Die Geschichte der wechselseitigen Beziehungen zwischen dem christlichen und dem muslimischen Teil der Welt ist nicht unbedingt von Aufgeklärtheit, gegenseitigem Respekt und fruchtbaren Dialogen geprägt. Jahrhundertelang war das Denken der einen Seite über die andere von Vorurteilen und Legenden geprägt, und noch heute lässt ein wahrhaftig aufgeklärter Umgang miteinander in vielen Kreisen auf sich warten – zu tief sitzen die Vorurteile und zu dürftig ist das Wissen über den jeweils anderen.
Seit dem Beginn seiner Ausbreitung hinkte die Wahrnehmung des Islam in Europa seinem Bedeutungszuwachs hinterher. Man wähnte sich als Christ als Alleininhaber der vollkommenen Wahrheit. Mit dem Tod des letzten Apostels war die Offenbarung abgeschlossen. Es bestand schlichtweg kein Interesse daran, die Lehren Mohammeds und die muslimische Kultur kennen zu lernen. Die vorherrschende Einstellung zum Islam bestand in dessen grundsätzlicher Ablehnung. Hinzu kam, dass im Kontext des Ringens um die Vorherrschaft im Heiligen Land die Auseinandersetzung mit dem Islam allenfalls im bewaffneten Kampf gegen seine Anhänger gesucht wurde.
Vor diesem Hintergrund ergab es sich, dass Petrus Venerabilis (Pierre de Montboissier, um 1094 - 1156) ein für seine Zeit völlig neuartiges Projekt in Angriff nahm, welches die Voraussetzungen dafür schaffen sollte, dem Islam auch auf der Ebene eines theologischen Disputs gut ausgerüstet entgegen treten zu können. Für ihn war es ein unhaltbarer Zustand, dass die Christenheit aufgrund ihres Unwissens dem immer mächtiger werdenden Islam intellektuell kaum etwas entgegenbringen konnte.
Die vorliegende Arbeit will darüber informieren, wie Petrus Venerabilis es bewerkstelligte, dieses Informationsdefizit zu beseitigen. Es wird also die Entstehungsgeschichte der Collectio Toletana nachgezeichnet, einer unter diesem Titel in Umlauf gebrachten Sammlung ins Latein übersetzter arabischer Schriften, unter ihnen der Koran, und zwei beigegebene Einleitungsschreiben.
Zentral im Fokus der Betrachtungen steht außerdem die, auf dieser Wissensbasis fußende Streitschrift "Liber contra sectam sine haeresim Saracenorum" und deren Einordnung in den politischen Kontext sowie geistigen Horizont der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Schließlich wird Petrus‘ alternativer Ansatz der Auseinandersetzung mit dem Islam vor dem Hintergrund der Kreuzzugsbewegung kritisch bewertet und ein Vergleich gezogen zu vorangegangenen Islamkritiken anderer christlicher Gelehrter.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vorbetrachtungen: 5 Jahrhunderte der Ignoranz und Polemik
- Die Collectio Toletana.
- Petrus Spanienreise und die Entstehung der Collectio Toletana.
- Der Inhalt der Collectio Toletana.
- Summa totius haeresis Saracenorum
- Contra sectam Saracenorum..
- Einordnung der Islamkritik in den Kontext vorangegangener Unternehmungen
- Schlussbetrachtungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert die Auseinandersetzung von Petrus Venerabilis mit dem Islam im Kontext des zweiten Kreuzzuges. Das Hauptziel ist es, die Entstehung der Collectio Toletana, eine Sammlung ins Latein übersetzter arabischer Schriften, unter ihnen der Koran, und zwei beigegebene Einleitungsschreiben, zu beleuchten.
- Die Entstehung der Collectio Toletana und die Bedeutung der Übersetzung arabischer Schriften.
- Die Rolle des Wissens in der Auseinandersetzung mit dem Islam.
- Petrus Venerabilis' Argument gegen den Islam und seine Einordnung in den politischen Kontext der Zeit.
- Der Vergleich von Petrus' Ansatz mit früheren Islamkritiken.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die Relevanz des Themas vor dem Hintergrund der historischen Beziehungen zwischen Christentum und Islam dar.
- Vorbetrachtungen: Dieses Kapitel beschreibt die vorherrschende Sichtweise auf den Islam im lateinischen Westen bis zum 12. Jahrhundert, geprägt von Ignoranz und Polemik. Es wird die Rolle der Iberischen Halbinsel und die Bedeutung des Heiligen Landes in der Wahrnehmung des Islam hervorgehoben.
- Die Collectio Toletana: Hier werden die Reise von Petrus nach Spanien, die Entstehung der Collectio Toletana und deren Inhalt erläutert. Die Bedeutung der Übersetzung arabischer Schriften, darunter der Koran, für die christliche Auseinandersetzung mit dem Islam wird betont.
- Summa totius haeresis Saracenorum: Der Fokus liegt auf der Entstehung und dem Inhalt der Schrift Summa totius haeresis Saracenorum.
- Contra sectam Saracenorum: Dieses Kapitel befasst sich mit der Streitschrift Contra sectam Saracenorum, Petrus' Argument gegen den Islam. Der Fokus liegt auf der Einordnung der Schrift in den politischen und geistigen Horizont des 12. Jahrhunderts.
- Einordnung der Islamkritik: Dieses Kapitel untersucht die Islamkritik von Petrus Venerabilis im Kontext der Kreuzzugsbewegung und vergleicht sie mit früheren Ansätzen anderer christlicher Gelehrter.
Schlüsselwörter
Petrus Venerabilis, Islam, Collectio Toletana, Koran, Kreuzzug, Islamkritik, Streitschrift, Mittelalter, Arabische Schriften, Übersetzung, Theologische Auseinandersetzung, Christentum.
- Quote paper
- Benjamin Priebst (Author), 2011, Das Argument als Alternative zum Kampf. Die Auseinandersetzung des Petrus Venerabilis mit dem Islam vor dem Hintergrund des zweiten Kreuzzuges, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353621