Die vorliegende Arbeit soll die Entwicklung in der Wirtschaftsgeschichte von der klassischen zur neoklassischen Theorie vorstellen. Besondere Aufmerksamkeit wird hier der ökonomischen Theorie in den Niederlanden von 1870-1950 geschenkt. Zunächst wird die klassische Theorie erläutert, ihre Begründer sowie ihre Ziele.(2) Die sich daraus entwickelnde neoklassische
Theorie zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird im folgenden Themenabschnitt behandelt, ebenfalls mit besonderem Hinblick auf ihre Inhalte und Ziele.(3)
Nach der Erläuterung dieser Theorien wird die niederländische
Wirtschaftstheorie in dem bereits oben genannten Abschnitt vorgestellt, diese lässt sich zeitlich in drei Perioden untergliedern. Wichtige niederländische Ökonomen sollen genannt und auf einige ihrer Werke kurz eingegangen werden, auch im Hinblick auf die Entwicklung der niederländischen ökonomischen Theorie an sich.
Schließlich soll noch untersucht werden, inwiefern einige Werke
niederländischer Autoren der klassischen bzw. der neoklassischen Theorie zugeordnet werden können.
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1 Salin, Edgar: Geschichte der Volkswirtschaftslehre, 4. erw. Aufl.,
Bern/Tübingen 1951, S. 183
2 Geigant, Friedrich; Sobotka, Dieter; Westphal, Horst M.: Lexikon der Volkswirtschaft, Landsberg/Lech (5. Aufl.) 1983, S.628
3 Ebd., S. 477
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die klassische Theorie
3. Die neoklassische Theorie
4. Die ökonomische Theorie in den Niederlanden von 1870-1950
4.1. 1870-1909
4.2. 1909-1945
4.3. 1945-1950
5. Fazit
6. Literaturhinweise
1. Einleitung
Verschiedentlich ist im Lauf der geschichtlichen Betrachtung der Volkswirtschaft die Tatsache zutage getreten, dass eine Richtung, die eine eigene Verfahrensweise anwandte, die Benutzer und Verfechter einer anderen Methode ablehnte oder angriff oder als unwissenschaftlich verdammte. (...) Über die Tatsache der verschiedenen Typen kann also nicht wohl eine Meinungsverschiedenheit bestehen, sondern höchstens darüber, wie diese Typen zweckmäßig zu benennen sind und worin eigentlich ihr Gegensatz beschlossen liegt.1
Die vorliegende Arbeit soll die Entwicklung in der Wirtschaftsgeschichte von der klassischen zur neoklassischen Theorie vorstellen. Besondere Aufmerksamkeit wird hier der ökonomischen Theorie in den Niederlanden von 1870-1950 geschenkt. Zunächst wird die klassische Theorie erläutert, ihre Begründer sowie ihre Ziele.2 Die sich daraus entwickelnde neoklassische Theorie zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird im folgenden Themenabschnitt behandelt, ebenfalls mit besonderem Hinblick auf ihre Inhalte und Ziele.3
Nach der Erläuterung dieser Theorien wird die niederländische Wirtschaftstheorie in dem bereits oben genannten Abschnitt vorgestellt, diese lässt sich zeitlich in drei Perioden untergliedern. Wichtige niederländische Ökonomen sollen genannt und auf einige ihrer Werke kurz eingegangen werden, auch im Hinblick auf die Entwicklung der niederländischen ökonomischen Theorie an sich.
Schließlich soll noch untersucht werden, inwiefern einige Werke niederländischer Autoren der klassischen bzw. der neoklassischen Theorie zugeordnet werden können.
2. Die klassische Theorie
Der freie Wettbewerb der orthodoxen Wirtschaftslehre ist ein sehr künstlicher, von gesetzlichen Beschränkungen eingeengter Begriff. Man darf seinen Konkurrenten unterbieten, aber man darf ihn nicht umbringen. Man darf die bewaffnete Macht des Staates nicht zu Hilfe nehmen, um ausländische Fabrikanten aus dem Felde zu schlagen. Diejenigen, die nicht in der glücklichen Lage sind, Kapital zu besitzen, dürfen nicht versuchen, ihr Los durch eine Revolution zu verbessern.
(Bertrand Russell)4
Die klassische Theorie oder auch klassische Lehre ist eine zusammenfassende Bezeichnung der von den Klassikern entwickelten ökonomischen Vorstellungen. Es ist jedoch keine eindeutige Abgrenzung nach Personen oder Lehrinhalten zu definieren. Man kann vereinfachend sagen, dass die Theorien der überwiegend angelsächsischen Wirtschaftstheoretiker D. Ricardo, A. Smith, D. Hume, Th. R. Malthus, J. Mill, J. Stuart Mill und J. B. Say zusammenfassend als klassische Lehre bezeichnet werden können. Trotz teilweise unterschiedlicher Theorien ist den Klassikern eine utilitaristische Auffassung gemein: das eigennützige wirtschaftliche Handeln des Individuums vermehrt die eigene Wohlfahrt und trägt dementsprechend zum Allgemeinwohl bei. Ein weiteres Merkmal der klassischen Lehre ist eine Tendenz zum gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht.5
Der Begriff klassische Theorie wird heute von Karl Marx (1818-1883) über William Petty (1623-1687), David Ricardo (1772-1823) bis zum Marginalismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts benutzt, laut John Maynard Keynes auch dazu alle Theorien, die auf dem Say‘schen Theorem beruhen. Hauptwerke der klassischen Lehre sind "An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations" (1776) von Adam Smith und "Principles of Political Economy, and Taxation" von David Ricardo.6
Im Mittelpunkt der klassischen Analyse- im Gegensatz zur merkantilistischen und physiokratischen- steht die Preistheorie. Mit Hilfe der Analyse der preisbestimmenden Angebots- und Nachfragefaktoren soll versucht werden, ökonomische Probleme zu lösen. J.M. Keynes wollte dem Begriff Klassiker einen anderen Inhalt geben, da, wie er meinte, nicht die Preisbildung die entscheidende sei, sondern die Tatsache, dass sie (die Klassiker) davon überzeugt gewesen seien, dass die Preisbildung auch automatisch zu einer vollständigen Ausnützung der vorhandenen natürlichen Hilfsquellen und des Produktionsapparates einer Volkswirtschaft führte. Die Bezeichnung Klassiker wurde deshalb von Keynes auf alle Nationalökonomen ausgedehnt, die der Meinung waren, dass eine längerfristige unfreiwillige Arbeitslosigkeit mit freier Preisbildung unvereinbar sei.7 Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass Keynes der Unterschied zwischen seiner persönlichen und der bisherigen traditionellen Betrachtungsweise veranschaulichen wollte.
Die klassische Theorie entstand zeitgleich mit der industriellen Revolution in England und hatte ihre Wurzeln in der englischen Moralphilosophie und der naturrechtlich geprägten Gesellschaftstheorie der schottischen Aufklärung des 18. Jahrhunderts. Inhalt dieser gesellschaftlichen Aspekte ist die Handlungsfreiheit des Individuums. Grundlegend hierfür ist die Institution des privaten Eigentums.8 Eigentum bedeutet hier die rechtliche Herrschaft über Sachen und Rechte. Im Rahmen der bestehenden Gesetze kann der Eigentümer damit nach Belieben verfahren.9 Smith nennt das System der pers ö nlichen Freiheit, in dem jeder seinen Interessen nachgehen kann, solange man nicht die Sicherheit anderer gefährdet. Die Sicherheit des Einzelnen und seines Eigentums und der Beitrag zu einer größtmöglichen Mehrung des nationalen Reichtums sind die Hauptaufgaben des Staates.10
Gegenstand der klassischen Theorie sind die Gesetze der Produktion, Verteilung und Verwendung gesellschaftlichen Reichtums. Zentral stehende Konzepte sind die der Reproduktion und des Überschussproduktes (gesellschaftliches Surplus). Laut Ricardo ist ein ökonomisches System in der Lage, sich zu reproduzieren, wenn der Bruttooutput eines Jahres gr öß er oder zumindest gleich ist den im Zuge des Produktionsprozesses insgesamt verbrauchten Produktionsmitteln plus den zum Unterhalt der (produktiven) Arbeitskr ä fte n ö tigen Subsistenzmitteln.11 Smith hingegen entwickelte seine Wert- und Verteilungstheorie, indem er von der Vorstellung eines fr ü hen und rohen Zustandes in der Gesellschaft ausgeht. Sowohl Smith als auch Ricardo machen einen Unterschied zwischen Markt- und natürlichen Preisen. Natürliche Preise bringen die jeweils geltenden grundlegenden Faktoren zur Preisbestimmung zum Ausdruck, während die Marktpreise sich einer systematischen ökonomischen Analyse entziehen.
Nach Ricardos Tod im Jahre 1823 zerfällt die klassische Lehre langsam. J. Stuart Mill (1806-1873) entwickelt bereits erste neoklassische Gedanken in einem seiner Werke.12 In Europa hatte die klassische Theorie sowohl erbitterte Gegner als auch viele Anhänger. Spätere Autoren verwendeten noch häufig die Untersuchungsmethoden der Klassik, bedienten sich aber auch der antiklassischen Methode, relative Preise und Einkommensverteilung in symmetrischer Weise durch Angebot und Nachfrage nach Güter- und Faktorleistungen zu bestimmen.13
3. Die neoklassische Theorie
Die Neoklassik ist die Bezeichnung für die Weiterentwicklung der klassischen Theorie. Die wichtigsten Veränderungen liegen im Übergang von der objektiven zur subjektiven Wertlehre und der damit verbundenen Betonung des Marginalkalküls.14 Die Marginalanalyse ist eine Methode der Volkswirtschaftstheorie, bei der die Effekte sehr kleiner Veränderungen einer bzw. mehrerer Variablen auf die Ausgangslage untersucht werden.15 Der Begriff der neoklassischen Theorie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts gleichgesetzt mit der Betrachtung von Preisen und Mengen von Gütern und produktiven Leistungen, die man durch die Angebots- bzw. Nachfragefunktion zu erklären versuchte. Die Geburtsstunde der Neoklassik ist die Zeit der sogenannten „marginalistischen Revolution nach 1870, obwohl man bereits im älteren Schrifttum das Grenznutzen- sowie das Grenzproduktivitätskonzept nachweisen kann, die typisch sind für die neoklassische Theorie. Die Begründer dieser neuen Lehre sind William S. Jevons (1835-1882) in England, Carl Menger (1840-1921) in Österreich und Léon Walras (1843-1910) in Lausanne/Schweiz. Später entstanden durch die Unterschiede der an sich gleichen Analysen die anglo- amerikanische bzw. Cambridge-Schule, die Österreichische und die Lausanner Schule.
Die Vertreter der Cambridge-Schule kann man jedoch nicht einfach als hundertprozentige Neoklassiker bezeichnen. Francis Ysidio Edgeworth (1845- 1926) hat viel dazu beigetragen, die Substanzgebundenheit des kausalen und finalen Denkens zu überwinden.16 Dies zeigt sich in den theoretischen Analysen wirtschaftlicher Zusammenhänge, die frei sind von Utilitarismus, der Grenznutzentheorie und von hedonistischem Wertsubjektivismus.
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1 Salin, Edgar: Geschichte der Volkswirtschaftslehre, 4. erw. Aufl., Bern/Tübingen 1951, S. 183
2 Geigant, Friedrich; Sobotka, Dieter; Westphal, Horst M.: Lexikon der Volkswirtschaft, Landsberg/Lech (5. Aufl.) 1983, S.628
3 Ebd., S. 477
4 Zimmerman, L.J.: Geschichte der theoretischen Volkswirtschaftslehre, Köln-Deutz 1954, S. 52
5 Olsson, Michael; Piepenbrock, Dirk: Kompaktlexikon Umwelt- und Wirtschaftspolitik, Bonn 1996, S. 200
6 Geigant; Sobotka; Westphal, 1983, S. 477
7 Zimmerman, 1954, S. 53
8 Geigant; Sobotka; Westphal, 1983, S. 478
9 Olsson; Piepenbrock, 1996, S. 96
10 Geigant; Sobotka; Westphal, 1983, S. 478
11 Geigant; Sobotka; Westphal, 1983, S. 478
12 Ebd., S. 482
13 Ebd.
14 Olsson; Piepenbrock, 1996, S. 246
15 Ebd., S. 229
16 Wendt, Prof. Dr. Siegfried: Geschichte der Volkswirtschaftslehre, Berlin 1961, S. 128
- Quote paper
- Anonymous,, 1999, Von der klassischen zur neoklassischen Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3563