Inzwischen ist weitestgehend erkennbar, welche grundlegenden Veränderungen Basel II und der im finanzwirtschaftlichen Schrifttum kontrovers diskutierte Begriff Rating für die Kreditwirtschaft und Unternehmen nach sich zieht. Basel II wird von den Kreditinstituten praktiziert und ist inzwischen zum Bestandteil der Kunde-Bank-Beziehung geworden.
In dieses, zwischen Kunden und deren Kreditgebern bestehende Rechtsverhältnis, sind seit jeher die Angehörigen des steuerberatenden Berufsstandes beratend und begleitend einbezogen. Den Steuerberatern obliegt daher, neben der traditionellen Bearbeitung von betrieblichen und privaten Steuererklärungen, meist auch ein erweitertes Erstellen von Unterlagen zur Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse eines Kreditnehmers gegenüber Kreditinstituten.
Durch immer umfangreichere Ratingmaßnahmen haben Kreditinstitute erkannt, dass die klassischen Instrumentarien, gedacht sei an dieser Stelle insbesondere an die traditionelle Analyse der Jahresabschlussunterlagen, keinen ausreichenden Einblick in tatsächliche Unternehmensumstände ermöglichen. Dies liegt einerseits darin begründet, dass die Jahresabschlussanalysen zu wenig auf die zukünftige Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens fokussiert sind. Andererseits kann die aufgezeigte Ertragskraft und finanzielle Stabilität unter Umständen, durch die Ausnutzung abweichender Ansatz- und Bewertungswahlrechte, zu positiv dargestellt sein. Ein Unternehmen kann zum Beispiel im August eines Jahres nahe an der Erfüllung eines Insolvenztatbestands sein, diese Situation aber zum Bilanzstichtag wieder abgebaut haben. Aus einem Jahresabschluss, der dem Kreditinstitut unter Umständen 1 Jahr nach dem Ende des Geschäftsjahres vorgelegt wird, ist diese prekäre Situation nicht mehr ersichtlich.
Ausgehend von der bislang üblichen vergangenheits- und stichtagsorientierten betriebswirtschaftlichen Analyse, ist die moderne betriebswirtschaftliche Literatur nunmehr der Auffassung, dass es sich bei dem Begriff „wirtschaftliche Lage“, um einen dynamischen und weitestgehend zukunftsorientierten Begriff handelt. Ferner zeichnet sich, auf Grund modernerer EDV Methoden, einer Verschiebung der Informationsvorgaben ab. Im Rahmen der modernen Kreditwürdigkeitsprüfung geraten somit unterjährige betriebswirtschaftliche Auswertungen immer mehr in das Blickfeld der Kreditinstitute. In diesem Zusammenhang wird in der Ratingliteratur in jüngster Zeit vermehrt Kritik an dem buchführenden Berufsstand geübt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Hintergrund
- 1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
- 2 Rahmenbedingungen
- 2.1 Abgrenzung KMU
- 2.1.1 Definition
- 2.1.2 Auswirkungen auf die Finanzierung mittelständischer Unternehmen
- 2.2 Ausgewählte Rechtsgrundlage für das Rating
- 2.2.1 Basel I
- 2.2.2 § 18 KWG - Bonitätsprüfung als bankgeschäftliche Obliegenheit
- 2.2.3 Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft der Kreditinstitute
- 2.2.3.1 Hintergrund und Anforderungen
- 2.2.3.2 Kreditprozesse - Funktionstrennung und Votierung
- 2.2.3.3 Kreditvergabeprozess - Risikoklassifizierungsverfahren
- 2.2.4 Basel II
- 2.3 Beratungspflichten des Steuerberaters
- 3. Offenlegungspflichten bilanzierender Unternehmen (§ 18 KWG)
- 3.1 Die Kapitaldienstfähigkeit
- 3.1.1 Die gesetzliche Verankerung der nachhaltigen Kapitaldienstfähigkeit
- 3.1.2 Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 18 Satz 1 KWG
- 3.1.3 Offenlegung nach § 18 KWG und die Publizität des Handelsrechts
- 3.2 Das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung gemäß § 18 Satz 1 KWG
- 3.2.1 Vorbemerkungen
- 3.2.2 Die Vorlage der erforderlichen Unterlagen
- 3.2.3 Zwänge bei Nichterfüllung der Anforderungen des § 18 KWG
- 3.2.4 Fristen
- 3.2.4.1 Die Fristen für Nichtkapitalgesellschaften
- 3.2.4.2 Die Fristen für Kapitalge. und gleichgestellte PersGe
- 3.2.4.3 Die Fristen für Unternehmen in der Krise
- 3.2.5 Die Auswertung der beigebrachten Unterlagen
- 3.2.5.1 Die Bilanzanalyse
- 3.2.5.2 Die Bereiche der Bilanzanalyse
- 3.2.6 Die Dokumentation der Unterlagen
- 3.3 Handelsbilanz und Steuerbilanz
- 3.4 Erläuterungen zum Jahresabschluss
- 3.4.1 Allgemeine Erläuterung
- 3.4.2 Erläuterung der Bilanz
- 3.4.2.1 Aktiva
- 3.4.2.2 Passiva
- 3.4.3 Erläuterung der G + V
- 3.4.4 Erläuterung des Anhangs
- 3.4.5 Lagebericht
- 4 Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung und Vermögensaufstellung
- 5 Unterjähriges Reporting
- 5.1 Kritik an Standardauswertungen
- 5.2 Der Kontennachweis - Summen und Saldenlisten
- 5.3 Die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
- 5.3.1 Funktion der BWA im Sinne des § 18 Satz 1 KWG
- 5.3.2 Die qualifizierte Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)
- 5.3.3 Prinzipielle Überlegungen zur Gliederung der BWA
- 5.3.4 Positionen der betriebswirtschaftlichen Auswertung
- 5.3.5 Unterjährige Abgrenzungen von Aufwendungen und Erträgen
- 5.3.5.1 Prinzipielle Überlegungen
- 5.3.5.2 Ermittlung der Weihnachtsgeldabgrenzungen
- 5.3.5.3 Zinsaufwendungen
- 5.3.5.4 Zuführungen zu Pensionsrückstellungen
- 5.3.5.5 Ermittlung der Abgrenzungen für Tantieme-Zahlungen
- 5.3.5.6 Gewerbesteuer
- 5.3.5.7 Ertragssteuern
- 5.3.6 Integrierte Deckungsbetragsrechnung
- 5.3.7 Anforderungen an eine echte kreditorische Buchung
- 5.3.8 Zeitreihenanalyse
- 5.3.9 Prüfung der Plausibilität einer betriebswirtschaftlichen Auswertung
- 5.4 Übergang zur Zwischenberichterstattung
- 5.5 Betriebswirtschaftliche Kennzahlen und Maßgrößen im Überblick
- 5.5.1 Wertschöpfungsanalyse
- 5.5.2 Analyse des Cash-Flows und der Kapitaldienstfähigkeit
- 5.5.3 EBIT-Analyse
- 5.6 Grundlage für Planrechnungen
- 5.7 Zusammenfassung
- 6 Parameter der künftigen nachhaltigen Ertragskraft
- 6.1 Die Aussagefähigkeit der Parameter
- 6.2 Früherkennungsinstrument für die Feststellung einer Unternehmenskrise
- 6.3 Weitere Unterlagen und Informationsinstrumente
- 7 Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das unterjährige Rating kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) und die damit verbundenen Anforderungen an den steuerberatenden Berufsstand. Ziel ist es, die notwendigen Informationen und Verfahren für eine fundierte unterjährige Bonitätsbeurteilung von KMU zu beschreiben und die Rolle des Steuerberaters in diesem Kontext zu beleuchten.
- Unterjährige Bonitätsprüfung von KMU
- Relevanz des § 18 KWG für die Kreditwürdigkeitsprüfung
- Anforderungen an die Berichterstattung von KMU
- Rolle des Steuerberaters bei der unterjährigen Rating-Erstellung
- Analyse relevanter betriebswirtschaftlicher Kennzahlen
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Dieses Kapitel führt in die Thematik des unterjährigen Ratings von KMU und die Bedeutung für den steuerberatenden Beruf ein. Es beschreibt den Hintergrund und die Zielsetzung der Arbeit sowie den Aufbau der folgenden Kapitel.
2 Rahmenbedingungen: Dieses Kapitel definiert KMU und beleuchtet die Auswirkungen auf deren Finanzierung. Es analysiert die relevanten Rechtsgrundlagen, insbesondere § 18 KWG, Basel I und II, und die damit verbundenen Anforderungen an die Bonitätsprüfung von Kreditinstituten. Die Beratungspflichten des Steuerberaters werden ebenfalls thematisiert, um den rechtlichen Rahmen der Arbeit zu etablieren.
3. Offenlegungspflichten bilanzierender Unternehmen (§ 18 KWG): Dieses Kapitel behandelt ausführlich die Offenlegungspflichten bilanzierender Unternehmen gemäß § 18 KWG. Es konzentriert sich auf die Kapitaldienstfähigkeit, das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung, die notwendigen Unterlagen (Bilanz, GuV, Anhang etc.) und deren Auswertung. Die Unterschiede zwischen Handels- und Steuerbilanz werden erläutert, ebenso wie die Bedeutung des Lageberichts für die Bewertung der wirtschaftlichen Verhältnisse.
4 Die Einnahmen-Überschuss-Rechnung und Vermögensaufstellung: Das Kapitel beschreibt die Einnahmen-Überschuss-Rechnung und deren Ergänzungsfunktion durch die Vermögensaufstellung im Kontext von § 18 KWG. Es beleuchtet die Gliederung der Vermögensaufstellung, die Bewertung der Vermögenspositionen zur Ermittlung des Reinvermögens und die Bedeutung weiterer relevanter Unterlagen für eine umfassende Beurteilung.
5 Unterjähriges Reporting: Dieses Kapitel analysiert die Möglichkeiten des unterjährigen Reportings. Es kritisiert Standardauswertungen und stellt alternative Verfahren wie den Kontennachweis und die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) vor. Die Anforderungen an eine qualifizierte BWA werden detailliert beschrieben, einschließlich der relevanten Positionen und deren Bedeutung für die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Die Kapitel behandelt unterjährige Abgrenzungen und integrierte Deckungsbetragsrechnung, sowie die Zeitreihenanalyse.
6 Parameter der künftigen nachhaltigen Ertragskraft: Dieses Kapitel fokussiert sich auf Parameter zur Einschätzung der zukünftigen Ertragskraft des Unternehmens. Es beleuchtet die Aussagefähigkeit dieser Parameter als Früherkennungsinstrument für Unternehmenskrisen. Zusätzlich werden weitere Unterlagen und Informationsinstrumente wie Vertragscontrolling, Auftragsbestand, Debitorenbestand, Preiskalkulation, Investitions- und Finanzierungsplanung, Kundenerfahrungen und Notfallkonzepte diskutiert. Der Aspekt der Unternehmensnachfolge wird ebenfalls angesprochen.
Schlüsselwörter
Unterjähriges Rating, KMU, § 18 KWG, Bonitätsprüfung, Kreditwürdigkeit, Steuerberatung, Bilanzanalyse, Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), Kapitaldienstfähigkeit, Finanzierung, Rechtsgrundlagen, Basel I/II, Unternehmensrisiko, Frühwarnindikatoren.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum Dokument: Unterjähriges Rating von KMU
Was ist das Thema des Dokuments?
Das Dokument befasst sich mit dem unterjährigen Rating kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) und den damit verbundenen Anforderungen an den steuerberatenden Beruf. Es beschreibt die notwendigen Informationen und Verfahren für eine fundierte unterjährige Bonitätsbeurteilung von KMU und beleuchtet die Rolle des Steuerberaters.
Welche Rechtsgrundlagen werden behandelt?
Das Dokument analysiert die relevanten Rechtsgrundlagen, insbesondere § 18 KWG (Kreditwesengesetz), Basel I und II, und die damit verbundenen Anforderungen an die Bonitätsprüfung von Kreditinstituten. Die Beratungspflichten des Steuerberaters werden ebenfalls thematisiert.
Was versteht man unter unterjährigem Rating von KMU?
Unter unterjährigem Rating von KMU versteht man die regelmäßige, über das Geschäftsjahr hinausgehende Bewertung der Kreditwürdigkeit eines kleinen oder mittelständischen Unternehmens. Dies ermöglicht eine frühzeitige Erkennung von Risiken und eine Anpassung der Finanzierungsstrategie.
Welche Rolle spielt § 18 KWG?
§ 18 KWG regelt die Offenlegungspflichten bilanzierender Unternehmen und ist zentral für die Kreditwürdigkeitsprüfung. Das Dokument beschreibt ausführlich die Anforderungen dieses Paragraphen an die Berichterstattung von KMU.
Welche Informationen sind für die Bonitätsbeurteilung relevant?
Für die Bonitätsbeurteilung sind verschiedene Informationen relevant, darunter die Handelsbilanz, die Steuerbilanz, die Gewinn- und Verlustrechnung, der Anhang, der Lagebericht, die Einnahmen-Überschuss-Rechnung, die Vermögensaufstellung und unterjährige Reports wie die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA).
Was ist eine Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA)?
Die Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) ist ein wichtiges Instrument des unterjährigen Reportings. Das Dokument beschreibt detailliert die Anforderungen an eine qualifizierte BWA, einschließlich der relevanten Positionen und deren Bedeutung für die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage des Unternehmens. Es werden unterjährige Abgrenzungen und die integrierte Deckungsbetragsrechnung behandelt.
Welche Kennzahlen sind für die Analyse relevant?
Das Dokument behandelt verschiedene relevante betriebswirtschaftliche Kennzahlen, u.a. im Rahmen der Wertschöpfungsanalyse, der Cash-Flow- und Kapitaldienstfähigkeitsanalyse sowie der EBIT-Analyse. Es werden auch Parameter zur Einschätzung der zukünftigen Ertragskraft diskutiert.
Welche Beratungspflichten hat der Steuerberater?
Der Steuerberater hat im Kontext des unterjährigen Ratings wichtige Beratungspflichten, die im Dokument im rechtlichen Rahmen erläutert werden. Diese umfassen die Unterstützung bei der Erstellung der notwendigen Unterlagen und die Beratung hinsichtlich der Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen.
Wie werden die Unterlagen ausgewertet?
Die Auswertung der Unterlagen umfasst eine Bilanzanalyse, die sich auf verschiedene Bereiche konzentriert. Das Dokument beschreibt den Prozess der Auswertung und die Bedeutung der einzelnen Bestandteile des Jahresabschlusses.
Welche Frühwarnindikatoren werden behandelt?
Das Dokument behandelt Parameter, die als Frühwarnindikatoren für Unternehmenskrisen dienen können. Neben den im Jahresabschluss enthaltenen Informationen werden auch weitere Unterlagen und Informationsinstrumente wie Vertragscontrolling, Auftragsbestand etc. diskutiert.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Kaufmann Marco Matzke (Autor:in), 2005, Das unterjährige Rating kleiner und mittelständischer Unternehmen und die Anforderungen für den steuerberatenden Berufsstand, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36463