Die Bachelorarbeit untersucht negative Stimmungen und deren Interaktion mit kognitiven Prozessen. Ihre Einflussnahme auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Reizen genießt vor allem in der Werbeindustrie zunehmende Beachtung. So auch in dieser sechstägigen Kurzzeitstudie im Prätest-Posttest-Design. Sie fokussiert die Auswirkung negativer Stimmungen hinsichtlich der Bewertung von Werbespots. Dabei untersucht sie, ob Bewertungsprinzipien, die sich auf Basis der Arbeitsweise negativer Stimmungen herausgebildet haben, erlernt und beibehalten werden können. Dafür arbeitet sie mit sogenannten Wetterpatronaten, die als Werbespot fünf Tage lang im Anschluss an stimmungsbeeinflussenden Wetterberichten präsentiert wurden. Während die Kontrollgruppe neutrale Wetterberichte sah, sah die Experimentalgruppe schlechte Wetterberichte. Nach den fünf Tagen wurde beiden Gruppen lediglich der Werbespot vorgespielt. Um zu überprüfen, ob in der Experimentalgruppe eine Adaption der Arbeitsweise negativer Stimmungen stattfand, wurden alle Probanden am ersten und sechsten Tag nach einer Bewertung des Werbespots gebeten. Zusätzlich wurden zur Kontrolle jeden Studientag die Stimmungen der Probanden mittels der ASTS erfasst. Diese und die Bewertungen des Werbespots wurden schließlich auf Unterschiede zwischen den Gruppen und den Messzeitpunkten überprüft. Es zeigt sich, dass nicht nur die Stimmungen nach der Darbietung schlechter Wettervorhersagen negativer ausfallen, sondern auch die Bewertungen des Werbespots. Ferner wurden diese beim Ausbleiben des schlechten Wetterberichts beibehalten.
Inhaltsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
III Tabellenverzeichnis
IV Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
(A) Theoretischer Teil
2 Theorie
2.1 Gegenstandbestimmung negativer Stimmungen
2.1.1 Arbeitsweise negativer Stimmungen
2.1.1.1 Elaboration-Likelihood-Model
2.1.1.2 Mood-Congruence-Model
2.2 Bedeutung negativer Stimmungen für die Werbung
2.3 Thematische Bedeutung von Wetterpatronaten
2.3.1 Gewöhnung vs. Abnutzung
2.3.2 Klassische Konditionierung
2.3.3 Recency-Effekt
3 Aktueller Forschungsstand
4 Fragestellung und Hypothesen
(B) Methodischer Teil
5 Methode
5.1 Ausrichtung auf das Ausleiten von Wetterberichten
5.2 Vorstudie
5.3 Reizmaterial
5.4 Untersuchungsdesign
5.5 Konstruktion und Aufbau der Fragebogen
5.6 Stichprobenplanung
6 Durchführung
7 Datenanalyse
8 Ergebnisse
8.1 Deskriptive Ergebnisse
8.1.1 Stichprobenbeschreibung
8.1.2 Reliabilitätsanalysen
8.2 Hypothesenprüfung
8.3 Exploration
8.4 Weitere Befunde
9 Diskussion der Ergebnisse
10 Fazit
VII Literaturverzeichnis
VIII Anhangsverzeichnis
II Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Lernvorgang der klassischen Konditionierung
Abb. 2: Übertragung der klassischen Konditionierung auf schlechtes Wetter und Wetterpatronat
Abb. 3: Prätest-Posttest-Design der Studie
Abb. 4: Altersverteilung mit Normalverteilung
Abb. 5: Konzentration der Wohnorte
III Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Videoaufteilung der Vorstudie
Tab. 2: Berechnung des Stichprobenumfangs
Tab. 3: Lineare Regression zur Produktbewertung am Montag
Tab. 4: Lineare Regression zur Bewertung der Werbung am Samstag
Tab. 5: Lineare Regression zur Markenbewertung am Montag
IV Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abstract
Die vorliegende Bachelorarbeit untersucht negative Stimmungen und deren Interak-tion mit kognitiven Prozessen. Ihre Einflussnahme auf die Wahrnehmung und Verar-beitung von Reizen genießt vor allem in der Werbeindustrie zunehmende Beachtung. So auch in dieser sechstägigen Kurzzeitstudie im Prätest-Posttest-Design. Sie fokus-siert die Auswirkung negativer Stimmungen hinsichtlich der Bewertung von Werbe-spots. Dabei untersucht sie, ob Bewertungsprinzipien, die sich auf Basis der Arbeits-weise negativer Stimmungen herausgebildet haben, erlernt und beibehalten werden können. Dafür arbeitet sie mit sogenannten Wetterpatronaten, die als Werbespot fünf Tage lang im Anschluss an stimmungsbeeinflussenden Wetterberichten präsentiert wurden. Während die Kontrollgruppe neutrale Wetterberichte sah, sah die Experimen-talgruppe schlechte Wetterberichte. Nach den fünf Tagen wurde beiden Gruppen lediglich der Werbespot vorgespielt. Um zu überprüfen, ob in der Experimentalgruppe eine Adaption der Arbeitsweise negativer Stimmungen stattfand, wurden alle Proban-den am ersten und sechsten Tag nach einer Bewertung des Werbespots gebeten. Zu-sätzlich wurden zur Kontrolle jeden Studientag die Stimmungen der Probanden mittels der ASTS erfasst. Diese und die Bewertungen des Werbespots wurden schließlich mit t-Tests auf Unterschiede zwischen den Gruppen und den Messzeitpunkten überprüft. Es zeigt sich, dass nicht nur die Stimmungen nach der Darbietung schlechter Wetter-vorhersagen negativer ausfallen, sondern auch die Bewertungen des Werbespots. Ferner wurden diese beim Ausbleiben des schlechten Wetterberichts beibehalten.
This paper examines negative moods and their interaction with cognitive processes. Their influence on our perception and elaboration of stimuli is more frequently ad-dressed than ever, especially in the fields of media. So is it in this six-day shortterm study in a pretest-posttest-design. It focusses their impact regarding our evaluation of ads. For that it takes use of “Wetterpatronaten” – commercials, that sponsor weather forecasts – which were presented for five days subsequently to mood influencing weather forecasts. While the control group watched neutral weather forecasts the experimental group watched negative weather forecasts. After the five days the ad was presented solely to both groups on the sixth day. To verify if an adaption of the negative mood’s functioning has settled in the experimental group all propositi were ask for evaluations of the ad on the first and sixth day. As an additionals control they were also asked about their current mood through the ASTS. Those and the evalu-ations were reviewed by t-tests to check on differences between the groups and the times of measurement. It shows that the moods as well as the evaluations after the reception of negative weather forecast are worse than those after the reception of neutral weather forecasts. Furthermore, both were retained despite the absence of the negative weather forecast.
1 Einleitung
Unser Alltag wird von unzähligen Determinanten bestimmt. Nur den wenigsten von ihnen widmen wir allerdings unsere Aufmerksamkeit. Viele sind fest in unserem Tagesablauf integriert und gleichen einer Selbstverständlichkeit. Hierzu zählen unter anderem Stimmungen. Sie begleiten uns ständig, während wir uns über ihre Ursache oder gar ihrer Präsenz nur beschränkt im Klaren sind. Die Tatsache, dass wir sie über-wiegend ohne weiteres Nachdenken hinnehmen, erleichtert unser Leben. Dennoch bergen Stimmungen weitaus mehr, dessen wir uns bewusst werden sollten. Insbe-sondere das Hinterfragen negativer Stimmungen geht oft mit unerwarteten Erkennt-nissen einher. Diesen Erkenntnissen kommt auch in der Wirtschaft und Medienwelt zunehmend Bedeutung zu. Untersuchungen zeigen beispielsweise, dass der Gemütszustand einer Person Auswirkungen auf ihre Kaufbereitschaft (Owolabi, 2009) und die Bewertung von Produkten (Curren & Harich, 1994) hat. Während Personen in gut gelaunter Verfassung eher dazu geneigt sind, andere Mitmenschen oder Objekte positiv zu bewerten, bewerten schlecht gestimmte Personen beides vermehrt negativ. Als mög-liche Begründung hierfür zieht die Forschung psychologische Erkenntnisse wie stim-mungskongruente Einstellungen oder durch die Stimmung bedingte Verarbeitungs-wege von Reizen, sprich periphere und zentrale Verarbeitungsrouten, heran (Schwarz & Clore, 1983). Diese Befunde sind für die Wissenschaft von großer Wichtigkeit, gehen jedoch nur auf kurzfristige Effekte von Stimmungen ein. Für die Psychologie von weitaus höherem Wert ist dagegen ihr langfristiger Effekt. Der Inhalt dieser Bach-elorarbeit widmet sich genau dieser Thematik. Sie untersucht in einer Kurzzeitstudie die Auswirkung von affektiven Verfassungen auf die Bewertung von Werbespots anhand erlernter Bewertungsprinzipien. Aufgrund der in der aktuellen Forschungs-literatur intensiveren Beschäftigung mit positiven Stimmungen gegenüber negativen, konzentriert sich die Studie auf negative Gefühlszustände und ihre Effekte. Ziel der im Rahmen dieser Bachelorarbeit durchgeführten Studie ist es daher, negati-ve Stimmungen und die durch sie bedingte Betrachtungsweise von Werbespots im werblichen Kontext zu behandeln. Sie basiert auf der Annahme, dass stimmungsab-hängige Bewertungsprinzipien Persistenz aufweisen. Dafür überprüft sie, ob nach wie-derholter Präsentation von negativ geladenen Reizen und Werbespot – dem Bewer-tungsobjekt – ein Lerneffekt eintritt, sodass dessen Bewertung auch dann noch beibe-halten wird, wenn die voran geschalteten Reize ausbleiben. Um in der Studie eine möglichst realistische Abbildung von Reizen und den daraus resultierenden Bewertungsfolgen aufzeigen zu können, arbeitet sie mit sogenannten Wetterpatronaten. Dadurch ist eine kontinuierliche und wiederholende Ausstrahlung des Werbespots gegeben, während das vorher gezeigte Wetter die Stimmung und diese die Bewertung des Spots bestimmt. Wetterpatronate sind somit geeignete Instrumente, um Rückschlüsse auf erlernte Bewertungsprinzipien und damit einher-gehend länger anhaltende Folgen von Stimmungen ziehen zu können. Das für die Studie theoretische Grundverständnis wird vorab in der Theorie beleuch-tet. In diesem Part wird der Gegenstand negativer Stimmungen sowie die durch sie bedingte Verarbeitungsweise von Reizen erläutert. Dafür werden das Elaboration-Likelihood-Model als auch das Mood-Congruence-Model herangezogen, um hinterher die Bedeutung negativer Stimmung für die Werbung zu verdeutlichen. Nach den theo-retischen Aspekten negativer Stimmungen geht die Theorie auf die Rolle von Wetter-patronaten ein. Sie beschäftigt sich mit ihrer Relevanz für das Medium Fernseher und den dahinter liegenden Absichten der Werbeindustrie. Aufgrund ihrer regelmäßigen Darbietung stehen sich die Gewöhnung und die Abnutzung des Werbespots gegen-über, weshalb beide Effekte behandelt werden. Gleichzeitig geht die Bachelorarbeit wegen des regelmäßigen Ausstrahlens von einem Lernprinzip aus, das dem der klas-sischen Konditionierung gleicht. Angesichts dessen behandelt die Theorie zunächst das Prinzip der klassischen Konditionierung und danach ihre Anwendung auf Wetter-patronate. Daneben greift die Arbeit einen weiteren psychologischen Effekt auf, der Einfluss auf die Bewertung von Wetterpatronate haben könnte. Durch die vielen Bei-träge kann das Nachrichtenformat als eine Abfolge von Reizen betrachtet werden, von denen der letzte – häufig das Wetter – gegenüber den anderen länger im Gedächtnis bleibt und die Bewertung späterer Reize beeinflusst. Daher wendet sich die Theorie zusätzlich dem Recency-Effekt und seiner Übertragung auf Wetterpatronate zu. Zum Schluss wird die aus der Theorie und dem aktuellen Forschungsstand abgeleitete Fra-gestellung einschließlich der Hypothesen vorgestellt und der methodische Teil einge-leitet.
Das methodische Verfahren setzt sich aus einer Vorstudie und einer Hauptstudie zu-sammen. Mithilfe der Vorstudie wurden die für die Kontroll- und Experimentalgruppe geeigneten Wetterberichte, das heißt einmal welche mit neutralem und einmal welche mit schlechtem Inhalt, ausgewählt, welche anschließend in der Hauptstudie mit dem Werbespot gekoppelt wurden. Dafür schauten die Probanden über fünf Tage hinweg entweder durchgehend neutrales oder schlechtes Wetter und daran anknüpfend stets den selben Werbespot. Am sechsten Tag blieb das Ausstrahlen des Wetters vor dem Werbespot aus, um überprüfen zu können, ob ein Lerneffekt eingetreten ist. Um die-ser Annahme nachgehen zu können, füllten die Probanden jeden Tag eine stim-mungserfassende Skala aus, während sie am ersten und letzten Tag der Studie zu-sätzlich Bewertungsfragebogen zum Werbespot vorgelegt bekamen. Außerdem wurden für die Methodenkritik standardisierte Einzelinterviews durchgeführt, in denen sechs Probanden nach Abschluss der Studie nach ihrer Meinung zum Forschungspro-zess sowie nach ihrer derzeitigen Ansicht über den Werbespot gefragt wurden. Das Interesse dieser Bachelorarbeit liegt darin, die mit Wetterpatronaten verfolgte Ab-sicht der Werbeindustrie kritisch zu hinterfragen und anhand der ermittelten Ergebnis-se Ableitungen für diese festhalten zu können.
(A) Theoretischer Teil
2 Theorie
Die theoretische Beleuchtung der Thematik dieser Bachelorarbeit verfolgt das Ziel, die in der Studie aufgegriffenen Gedankengänge leichter verfolgen und nachvollziehen zu können. Sie vermittelt ein Grundverständnis der herangezogenen Quellen und schafft damit eine Basis besseren Verständnisses. Hierfür werden elementare Begriffe defi-niert, entscheidende Modelle erläutert und deren Wirkungsprinzipien auf relevante In-halte der experimentellen Kurzzeitstudie übertragen. Die Theorie widmet sich zuerst der Betrachtung negativer Stimmung. Neben ihrer Definition, geht sie außerdem auf zwei Modelle ein, die mögliche Vorgehensweisen von Stimmungen beschreiben und ihre Gewichtung im werblichen Kontext betonen. Zuletzt werden Wetterpatronate und das von ihnen verfolgte Ziel in der Werbebranche anhand von drei psychologischen Effekten vorgestellt.
2.1 Gegenstandbestimmung negativer Stimmungen
Stimmungen beschreiben aktuell präsente und vorübergehende affektive Zustände von geringer Intensität. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie gegenüber anderen Gefühlsbezeichnungen wie Emotionen oder Affekte länger anhalten, dafür jedoch von unspezifischer Natur sind. Wegen ihrer fehlenden Objektgerichtheit sind wir uns ihrer Ursache in den meisten Fällen im Unklaren und können sie nur schwer greifen (Betsch, Funke, & Plessner, 2011; Lammers, 2011; Reisenzein & Hortsmann, 2006). Auch die Aufgaben, die Stimmungen zu Teil werden, stellen eine für uns oftmals nicht immer sichtbare, aber dennoch bedeutsame Relevanz für tägliche Handlungsabläufe dar. Stimmungen sind transiente Zustände, die bereits durch relativ unbedeutende Ereignisse ausgelöst werden können und sich in „Veränderungen kognitiver Prozesse“ (Spies, 1995, S. 14) äußern. Trotz ihrer Vergänglichkeit und ihrer schnellen Akti-vierung kennzeichnet sie eine beträchtliche Einflussnahme auf unsere Ansichten und Taten. Ihre Vorgehensweisen im menschlichen Bewusstsein wirken persuasiv und überzeugend. Zusätzlich können sie Gedanken und Handlungen unauffällig formen und lenken (Isen, 1984). Vor allem negative Stimmungen üben großen Einfluss auf unsere Wahrnehmung und Einstellung aus. Ihre Aufgabe besteht darin, auf Reize hinzuweisen, die eine poten-tielle Gefahr darstellen oder als frustrierend gegenüber eigenen Bedürfnissen interpre-tiert werden. Dafür nehmen sie die Rolle einer Sirene ein und „informieren den Orga-nismus über Veränderungen in der inneren und äußeren Umwelt“ (Betsch et al., 2011, S. 126). Durch ihre Signalfunktion schützen sie uns und lenken unsere Aufmerksam-keit auf Reize in der Umgebung. Auf diese Weise bewirken sie, dass wir uns ihnen zu-wenden und sie auf mögliche Bedrohungen fokussiert untersuchen können. Daneben motivieren sie uns, je nach Einschätzung der Situation, gegen Reize in Aktion zu treten. So sind wir in der Lage, für uns bedrohliche oder unangenehme Situationen zu verbessern und unser anfängliches Gleichgewicht der Ordnung wieder herzustellen (Spies, 1995). Die Ursache dieser Grundhaltung negativer Stimmungen gegenüber unserer Umwelt liegt in der Evolution begründet. Aus Sicht des Entwicklungsgangs bewahren negative Gefühle vor biologisch bedingten Verlusten. Das heißt, dass Lebewesen ohne die Funktion von negativen Stimmungen den in der Natur vorkommenden Gefahren, und damit häufig einhergehend dem Tod, ausgesetzt wären. Ohne negative Gefühlszu-stände würden Menschen beispielsweise nur unter eingeschränkten Voraussetzungen vor einem Raubtier – einem natürlich bedingten Auslöser negativer Stimmungen – flüchten. Genauso unwahrscheinlich würden sie einen Angriff vornehmen. Dafür hät-ten sie die Situation infolge mangelnder Reizwahrnehmung und Interpretation der Um-welt als nicht gefährlich genug eingestuft. Zugleich hätten wir heutzutage eine andere Vorstellung von dem, was gefährlich ist. Ohne das Radar, mit dem negative Stimmun-gen arbeiten, würden wir Situationen anders einschätzen, sie nicht konzentriert analy-sieren und ihnen häufig keine Bedrohung zuordnen – selbst wenn sie eine darstellen. Folglich würden wir nur unter bedingten Umständen das Bedürfnis verspüren, etwas an dieser Situation ändern zu wollen (Forgas, Haselton & von Hippel, 2014). Der genauen Analyse unserer Umwelt kommt somit eine enorme Bedeutung zu. Angesichts dessen, dass wir sie infolge negativer Stimmungen detaillierter betrachten, wird unsere Wahrnehmung dieser wie auch die Einstellung, die wir ihr gegenüber ein-nehmen, beeinflusst (Spies, 1995). Dabei drängt sich die Frage in den Vordergrund, wie innere Mechanismen hierbei vorgehen. Um mögliche Ansatzpunkte diesbezüglich liefern zu können, werden im Nachfolgenden Modelle dargelegt, die die Arbeitsweise von Stimmungen zu erklären versuchen. Aufgrund der komplexen Wirkungsmecha-nismen von Stimmungen reicht es nicht aus, den Fokus alleinig auf die Funktionswei-sen negativer Stimmungen zu legen. Deshalb berücksichtigt die Bachelorarbeit an die-sem Punkt die allgemeine Arbeitsweise von Stimmungen und geht sowohl auf positive wie auch negative Gemütsverfassungen ein.
2.1.1 Arbeitsweise negativer Stimmungen
Das Wesen von Stimmungen und ihre Funktionsweisen bauen auf unterschiedlichen Annahmen und Modellen auf. Die für diese Bachelorarbeit als relevant empfundenen Modelle konzentrieren sich auf Stimmungen als Konzept des Informierens und des kongruenten Handelns. Sie begründen daher die Arbeitsweise von Stimmungen zum einen vor dem Hintergrund, dass sie über Reize in der Umwelt informieren und je nach Einschätzung der Situation zum Handeln antreiben. Zum anderen, dass sie ein Gleich-gewicht zwischen Gemütslage und Einstellung oder auch Handlungen anstreben (Spies, 1995). Um primär die Verarbeitung von Reizen während negativ empfundener Befindlichkeiten zu verdeutlichen, sollen beide Modelle vorgestellt werden.
2.1.1.1 Elaboration-Likelihood-Model
Das Elaboration-Likelihood-Modell (ELM) von Petty und Caciopo (1986) beschreibt zwei Wege der Reizverarbeitung. Welcher Weg der Verarbeitung gewählt wird, hängt hauptsächlich vom Involvement, also der persönlichen Bedeutsamkeit des Reizes, wie auch von der momentanen Stimmung ab. Beides bestimmt, ob die Elaboration eines Reizes auf der zentralen oder der peripheren Route stattfindet (Schwarz, Bless & Boh-ner, 1991). Bei der Verarbeitung auf der zentralen Route werden die Informationen eines Reizes – das betrifft Informationen über die eigene Person, andere Menschen, Gegenstände oder Sachverhalte – konzentriert verinnerlicht und abgewägt. Dabei werden sie auf Inhalt wie auch auf mögliche Schwachstellen untersucht. Falls die untersuchten Reiz-informationen als relevant und überzeugend angesehen werden, werden sie mit einer vorteilhaften Bewertung gekoppelt, welche wiederum zu einer positiven Grundein-stellung gegenüber des Reizes führen kann. Wird der Inhalt des Reizes hingegen als wenig vertrauenswürdig und trügerisch eingeschätzt, dann wird gegen ihn argumen-tiert und eine ablehnende Haltung eingenommen. Folglich wird er schlecht bewertet, was eine nachteilige Einstellungsänderung nach sich ziehen kann (Petty & Cacioppo, 1984). Die Verarbeitung auf der zentralen Route hängt häufig von zwei Faktoren ab. Sie wird dann gewählt, wenn der zu bewertende Reiz hoch proirisiert und für den Evaluieren-den als wichtig und bedeutend eingeschätzt wird. Die zentrale Reizverarbeitung ist damit durch ein hohes Involvement bedingt. Weil das Urteil über den einzuschätzen-den Reiz Auswirkungen auf den Evaluierenden selbst hat, sieht er sich dazu verpflich-tet, dem Reiz vermehrt Aufmerksamkeit zu widmen. Durch sie stellt er sicher, dass er alle Vor- und Nachteile abwägt und sich einer sicheren und gut durchdachten Ent-scheidung gewiss sein kann. Dieses Vorgehen erfordert zwar komplexe Urteilspro-zesse, bewahrt den Evaluierenden jedoch vor Fehlern (Curren & Harich, 1994). Der zweite Grund, Reizobjekte detailliert zu analysieren, findet aus einem inneren Impuls heraus Anwendung. Wie bereits erwähnt, signalisieren negative Gefühlsverfas-sungen, dass man einer potentiellen Gefährdung ausgesetzt ist. Um dieser auszu-weichen oder entgegenzuwirken, motivieren sie einen, die Umgebung, in der man sich befindet, gründlich zu begutachten. Diese Motivation bewirkt eine fokussierte und kon-zentrierte Verarbeitung der Reize auf der zentralen Route. Währenddessen werden die Argumente der Reize sorgfältig verarbeitet und kritisch bewertet (Schwarz et al., 1991).
Bei der Verarbeitung auf der peripheren Route hingegen werden Informationen eines Reizes oberflächlich betrachtet und nur grob verarbeitet. Währenddessen ist der Eva-luierende empfänglich für weniger wichtige und periphere Eigenschaften des Reizes. Dabei lässt er die Argumente des Reizes meist durchgehend unbeachtet und lässt sich von der Präsentation und Auffälligkeit des Reizes steuern. Er ist somit leicht von den Inhalten eines Reizes zu überzeugen und koppelt sie mit einer positiven Bewer-tung, die für den Reiz eine vorteilhafte Einstellungsänderung bewirken kann (Petty & Cacioppo, 1984). Dieser Weg der Reizverarbeitung wird gewählt, wenn entweder die Motivation oder die Fähigkeit fehlt, sich mit dem Reiz auseinanderzusetzen. Erneut spielen auch hier das Involvement und die Stimmung eine wesentliche Rolle. Wird das Involvement als Ausgangspunkt einer peripheren Verarbeitung herangezogen, nimmt der zu bewer-tende Reiz nur wenig bis gar keinen Stellenwert ein und wird als unwichtig und irrele-vant eingeschätzt. Entsprechend ist die periphere Reizverarbeitung durch ein niedri-ges Involvement bedingt. Da das Urteil über den Reiz keine bedeutende Auswirkun-gen auf den Evaluierenden selbst hat, erlaubt er sich den Verzicht einer anstrengen-den und gründlichen Reizabwägung (Petty & Cacioppo, 1984). Stimmungen hingegen nehmen abermals die Funktion des Informierens ein. In diesem Fall wird die Entschei-dung von positiven Gefühlszuständen des Evaluierenden bestimmt. Sie geben ihm zu verstehen, dass der Reiz und das Urteil über diesen keine Risiken bergen und er des-halb keine Energie aufbringen muss, beides gründlich zu hinterfragen. Stattdessen ist es ausreichend, wenn er auf Heuristiken und vereinfachte Entscheidungsstrategien zurückgreift (Schwarz et al., 1991).
Zieht man das ELM als Arbeitsmodell von Stimmungen heran, so dienen sie als Richtlinien über das Auslegen von Reizen in der Umwelt. Das Resultat dieser Katego-risierung bestimmt daraufhin den Reizverarbeitungsprozess, die Bewertung und häufig sogar die Einstellung gegenüber Reizen. So finden Reize von positiv gestimmten Per-sonen hauptsächlich Zustimmung, während sie von negativ gestimmten Personen kritisch hinterfragt werden. Halten Reize dieser Prüfung nicht stand, weil sie entweder nicht glaubhaft genug sind oder wenig überzeugend dargeboten werden, wird ihnen gegenüber eine ablehnende Haltung eingenommen (Schwarz & Clore, 1983).
2.1.1.2 Mood-Congruence-Model
Das Mood-Congruence-Model (MCM) geht von einer kongruenten Verhaltensweise entsprechend der jeweiligen Stimmung aus und schließt an den Untersuchungen zum stimmungkongruenten Enkodieren und Abrufen von Blaney (1986) an. Laut seinen Untersuchungen üben Stimmungen Einfluss auf das Gedächtnis aus und bestimmen, welche Reizinhalte bevorzugt verinnerlicht und abgerufen werden. Die Sichtweise über Reizinhalte und die daraus resultierenden Handlungen sind daher abhängig von der momentanen Stimmung (Blaney, 1986). Bei der stimmungskongruenten Enkodierung von Inhalten eines Reizes liegt der Fokus verstärkt auf solche, die der aktuellen Stimmung entsprechen. Das erklärt unter ande-rem, weshalb sich Personen besser an jene Inhalte erinnern, „deren emotionale Va-lenz kongruent mit der Stimmung beim Enkodieren war“ (Goschke & Dreisbach, 2011, S.159). Daran anknüpfend fällt es ihnen leichter, auf bereits verinnerlichte Inhalte zu-rückzugreifen, die kongruent zu ihrer jeweiligen Stimmung sind. In diesem Fall arbeitet das Gedächtnis nach dem Prinzip des stimmungskongruenten Abrufs (Dalgleish & Power, 1999). Als Erklärungsansatz für diese Effekte dient die Netzwerktheorie nach Browser (1981). Sie beschreibt das Gehirn als assoziatives Netzwerk, das aus verknoteten Konzepten mit unterschiedlich starken Verbindungen zueinander besteht. Aktiviert ein Reiz einen seiner emotionalen Valenz entsprechenden Konzeptknoten, so werden bei Über-schreitung einer bestimmten Aktivierungsschwelle weitere damit assoziierte Emotions-konzepte angeregt und leicht zugänglich gemacht. Nach dieser Theorie fördern Stim-mungen sowohl das Enkodieren als auch das Abrufen von konsistenten Inhalten so-wie deren verstärkt ausgeprägte Elaboration (Goschke & Dreisbach, 2011). Von beiden Effekten ausgehend, verinnerlicht eine Person in einer emotional schlech-ten Verfassung überwiegend Reize von persönlich negativer Bedeutung oder solche mit allgemein negativem Inhalt. Gleichzeitig besteht im Gehirn eine große Anzahl ver-knüpfter Assoziationen zu negativen Gefühlszuständen. Diese werden aufgrund der momentanen Gefühlslage aktiviert und augenblicklich verfügbar gemacht. Auf diese Weise sind sie aktuell präsent, sodass die Person auf ein Pool unangenehmer Ge-fühle und Verbindungen zurückgreift, welche sie auf den Reiz selbst oder gar andere Bewertungsobjekte anwendet. Dadurch leiten und beeinflussen sie weitere Hand-lungsschritte. Neben des kongruenten Enkodierens und Abrufens von Reizinformatio-nen bedingen Stimmungen also auch kongruentes Handeln, welches sich bei schlecht gestimmten Personen in ein ablehnendes und ausweichendes Auftreten gegenüber des auslösenden Reizes oder weiteren Bewertungsobjekten äußert (Curren & Harich, 1994).
2.2 Bedeutung negativer Stimmungen für die Werbung
Ausgehend von beiden Modellen, weisen negative Stimmungen insbesondere in der Werbung hohe Relevanz auf. Entsprechend des ELM findet während emotional nega-tiver Verfassungen eine fokussierte Aufmerksamkeit auf die Werbegestaltung und das Produkt statt. Dabei ist der Werbekonsument sensibler für das Erkennen möglicher Schwachstellen in der Produktpräsentation und solcher an dem Produkt selbst. Infol-gedessen, dass Werbung nicht immer einem logischen Aufbau folgt, sie auf Fiktio-nalität wie auch Übertreibungen als Werbewerkzeuge zurückgreift und ihr mitunter aussagekräftige Argumente für den Produktkauf fehlen, unterliegt das Wahrnehmen und Einordnen von Werbeinhalten als subjektiv eingeschätzte Schwächen einer hohen Wahrscheinlichkeit (Kautt & Willems, 2003). Das Erkennen dieser wiederum, kann laut des ELM eine nachteilige Bewertung und möglicherweise sogar eine negative Einstel-lung gegenüber der Werbung und ihrem Produkt bewirken (Petty & Cacioppo, 1984). Bezugnehmend auf das MCM können negative Stimmungen als gefährliche Spirale angesehen werden. Nach Bowers Netzwerktheorie werden Werbereize nicht nur ent-sprechen der jeweiligen Stimmung verarbeitet, erinnert und abgerufen, sondern unter-dessen auch durch sie intensiviert. Aufgrund der in unserem Gehirn durch Assozia-tionen miteinander verbundenen Konzepte, besteht ein ständiger Datenaustausch und -abgleich. Wird Werbung nun von einem Rezipienten in negativer Stimmung aufge-nommen, so ist er dazu geneigt, vermehrt negative Aspekte der Werbung zu verinner-lichen. Diese aktivieren weitere negativ assoziierte Konzepte, die dadurch präsent sind und die anfängliche Stimmung insoweit beeinflussen, dass sie sie verstärken. Letztendlich intensiviert sich sowohl die negative Stimmung als auch die Bereitschaft, sich rückblickend lediglich an negative Inhalte der Werbung zu erinnern und ihr gegen-über eine kongruente und ablehnende Haltung einzunehmen (Krichler, 2011; Goschke & Dreisbach, 2011). Laut Srull bleibt Werbung während stark ausgeprägter Gemütsverfassungen – wäh-rend positiver wie auch negativer Verafassungen – besser in Erinnerung und kann leichter wiedergegeben werden. Dies mag vorerst dem Ziel von Werbetreibenden ent-sprechen, schlägt allerdings ins Nachteilige um, sobald der Effekt auf negative Stim-mungen und das MCM übertragen wird. Im Falle negativer Stimmungen nämlich ver-bindet der Werbekonsument mit der rezipierten Werbung nicht nur ein negatives Ge-fühl und negativ assoziierte Konzepte. Er kann die Werbung außerdem wegen seiner besseren Erinnerungsfähigkeit leichter abrufen und wiedergeben, was jedoch auf-grund der aktivierten Konzepte stets mit einem unangenehmen Beigeschmack einher-geht und seine Ansichten über die Werbung und ihr Produkt in eine ungünstige Pers-pektive rückt (Srull, 1983). Darüber hinaus berichten Curren und Harich, dass Stimmungen die Bedeutung nie-drigen Involvements überlagern und heran gezogen werden, sobald Adressaten eine Entscheidung über ein für sie unwichtiges Produkt fällen sollen. Hierbei transferieren sie ihre aktuellen Gefühlszustände auf das zu bewertende Produkt. Entgegengesetzt der Standpunkte des ELM, begegnen Rezipienten demnach persönlich irrelevanten Werbereizen nicht immer mit einer grundsätzlich positiven Bewertung. Vielmehr hängt diese von ihrer Stimmung ab. Lediglich bei emotional positiven Verfassungen bewahr-heiten sich die Standpunkte des ELM. Bei emotional negativen Verfassungen hinge-gen finden die Ansichten des MCM Anwendung und Rezipienten evaluieren die Wer-bung entsprechend ihrer Stimmung verstärkt negativ (Curren & Harich, 1994).
Negative Stimmungen bewirken eine für Werbetreibende ungünstige Grundeinstellung gegenüber Werbespots und Produkten. Damit widersprechen sie der eigentlichen Absicht von Werbung. Deswegen greift die Werbeindustrie auf Alternativen zurück, die negative Stimmungen umgehen und positive Gefühle aufbauen. So vermeiden zum Beispiel viele Hersteller das Ausstrahlen ihrer Werbespots unmittelbar vor oder nach Fernsehnachrichten, weil sie vermehrt schlechte als gute Inhalte präsentieren (Felser, 2012). Eine andere Möglichkeit wäre der Aufbau einer positiven Verbindung zwischen zwei Reizen. Ein Beispiel hierfür wäre Sponsoring. Hier profitiert der Sponsor von dem Imagetransfer des Gesponserten. Dieses Ziel verfolgen auch Wetterpatronate und werden daher im Nachfolgenden vorgestellt.
2.3 Thematische Bedeutung von Wetterpatronaten
Wetterpatronate sind Fernsehwerbespots, die eine moderne und spezielle Form des Sponsorings, das sogenannte „Wetter-Sponsoring“, beschreiben. Aufgrund ihrer Sponsorenfunktion sind sie als redaktionelles Programm und weniger als Werbespots im herkömmlichen Sinne zu verstehen. Sie werden durch ihre gesponserten Wetter-beiträge in zwei Teile eingeteilt, von denen der erste das Wetter ein- und der zweite ausleitet. Die Wetterbeiträge selbst sind als Sponsorensendungen auszulegen und müssen infolgedessen bestimmten rechtlichen Voraussetzungen genügen, deren ge-naue Erörterung an diesem Punkt inhaltlich zu tief gehen würde und deshalb nur an-satzweise dargelegt werden können (Bork, 1989). Wetterpatronate gehören dem Marketingkonzept von Werbung im Programm an. Damit bilden sie eine Variante des vielseitigen Product-Placements und bedürfen bei jeder Ausstrahlung eines Zusatzhinweises als Sponsor (Friedrichsen & Wysterski, 2004). Diesen kommunizieren sie durch die Angabe, dass sie das Wetterprogramm präsentieren beziehungsweise präsentiert haben. Hierbei gilt es zu beachten, dass der Name des Sponsors sowohl vor als auch nach den Wetternachrichten genannt wird. Gleichzeitig ist ein striktes Trennungsgebot einzuhalten. Während des Wetterberichts selbst darf nicht auf den Werbespot hingewiesen werden. Weder verbal noch durch äußerliche Gestaltungen. Missachten Sender und Sponsor die Angabepflicht eines Sponsorenhinweises oder lassen sie das Einhalten einer erkennbare Trennschärfe von Programm und Werbung außer Acht, verstoßen sie gegen medienrechtliche Nor-men und laufen Gefahr, Strafe zahlen zu müssen. Mittels der Kennzeichnungspflicht wird eine klare Trennung von Werbung und Programm unterstützt, die die Akzeptanz des Zuschauers wahrt. Denn zwischen Wetter und Werbespot besteht kein inhaltlicher Zusammenhang. Ohne die Kenntlichmachung einer Trennung von Wetterbericht und Werbespot sehen sich Fernsehzuschauer mit einem inkonsistenten Programm kon-frontiert, das den Wahrnehmungsverlust fördert – möglicherweise in einem so ausge-prägten Ausmaß, dass sie geneigt sind um- oder abzuschalten (Bork, 1989). Mit ihrer Programmintegration bezwecken Wetterpatronate einen langfristig ausge-legten Imagetransfer von dem Gesponserten auf sich selbst. Im medialen Sponsoring genießen vor allem Fernsehformate mit einer großen Reichweite und einem geach-teten Ansehen eine Vielzahl von Sponsorenanträgen. Sie erhöhen die Wahrschein-lichkeit eines besseren Eindrucks des Sponsors (Castan, 2011). Zu solchen Formaten gehören unter anderem Nachrichtensender. Sie verfolgen die Absicht, mithilfe von Sponsorenbeiträgen einen unauffälligen, aber dennoch effektiven Übergang von den Nachrichtenreportagen zum Wetter aufzubauen. Auf diese Weise soll nach emotional aufwühlenden Nachrichteninhalten ein angenehmer Abschluss in den Köpfen der Nachrichtenzuschauer verfestigt werden. Dafür bieten sie Sponsoren die Möglichkeit, mit ihrem Werbespot die Wetternachrichten ein- und auszuleiten. Um ihren Spon-soren-Hinweis zu setzen, stehen Wetterpatronate in der Regel jeweils fünf Sekunden zur Verfügung (Mayer, 1997). Wetternachrichten bieten den Vorteil, dass sie täglich dargeboten werden. Für Wetter-patronate, die als Sponsor die Wettervorhersagen langfristig begleiten, bietet sich hier-durch die Chance, eine regelmäßige und wiedeholende Ausstrahlung ihres Werbe-spots wahrnehmen zu können. Sie soll ihnen neben dem Aufbau einer positiven Ver-bindung zum etabliertem Image des Nachrichtenformats zum Vorteil sein. Durch das Prinzip der stetig wiederholenden Präsentation von Wetterpatronaten nämlich erhoffen sich Werbetreibende, die Zuschauer an ihren Werbespot gewöhnen und eine ange-nehme Erinnerungen an ihre Botschaft verankern zu können. Dies gilt insbesondere für Werbespots, die Low-Involvement-Produkte vermarkten und nur wenige Argumen-te liefern können. Sie sind auf Effekte wie die des Sponsorings angewiesen (Castan, 2011). Trotzdem sehen viele Werbetreibende von der Ausstrahlung ihrer Werbespots um-gehend vor oder nach Nachrichtenreportagen ab. Sie befürchten wegen ihrer nega-tiven Inhalte eine stimmungskongruente Übertragung auf die Bewertung ihres Werbe-spots. Im Gegensatz dazu, setzen sich Wetterpatronate bewusst dieser Situation aus. Sie vertrauen auf die Vorteile des Imagetransfers. Mit ihm erhoffen sie sich, die Effekte emotional unangenehmer Reportagen eindämmen und mehr Profit aus dem Ansehen des Nachrichtenformats ziehen zu können (Castan, 2011).
Wetterpatronate sind nicht nur wegen ihres speziellen Werbekonzepts einen Blick wert. Auch im Hinblick auf die Psychologie stellen sie eine interessante Materie dar, deren genauere Betrachtung sich lohnt. Sie gehen mit einer Reihe psychologischer Effekte einher, die der Werbeindustrie beim Gebrauch von Wetter-Sponsoring mög-liche Chancen aber auch Gefahren aufzeigen können. Einigen dieser Effekte wurde bereits empirisch nachgegangen, andere hingegen beruhen auf den Annahmen dieser Bachelorarbeit. Die wichtigsten werden auf den folgenden Seiten behandelt und he-ben die Potentiale wie auch Stolperfallen von Wetterpatronaten hervor.
2.3.1 Gewöhnung vs. Abnutzung
Die Kontinuität eines Werbespots stellt zwei Seiten einer Medaille dar. Während sie auf der einen Seite mit dem Vorteil der Gewöhnung einhergeht, birgt sie auf der an-deren Seite das Risiko der Abnutzung. Bis zu einem gewissen Grad hat die Wieder-holung einer Werbebotschaft einen positiven Einfluss auf die Erinnerungswirkung der Rezipienten. Wird eine bestimmte Anzahl an Wiederholungen jedoch überschritten, ist der Werbetreibende einer Minderung der Werbewirkung ausgesetzt (Castan, 2011). Gewöhnung stellt im medialen Kontext einen häufig angestrebten Zustand dar, der die Akzeptanz und Sympathie von Werbebotschaften innerhalb ihrer Rezipientenkreise fördert. Sie bewirkt einen positiven Lerneffekt, welcher wiederum eine positive Ein-stellung gegenüber der Werbebotschaft bewirkt (Unger, Durante, Gabrys, Koch & Wailersbacher, 2004). Um diesem Ziel nachkommen zu können, sind Werbetreibende zunächst auf das Erzeugen von Aufmerksamkeit angewiesen. Hierfür müssen sie ihrer Zielgruppe möglichst viele Gelegenheiten geben, ihre Werbebotschaft wahrnehmen und sich mit ihr auseinander setzen zu können. An diesem Punkt kommt Sponsoren der Vorteil zugute, dass sie wegen ihrer Werbeform regelmäßig präsentiert werden. Mit jedem Auftritt oder jeder Darbietung ihrer gesponserten Partner werden sie genannt und eingebunden, was ihre Präsenz aufrecht erhält und die Aufmerksamkeit ihrer Adressaten sicherstellt. Wetterpatronate kommen ebenfalls in diesen Genuss und profitieren von der täglichen Übertragung von Nachrichten und den daran an-schließenden Wetterbeiträgen (Castan, 2011). Dieser Effekt ist jedoch mit Vorsicht zu genießen. Bis zu einer gewissen Häufigkeit bewirken Wiederholungen den gewünschten Effekt der Gewöhnung und unterstützen die Erinnerung an die Werbung wie auch ihre Akzeptanz. Wird eine Werbebotschaft in einem bestimmten Zeitraum allerdings zu oft präsentiert, bringt die Erinnerung häufig eine unerwünschte Zusatzkomponente ans Tageslicht. Zu viele Wiederholungen führ-en durch eintretende Redundanz zu verminderter Akzeptanz, woraufhin Rezipienten auf die Werbung genervt und mit Ablehnung reagieren. Folglich tritt eine Verschlech-terung ihrer Haltung gegenüber der Werbebotschaft ein (Unger et al., 2004). Aus die-sem Grund wird der Gewöhnungseffekt auch häufig als Abnutzungseffekt umschrie-ben, der die negative Form der Gewöhnung widerspiegelt und ihre anfängliche Wir-kung mindert (Müller & Gelbrich, 2014). Sponsoren, die mit Wetterpatronaten werben, müssen sich diesem Risiko bewusst sein und entsprechende Strategien wählen, um dem Abnutzungseffekt rechtzeitig ent-gegenzuwirken. Sie können den Gewöhnungseffekt zwar weitgehend nutzen, sind allerdings auf eine Variation ihres Werbespots angewiesen, sobald sich die Gewöh-nung in Abnutzung wiederfindet. So können Hersteller beispielsweise auf Spotwechsel und neue Kampagnen zurückgreifen, mit denen sie Abwechslung schaffen und frisch-en Wind in die Köpfe der Zielgruppe bringen (Unger et al., 2004). Bei welcher Anzahl von Wiederholungen der Wechsel von positive Folgen in negative eintritt, ist in der Forschung jedoch noch nicht einheitlich entschieden, sodass Sponsoren auf verschie-dene Analysen angewiesen sind, um die Wirkung ihres Werbespots nachvollziehen zu können (Castan, 2011).
Daneben üben Wettervorhersage selbst Einfluss auf die Erinnerung und Bewertung von Werbespots aus. Wie auf den vorherigen Seiten dargelegt, beeinflussen Stim-mungen Ansichten über die eigene Person, andere Menschen, Objekte oder Sach-verhalte. Stimmungen wiederrum sind bedeutend abhängig vom Wetter. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Wetter Auswirkungen auf die Auffassung von Wetter-patronaten hat (Lammers, 2011). Welche Einflüsse des Wetters speziell auf Wetter-patronate einwirken, soll anhand von zwei Modellen genauer erläutert werden – be-ginnend mit dem der klassischen Konditionierung.
2.3.2 Klassische Konditionierung
Die klassische Konditionierung bildet als Grundform des Lernens ein zentrales Para-digma der Lernpsychologie. Sie dient als Schlüssel zum Verständnis erlernten Verhal-tens und liefert Anhaltspunkte über Lernmechanismen des menschlichen Bewusst-seins. Der russische Psychologe Iwan Petrowitsch Pawlow gilt als Pionier der experi-mentellen Untersuchung der klassischen Konditionierung. Durch Zufall entdeckte er, dass Lernen ein Resultat aus der Assoziation zweier Reize ist. 1898 maß er für seine Forschungsarbeiten zur Psychologie der Verdauung Speichelabsonderungen von Hunden. Während seiner Messungen beobachtete er, dass diese vor allem bei der Vorgabe von Fleischpulver bedeutend zunahmen. Zusätzlich stellte er fest, dass auch neutrale Reize, die mit dem Servieren des Fleischpulvers gekoppelt waren, zu einer verstärkten Speichelreaktion führten. So lösten zum Beispiel bereits die Schritte des herannahenden Assistenten, der das Futter brachte, eine vermehrte Speichelabson-derung aus. Pawlow nahm sich dieses Phänomen zum Anlass, weitere Untersuch-ungen zu den beobachteten Lernprozessen durchzuführen (Gerrig & Zimbardo, 2008). In seinem darauffolgendem Experiment widmete sich Pawlow erneut den Speichel-absonderungen von Hunden. Hierbei bezeichnete er die Futtervorgabe als unkonditio-nierten Reiz (UCS) und den dadurch bedingten Speichel als unkonditionierte Reaktion (UCR). Die bereits bekannten Ergebnisse wiederholten sich: Das Vorhalten von Fleisch regte den Speichelfluss an. Für den nächsten Schritt seiner Untersuchungen konzentrierte er sich auf das bewusste Koppeln des UCS mit einem neutralen Reiz (NS). Hierfür benutze er eine Glocke, die er jedes Mal vor Futterausgabe läutete. Diesen Vorgang wiederholte Pawlow so lange, bis alleinig das Läuten der Glocke aus-reichte, um eine verstärkte Speichelreaktion zu erzeugen. Durch die Reizkopplung wurde aus dem vorher keinen Speichel auslösenden Glockenton ein konditionierter Reiz (CS), der auch ohne die nachgeschaltete Gabe des Futters das Auftreten von Speichel, die konditionierte Reaktion (CR), herbeiführte (Spada, Rummmel & Ernst, 2006).
Abb. 1: Lernvorgang der klassischen Konditionierung (Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 196). Vor der Konditionierung löst der UCS eine natürlich bedingte UCR aus, während der NS keine auslösende Funktion besitzt. Beide Reize werden während der Konditionierung gepaart, wo-durch eine Assoziation entsteht. Dabei wird der NS zum CS und löst eine CR aus, die der UCS ähnlich ist.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Wie in Abb. 1 zu erkennen, teilte Pawlow die klassische Konditionierung in drei Lern-phasen ein. In der ersten Phase, der Kontrollphase vor der Konditionierung, werden die isolierten Auswirkungen der späteren Kopplungsreize überprüft. Mit diesem Schritt wird sichergestellt, dass der UCS ein zuverlässiger Auslöser der UCR ist. In Pawlows Experiment löste das Futter (UCS) die natürliche Speichelreaktion des Hundes (UCR) aus, wohingegen die Glocke (NS) für das Experiment keine relevante Auslösefunktion besaß (Spada et al., 2006). Während der zweiten Phase, die der Konditionierung, werden beide Reize miteinander gepaart. Eine wichtige Rolle spielt hierbei der zeitliche Abstand zwischen dem Präsen-tieren der zwei Reize. Erst wenn beide Reize unmittelbar hintereinander dargeboten werden, entsteht eine Assoziation zwischen ihnen. So erklang in Pawlows Unter-suchungen der Glockenton vor der Futtergabe und kündigte das Fleisch an. Durch die Wiederholungen dieses Vorgangs lernte der Hund die zwei Reize miteinander zu ver-binden. Er prägte sich also ein, dass er bei jedem Klang der Glocke Futter bekam, wo-raufhin er vermehrt Speichel produzierte (Spada et al., 2006). Dieser bedingte Reflex ist ein prominentes Beispiel für die Stimulus-Response-Theorie (S-R-Theorie). Sie reduziert das Erklären von Verhalten auf des Zusammenspiel eines Reizes und die darauf einsetzende Reaktion. Laut der S-R-Theorie wird Lernen somit ausschließlich als Resultat eines Konidtionierungsprozesses verstanden und erklärt erlerntes Verhal-ten eines Organismus als Reaktionsmuster (Response) auf einen bestimmten voran-gegangenen Reiz (Stimulus) (Felser, 2007). In der letzten Phase nach der Konditionierung wird das Ergebnis des Konditionier-ungstrainings kontrolliert. Dafür wird untersucht, ob die alleinige Darbietung des CS – dem einstigen NS – nach der Kopplung mit dem UCS die gleiche Reaktion auslöst, wie zuvor der UCS. Im Falle des pawlowschen Hundes lernte dieser, dem Glocken-klang die Gabe von Futter zuzuschreiben. Damit nahm die Glocke die Funktion des UCS ein und führte zielgerichtet das Auftreten der dem USC entsprechenden Spei-chelreaktion herbei, welche durch diesen Prozess zur CR wurde (Spada et al., 2006). Über die für einen Lernerfolg benötigte Anzahl der Reizwiederholungen gibt es in der Literatur unterschiedliche Annahmen. Sie reichen von einer Kopplung bis hin zu Wiederholungen von mehr als 20 Kopplungen des CS mit dem UCS (Kroeber-Riel & Gröppel-Klein, 2013). Zusätzlich weist Pawlow auf eine Löschungsphase, die sogenannte Extinktion, hin. Nach längerem Ausbleiben des UCS – sodass nur noch der CS geboten wird – nimmt die Stärke der bedingten Reaktion bei jeder neuen Darbietung des Reizes ab, bis sie schließlich ganz ausbleibt. Diese Phase ist nicht als Vergessensprozess aufzufassen. Vielmehr handelt es sich um eine weitere Lernphase, in der Organismen lernen, dass eine Kopplung des UCS mit dem CS nicht mehr gegeben ist. Ein erlernter Reflex wird laut Pawlows Theorie niemals komplett gelöscht. Er wird durch das Ausbleiben des UCS lediglich schwächer und tritt sogar bei Wiederholung des Kopplungsprozesses zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt wieder ein – wenn auch mit geringerer Intensität als vor der Löschungsphase. Man spricht bei diesem Phänomen von einer Spontaner-holung (Spada et al., 2006).
Das Lernprinzip der Konditionierung lässt sich auf jede beliebige Alltagssituation und alle erdenklichen Reize übertragen (Spada et al., 2006). Zum Beispiel auch auf Wet-tervorhersagen und Wetterpatronate. Hierbei stellt das Wetter den UCS dar, der eine natürlich bedingte Reaktion herbeiführt. So erzeugt schlechtes Wetter eine negative und gutes Wetter eine positive Stimmung. Dabei gilt es zu beachten, dass beide Ge-mütsverfassungen (UCR) mit unterschiedlichen Bewertungsprinzipien einhergehen. In schlechter Stimmung beurteilen Organismen verstärkt negativ und kritisch, während sie in guter Laune eher dazu geneigt sind, positiv und oberflächlich zu bewerten (Schwarz et al., 1991). Das Wetterpatronat hingegen nimmt die Rolle des NS ein. Die Bezeichnung „neutral“ ist allerdings mit Bedacht zu verwenden. Viele Werbespots beabsichtigen durch ihre Werbegestaltung die Stimmung ihrer Rezipienten zu beein-flussen, sodass sie keine neutrale Reaktion erzeugen (Felser, 2007). Aufgrund des-sen arbeitet die Bachelorarbeit in der theoretischen Annahme wie auch in der Studie mit einem subjektiv neutral gestalteten Werbespot. Folglich sollte das Wetterpatronat als NS keine ausgeprägten Gemütsverfassungen hervorrufen. Das tägliche Ein- und Ausleiten der Wetterberichte mit das Wetterpatronat übernimmt die Kopplung beider Reize. Der hierfür minimal zu haltende Zeitabstand ist optimal ge-geben, da Wetterpatronate unmittelbar vor und nach den Wetternachrichten einge-blendet werden (Bork, 1989). Dadurch lernen Nachrichtenzuschauer, ihre durch das Wetter erzeugte Stimmung auf das Wetterpatronat anzuwenden. Die wiederholende Ausstrahlung der Nachrichten unterstützt bei gleichbleibender Wetterlage diesen As-soziationsaufbau. Daher bewerten Rezipienten den Werbespot nicht nur durchgängig entsprechend ihrer Gemütsverfassung. Sie erhalten außerdem ihre Bewertung auf-grund des Lernprozesses aufrecht, sodass sie auch dann noch angewandt wird, wenn der Werbespot unabhängig in seiner Funktion als Wetterpatronat ausgestrahlt wird. Das Wetter übernimmt nunmehr als CS die Funktion des UCS und löst sowohl eine entsprechende Stimmung (CR) wie auch eine stimmungskongruente Haltung gegen-über des Wetterpatronats aus. Zusätzlich kann bei der Übertragung des Lernprinzips nach klassischer Konditionier-ung davon ausgegangen werden, dass auch Wetterpatronate einer Löschungsphase ausgesetzt sind. Wenn Sponsoren etwa mit einem neuen Werbespot für ihr Produkt beziehungsweise ihre Dienstleistung werben oder ein Sponsorenwechsel geplant ist. Dann nämlich ersetzt der neue Werbespot (zunächst NS) den alten CS und bedarf für einen erfolgreichen, neuen Lernprozess erneuter Reizwiederholungen. Währenddes-sen unterliegt der alte Werbespot der Extinktion. Außerdem stellt sich ein immer schwächer werdender CS ein, wenn das Wetter nicht mehr dem ursprünglichen UCS entspricht. Wenn also Rezipienten gelernt haben, ihre durch die ständige Darbietung bestimmten Wetters bedingte Stimmung mit dem Werbespot zu verbinden und plötz-lich anderes Wetter präsentiert bekommen. In diesem Fall wird ihr Lernprozess unter-brochen, während ein anderer mit einem neuen UCS beginnt. Ferner kann Extinktion durch einen künftigen Verzicht auf Sponsorenbeiträge eintreten. Dann fehlt dem UCS ein Kopplungsreiz, sodass der Lernprozess beendet wird und die Löschungsphase eintritt.
Um die Bedeutung negativer Stimmungen in diesem Kontext aufzuzeigen, wird der Lernprozess nach klassischer Konditionierung auf schlechte Wettervorhersagen und deren Präsentieren von Wetterpatronaten übertragen. Da Wetterpatronate das Wetter sowohl ein- als auch ausleiten, bestehen während der Konditionierunngsphase zwei Möglichkeiten, Wetterinhalte mit dem Werbespot zu koppeln: Entweder wird zunächst das Wetterpatronat und dann das Wetter dargeboten oder erst das Wetter und dann das Wetterpatronat (Bork, 1989). Da sich die Bachelorarbeit lediglich auf das Auslei-ten der Wetternachrichten konzentriert, liegt der Fokus beim Übertragen des Lernprin-zips auf das Vorschalten der Wetterberichte.
Abb. 2: Übertragung der klassischen Konditionierung auf schlechtes Wetter und Wetterpatronat (Eigene Darstellung in Anlehnung an Gerrig & Zimbardo, 2008, S. 196). Schlechtes Wetter (UCS) löst eine natürlich bedingte negative Stimmung aus (UCR), während das Wetterpatronat (NS) keine relevante auslösende Funktion besitzt. Beide Reize werden während der Wetternachrichten gepaart, wodurch eine Assoziation entsteht. Dabei wird das Wetterpatronat zum CS und löst eine negative Stimmung (CR) aus.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 verdeutlicht die Einflussnahme von schlechtem Wetter auf die Stimmung und die darauffolgende Bewertung von Wetterpatronaten. Durch das Ausstrahlen von beispielsweise regnerischen und stürmischen Wetterberichten, entwickeln Rezipienten einen negativ geladenen Gemütszustand, welcher eine nachteilige Bewertung des anschließenden Werbespots nach sich zieht. Wird nun über einen längeren Zeitraum hinweg durchgehend vergleichbares Wetter vorhergesagt, so assoziieren Zuschauer die dabei entstehende Stimmung mit dem Wetterpatronat. Letztendlich lernen sie, die Arbeitsweisen negativer Stimmungen auf das Wetterpatronat anzuwenden, welche selbst dann noch eintreten, wenn der Werbespot in einer herkömmlichen Werbereihe unabhängig als Sponsorenhinweis ausgestrahlt wird.
Neben dem Lernprinzip nach klassischer Konditionierung bedingen die Inhalte von Wetternachrichten einen weiteren psychologischen Effekt, den Recency-Effekt. Auch er soll vorweg vorgestellt und anschließend auf Wettervorhersagen wie auch Wetter-patronate angewandt werden.
2.3.3 Recency-Effekt
Der Recency-Effekt erklärt das Phänomen, dass zuletzt dargebotene Reizinformatio-nen einer Reizfolge stärker auf die Erinnerungsfähigkeit einer Person einwirken als solche, die früher aufgenommen wurden. Er ist das Pendant zum Primacy-Effekt, wel-cher besagt, dass die ersten Reizinformationen einer Reizfolge besser erinnert wer-den als diejenigen, die später eingehen. Folglich ist die Wiedergabeleistung von Reiz-en, die in der Mitte einer Abfolge liegen, am schwächsten (Oberauer, Mayer & Kluwe, 2006). Hinweise darauf, wie der Recency-Effekt zustande kommt, liefert die Gedächtnisfor-schung. Sie geht davon aus, dass sich die letzten drei bis fünf verinnerlichten Reiz-informationen bei einer Wiedergabe umgehend nach ihrer Aufnahme im Kurzzeitge-dächtnis befinden. Sie sind somit stark präsent und können schneller abgerufen wer-den. Diese Annahme erklärt beispielshalber, warum Probanden in Studien zu Ge-dächtnisleistungen jene Elemente einer Liste als Erstes nennen, die sie zuletzt gelernt hatten. Sie liegen nämlich noch in Kurzzeitgedächtnis vor und sind im Gegensatz zu zuvor erlernten Elementen, die sich bereits im Langzeitgedächtnis befinden, leichter zugänglich und sofort verfügbar, wenn es gilt, aufgenommene Elemente wiederzuge-ben (Oberauer et al., 2006). Der Recency-Effekt beeinflusst indessen nicht nur die Verfügbarkeit dargebotener Reizinformationen. Er wirkt zusätzlich auf die Bewertung dieser ein und tritt bei nahe-zu allen Bewertungssituationen auf. Grund dafür liegt unter anderem in der Zeit, die einem zum Auseinandersetzten mit den Reizen zur Verfügung steht, begründet. Im Vergleich zu früher eingegangenen Reizinformationen folgen nach der letzten Reiz-darbietung keine weiteren Reize mehr, wodurch die aktuell aufgenommenen Infor-mationen nicht überschrieben werden können. Insofern liegt nicht nur eine höhere Verfügbarkeit dieser Reize vor. Rezipienten haben zudem mehr Zeit, sich eingehender mit ihnen zu befassen. Das Auseinandersetzen mit zuletzt erlebten Reizen unterstützt schlussendlich ihr Verankern im Gedächtnis und das Formen von Ansichten (Atkinson & Shiffrin, 1968). Außerdem wird angenommen, dass kürzlich verinnerlichte Informationen Erinnerung-en in Form einer Reizsättigung beeinflussen. Demnach liegen sie nicht nur abrufbar im Kurzzeitgedächtnis vor, sondern überlagern auch bereits verarbeitete Informationen (Atkinson & Shiffrin, 1968). Entsprechend schlussfolgern Garbinsky, Morewedge und Shiv in ihren Experimenten zur Einflussnahme zuletzt erlebter Reize im gustatorischen Kontext, dass der Recency-Effekt eine stärke Beeinflussung darstellt als der Primacy-Effekt. So ließen Probanden ihrer Studie Traubensaft einen höheren Genusswert zu-kommen, wenn sie nach der Einnahme des Getränks und der anschließenden Auf-nahme neuer Reizinformationen durch den Verzehr von Keksen nochmals an den Ge-schmack des Saftes erinnert wurden. Wurde keine Möglichkeit des Erinnerns gege-ben, blieb das Betonen der anfänglichen Geschmackswahrnehmung des Traubensaf-tes aus und bewirkte eine schlechtere Genussbewertung des Produkts (Garbinsky, Morewedge & Shiv, 2014). Ihre Untersuchungen unterstützen die Vermutung, dass der letzte Eindruck allgemeine Urteile besonders stark prägt.
Diese Erkenntnisse finden ebenfalls bei Nachrichten Anwendung. Sie können wegen ihrer vielen Berichterstattungen als eine Abfolge mehrerer Reize betrachtet werden, bei der der letzte Reiz aufgrund des Recency-Effekts Einfluss auf die Wahrnehmung und Beurteilung von Reizen innerhalb wie auch außerhalb der Nachrichtensendung nehmen kann (Brosius, 1995). Für Wetterpatronate bedeutet dies, dass auch sie einer Bewertung unterliegen. Die letzten Reize von Nachrichtensendungen bilden in den meisten Fällen die Wetter-vorhersagen (Muckenhaupt, 2000). Der dargelegten Theorie zum Recency-Effekt zu Folge, sind ihre Inhalte gegenüber denen der anderen Nachrichtenbeiträge verstärkt verfügbar. Da das Wetter Auswirkungen auf die Stimmung hat, ist folglich nicht nur die präsentierten Wetterinhalte leicht zugänglich, sondern auch die daraus resultierende Stimmung, welche letztendlich das Urteil über bereits dargebotene und nachfolgende Reize beeinflusst. Dazu zählen zum Beispiel Wetterpatronate (Mayer, 1997). Bezug-nehmend auf schlechte Wetterinhalte, ergibt sich aus dieser Theorie eine negative Grundeinstellung gegenüber diesen. Ungemütliches Wetter erzeugt negative Stim-mungen, die als Resultat der letzten Reizdarbietung schnell abrufbar sind und andere Reize in ihrer Einflussnahme untergraben können. Denn den zuletzt wahrgenomme-nen Informationen kommen wegen der besseren Erinnerungsleistung eine stärkere Gewichtung zu als früheren Informationen (Atkinson & Shiffrin, 1968). Aufgrund des-sen, dass die letzten Informationen am Beispiel schlechten Wetters an negative Stim-mungen gekoppelt sind, bleibt das Empfinden gleichermaßen gegenwärtig und beein-flusst so die Urteilsbildung über darauffolgende Wetterpatronate. Zusätzlich fördert der Recency-Effekt wegen der Präsenz zuletzt wahrgenommener Reize das Abrufen von assoziierten Konzepten und schließt somit an der Netzwerk-theorie nach Browser an. Handelt es sich bei den letzten Reizen um solche mit nega-tivem Inhalt, werden durch ihre aktuelle Verfügbarkeit weitere damit assoziierte Kon-zepte aktiviert. Folglich sind nach der Ausstrahlung schlechter Wettervorhersagen vermehrt negative Gedächtnisinhalte präsent, die verknüpfte Konzepte von vergleich-barer Bedeutung anregen und die Arbeitsweise negativer Stimmungen unterstützen (Goschke & Dreisbach, 2011).
3 Aktueller Forschungsstand
Stimmungen und ihre Auswirkungen sind in der heutigen Wissenschaft aktueller denn je. Sie genießen nicht nur in der klinischen Psychologie zunehmend Bedeutung, son-dern auch in der Wirtschaft. Zu wissen, wie Stimmungen auf das Verhalten von Kon-sumenten einwirken, öffnet Marketingabteilungen völlig neue Türen und ermöglicht ihnen neue Herangehensweisen (Felser, 2007). In dieser Arbeit steht weniger die Frage nach den Auswirkungen werblich erzeugter Stimmungen im Mittelpunkt. Vielmehr erforscht sie die Bedeutung negativer Stim-mungen, auf die Werbetreibende keinen Einfluss haben. Sie versucht zu ergründen, wie sich bereits bestehende Gemütsverfassungen auf die Wahrnehmung von Fern-sehwerbespots auswirken. Dieser Frage ging auch der Psychologe Ademola B. Owolabi nach. Er untersuchte in einer Studie den Einfluss verschiedener Gefühls-zustände auf die Werbewirkung von Werbespots und konnte aufzeigen, dass Proban-den, denen eine negative Stimmung induziert wurde, das anschließend dargestellte Produkt schlechter bewerteten und weniger oft zu kaufen beabsichtigten, als die-jenigen, die in eine positive Stimmung versetzt wurden. Die Ergebnisse führten ihn zu der Schlussfolgerung, dass eine harmonische Kontextgestaltung von Produktpräsen-tationen entscheidend für effektives Marketing ist (Owolabi, 2009). Ergebnisse anderer Untersuchungen unterstützen Owolabis Annahme. So korrelieren Involvement, Unterhaltung und Freude bezüglich Fernsehprogrammen positiv mit der Erinnerung an sowie der Einstellung zu zwischengeschalteten Werbeblöcken. Währ-end Nachrichtensendungen etwa fällt beides zu Ungunsten der Werbespots aus. Bei ihrem Zwischenschalten während Komödien hingegen werden sie sowohl besser erin-nert als auch positiver bewertet (Norris, Colman & Aleixo, 2003). Zusätzlich spielen Einschätzung und Vorliebe des Fernsehprogramms eine entscheidende Rolle. Sie mo-derieren den Effekt von kontextinduzierten Stimmungen auf die Beurteilung von Wer-bung. Je unangenehmer ein Kontext wahrgenommen wird, desto negativer fällt die Stimmung und dadurch bedingt die Ansicht über die Werbung als auch das Werbeob-jekt aus (Coulter, 1998). Die Forschung begründet Kontextabhängigkeit vor dem Hintergrund des MCM, wo-nach Werbung mit dem Fernsehprogramm assoziiert wird. Eine durch das Programm erzeugte negative Stimmung hat infolgedessen eine negative Assoziation mit der ein-gebetteten Werbung zur Folge (Sieglerschmidt, 2008). Daneben wird argumentiert, dass Stimmungen im Allgemeinen als Art Richtlinien für situationsbedingtes Verhalten gelten (Wyer & Carlston, 1979). Negative Stimmungen führen beispielshalber zu er-höhter Vorsicht, wodurch schlecht gestimmte Personen erst nach gründlicher Über-legung agieren und sich weniger schnell überzeugen lassen. Das Einbetten von Werbung in einem angenehmen Kontext soll dem Misstrauen der Fernsehzuschauer entgegenwirken und erst gar keine negativen Gefühle aufkommen lassen (Owolabi, 2009). Aus gleichen Gründen werben Hersteller ungern vor oder nach Nachrichten-sendungen, da diese aufgrund ihrer negativen Reportagen einen bedrückenden Kon-text für Werbespots bilden (Felser, 2012). Stimmungen werden außerdem auf Basis äußerer Reize, die als Indiz für den eigenen emotionalen Zustand angesehen werden, interpretiert. Zu diesen Indizien zählt auch das Wetter. Es dient als Hinweisreiz in Situationen, in denen wir noch keine vorge-fertigte Meinung haben und wird als unbewusster Anhaltspunkt für das Einschätzen des momentanen Wohlbefindens angewandt (Bak, 2014). Das wiesen ebenfalls Schwarz & Clore nach. Sie befragten Probanden während unterschiedlicher Wetterbe-dingungen nach ihrer Zufriedenheit. Probanden an regnerischen Tagen gaben an, weniger zufrieden mit ihrer allgemeinen Lebenssituation zu sein – das heißt, weniger positiv gestimmt zu sein – als solche, die an sonnigen Tagen danach gefragt wurden. Diese Ergebnisse blieben aus, sobald auf die aktuelle Wetterbedingung aufmerksam gemacht wurde, was bekräftigt, dass das Wetter tatsächlich unwissend als Informa-tionen für die eigene Stimmung heran gezogen wurde (Schwarz & Clore, 1983). Gleichzeitig löst Wetter selbst bestimmte Stimmungszustände aus (Lammers, 2011). Deshalb greifen viele Werbetreibende beim Vermarkten von Produkten auf die unter-stützende Wirkung von Bildern mit Sonnenschein zurück, die dem Konsumenten ein angenehmes Gefühl vermitteln sollen (Felser, 2007). Ebenfalls im Fokus der Wissenschaft steht das Hinterfragen langfristiger Folgen von Stimmungen. So verweisen Curren und Harich auf eine anhaltende Auswirkung von emotionalen Verfassungen auf Entscheidungsfindungen und Urteilsbildungen. Sie gehen davon aus, dass Stimmungen Ansichten aufrecht erhalten können und einen permanenten Effekt auf sie ausüben (Curren & Harich, 1994). Die in der Literatur man-gelnde Auseinandersetzung mit dieser Thematik war Ansatzpunkt, sich mit ihr in die-ser Arbeit zu beschäftigen.
4 Fragestellung und Hypothesen
In Anbetracht der vorgestellten Inhalte geht die vorliegende Bachelorarbeit der Frage nach, ob eine Meinungseinstellung, die aus einem negativ geladenen Stimmungszu-stand resultiert, erlernt und beibehalten werden kann. Um dem nachzugehen überprüft sie, ob das Lernprinzip der klassischen Konditionierung auf Stimmungen und das Be-werten von Werbespots – das heißt auf das Bewerten des Produkts, der Werbege-staltung sowie der Marke – Anwendung findet. Hierfür benötigt sie einen Reiz, der eine natürliche Reaktion herbeiführt sowie einen weiteren zum Koppeln. Da das Wet-ter bestimmte Stimmungen bedingt, nimmt es die Funktion des UCS und das Wetter-patronat die des NS ein. Sie untersucht somit, ob sich die früher dargelegte Über-tragung des Lernprozesses auf Wetterpatronate neben der Theorie auch in der Praxis wiederfindet. Zu diesem Zweck sollen in dem nachfolgenden empirischen Teil folgen-den Hypothesen auf ihre Gültigkeit überprüft werden:
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