Der 1907 gegründete "Deutschkoloniale Frauenbund" hatte es sich zur Aufgabe gemacht, deutsche Frauen in die Kolonien, vor allem nach Deutsch-Südwestafrika, überzusiedeln. Dort sollten sie dem Mann als Gehilfin dienen, "Mischehen" verhindern und deutsche Sitten, Gebräuche und Kultur exportieren. Diese Hausarbeit soll den Fragen nachgehen, welche Ziele und Vorstellungen der Frauenbund genau hatte und inwieweit diese erfüllt wurden. Darüber hinaus wird untersucht werden, ob es zu einem verstärkten Rassismus kam.
Dazu werden zunächst die Ziele der Organisation herausgearbeitet und in einem weiteren Schritt mithilfe diverser Artikel aus der Vereinszeitschrift untersucht, wie diese propagiert wurden. Außerdem wird beschrieben, anhand welcher Merkmale die Frauen ausgewählt und geschult wurden. Anschließend wird ein Blick auf Daten und Fakten zur Emigration geworfen und so der Frage nachgegangen, ob sich alles so verhielt, wie es sich der Frauenbund erhoffte.
Weiterhin wird betrachtet, ob sich durch die Ankunft der Frauen der Rassismus in den Kolonien verstärkte. Abschließend wird im Fazit beurteilt, ob sich die Ziele, die sich der Frauenbund gesetzt hatte, erfüllt haben.
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2.Der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft
2.1Gründungsgeschichte und Ziele des Frauenbundes
2.2 Auswahl und Ausbildung der Frauen
2.3 Propaganda des Vorhabens
3.Die emigrierten Frauen in Afrika
3.1Die Übersiedlung
3.2Verstärkter Rassismus?
4.Fazit: Durchsetzung der Ziele?
5.Literaturverzeichnis
5.1Quellen
5.2Wissenschaftliche Literatur
1. Einleitung
Der 1907 gegründete „Deutschkoloniale Frauenbund“ hatte es sich zur Aufgabe gemacht, deutsche Frauen in die Kolonien, vor allem nach Deutsch-Südwest- afrika, überzusiedeln. Dort sollten sie dem Mann als Gehilfin dienen, „Mische- hen“1verhindern und deutsche Sitten, Gebräuche und Kultur exportieren.
Diese Hausarbeit soll den Fragen nachgehen, welche Ziele und Vorstellungen der Frauenbund genau hatte und inwieweit diese erfüllt wurden. Darüber hinaus wird untersucht werden, ob es zu einem verstärkten Rassismus kam.
Dazu werden zunächst die Ziele der Organisation herausgearbeitet und in einem weiteren Schritt -mithilfe diverser Artikel aus der Vereinszeitschrift- untersucht, wie diese propagiert wurden. Außerdem wird beschrieben, anhand wel - cher Merkmale die Frauen ausgewählt und geschult wurden. Anschließend wird ein Blick auf Daten und Fakten zur Emigration geworfen und so der Frage nachgegangen, ob sich alles so verhielt, wie es sich der Frauenbund erhoffte. Weiterhin wird betrachtet, ob sich durch die Ankunft der Frauen der Rassismus in den Kolonien verstärkte, um schlussendlich im Fazit zu beurteilen, ob sich die Ziele, die sich der Frauenbund gesetzt hatte, erfüllt haben.
Eine der ersten Historikerinnen, die sich mit diesem Thema beschäftigte, war Martha Mamozai (1982)2. Als relativ aktuelle Forschungsliteratur kann man die Werke von Katharina Walgenbach3, Lora Wildenthal4und Krista O'Donnell5nennen, die in diese Hausarbeit mit einfließen werden. Insgesamt wurde aber mehr über die „großen Männer“ des Kolonialismus geforscht, sodass mit dieser Hausarbeit die Forschung ergänzt werden soll.
Glücklicherweise liegt als gut erhaltene Quelle die Vereinszeitschrift „Kolonie und Heimat“ des Frauenbundes vor, aus der man viele Berichte über das Leben der Frauen in den Kolonien, sowie die gesetzten Ziele, deren Umsetzung und das Anwerben von weiteren Frauen entnehmen und analysieren kann.
Interessant ist das Thema deshalb, weil auch heute viele Deutsche Angst vor der Verfremdung ihrer Kultur durch Migranten und Flüchtlinge haben - nur, dass die Deutschen vor etwas mehr als 100 Jahren ihre Kultur nicht nur im eigenen Land, sondern auch in den besiedelten Kolonien bewahren wollten.
2. Der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft
2.1 Gründungsgeschichte und Ziele des Frauenbundes
Im Laufe der Kolonialzeit wurde die Debatte über sogenannte „Mischehen“ im- mer lauter. Die „Mischlingsbevölkerung“ wuchs und man sah deshalb ein Pro- blem darin, weil eheliche „Mischlingskinder“ die Staatsangehörigkeit des deut- schen Vaters bekamen und somit auch das deutsche Recht besaßen.6Theore- tisch hätten solche Kinder also hohe Positionen erreichen können und dies war damals eine unangenehme Vorstellung. Tatsächlich wurden in Deutsch-Süd- westafrika bis 1903 42 solcher „Mischehen“ gezählt7, was relativ zu etwa 15.000 „weißen“ Bewohnern wohl wenig erscheint, politisch und symbolisch aber eine große Bedeutung trug. Damit zusammenhängend wurde außerdem das Pro- blem der „Verkafferung“ genannt, worunter man „das Herabsinken eines Euro- päers auf die Kulturstufe des Eingeborenen“8verstand.
Als Lösung für diese „Probleme“ führte man 1905 das sogenannte „Mischehen- verbot“ ein9, was allerdings nur bedingt wirksam war: „Mischlingskinder“ hatten nun zwar keinen Anspruch mehr, das deutsche Recht zu besitzen, da sie nicht mehr ehelich geboren waren, aber die etlichen unehelichen Kinder waren den führenden Kolonialisten trotzdem ein Dorn im Auge. Als neuer Lösungsvor- schlag kam deshalb die Idee auf, weiße deutsche Frauen in die Kolonien zu ho- len.10Schon vorher hatte es deutsche Frauen in den Kolonien gegeben; so wur- den zum Beispiel schon länger Krankenschwestern zur Pflege deutscher Solda- ten vom Deutschen Frauenverein des Roten Kreuz in die Kolonien entsendet11, allerdings machten die Frauen nur einen Drittel der deutschen weißen Bevölke rung aus.12Im Zuge der Debatte baten die Gouverneure Deutsch-Südwestafri- kas, Theodor Leutwein und Friedrich von Lindequist, die Deutsche Kolonialgesellschaft um Hilfe und diese schickten einige unverheiratete Frauen als Hausund Farmgehilfinnen in die Kolonie, die nun ebenfalls als potentielle Bräute für die dortigen deutschen Männer auftraten.13
Es gab auch Gegenstimmen seitens der Deutschen, die das Vorhaben sogar als Sklaverei betitelten. So klagte der Abgeordnete Dr. Müller Sagan das Projekt wegen der sehr niedrigen Löhne, den - seiner Meinung nach - zu hohen Rech - ten der Dienstherren und der nicht vorhandenen Rückreisegarantie für die Frauen an.14
Während der militärischen Auseinandersetzungen mit aufständischen Einheimi- schen hielt sich die Anzahl der emigrierten Frauen in Grenzen. Erst, als diese beendet waren und der Frauenbund gegründet wurde, unter dem dann die Ver - tragsbedingungen verbessert wurden, stiegen die Auswanderungen an.15
Der Frauenbund wurde 1907 als „Deutschkolonialer Frauenbund“ gegründet und schloss sich ein Jahr später der „Deutschen Kolonialgesellschaft“ an. Ab 1908 trug er deshalb den Titel „Frauenbund der Deutschen Kolonialgesell- schaft“16und war also kein eigenständiger Verein, sondern abhängig von der Kolonialgesellschaft17. Das Gründungskomitee bestand vorwiegend aus Ehe- frauen angesehener Militärführer, hoher Bürokraten und Adliger18, also aus Frauen mit einem Hintergrund, der einen gewissen Bezug zu den Kolonien hat- te. Die erste Vorsitzende des Vereins war Adda Freifrau von Liliencron.19
Der Frauenbund verfolgte keine eigenen politischen Ziele, sondern kümmerte sich nur um die Verbreitung der Kolonialpolitik unter den Frauen.20Das oberste Ziel des Vereins war es, die Ausreise von deutschen Frauen nach Deutsch-Süd- westafrika zu fördern und zu organisieren und auswanderungswillige Frauen zu beraten und zu schulen. Außerdem vermittelten sie den Frauen eine Arbeitsstel- le in den Kolonien. So wollten sie ihren Beitrag zur „Mischehenproblematik“ leis - ten und helfen, das „Deutschtum“ in der Kolonie zu etablieren. Der Frauenbund war der Auffassung, dass es Aufgabe der Frau sei, „dass das Land, das dem Namen nach deutsch ist, es auch dem Geiste nach werde“21und dass dies „nur durch geordnete häusliche Verhältnisse und echt deutsches Familienleben“22möglich wäre. Weitere Ziele und Aufgaben, die sich der Frauenbund gesetzt hatte, richteten sich auf das Leben in der Kolonie. So sollten dort Kindergärten und Jugendstätten errichtet, Bibliotheken eröffnet und deutsche Zeitschriften verbreitet werden. Insgesamt erhoffte man sich, den Kontakt zwischen Heimat und Kolonie zu stärken, was sich auch im Titel der Vereinszeitschrift „Kolonie und Heimat“ widerspiegelt.23Nachdem die Kolonien im Ersten Weltkrieg verlo- rengegangen waren, war es außerdem Ziel des Frauenbundes, möglichst viele Deutsche wieder für den Kolonialismus zu begeistern.24Ab 1911 wurde darüber nachgedacht, die Aktivitäten, die sich bisher nur auf Deutsch-Südwestafrika und Kiautschou beschränkten, auch auf Deutsch-Ostafrika zu erweitern, allerdings kam es durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu keiner Realisierung die- ser Pläne.25Finanzielle Unterstützung bei ihren Aktivitäten erhielten sie vom Auswärtigen Amt.26
2.2 Auswahl und Ausbildung der Frauen
Der Frauenbund der Deutschen Kolonialgesellschaft wurde rückblickend im Na- tionalsozialismus als „der erste Frauenverein Deutschlands, der bewusst völki- sche Rassenpolitik treibt“27bezeichnet - und das nicht ohne Grund, denn es wurden einige Selektionsmerkmale festgelegt, sodass sicher gestellt werden konnte, dass nur Frauen ausgewählt wurden, die die deutsche Kultur nach den Vorstellungen des Frauenbundes vermitteln konnten. So wurden Ausweise, Führungszeugnisse, Lebensläufe und Zeugnisse kontrolliert und ein Attest ver-
[...]
1 Definition einer „Mischehe“ nach dem Deutschen Koloniallexikon: Eheliche Verbindungen zwischen männlichen Angehörigen der „weißen Rasse“ und weiblichen Angehörigen der „farbigen Rasse“ (S. 564).
2 In dieser Hausarbeit wird folgendes Werk von ihr verwendet: Mamozai, Martha, Herrenmenschen. Frauen im deutschen Kolonialismus, Reinbek bei Hamburg 1982.
3 In dieser Hausarbeit wird folgendes Werk von ihr verwendet: Walgenbach, Katharina, „Die weiße Frau als Trägerin deutscher Kultur“. Koloniale Diskurse über Geschlecht, „Rasse“ und Klasse im Kaiserreich, Frankfurt 2005.
4 In dieser Hausarbeit wird folgendes Werk von ihr verwendet: Wildenthal, Lora, German Women for Empire. 1884-1945, Durham und London 2001.
5 In dieser Hausarbeit wird folgendes Werk von ihr verwendet: O'Donnell, Krista, Home, Nation, Empire: Domestic Germanness and Colonial Citizenship, in: Krista O'Donnell/ Renate Bridenthal/ Nancy Reagin (Hrsg.): The Heimat Abroad. The Boundaries of Germanness, Michigan 2005, S. 40-57.
6 Vgl.: Mamozai, Martha, Einheimische und „koloniale“ Frauen, in: Marianne Bechhaus-Gerst/ Mechthild Leutner (Hrsg.): Frauen in den deutschen Kolonien, Berlin 2009, S. 16.
7 Vgl.: Smidt, Karen, „Germania führt die deutsche Frau nach Südwest“. Auswanderung, Leben und soziale Konflikte deutscher Frauen in der ehemaligen Kolonie Deutsch- Südwestafrika 1884-1920. Eine sozial- und frauengeschichtliche Studie, Magdeburg 1995, S. 432.
8 Schnee, Heinrich, Art. „Verkafferung“, in: Deutsches Koloniallexikon 3, Leipzig 1920, S. 606.
9 Vgl.: Henrichsen, Dag, „...unerwuenscht im Schutzgebiet…nicht schlechthin unsittlich“. „Mischehen“ und deren Nachkommen im Visier der Kolonialverwaltung in DeutschSüdwestafrika, in: Marianne Bechhaus-Gerst/ Mechthild Leutner (Hrsg.): Frauen in den deutschen Kolonien, Berlin 2009, S. 84.
10 Vgl.: Mamozai, Einheimische und „koloniale“ Frauen, S. 16.
11 Vgl.: Ebd., S. 14.
12 Vgl.: Kolonie und Heimat, Jg. III., Nr. 1, S. 8.
13 Vgl.: Ebd., S. 17.
14 Vgl.: Ebd.
15 Vgl.: Ebd.
16 Vgl.: Walgenbach, Frau als Trägerin deutscher Kultur, S. 85.
17 Vgl.: Mamozai, Herrenmenschen, S. 138.
18 Vgl.: Walgenbach, Frau als Trägerin deutscher Kultur, S. 85.
19 Vgl.: Ebd., S. 84.
20 Vgl.: Mamozai, Herrenmenschen, S. 138.
21 Kolonie und Heimat, Jg. V., Nr. 36, Nachrichtenbeilage.
22 Kolonie und Heimat, Jg. III., Nr. 25, S. 6.
23 Zu den Zielen des Frauenbundes vgl.: Kolonie und Heimat, Jg. I., Nr. 1, S.13.
24 Vgl.: Schilling, Britta, „Deutsche Frauen! Euch und Eure Kinder geht es an!“. Deutsche Frauen als Aktivistinnen für die koloniale Idee, in: Marianne Bechhaus-Gerst/ Mechthild Leutner (Hrsg.): Frauen in den deutschen Kolonien, Berlin 2009, S. 72.
25 Vgl.: Walgenbach, Frau als Trägerin deutscher Kultur, S. 90.
26 Vgl.: Schilling, Deutsche Frauen als Aktivistinnen, S. 72.
27 Zit. nach: Ebd., S. 74.
- Quote paper
- Anonymous,, 2015, Die Emigration von deutschen Frauen in Kolonien. Ziele des Frauenbundes und deren Umsetzung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/356628
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