition, die fast 3000 Jahre in die vedische Zeit zurückreicht. So lange gibt es ein Bewusstsein für marginalisierte Geschlechtsidentitäten und erst jetzt wird die institutionelle Anerkennung diskutiert? Was hat oder musste sich in diesem Zeitraum verändern?
Bevor ich diesen Fragen nachgehe, muss erst einmal geklärt werden, wer die Hijras eigentlich sind. Was zeichnet sie aus? Kann man sie mit unseren Intersexuellen vergleichen? Oder sind sie alle Eunuchen, wie man es in der Literatur des Kolonialismus liest? Passen unsere westlichen Konzepte, die das dritte Geschlecht hier konstituieren sollen, überhaupt auf die indische Definition ihrer Kategorie "Others"?
Zunächst werde ich also auf die Terminologie zur Beschreibung des dritten Geschlechts eingehen müssen, um auf dieser Grundlage die Geschichte und das Wesen der Hijra-Gemeinschaft schildern zu können. Hier werde ich auf die indische Mythologie eingehen, um die Wurzel des indischen Verständnisses zu verdeutlichen. Ich werde aufzeigen wie extrem die Differenz zwischen dem kolonialen Verständnis und unserem heutigen, postkolonialen und auf Subalternität bedachten Blickpunkt ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das dritte Geschlecht
- Indische Ontologie und Mythologie
- Definitionsversuch nach westlichen Kategorien
- Koloniale Kategorisierung
- Kategorien der Moderne und Queer- Studies
- Narrative der Hijras
- Eigenbezeichnung
- Das Leben als Hijra allgemein
- Gegenwärtige Individualitätsaspekte
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit dem dritten Geschlecht und der Hijra-Gemeinschaft in Indien. Sie analysiert die historische Entwicklung der Kategorie "drittes Geschlecht" und untersucht die unterschiedlichen Perspektiven und Definitionen im indischen und westlichen Kontext. Besondere Aufmerksamkeit wird der kolonialen Einflussnahme auf das Verständnis von Geschlechtsidentitäten und der aktuellen Situation der Hijras in Indien gewidmet.
- Historische Entwicklung des dritten Geschlechts in Indien
- Koloniale Einflüsse auf das Verständnis von Geschlechtsidentitäten
- Vergleich von westlichen und indischen Perspektiven auf das dritte Geschlecht
- Soziale und rechtliche Position der Hijras in Indien
- Identität und Lebensstile der Hijras
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Thematik des dritten Geschlechts und die besondere Situation der Hijra-Gemeinschaft in Indien vor. Sie beleuchtet die Bedeutung von Geschlechtsidentität für die individuelle Existenz und stellt die Herausforderungen heraus, denen Menschen mit nicht-binären Geschlechtsidentitäten begegnen.
Das dritte Geschlecht
Dieses Kapitel definiert das dritte Geschlecht und zeichnet die historische Entwicklung dieser Kategorie nach. Es beleuchtet die verschiedenen Perspektiven auf das dritte Geschlecht, insbesondere im indischen Kontext, und zeigt die Bedeutung der Hijra-Gemeinschaft für die Diskussion um Geschlechtsidentitäten.
Definitionsversuch nach westlichen Kategorien
Dieses Kapitel untersucht die westlichen Kategorien zur Beschreibung des dritten Geschlechts und ihre Anwendung auf die indische Situation. Es geht auf die Unterschiede zwischen der kolonialen Perspektive und dem aktuellen Verständnis von Gender im Westen ein.
Narrative der Hijras
Dieses Kapitel beschreibt die Lebensrealitäten der Hijras in Indien. Es beleuchtet ihre Eigenbezeichnungen, ihre soziale Rolle und ihre kulturelle Bedeutung. Darüber hinaus werden die Herausforderungen und Diskriminierungen aufgezeigt, denen sie in der indischen Gesellschaft begegnen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Gender, Sexualität, Geschlechtsidentität, Hijras, Indien, Kolonialismus, Queer-Theorie, intersexuell, Transgender, postkoloniales Denken, drittes Geschlecht, soziale Inklusion, Menschenrechte.
- Quote paper
- Sinja Lange (Author), 2014, Konzeptionalisierung des dritten Geschlechts. Die Hijras in Indien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/364789