Die folgende Arbeit untersucht Tibulls Gedichte 1,8 und 1,9 in Bezug auf Marathus’ Geschlechterrollentausch und seine Inszenierung durch die weiblichen Merkmale der elegischen „puella“.
Die Geschlechterrollen in der lateinischen Elegie stehen im Hinblick auf die Konventionen den traditionellen Geschlechterrollen in der römischen Gesellschaft konträr gegenüber, weil der „poeta“/“amator“, die erzählende Stimme, sich seiner geliebten „puella“ oder „domina“ wie ein Sklave („servus amoris“) unterwirft, was im Alltagsleben normalerweise nicht vorkommen würde. Die auf den Knaben („puer“) Marathus bezogenen drei Elegien bilden eine Ausnahme, da sie das Leitmotiv päderastischer Liebe zwischen einem „poeta“/“amator“ und einem jungen Knaben aufweisen, der gleichzeitig ein Mädchen, Pholoe, liebt. Bei diesen Elegien gesteht der „poeta“ weder das „servitium amoris“ einem „puer“ zuliebe, noch wird ein elegischer „puer delicatus“ („zarter, feiner Knabe“), wie Marathus einer ist, irgendwo als „dominus“ bezeichnet.
Man könnte vermuten, dass Tibull ursprünglich beabsichtigte, Marathus und Pholoe als die gewöhnlichen elegischen „poeta“/“amator“ und „puella“ darzustellen, aber die Anwesenheit des älteren „poeta“/“amator“ und dessen Liebe zu dem Knaben sowie ein unsichtbarer weißhaariger „amator“, der das Mädchen liebt, Tibull veranlasste, mehrere Liebesabenteuer zu der Elegie hinzuzufügen und sie komplizierter als seine anderen Gedichte zu machen. Man glaubt, dass beide dargestellten Kinder literarische Erzeugnisse sind, die eine spezifische Haltung gegenüber Geschlechterrollen bei Liebesgeschichten repräsentieren. Tibull ändert das Geschlecht von Marathus, sodass der „puer“ leicht mit der „puella“ identifiziert werden kann. Durch dieses besondere päderastische Thema erzielt er auch etwas Innovatives, Humorvolles und Subtiles für das Genre.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- 1. Präzisierung des Themas und Hintergrund
- 2. Geschlechterrollen und Männlichkeit in Rom
- 3. Zu der elegischen puella
- 4. Zu dem puer delicatus
- II. Analyse von Inhalt
- 1. Der Marathus-Zirkel
- 2. Marathus als puella in 1,8 und 1,9
- III. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht Tibulls Gedichte 1,8 und 1,9 in Bezug auf Marathus' Geschlechterrollentausch und seine Inszenierung durch die weiblichen Merkmale der elegischen puella. Die Arbeit beleuchtet, wie Tibull mit den Konventionen der römischen Liebeselegie spielt und die traditionellen Geschlechterrollen in Frage stellt. Sie analysiert die Rolle des puer delicatus in der römischen Literatur und die Bedeutung des päderastischen Themas in Tibulls Werk.
- Die Inszenierung des Marathus als puella in Tib. 1,8 und 1,9
- Die Rolle des puer delicatus in der römischen Literatur
- Der Einfluss des päderastischen Themas auf die Geschlechterrollen in Tibulls Werk
- Die literarische Fiktivität des puer in der römischen Liebeselegie
- Die Beziehung zwischen Geschlechterrollen und Männlichkeit in der römischen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung
Das erste Kapitel präzisiert das Thema der Arbeit und stellt den Hintergrund der Untersuchung dar. Es beleuchtet die Konventionen der römischen Liebeselegie und den traditionellen Geschlechterrollen in der römischen Gesellschaft. Außerdem wird die Rolle des puer delicatus in der Literatur und das besondere päderastische Thema in Tibulls Werk erläutert.
II. Analyse von Inhalt
Das zweite Kapitel analysiert den Inhalt der Gedichte 1,8 und 1,9. Es untersucht die Darstellung des Marathus als puella und die damit verbundenen Geschlechterrollentausch. Außerdem werden die literarischen Mittel und die Bedeutung des päderastischen Themas in den Gedichten beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen der Arbeit sind: Tibull, römische Liebeselegie, Geschlechterrollen, Männlichkeit, puella, puer delicatus, päderastisches Thema, Marathus, Pholoe, literarische Fiktivität, Geschlechterrollentausch.
- Quote paper
- Michael Barkas (Author), 2016, Die Inszenierung des Marathus als "puella". Analyse von Tibulls Gedichten 1,8 und 1,9, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/356146