In der folgenden Hausarbeit möchte die Autorin zunächst die allgemeinen Merkmale dieser Epoche herausarbeiten und im Anschluss daran das Gedicht „Der Spinnerin Nachtlied“ von Clemens Brentano formal und inhaltlich analysieren. Abschließend soll gezeigt werden, welche typischen Elemente der Romantik sich in „Der Spinnerin Nachtlied“ wiederfinden lassen.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Romantik im literatur-historischen Kontext
2.1 Inhaltlich-formale Analyse „Der Spinnerin Nachtlied“
3 Schlusswort
4 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
In der heutigen Zeit verbindet man mit dem Begriff romantisch etwas sehr gefühlsbetontes. Man assoziiert damit zum Beispiel Kerzen, Mondschein oder Sonnenuntergänge. Da man diese Erlebnisse mit anderen Menschen teilt, kann man den Begriff romantisch auch im Zusammenhang mit Gemeinsamkeit und Liebe interpretieren.
Die Bezeichnung „romantisch“ leitet sich von der Romantik ab, was eine Literaturepoche bezeichnet. Die Vertreter dieser Epoche hatten natürlich nicht vorrangig das Ziel besondere Liebesgedichte zu schreiben, ihnen ging es besonders in der Frühromantik darum, die Literatur romantisch zu erneuern.
In der folgenden Hausarbeit möchte ich zunächst die allgemeinen Merkmale dieser Epoche herausarbeiten und im Anschluss daran, dass Gedicht von Clemens Brentano „Der Spinnerin Nachtlied“ formal und inhaltlich analysieren. Abschließend möchte ich herausarbeiten, welche typischen Elemente der Romantik sich in „Der Spinnerin Nachtlied“ wiederfinden.
2 Die Romantik im literatur-historischen Kontext
Die Romantik bezeichnet jene Epoche, welche sich nach 1789, also der Weimarer Klassik herausgebildet hat. Anders als in anderen Epochen, gab es verschiedene Zentren, wo die Vertreter an ihren Werken arbeiteten. So war Jena das Zentrum der Frühromantik, Heidelberg das der Hochromantik und Berlin das der Spätromantik.
Zu den Vertretern der Frühromantik zählen die Brüder Schlegel, Schelling und Novalis.
Sie alle verlangten nach einer neuen Mythologie, welche sich mit der Poesie verbinden lies. 1 Zudem setzten sie sich für die Verwendung der romantischen Ironie ein. Darunter versteht man eine bestimmte Art des Empfindens und der Reflexion, die Agilität. Die Frühromantiker werteten das Irrationale wieder auf. Galt dies in der Aufklärung noch als Tabu, so wurden in der Romantik solche Erfahrungen wie Wahnsinn, Krankheit, Schwärmerei oder auch Müßiggang thematisiert. [1] In der Frühromantik forderte man einen größeren künstlerischen Freiraum, was in einer erweiterten künstlerischen Ausdrucksweise resultierte und in der Freisetzung der Phantasie. Bekannte Werke der Frühromantik sind die Zeitschrift Athenäum, der Brüder Schlegel, oder auch die Shakespeare Übersetzungen von Tieck.
Nach 1800 weitete sich der romantische Kreis bis nach Heidelberg aus. Zu diesem Kreis zählten nun Clemens Brentano oder auch Achim von Arnim. Ihre Werke wurden von den napoleonischen Kriegen und den Befreiungsbewegungen beeinflusst. Ebenfalls gab es eine verstärkte Hinwendung zur Religion. Aufgrund des historischen Hintergrundes suchte man nach Orientierungspunkten. Diese fanden sich vor allem in Märchen und Sagen. Gleichzeitig gab es eine neue Kindheitsvorstellung. Kindheit wurde mit Natürlichkeit und Vollkommenheit assoziiert.[2] Auch Volkslieder wurden gesammelt und in schriftlicher Form veröffentlicht. Die Romantiker sprachen sich gegen die moderne Gesellschaft und für die ursprüngliche Natur des Menschen aus. Das Märchen entwickelte sich zu einem Genre.
Eine weitere Neuerung war, dass auch viele Frauen in der Romantik ihre eigenen Werke schrieben. Aufgrund der Rollenverteilung, hatten diese jedoch Probleme sich durchzusetzen Die Frauen unterstützen größtenteils die Werke ihrer Männer und gaben oftmals ihre eigene Karriere auf. Bekannte Schreiberinnen waren Sophie von La Roche , Johana Schopenhauer oder Sophie Mereau, die Frau von Clemens Brentano. Dieser verlangte, dass seine Frau mit dem Schreiben aufhören solle. Es gab viele Salons, in denen sich die Gelehrten trafen um Literatur zu produzieren, vermitteln und rezipieren². Nach 1806 wurde die politische Lage immer schlechter und viele jüdische Salons mussten schließen. Der Nationalsozialismus und Antisemitismus war auf dem Vormarsch. Die hauptsächliche literarische Gattung in der Romantik war die Lyrik. Die Epik und die Dramatik spielten eine untergeordnete Rolle.
Das romantische Zentrum der Spätromantik war in Berlin. Wichtige Vertreter waren Joseph von Eichendorff, Fouqué und Adam von Müller. Sie trafen sich oft im Salon von Rahel Lehin-Van Hagen. In dieser Zeit entstanden viele Werke, die sich mit dem Verhältnis der Geschlechter befassten, wie beispielsweise Undine von Fouqué.
2.1 Inhaltlich-formale Analyse „Der Spinnerin Nachtlied“
„Der Spinnerin Nachtlied“ wurde im Jahre 1802 von Clemens Brentano verfasst. Es urde erstmals in „Die Chronica eines fahrenden Schülers“ veröffentlicht.[3] Das Gedicht handelt von einer Spinnerin, die ihrem liebsten hinterher trauert. Es besteht aus sechs Strophen mit jeweils 4 Versen. Beim Reimschema handelt es sich um einen umarmenden Reim. In den Strophen 1, 3 und 5 ist das Reimschema abba und in den Strophen 2,4 und 6 jeweils cddc. Das Metrum ist ein 3-hebiger Jambus „Es sang vor... waren.“ (Strophe 1) Auffallend ist, dass das männliches Reimpaar von den Versen weiblicher Kadenz reimend umschlossen wird. [4] Diese stilistische Besonderheit soll auf Gefühle wie Nachdenklichkeit, Wehmut und verhaltene Trauer hinweisen.
Das komplette Gedicht besteht aus vier Reimen: -aren, -all, -einen, -ein. Es gibt viele Assonanzen, die sich in das Innere der Verszeilen fortsetzen.(1,9-12)⁵ Es lassen sich sowohl Außen als auch Mittelreime finden. Die Außenreime weisen männliche Kadenzen auf, wohingegen es sich bei den Mittelreimen um weibliche Kadenzen handelt. Die Außenreime sind die einzigen Reime, in denen sich Variationen finden. Die Mittelreime sind immer identisch gepaart z.B. Nachtigall- Schall; allein- klar und rein. Setzt man dies im Bezug zum Inhalt, so kann dies bedeuten, dass sich nur äußerlich etwas ändert, doch im Innern,verändert sich die auswegslose Situation nicht.
Eine weitere Besonderheit des Gedichtes „Der Spinnerin Nachtlied“ ist, dass es einen Strophenwechsel gibt, d.h. manche Strophen Reimen sich auf a und manche auf ei. Hier kann man einen Zusammenhang mit der romantischen Klangtheorie herstellen. Das „a“ als dunkler Vokal kann als Motiv der Erinnerung stehen, für das Beständige, wohingegen der Diphtong "ei" viel höher gesprochen wird und für die Sehnsucht steht.[5]
Anhand des Titels wird deutlich, dass es sich beim lyrischen Ich um eine Spinnerin handelt., die mitten in der Nacht ihr Nachtlied singt. In der Romantik übte die Nacht eine Art Faszination auf die Menschen aus. Mit dem Motiv der Nacht konnte man die Welt von einer anderen Seiten beleuchten. In dem Gedicht "Der Spinnerin Nachtlied" erhält der Leser einen Einblick in das Seelenleben der Spinnerin.
In der ersten Strophe berichtet die Spinnerin von ihrer verflossenen Liebe. Anhand der Wortwahl und der Benutzung des Präteritums "vor langen Jahren" wird deutlich, dass die Romanze schon einige Jahre zurückliegen muss. In der ersten Zeile findet sich eine Inversion, die diese Zeitspanne noch einmal hervorhebt. Die Nachtigall kann hier als Symbol der Liebe verstanden werden. In der Vergangenheit war die Spinnerin noch glücklich verliebt. Die Alliteration und die positive Wortwahl "sang, süß" verstärken den Eindruck der ehemaligen Glückseligkeit zusätzlich. Die Sprache ist sehr einfach gehalten und die erste Strophe ist ein zusammenhängender Satz, der sich über die komplette Strophe zieht. Dies kann als ein weiterer Indikator für die Vollkommenheit der ehemaligen Liebe angesehen werden, denn sowohl grammatisch als auch inhaltlich, handelt es sich um einen vollkommenen und perfekten Satz, ohne Mängel. Dies kann man adäquat zur Liebe deuten.
In der zweiten Strophe findet ein Zeitenwechsel statt. Die Spinnerin offenbart nun dem Leser ihre gegenwärtige Situation. Die Spinnerin fühlt sich alleine und kann ihre Trauer nicht einmal durch weinen ausdrücken "kann nicht weinen"(Zeile 5). Das Spinnrad kann als Sinnbild für das Warten verstanden werden, aber auch als Rad der Zeit.[6] Die Spinnerin spinnt jede Nacht "So lang der Mond wird scheinen"(Zeile 8) über viele Jahre hinweg und verleiht ihren Gefühlen durch das Singen Ausdruck. Die einseitige Kreisbewegung des Spinnrades und die Verwendung des Futur "wird", verweist hier auf die Monotonie in ihrem Leben. So schnell scheint es auch keine Veränderung zu geben, denn das Spinnrad und das Leben drehen sich nur in eine Richtung: vorwärts. Die Spinnerin führt ein recht isoliertes Leben. Sie ist immer alleine und wenn der Mond scheint, dann richtet sich der Fokus gänzlich auf ihren Geliebten.[7]
Die dritte Strophe ist wieder im Präteritum geschrieben. Hier wird der Verlust des Geliebten erneut angedeutet. Der Leser erfährt anhand der Aussage " dass du von mir gefahren" (Zeile 12), dass ihr Geliebter sie verlassen hat. Die näheren Umstände sind noch unbekannt. Erneut wird die Nachtigall erwähnt, doch an dieser Stelle verändert sich ihr "Schall" (Zeile 11). Er klingt nun nicht mehr süß, wie in der ersten Strophe, sondern ist nun viel mehr ein Mahnmal(Zeile 11) geworden, ein Zeichen für den Verlust ihres Geliebten. Durch die Benutzung negativer Ausdrücke "mahnet, von mir gefahren"(Zeile 11 ff) verändert sich die Atmosphäre. Das Lied, dass die Spinnerin singt, ähnelt nun vielmehr einem Klagelied. Durch die Personifizierung der Nachtigall wird dieses Gefühl verstärkt.
Strophe vier stellt eine inhaltliche Verknüpfung zu Strophe zwei dar. Hier wird erneut das Motiv der Nacht aufgegriffen, denn dies ist die einzige Zeit des Tages, wo der Mensch zur Ruhe kommt und sich mit seinen Ängsten und unbefriedigten Bedürfnissen auseinandersetzen kann. Die Spinnerin denkt weiterhin jede Nacht an ihren Geliebten, doch der Leser erfährt nun, dass ihr Geliebter verstorben ist "Gott wolle uns vereinen".(Zeile 16) Das religiöse Motiv verdeutlicht, dass die Spinnerin erst nach ihrem Tod die Möglichkeit hat, ihren Geliebten wieder zu sehen. Somit kann die Aussage "So oft der Mond mag scheinen" (Zeile 13) so verstanden werden, dass die Spinnerin bis zum Ende ihres Lebens an ihren Geliebten denken wird. In der Romantik ist der Mond häufig ein Symbol für das Unerreichbare.[8] Zeile sechzehn ist einer der wenigen Stellen im Gedicht, an welchen der Konjunktiv benutzt wird, ansonsten ist das Gedicht im Indikativ geschrieben. Da man mit dem Konjunktiv im Deutschen Wünsche ausdrücken kann, wird mit dessen Verwendung der Wunsch und die Sehnsucht verstärkt.Das religiöse Motiv kann in Bezug zur Bibel gesetzt werden. Die Spinnerin ist auf der Suche nach dem Paradies, welches sich jedoch nicht auf Erden befindet, sondern erst durch den Glauben ermöglicht wird.[9]
Strophe fünf lässt sich inhaltlich mit den Strophen eins und drei verbinden. Die Strophe ist hauptsächlich in der Vergangenheit geschrieben, nur in Zeile 18 "Singt stets die Nachtigall" wird das Präsens verwendet. Hier lässt sich ein Deutungsunterschied feststellen. Die Nachtigall galt als Symbol der erfüllten Liebe. In literarischen Texten kann die Nachtigall jedoch auch als Symbol der Klage und des Todes angesehen werden. Ihr Singen kann als Versuch gewertet werden „um ihre eigene Einsamkeit durch süße Töne aufzuheitern“[10] Die Benutzung des Präsens im Zusammenhang mit dem Singen der Nachtigall, ist daher der Versuch der Spinnerin über das Gefühl der Leere und Sehnsucht hinweg zu kommen.
Die sechste Strophe ist eine Anknüpfung an die vierte Strophe. Hier findet sich die einzige wörtliche Wiederholung im ganzen Gedicht "Gott wolle uns vereinen"(Zeile 16und 21). Mit dieser Wiederholung wird der Einfluss Gottes verdoppelt. Es wird aufgezeigt wie wichtig der Glaube ist. Gott hilft der Spinnerin sich von ihrem Leiden zu lösen und der Glaube ist für sie eine große Hilfe, denn er bietet ihr die Möglichkeit ihren Geliebten wiederzusehen. In Zeile 24 wird zudem deutlich, dass die Spinnerin bereit ist ihre Trauer zuzulassen, in Strophe 2 konnte sie nicht weinen, doch nun"möchte" (Zeile 24) sie es. Auffallend ist, dass das Gedicht in einer Klimax aufgebaut ist. Es gibt eine chronologische Zeitbewegung von der Vergangenheit über die Gegenwart bis hin zur Zukunft.[11] Es gibt ein Wachstum, dessen Höhepunkt in Strophe drei mit dem Wort "wir" erreicht wird. Das ist das einzige mal, wo die Liebenden als etwas zusammengehörendes erwähnt werden. In der Vergangenheit war die Spinnerin glücklich, in der Gegenwart ist sie traurig über den Verlust des Geliebten und in der Zukunft hofft sie, dass Gott die beiden Liebenden zusammenführt. Sie konzentriert sich völlig auf die Vereinigung. Es finden sich auch viele scheinbare Wiederholungen im Gedicht, die jedoch bei genauerer Betrachtung immer einen Bedeutungsunterschied aufweisen: die Nachtigall verkörpert zum einen die Liebenden, zum anderen ein Klagesymbol. Die Wörter "klar und rein" werden sowohl in Zeile 7, 15 und 23 wiederholt. Sie beziehen sich jedoch immer auf ein anderes Wort; einmal auf den Faden, das Herz und den Mond. Diese Wiederholung spiegelt das Gefühlsleben der Spinnerin wieder. Durch die religiöse Anspielung kann das Gedicht aber auch als allgemeines Gebet verstanden werden, indem das lyrische Ich den Wunsch nach Hoffnung und Besserung hat.
[...]
[1] Beutin, Wolfgang: Deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart: Metzler 2013.
[2] Beutin, Wolfgang: Deutsche Literaturgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. Stuttgart: Metzler 2013.
[3] Frank, Horst Joachim: Handbuch der deutschen Strophenformen. München: Hanser, 1980.
[4] Frank, Horst Joachim: Handbuch der deutschen Strophenformen. München: Hanser, 1980.
[5] Meid, Volker: Gedichte und Interpretationen. Band 3 Klassik und Romantik. Stuttgart: Reclam 1982.
[6] Meid, Volker: Gedichte und Interpretationen. Band 3 Klassik und Romantik. Stuttgart: Reclam 1982.
[7] Kirchberger, Lida: Brentano's „Der Spinnerin Lied“: A Fresh Appraisal. In: Peer Reviewed Journal 1975.
[8] Ebd.
[9] Meid, Volker: Gedichte und Interpretationen. Band 3 Klassik und Romantik. Stuttgart: Reclam 1982.
[10] Butzer, Günter: Metzler-Lexikon literarischer Symbole. Stuttgart: Metzler 2012.
[11] Meid, Volker: Gedichte und Interpretationen. Band 3 Klassik und Romantik. Stuttgart: Reclam 1982.
- Arbeit zitieren
- Jennifer Stano (Autor:in), 2015, Elemente klassischer Romantik in Brentanos Gedicht „Der Spinnerin Nachtlied“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359208
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