Der afrikanische Kontinent ist besonders seit Mitte des 21. Jahrhunderts von einer massiven Urbanisierung geprägt, die sich heute in einer Vielzahl von sogenannten „Megacities“ bemerkbar macht. Eine Folge dieser weitgehend unregulierten Verstädterung ist der alles überragende sogenannte „informelle Sektor“- ein zusammenfassender Begriff für überwiegend kleinbetrieblich oder familiär organisierte Arbeit in Produktion und Handel, die "zumeist staatlich wenig reguliert oder statistisch erfasst" ist.1 Der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde dieser von Keith Hart geprägte Begriff durch eine Studie der "International Labour Organisation" (ILO) über Kenia, publiziert 1973.2 Ein einfacher Zutritt für Neuankömmlinge, die Nutzung vorwiegend einheimischer Ressourcen, eine hohe Arbeitsintensität, eine lokalen Gegebenheiten angepasste Technologie sowie ein unregulierter und daher wettbewerbsintensiver Markt sind weitere entscheidende Kennzeichen des informellen Sektors.3
Ein herausragendes Beispiel stellt in diesem Zusammenhang Lagos dar, eine Stadt vorkolonialen Ursprungs, die allerdings rasch Kontakte zu Europa hatte. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der historischen Entwicklung des informellen Sektors in Lagos: Es soll untersucht werden, inwiefern sich die Lebensbedingungen der Stadtbevölkerung vor dem Hintergrund kultureller und ökonomischer Gegebenheiten sowie politischer Maßnahmen der Stadtregierungen verändert haben. Leitlinie soll dabei die Zeit zwischen der Britischen Annexion 1861 und der Einführung der Strukturanpassungsmaßnahmen 1986 darstellen.
Nach einem Grundriss der Entstehungsgeschichte folgt eine Untersuchung der Lebensbedingungen im „viktorianischen“ Lagos sowie die sich darauf auswirkenden politischen Maßnahmen und Leitlinien der Kolonialherren. Dem gegenüber gestellt werden soll die Entwicklung des informellen Sektors in Lagos nach der Unabhängigkeit. Dabei soll es hier weniger um eine Schuldzuweisung an einzelne Administrationen gehen, als eher um die historische Einordnung des informellen Sektors in die Geschichtswissenschaft des urbanen Westafrikas, die die Analyse der Lebensbedingungen der unteren Schichten – und damit der Mehrzahl der Bevölkerung - bislang vernachlässigt hat.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Lagos: Entstehung
- Krankheit, Wohnungsnot und Armut im „viktorianischen“ Lagos
- Politische Maßnahmen der Kolonialherren
- Armut im Kontext von Segregation und Elitenförderung
- Bildung – Parteigründung – Unabhängigkeit
- Der informelle Sektor im unabhängigen Lagos
- Schlussbetrachtung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die historische Entwicklung des informellen Sektors in Lagos, einer Stadt vorkolonialen Ursprungs, die rasch Kontakte zu Europa hatte. Ziel ist es, die Veränderungen der Lebensbedingungen der Stadtbevölkerung vor dem Hintergrund kultureller und ökonomischer Gegebenheiten sowie politischer Maßnahmen der Stadtregierungen zu beleuchten. Der Fokus liegt dabei auf der Zeit zwischen der Britischen Annexion 1861 und der Einführung der Strukturanpassungsmaßnahmen 1986.
- Entstehung und Entwicklung von Lagos im Kontext des Sklavenhandels
- Lebensbedingungen der Stadtbevölkerung im „viktorianischen“ Lagos
- Politische Maßnahmen der Kolonialherren und deren Auswirkungen auf die Stadtentwicklung
- Etablierung und Entwicklung des informellen Sektors nach der Unabhängigkeit
- Einordnung des informellen Sektors in die Geschichtswissenschaft des urbanen Westafrikas
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit beleuchtet die Entwicklung des informellen Sektors in Lagos, einer Stadt mit Vorkolonialem Ursprung, die jedoch frühzeitig Kontakte zu Europa pflegte.
- Lagos: Entstehung: Lagos entstand als Fischer- und Bauernsiedlung und wurde im 15. Jahrhundert von Awori Yoruba besiedelt. Die Stadt wurde im frühen 16. Jahrhundert vom Königreich Benin erobert, welches den lokalen Chiefs jedoch weitgehende Autonomie gewährte. Der Handel mit europäischen Seemächten, insbesondere mit Sklaven, trug maßgeblich zum Bedeutungswandel von Lagos bei. Nach dem Verbot des Sklavenhandels wurden Palmöl und andere Forstprodukte zu dominierenden Exportgütern.
- Krankheit, Wohnungsnot und Armut im „viktorianischen“ Lagos: Die britische Annexion von Lagos im Jahr 1861 führte zu einer Stabilisierung der politisch-ökonomischen Stellung der Stadt und zog zahlreiche, oft überdurchschnittlich gebildete Afrikaner an. Die Lebensbedingungen in Lagos waren jedoch von Armut, Krankheit und Wohnungsnot geprägt.
- Politische Maßnahmen der Kolonialherren: Die Kolonialherren ergriffen Maßnahmen, um die Armut und die Lebensbedingungen der Bevölkerung zu verbessern.
- Armut im Kontext von Segregation und Elitenförderung: Trotz der Bemühungen der Kolonialherren blieb die Armut in Lagos ein großes Problem.
- Bildung – Parteigründung – Unabhängigkeit: Die Bildung und die Gründung von politischen Parteien spielten eine wichtige Rolle für die Unabhängigkeit von Lagos.
- Der informelle Sektor im unabhängigen Lagos: Nach der Unabhängigkeit entwickelte sich der informelle Sektor in Lagos weiter.
Schlüsselwörter
Lagos, informeller Sektor, Urbanisierung, Megacity, Sklavenhandel, Kolonialismus, Segregation, Elitenförderung, Armut, Lebensbedingungen, Strukturanpassungsprogramme, Westafrika, geschichtswissenschaftliche Forschung
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- Anonym (Author), 2004, Lagos und der informelle Sektor - zwischen Segregation, Dekolonisation und Strukturanpassungsprogrammen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/35723