Semiotik ist eine hochinteressante Wissenschaft, die sich mit Zeichensystemen aller Art befasst. Sie ist die allgemeine Theorie vom Wesen, von der Entstehung und vom Gebrauch von Zeichen. Die besondere und faszinierende Zeichentheorie von Giambattista Vico gilt als „grundlegend“ und „bedeutsam“ für die Entwicklung der modernen Semiotik.
Das Thema des Referats: Die Zeichenlehre von Giambattista Vico
Semiotik ist eine hochinteressante Wissenschaft, die sich mit Zeichensystemen aller Art befasst. Sie ist die allgemeine Theorie vom Wesen, von der Entstehung und vom Gebrauch von Zeichen. Die besondere und faszinierende Zeichentheorie von Giambattista Vico gilt als „grundlegend“ und „bedeutsam“ für die Entwicklung der modernen Semiotik. Im Folgenden möchte ich deshalb versuchen, die Zeichenlehre des Giambattista Vico zu beschreiben.
Giovanni Battista "Giambattista" Vico war ein italienischer Geschichtsforscher und Rechtsphilosoph. Er wurde als Sohn eines armen Buchhändlers 1668 in Neapel geboren. Er erlangte seine philosophische Bildung hauptsächlich im Selbststudium, dessen Schwerpunkte neben Platos Lehre die lateinischen Klassiker und die Renaissanceliteratur und -philosophie bildeten. Später studierte er Rechtswissenschaften und Philosophie an der Universität von Neapel und wurde dort, nachdem er sein Studium abgeschlossen hatte, von 1699 bis 1741 Professor für Rhetorik.
In seinen Universitätsreden wie in seinen zumeist kurzen, essayistischen Schriften kritisiert Vico die aufklärerische Vernunftphilosophie und den kartesischen Rationalismus, deren einseitiger Betonung des reflektierenden Verstandes er die sinnliche Erkenntnis zur Seite stellt. Im Gegensatz zu einer rein naturwissenschaftlichen Betrachtungsweise ist Vico der Überzeugung, dass die Menschheitsgeschichte von den Menschen selbst gestaltet wird. Daher folgt sein Hauptgedanke: Die Prinzipien der Geschichte sind innerhalb der Modifikation des menschlichen Geistes zu finden.
Vico stellte sich die Menschheitsgeschichte als ein zyklisches Modell in drei Stufen vor. Im Wesentlichen lässt sich die Reihenfolge folgendermaßen angeben: Die Zeitalter der Götter, der Heroen und der Menschen. Diesen drei Zeitaltern entsprechen drei Sprachen.
1. Das Zeitalter der Götter
In dem Zeitalter der Götter glaubten die heidnischen Menschen, dass sie unter göttlicher Führung lebten und alle Dinge göttlich bestimmt seien. Die politischen Institutionen waren demnach theokratisch geprägt. Die Menschen dieser Epoche waren poetisch und nutzten Rituale als Kommunikationsmittel. Hier sind stumme religiöse Handlungen sowie göttliches Zeremoniell gemeint, und den Gesten kam dabei eine besondere Bedeutung zu.[1] Man kann sich an dieser Stelle vieler Beispiele bedienen. Bei allen Völkern wurde zum Beispiel die Hand als Zeichen der Macht verstanden. Wenn also im alten Griechenland jemand durch eine Wahl zur Macht kam, so wurde ihm diese Macht dadurch übertragen, dass man ihm die Hand auf den Kopf legte. Die Sprache war also stumm, die Schrift aber hieroglyphisch. Die Menschen dieser Zeit bedienten sich heiliger Schriftzeichen, also Hieroglyphen. Gemeint sind hier nicht nur die berühmten ägyptischen Hieroglyphen, sondern auch die Bilderschrift der Mexikaner sowie die chinesischen Ideogramme.[2]
Die Sprache dieser Epoche hält Vico für eine natürliche Sprache, die sich durch "Gebärden oder Körper" ausdrückt, welche eine natürliche Beziehung zu den Gedanken haben. Geschrieben wird in Hieroglyphen, gedacht in poetischen Charakteren und gesprochen in Mythen. Vico nennt diese Sprache auch geheime Sprache.
2. Das Zeitalter der Heroen
Das ist, wie der Name schon sagt, die Epoche, in der die Heroen herrschten. Das „Zeitalter der Heroen war jenes Zeitalter, in dem die Heroen die aristokratischen Republiken gründeten, wobei sie glaubten, von höherer Natur zu sein als ihre Plebejer.” [3]
Da dieses Zeitalter durch mythologisches Denken geprägt war, war diese Epoche der Ursprung der Poesie. Nach Vico heißt diese Epoche deswegen auch die Zeit der Dichter. Die Menschen dieser Stufe waren genuine Dichter. In der Poesie, den Metaphern und den Mythen der heutigen Zeit manifestieren sich die schon von Vico charakterisierten archaischen Formen des Denkens.
Kennzeichnend für diese Epoche ist die heroische und poetische Sprache, welche sich der Bilder, Metaphern, natürlichen Beschreibungen, Ähnlichkeiten und Vergleiche bedient. Sie ist gleichmäßig aus stummen und artikulierten Lauten zusammengesetzt. Außerdem kommunizierten die Heroen mithilfe von Wappen, Emblemen, Abzeichen und Grenzsteinen zur Kennzeichnung der Besitztümer.[4] Es handelt sich um bildliche Darstellungen, die vor allem im militärischen Bereich angesiedelt sind. Vico spricht daher auch von einer lingua armata, einer Waffensprache.[5] „Der Ausdruck abstrakter Ideen geschah in der anthropomorphen Form mythischer Helden.”[6] Die Bedeutung von Tapferkeit wurde z.B. durch die Gestalt des mythischen Helden Achilles verkörpert.
Im Gegensatz zu der göttlichen Sprache werden bei der heroischen Sprache künstliche Zeichen verwendet, während die göttliche Sprache eine Sprache der Natur ist.[7]
3. Das Zeitalter der Menschen
Die letzte Stufe der Menschheitsgeschichte bildet das Zeitalter der Menschen, der Vernunft und Zivilisation. Das ist das Zeitalter, in dem sich die Menschen als gleich anerkannten hinsichtlich ihrer menschlichen Natur und in dem folglich die menschlichen Regierungsformen (d.h. Demokratien und Monarchien) entstanden.
Die Sprache dieser Zeit ist die epistolare oder vulgäre Sprache, die fast ausschließlich artikuliert ist und nur manchmal stumm. Die Zeichen dieser Epoche sind arbiträr, abstrakt und wörtlich zu verstehen. Diese neue Form des Zeichengebrauchs bedeutet zugleich den Niedergang der Poesie und der Imagination. Vico meint, dass „die antike Mythologie keine bloße Fiktion oder Verzerrung der Realität, sondern ein früher poetischer Ausdruck menschlicher Weisheit sei.” Die Folgerung daraus ist, dass die erste Wissenschaft überhaupt die Mythologie ist, denn die Geschichte aller Heiden hat mythische Anfänge.[8]
Zusammenfassend kann ich feststellen, dass obwohl die Bedeutung Vicos erst seit dem 19. Jh. anerkannt wurde, die Wirkung seiner Überlegungen doch weit über die Grenzen der Philosophie hinausgeht und Gebiete berührt wie Anthropologie, Kulturgeschichte, Hermeneutik sowie Literaturkritik. Er wird heute als außergewöhnlich origineller Denker angesehen, der wichtige Strömungen der Geisteswissenschaften beeinflusst hat. So gilt er als einer der Begründer der Kulturwissenschaft. Und sein Hauptwerk Scienza Nuova ist geradezu fundamental für das europäische Verständnis von Mythos, Geschichte, Kultur, Poetik und Sprache.
Literatur
Amoroso, Leonardo: Erläuternde Einführung in Vicos Neue Wissenschaft. Aus dem Italienischen übersetzt von Franz Reinders. Würzburg: Verlag Königshausen & Neumann GmbH 2006.
Burke, Peter: Vico: Philosoph, Historiker, Denker einer neuen Wissenschaft. Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Heuss. Berlin: Akademieverlag 1985.
König, Peter: Giambattista Vico. München: Beck 2005.
Nöth, Winfried: Handbuch der Semiotik. Weimar:J.B. Metzler Verlag 2000.
Peters, Richard: Der Aufbau der Weltgeschichte bei Giambattista Vico. Stuttgart: Deutsche Verlagsgesellschaft 1929.
Trabant, Jürgen: Neue Wissenschaft von alten Zeichen: Vicos Sematologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994.
[...]
[1] Vgl. Burke, Peter: Vico: Philosoph, Historiker, Denker einer neuen Wissenschaft . Aus dem Englischen übersetzt von Wolfgang Heuss. Berlin: Akademieverlag 1985, S. 51.
[2] Vgl. Ebd., S. 52.
[3] Amoroso, Leonardo: Erläuternde Einführung in Vicos Neue Wissenschaft . Aus dem Italienischen übersetzt von Franz Reinders. Würzburg: Verlag Königshausen & Neumann GmbH 2006, S.42.
[4] Vgl. Nöth, Winfried: Handbuch der Semiotik. Weimar: J.B. Metzler Verlag 2000, S. 28.
[5] Trabant, Jürgen : Neue Wissenschaft von alten Zeichen: Vicos Sematologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994, S. 79.
[6] Ebd., S. 29.
[7] Vgl. König, Peter: Giambattista Vico. München: Beck 2005. S. 116-117.
[8] Vgl. Nöth, S. 29.
- Quote paper
- Judyta Klimek (Author), 2015, Götter, Heroen und Menschen. Die Zeichenlehre von Giambattista Vico, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/354031
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