Unternehmensverbindungen stellen ein wichtiges Element der Unternehmensführung dar. Im Einzelnen gehören dazu:
- das faktische Parallelverhalten, die Preisführerschaft und -folgerschaft, die Abgestimmte Verhaltensweise und das Kartell,
- die kurzfristige und langfristige Unternehmenskooperation,
- die Unternehmensbeteiligung, Konzernbildung und Einnahme einer marktbeherrschenden Stellung,
- die Eingliederung, Übernahme, Verschmelzung von Unternehmen und die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung.
Inhalt
1. Begriff und Abgrenzung
2. Formen der Kollusion
2.1 Faktisches Parallelverhalten
2.2 Informelle Preisführerschaft und -folgerschaft
2.3 Abgestimmte Verhaltensweise
2.4 Kartell
2.4.1 Begriff und Abgrenzung
2.4.2 Genehmigungsfähige Kartellformen
2.4.3 Nicht-genehmigungsfähige Kartellformen
3. Unternehmenskooperation
3.1 Temporäre Kooperationsformen
3.1.1 Formen ohne eigene Rechtspersönlichkeit
3.1.2 Formen mit eigener Rechtspersönlichkeit
3.2 Dauerhafte Kooperationsformen
3.2.1 Übergreifende Formen
3.2.2 Selektive Formen
4. Unternehmenskonzentration
4.1 Beteiligungsformen
4.2 Konzernbildung
4.3 Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung
5. Unternehmensfusion
5.1 Eingliederung
5.2 Übernahmeverhalten
5.3 Verschmelzung
5.4 Entstehen einer marktbeherrschenden Stellung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Formen der Kollusion
Abbildung 2: Formen der Unternehmenskooperation
Abbildung 3: Formen der Unternehmenskonzentration
Abbildung 4: Formen des Vertragskonzerns
Abbildung 5: Formen der Unternehmensfusion
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Begriff und Abgrenzung
Unternehmensverbindungen entstehen aus externem Wachstum des Unternehmens, verstanden als Ausmaß der Ressourcen, über die einzelwirtschaftlich disponiert wird. Sie bezeichnen den Zusammenschluss von auf Fremdbedarfsdeckung ausgerichteten Einzelwirtschaften. Daraus folgt eine mehr oder minder starke Einschränkung der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit bis hin zur Aufgabe der rechtlichen Selbstständigkeit. Unternehmensverbindungen führen jedoch nicht notwendigerweise zu Unternehmenszusammenschlüssen. Sie können darüber hinaus auch vertragsfrei zustande kommen. Ihr Ziel ist die bessere Erfüllung der individuellen Unterneh- mensaufgaben durch Abstimmung, ggf. auch unter Beschränkung des gesamtwirtschaftlichen Rahmens.
Nach der Richtung der Verbindung sind
- eine horizontale, also stufen- und sektorgleiche,
- eine vertikale, also sektorgleiche, aber stufenverschiedene, oder
- eine laterale, also sektor- und stufenverschiedene Auslegung
möglich. Die Verbindung kann sich auf primäre Wertschöpfungsaktivitäten (i.S. Porters) bezie- hen oder auf sekundäre. Jede Unternehmensverbindung bedeutet das partielle oder totale Einge- hen einer Abhängigkeit. Diese ist der Beitrag, den die beteiligten Unternehmen leisten müssen, um in den Genuss des Anreizes wirtschaftlicher Vorteile daraus zu gelangen. Es kann danach un- terschieden werden, ob diese Abhängigkeit aktiv oder passiv entsteht. Aktiv bedeutet, dass ein Unternehmen das Eingehen einer Abhängigkeit um der Erreichung ihrer Ziele willen anstrebt, passiv bedeutet, dass ein Unternehmen ohne selbst die Wahl zu haben, in eine Abhängigkeit ge- rät.
Im Folgenden wird in die Formen der Kollusion, der Kooperation, der Konzentration und der Fusion unterschieden. Entscheidend sind dabei die wirtschaftliche und/oder rechtliche Selbstständigkeit des Unternehmens, erstere definiert als Fähigkeit, Entscheidungen ohne Druck von außen zu treffen, letztere definiert als eigenständige, vertraglich kodifizierte Struktur.
2. Formen der Kollusion
Unter Kollusion versteht man allgemein die Koordination des Einsatzes von Aktionsparametern zwischen rechtlich selbstständigen Unternehmen. Dabei handelt es sich um die Formen des Tatsächlichen Parallelverhaltens, der informellen Preisführerschaft und -folgerschaft, der Abgestimmten Verhaltensweise und des genehmigungsfähigen und nicht-genehmigungsfähigen Kartells (siehe Abb. 1: Formen der Kollusion).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Formen der Kollusion
2.1 Faktisches Parallelverhalten
Hierbei handelt es sich um ein gleichförmiges Verhalten von Unternehmen, ohne dass dazu eine individuelle Abstimmung unter diesem stattgefunden hätte. Ein solches gleichförmiges Verhalten kann sich bereits allein aus der Marktform ergeben. Typisch ist es für enge Oligopole, hier vor al- lem bezogen auf den Parameter Preis. Dies resultiert daraus, dass ein bestimmter Marktpreis für alle Beteiligten gewinnoptimal sein kann, ohne dass es dazu einer wie auch immer gearteten Ab- stimmung darüber zwischen ihnen bedürfte. Dies wird im Modell der einfach-geknickten Preis- Absatz-Funktion (Sweezy) erklärt. Danach liegen an einem engen Oligopolmarkt zwei sich im Marktpreis kreuzende Preis-Absatz-Funktionen (PAF) vor, je eine für individuelle Preiserhöhun- gen und Preissenkungen. Bei individueller Preiserhöhung ist die PAF elastisch, grafisch also flach verlaufend, so dass bereits einer kleinen Preiserhöhung ein großer Mengenabwachs gegen- über steht, weil die Konkurrenten der Preiserhöhung nicht folgen. Bei individueller Preissenkung ist die Preis-Absatz-Funktion starr, also grafisch steil verlaufend, eine Preissenkung führt dann zu hohem Mengenabwachs, weil die Konkurrenten die Preissenkung nachvollziehen. Beides re- sultiert, c.p., in einer schlechteren Gewinnsituation, so dass eine Kollusion auf nahezu identi- schem Preisniveau ohne explizite Abstimmung zustande kommt. Dies ist etwa im Mineralöl- markt zu beobachten, wo die drei großen Tankstellenanbieter (Aral, Shell, Esso) und die drei kleineren Anbieter (Jet, Total, Agip) jeweils auf ähnlichem Preisniveau anbieten, ohne dass ih- nen, trotz intensivster Prüfungen, Preisverabredungen nachgewiesen werden könnten.
2.2 Informelle Preisführerschaft und -folgerschaft
Hierbei handelt es sich um ein bewusstes Parallelverhalten auf Basis eingespielter Marktregeln (veraltet: Sklavische Nachahmung). Es gibt mehrere Ausprägungen:
- Einen dominanten Preisführer wird von seinen Mitbewerbern eine überragende Kompetenz zugemessen, so dass diese sich gut beraten fühlen, wenn sie ihm folgen, ohne dass dazu eine explizite Abstimmung stattfinden würde. Die Preisfolger glauben vielmehr, dass ihr Verhalten ihnen am meisten nützt, und der Preisführer kann sich stillschweigend auf die Preisfolgerschaft verlassen.
- Bei einer barometrischen Preisführerschaft geht wechselweise ein Mitglied einer Gruppe von preisführenden Unternehmen voran und kann sich erfahrungsgemäß darauf verlassen, dass ihm die anderen Preisführer und erst recht die Preisfolger darin folgen. Dies ist interessant, weil do- minante Preisführer bei Preiserhöhungen häufig öffentlicher Kritik unterworfen sind und die Möglichkeit besteht, sich reihum hinter den anderen Anbietern zu verstecken.
- Im Rahmen einer kollusiven Preisführerschaft verständigen sich die beteiligten Unternehmen eines Marktes darauf, dass ein oder mehrere Unternehmen als Preisführer auftreten und ver- pflichten sich informell, diesem/n als Preisfolger zu folgen. Hier entsteht ein wettbewerbsbe- schränkender Effekt, man nähert sich der abgestimmten Verhaltensweise an.
2.3 Abgestimmte Verhaltensweise
Hierbei entsteht ein ex ante-Abstimmung der Beteiligten (nicht nur über den Preis), ohne jedoch Inhalte darüber schriftlich festzulegen. Bei den Partnern handelt es sich für gewöhnlich um un- mittelbare Konkurrenten auf weitgehend homogenen Märkten. Die fehlende formale Abstimmung wird hierbei meist durch persönliche Koordination der Beteiligten ersetzt. Man spricht daher auch von einem Gentlemen's Agreement oder Frühstückskartell. Die Einhaltung der Verabredungen erfolgt freiwillig und ist auf kaufmännischer Ehre begründet. Es besteht keine weitere Koordinierung. Sofern dabei im Einzelfall eine Marktbeherrschung erreicht werden soll, entsteht der Spezialfall einer Ringbildung.
Solche Abstimmungen sind, obgleich nicht schriftlich fixiert, hoch gefährlich, da die Kartelläm- ter weitaus konsequenter als früher dagegen vorgehen. Dabei hilft eine Kronzeugenregelung, die besagt, dass dasjenige Unternehmen, das als erstes eine solche Absprache der Behörde gegenüber offenlegt, straffrei ausgeht (Rat Race), wohingegen alle anderen Unternehmen, die dann betrof- fen sind, mit Strafen bis zu max. 10 % ihres Gesamtumsatzes belegt werden können. Diese ent- stehen aus dem Basisschaden plus einem Malus für Anführer- und Wiederholungstäter-Unterneh- men plus 5 % Zinsen p.a. je Jahr der Dauer. „Strafrabatt“ erhalten noch diejenigen Unternehmen, die sich als zweite, dritte und vierte bei der Behörde melden (bis zu 50 %). Hinzu kommen je- doch mögliche privatrechtliche Schadenersatzklagen der geschädigten Geschäftspartner (so hat die Deutsche Bahn daraus zwischenzeitlich eine eigene „Einnahmequelle“ entwickelt).
2.4 Kartell
2.4.1 Begriff und Abgrenzung
Bei einem Kartell handelt es sich um die vertragliche Zusammenarbeit rechtlich selbstständig bleibender Unternehmen mit dem Ziel der Beschränkung des Wettbewerbs untereinander. Ihre wirtschaftliche Selbstständigkeit wird insofern eingeschränkt. Kartelle sind nach § 1 GWB grundsätzlich verboten. Sie stellen nach Gesetz Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Be- schlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen dar, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder be- wirken. Kartellverträge sind daher unwirksam, sofern nicht Ausnahmen vorliegen, ihre Durch- führung ist untersagt, Zuwiderhandeln führt als Ordnungswidrigkeit zur Geldstrafe.
Zur Wirksamkeit muss immer ein bedeutender Anteil aller Unternehmen im relevanten Markt im Kartell repräsentiert sein, da ansonsten Außenseiter das Kartell unterlaufen können. Das Kartell tritt nach außen hin nicht in Erscheinung, die Rechtsform ist regelmäßig die einer GbR. Ist eine eigene Kartell-GmbH vorgesehen, entsteht daraus ein Kartell höherer Ordnung. Kartelle sind durch den Kartellgegenstand, also die Parameter, die Mitgliederanzahl, den räumlichen Kartellmarkt und die Marktgegenseite, die übervorteilt werden soll, determiniert.
Nach § 2 GWB sind freigestellt vom Verbot des § 1 GWB Vereinbarungen, wenn sie die Verbraucher in angemessener Weise am entstehenden Zusatzgewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung beteiligen oder zur Förderung des technischen und wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, sofern dafür nur solche Vereinbarungen getroffen werden, die für die Zweckerreichung unerlässlich sind und dabei ein wesentlicher Wettbewerb erhalten bleibt. Nach § 3 GWB gilt dies insbesondere, wenn durch die Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge die Wettbewerbsfähigkeit kleiner oder mittlerer Unternehmen verbessert und zugleich der Wettbewerb auf einem Markt nicht wesentlich beeinträchtigt wird.
2.4.2 Genehmigungsfähige Kartellformen
Nach dem Kriterium der Intensität können folgende genehmigungsfähigen Kartellformen unterschieden werden:
- Normen- und Typenkartelle dienen der Vereinheitlichung von Größen, Farben, Abmessungen, Qualitäten etc., sie haben praktisch kaum Bedeutung, obgleich ihre Berechtigung durchaus einleuchtet und ihre wettbewerbsbeschränkende Wirkung gering ist.
- Kalkulationsverfahrenskartelle dienen der einheitlichen Beschreibung von Waren oder ge- werblichen Leistungen bei Ausschreibungen, um zu einer vergleichbaren Preisaufgliederung zu gelangen, sie spielen keine große Rolle. Kalkulationskartelle sind bedenklich, soweit die er- höhte Markttransparenz auf der Angebotsseite die Möglichkeit zur Verhaltensabstimmung schafft oder im Oligopol ein so rasches Reagieren auf Wettbewerbsvorstöße erlaubt, dass dadurch der Anreiz zu Preisunterbietungen entfällt.
- Konditionenkartelle verpflichten die verbundenen Unternehmen zur Anwendung einheitlicher Allgemeiner Geschäfts-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen, außer wenn sie den Preis be- treffen und berechtigte Belange der Abnehmer außer acht lassen. Anbieter mit günstigerer Kos- tenstruktur realisieren bei Konditionenabstimmung somit eine Differenzialrente anstelle der Preisunterbietung, dies ist bedenklich, weil dies eine optimale Faktorallokation verhindert.
- Rabattkartelle verpflichten die verbundenen Unternehmen zur Gewährung einheitlicher Funk- tions-, Mengen- und Zeitrabatte, sofern es sich dabei um „echte“ Leistungsentgelte handelt und Abnehmer nicht diskriminiert werden (i.S.v. unterschiedlicher Behandlung Gleichartiger ohne sachlich gerechtfertigten Grund). Rabattkartelle sind bedenklich, da sie geeignet sind, den Nebenleistungswettbewerb zu behindern, der in weitgehend preisfriedlichen Märkten ein wichtiges Moment des verbleibenden Wettbewerbs darstellt.
- Spezialisierungskartelle dienen der Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch Arbeits- teilung in Bezug auf Produktion, Erbringung gewerblicher Leistungen oder Funktionsaus- übung, sie haben vergleichsweise große praktische Bedeutung. Durch Spezialisierungskartelle werden jedoch Angebotsüberschneidungen am Markt beseitigt und somit die Wettbewerbsbeziehungen zwischen den Anbietern verringert.
- Kooperationskartelle dienen der Leistungssteigerung kleiner und mittlerer Unternehmen, wo- bei deren Größe sich am Konzentrationsgrad der Branche orientiert, sie können sich auf alle betrieblichen Funktionen beziehen, auch auf den Preis, wenn dies zur Leistungssteigerung wesentlich ist, und haben große praktische Bedeutung. Inhalt ist die Rationalisierung wirtschaftlicher Vorgänge durch zwischenbetriebliche Zusammenarbeit, wodurch die Leistungsfähigkeit gegenüber Großunternehmen der Branche gesteigert werden soll, vor allem, wenn die Größenunterschiede erheblich sind.
- Rationalisierungskartelle dienen der Effizienzsteigerung wirtschaftlicher Vorgänge und müs- sen der Bedarfsbefriedigung der Abnehmer nützen und in angemessenem Verhältnis zur da- durch bedingten Wettbewerbsbeschränkung stehen. Ihnen kommt praktisch kaum Bedeutung zu.
- Rationalisierungskartelle höherer Ordnung betreffen Preisabsprachen, Beschaffungspools oder Vertriebssyndikate, sie sind möglich, sofern der Rationalisierungszweck auf andere Weise nicht erreichbar ist und ein Interesse der Allgemeinheit am Rationalisierungszweck gegeben ist, z.B. weil klein- und mittelständische Unternehmen gefördert, Arbeitsplätze erhalten oder Bedarfe der öffentlichen Hände besser erfüllt werden. Ihre Rechtfertigung ist teilweise frag- würdig. Die behauptete wettbewerbspolitische Unbedenklichkeit ist jedoch mit Hinweis darauf zu bestreiten, dass hier Kostenersparnisse durch kollektives Handeln und ex-ante-Koordinie- rung angestrebt werden, die nach marktwirtschaftlichem Prinzip durch individuelle Unternehmerinitiative und ex-post-Koordination über freie Preisbildung und Wettbewerb im Markt im Regelfall besser realisierbar sind.
- Reine Exportkartelle dienen der Stärkung und Sicherung der Position inländischer Unterneh- men auf Auslandsmärkten, wobei keine Auswirkungen auf den Inlandsmarkt gegeben sind. Sie unterliegen auf den Auslandsmärkten ggf. einer andersartigen Beurteilung, sind im Inland je- doch ggf. unbedenklich.
- Exportkartelle mit Inlandswirkung wirken sich zwar auf Auslandsmärkten aus, bedingen aber Absprachen in Bezug auf das Inland, sofern dadurch keine zwischenstaatlichen Abkom- men verletzt werden. Zugleich werden dadurch jedoch Abwehrreaktionen in anderen Ländern provoziert, die dann einen Protektionismus begründen, der dem wünschenswerten Freihandelsgedanken zuwiderläuft.
- Importkartelle (zur Beschaffung) betreffen inländische Nachfrager, die sich im Inland keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausländischer Anbieter gegenüber sehen. Sie haben prak- tisch kaum Bedeutung. Sie verhindern dennoch das Wirksamwerden der Importkonkurrenz und vermindern damit die Chance zu bestmöglicher Versorgung und internationaler Arbeitsteilung.
- Strukturkrisenkartelle sollen Absatzrückgängen, die durch nachhaltige, gravierende Nachfra- geänderungen entstanden sind, entgegenwirken, z.B. durch Kapazitätsabbau, Quoten- und Ge- bietsabsprachen, Stilllegungsvereinbarungen, Investitionsmoratorien etc. Sie haben kaum prak- tische Bedeutung. Sie können dennoch negative Beschäftigungswirkungen eines Nachfragerückgangs durch Erhöhung der Preisrigidität verstärken, notwendige Strukturanpassungen verzögern und damit die Anpassungsflexibilität des Wettbewerbssystems mindern.
- Sonderkartelle liegen im Ermessen des Bundesministers für Wirtschaft, sofern ausnahmsweise die Beschränkung des Wettbewerbs aus überwiegenden Gründen der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls notwendig ist, z.B. um eine unmittelbare Gefahr für den Bestand des überwie- genden Teils der Unternehmen eines Wirtschaftszweigs abzuwenden, wenn andere gesetzliche oder wirtschaftspolitische Maßnahmen nicht rechtzeitig greifen und nur die Beschränkung des Wettbewerbs geeignet ist, die Gefahr abzuwenden. Die praktische Bedeutung ist bislang ge- ring.
2.4.3 Nicht-genehmigungsfähige Kartellformen
Verboten sind grundsätzlich die nachfolgenden Kartellausprägungen:
- Preiskartelle, die in Bezug auf die Vereinheitlichung des von den Kartellanten bei ihren Kunden eingeforderten Listenpreises geschlossen werden,
- Quotenkartelle in Bezug auf die von den Kartellanten sich gegenseitig zugestandenen Absatzmengen bzw. Absatzanteile im Markt,
- Submissionskartelle zur Dämpfung der gegenseitigen Preisunterbietung bei öffentlichen Ausschreibungen,
- Syndikate, bei denen die Kartellanten darauf verzichten, jeweils eigenständig am Markt zu agieren, sondern ihre Leistungen dem Syndikat zum Verkauf gesamthaft andienen bzw. Leistungen von diesem auf einheitlicher Basis beziehen,
- Gewinnverteilungskartelle, d.h., die Kartellanten leiten ihre individuellen Gewinne aus selbst- ständiger Tätigkeit an das Kartell weiter und erhalten von dort ihren Anteil nach vorvereinbar- ter Schlüsselung zurück (auf diese Weise kann opportunistisches Verhalten eingedämmt wer- den),
- Markenschutzkartelle, d.h., die Kartellanten streben für ihre indirekt-distribuierten, markier- ten Produkte (Markenartikel) einheitliche Preise auf der (Groß- oder Einzel-)Handelsstufe an,
- Gebietskartelle, d.h., die Kartellanten stimmen Absatzgebiete untereinander ab, so dass lokale/ regionale Monopole entstehen.
Verbotsausnahmen bestehen allerdings auch dann noch, wenn
- die Nachfrager angemessen am Kartellgewinn beteiligt werden,
- dadurch der technische Fortschritt forciert oder die Warenerzeugung bzw. -verteilung verbessert wird,
- keine marktbeherrschende Stellung erreicht und
- zugleich nicht EU-Verordnungen widersprochen wird.
Kartellverträge sind angesichts hoher Strafen bei Bekanntwerden für die beteiligten Unterneh- men sehr risikoreich. Dass sie dennoch geschlossen werden, liegt im impliziten Misstrauen der Kartellanten untereinander begründet. Denn die Beteiligten kennen sich infolge international re- levanter Märkte mit zahlreichen, wechselnden, antinomischen Akteuren häufig nicht gut genug, um eine hinreichende Vertrauensbasis für eine mündliche Verabredung zu erreichen. Zugleich besteht eine zunehmende Gefahr durch Außenseiter, die Kartellabsprachen unterlaufen. Kartell- strafen betreffen ganz unterschiedliche Branchen z.B. Autoglas, Fahrstühle/Rolltreppen, Paraffin- wachs, Stahl, Zement, Vitamine, Schaltanlagen, Vollwaschmittel, Acrylglas, Papier, Mehl, Zu- cker, Schienenmaterial, Interbankenzinssatz (Libor), Flüssiggas, Transformatoren.
Eine Sonderform des Kartells ist der IG (Interessengemeinschaften). Diese ist strategisch ange- legt und bezieht sich auf alle Funktionen des Unternehmens. Es bestehen jedoch keine gegensei- tigen Kapitalbeteiligungen, es gibt kein Gesellschaftsvermögen. Gegenstand der IG ist die ge- meinsame Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks (historisches Beispiel: IG Farben aus BASF, AGFA/Bayer und Hoechst, aktuell wird diese Form nicht mehr genutzt). Einzelne Interes- sen der Beteiligten werden so im Wege der Vertragsvereinbarung vergemeinschaftet. Dabei soll der Gemeinschaftsgewinn größer sein als die Summe der Einzelgewinne der Beteiligten ohne IG. Dies setzt eine Solidarität der Beteiligten voraus, von der beachtlich ist, ob und inwieweit sie Marktwirkungen hat. In jedem Fall sind dazu rechnungslegungsbezogene Vereinheitlichungen zu schaffen wie gemeinsamer Bilanzstichtag, gemeinsames Abschlussschema, gemeinsame Bewer- tungsrichtlinien etc. Zentral ist die Festlegung des Verteilungsschlüssels für die Gewinne bzw. Verluste.
3. Unternehmenskooperation
Unter einer Kooperation versteht man allgemein die aktive, vertragliche Verbindung von zwei oder mehr Unternehmen bei Erhalt ihrer rechtlichen Selbstständigkeit, aber unter Aufgabe ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit in Bezug auf den Kooperationszweck, also insgesamt deren Einschränkung. Die Ziele können primär intern oder primär extern determiniert sein. Intern be- deutet, auf eine Verbesserung der Leistungspotenziale der Beteiligten gerichtet, extern bedeutet, auf eine Verbesserung der Marktstellung gerichtet. De facto gehen beide Zielsetzungen häufig einher.
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- Arbeit zitieren
- Karsten M. Schneider (Autor:in), 2017, Unternehmensverbindungen. Examenswissen leicht gemacht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/356094
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