Martin Luther gilt wohl als der bedeutendste deutsche Reformator. Durch seine Betonung des gnädigen Gottes, seine Predigten, Schriften und seine Bibelübersetzung hat er die Gesellschaft seiner Zeit, die durch die römisch-katholische Kirche geprägt war, nachhaltig verändert. Als Urheber der Evangelischen Kirche hat er alte Denkstrukturen aufgebrochen und völlig neue Wege aufgezeigt.
Eines seiner Hauptanliegen war die Gleichheit aller Menschen vor Gott. So ist ein Bauer durch seinen Glauben und die Gnade Gottes genauso gerechtfertigt, wie ein Pfarrer. Aber wie so oft, hat auch die Medaille Martin Luther zwei Seiten.
So predigte der Mensch, der diese Gleichheit aller vor Gott fordert, dass die Juden verfolgt und ausgeschlossen werden sollten. Zeit seines Lebens war der Umgang mit dem nachbiblischen jüdischen Volk ein Thema, was ihn beschäftigte. Wenn man die Schriften betrachtet, in denen er sich über Juden äußert, fällt es schwer zu glauben, das der Autor dieser Schrift zugleich Urheber des evangelischen Glaubens ist.
Nicht selten wird Luther auch vorgeworfen, er sei mit seinen Judenschriften ein wichtiger Wegbereiter für den Antisemitismus der Deutschen im 20. Jahrhundert gewesen
War Martin Luther wirklich ein Antisemit, oder entspricht er dem Bild eines Antijudaisten?
Diese Frage möchte ich in meiner folgenden Arbeit in mehreren Schritten klären.
Um mir zu Beginn der Arbeit ein Bild über die gesellschaftliche Meinung über Juden, beziehungsweise über ihre Situation von der Entstehung des Christentums bis zur Reformation, machen zu können, betrachte ich die Entwicklung des jüdischen Stereotyps. Im nächsten Schritt wird unter dem Thema „Die Judenschriften des frühen Luthers“ die Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“ betrachtet, die sich in ihrem Ton und in den Möglichkeiten für den Umgang mit Juden, von den späten Judenschriften unterscheidet. Diese späten Judenschriften Luthers werden im Folgenden durch Darstellungen von „Die Juden und ihre Lügen“, „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“ und „Vermahnung wider die Juden“ dargelegt. Im nächsten Teil dieser Arbeit wird die Wirkungsgeschichte der Äußerungen Luthers betrachtet. Abschließend werde ich in meinem Fazit versuchen eine Antwort auf die Frage, ob Martin Luther ein Antisemit ist, zu formulieren.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Ausgangssituation - Die Entwicklung des jüdischen Stereotyps
- Die Judenschriften des „frühen Luthers“
- Die Judenschriften des „späten Luthers“
- „Von den Juden und ihren Lügen“ (1543)
- „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“ (1543)
- Vermahnung wider die Juden (1546)
- Wirkungsgeschichte der Judenschriften Luthers
- War Martin Luther ein Antisemit?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Haltung Martin Luthers gegenüber dem jüdischen Volk anhand seiner Schriften. Ziel ist es, seine Aussagen im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Vorurteile zu analysieren und die Frage nach Luthers möglichem Antisemitismus zu beleuchten. Dabei wird der Fokus auf die Entwicklung des antijüdischen Stereotyps gelegt und die unterschiedlichen Phasen in Luthers Schriften untersucht.
- Entwicklung des antijüdischen Stereotyps im historischen Kontext
- Analyse der Judenschriften Luthers, insbesondere die Unterschiede zwischen frühen und späten Schriften
- Wirkungsgeschichte von Luthers Aussagen und deren Einfluss auf die spätere Judenverfolgung
- Differenzierung zwischen Antisemitismus und Antijudaismus im Bezug auf Luther
- Bewertung von Luthers Position im Kontext seines reformatorischen Werkes
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die zentrale Forschungsfrage nach Luthers möglichem Antisemitismus. Sie skizziert den Forschungsansatz und die Struktur der Arbeit. Der Reformator Martin Luther wird als eine komplexe Persönlichkeit vorgestellt, dessen Engagement für die Gleichheit vor Gott im Kontrast zu seinen judenfeindlichen Äußerungen steht. Die Arbeit beabsichtigt, diese scheinbare Dissonanz zu untersuchen.
Ausgangssituation - Die Entwicklung des jüdischen Stereotyps: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung negativer Stereotypen über Juden, beginnend im vorchristlichen Zeitalter. Es beschreibt, wie sich antijüdische Ressentiments über Jahrhunderte hinweg entwickelten und verfestigen, von den antiken Vorurteilen bis hin zu den Vorwürfen des Gottesmordes und der rituellen Tötung von Christen. Die zunehmende soziale und wirtschaftliche Ausgrenzung der Juden im Mittelalter wird detailliert dargestellt, einschließlich der Rolle des vierten Laterankonzils und der Einrichtung von Ghettos. Das Kapitel zeigt auf, wie sich ein komplexes Gefüge aus religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren zum antijüdischen Stereotyp zusammengefügt hat und den Boden für spätere Verfolgungen bereitete.
Die Judenschriften des „frühen Luthers“: Der Fokus dieses Kapitels liegt auf Luthers frühen Schriften über Juden, im Besonderen auf der Schrift „Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei“. Es analysiert den Ton und die Vorschläge zum Umgang mit Juden in dieser frühen Phase, um sie von Luthers späteren, deutlich judenfeindlicheren Schriften abzugrenzen. Die Unterschiede im Tonfall und der Argumentation werden beleuchtet und der Kontext dieser frühen Schriften wird untersucht. Das Kapitel legt die Grundlage für den Vergleich mit Luthers späteren Schriften und liefert somit einen wichtigen Ausgangspunkt für die Gesamtbetrachtung.
Die Judenschriften des „späten Luthers“: Dieses Kapitel analysiert Luthers spätere Schriften über Juden, darunter „Von den Juden und ihren Lügen“, „Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi“ und „Vermahnung wider die Juden“. Es untersucht die Verschärfung seiner Position und den Übergang zu einer offen judenfeindlichen Rhetorik. Der Wandel in Luthers Denken und die Gründe dafür werden erörtert. Dieses Kapitel wird detailliert auf die jeweiligen Schriften eingehen und deren Argumentationslinien analysieren, um die Entwicklung von Luthers Antijudaismus zu beleuchten.
Schlüsselwörter
Martin Luther, Judenschriften, Antisemitismus, Antijudaismus, Jüdisches Stereotyp, Reformation, Mittelalter, Gottesmord, Wirkungsgeschichte, Theologie, Religionsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen zu: Martin Luthers Haltung gegenüber dem Judentum
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Haltung Martin Luthers gegenüber dem jüdischen Volk, analysiert seine Schriften im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Vorurteile und beleuchtet die Frage nach seinem möglichen Antisemitismus. Der Fokus liegt auf der Entwicklung des antijüdischen Stereotyps und den unterschiedlichen Phasen in Luthers Schriften.
Welche Schriften Luthers werden untersucht?
Die Arbeit analysiert sowohl Luthers frühe Schriften, wie z.B. "Dass Jesus Christus ein geborener Jude sei", als auch seine späteren, deutlich judenfeindlicheren Schriften, darunter "Von den Juden und ihren Lügen", "Vom Schem Hamphoras und vom Geschlecht Christi" und "Vermahnung wider die Juden".
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel zur Entwicklung des jüdischen Stereotyps, Kapitel zu Luthers frühen und späten Schriften, ein Kapitel zur Wirkungsgeschichte seiner Aussagen und eine Schlussfolgerung, die die Frage nach Luthers Antisemitismus diskutiert.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Ziel ist es, Luthers Aussagen im Kontext der damaligen gesellschaftlichen Vorurteile zu analysieren und die Frage nach seinem möglichen Antisemitismus zu beleuchten. Die Arbeit untersucht die Entwicklung des antijüdischen Stereotyps und die Unterschiede zwischen Luthers frühen und späten Schriften.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Entwicklung des antijüdischen Stereotyps, die Analyse von Luthers Judenschriften, die Wirkungsgeschichte seiner Aussagen, die Differenzierung zwischen Antisemitismus und Antijudaismus im Bezug auf Luther und die Bewertung von Luthers Position im Kontext seines reformatorischen Werkes.
Welche Zusammenfassung der Kapitel bietet die Arbeit?
Die Arbeit bietet Kapitelzusammenfassungen, die die Kernaussagen und die Argumentationslinien jedes Kapitels kurz und prägnant darstellen. Die Zusammenfassungen geben einen Überblick über den Inhalt und die Ergebnisse der jeweiligen Kapitel.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Martin Luther, Judenschriften, Antisemitismus, Antijudaismus, Jüdisches Stereotyp, Reformation, Mittelalter, Gottesmord, Wirkungsgeschichte, Theologie, Religionsgeschichte.
Wie wird die Entwicklung des antijüdischen Stereotyps dargestellt?
Die Arbeit beleuchtet die historische Entwicklung negativer Stereotype über Juden, beginnend im vorchristlichen Zeitalter, bis hin zur zunehmenden sozialen und wirtschaftlichen Ausgrenzung im Mittelalter. Sie beschreibt die Rolle von religiösen, wirtschaftlichen und sozialen Faktoren bei der Entstehung des antijüdischen Stereotyps.
Wie werden Luthers frühe und späte Schriften verglichen?
Die Arbeit vergleicht Luthers frühe und späte Schriften, um den Wandel in seiner Position und die Verschärfung seiner Rhetorik aufzuzeigen. Sie analysiert die Unterschiede im Tonfall und der Argumentation, um die Entwicklung seines Antijudaismus zu beleuchten.
Welche Schlussfolgerung zieht die Arbeit?
Die Arbeit untersucht die scheinbare Dissonanz zwischen Luthers Engagement für die Gleichheit vor Gott und seinen judenfeindlichen Äußerungen und versucht, eine fundierte Antwort auf die Frage nach Luthers möglichem Antisemitismus zu geben. Die Schlussfolgerung fasst die Ergebnisse der Analyse zusammen.
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- Verena Steigelt (Author), 2014, Martin Luther und die Juden, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/353562