Unangepasste, weibliche Figuren begegnen und begleiten uns von frühester Kindheit an, sei es nun durch die bekannte Trickfilmserie "Die Biene Maja", in der die Titelfigur sich nicht dem arbeitsamen, geordneten Leben im Bienenstock unterordnen möchte, oder sei es das freche rothaarige Mädchen des allseits beliebten Klassikers "Pippi Langstrumpf" von Astrid Lindgren. Auch in der zeitgenössischen Kinder- und Jugendliteratur haben eigenwillige Mädchenfiguren Hochkonjunktur, wie nicht nur an der sehr erfolgreichen Buchreihe "Freche Mädchen – Freche Bücher" vom Thienemann-Esslinger Verlag ablesbar ist. Die Jahresbestsellerliste 2014 von amazon Deutschland im Bereich Jugendromane spiegelt diesen Trend wieder: auf den Plätzen eins bis zehn befinden sich fünf Werke, bei denen die Hauptfigur jugendlich, rebellisch und weiblich ist.
Die rege Rezeption und große Beliebtheit von Kurt Helds „Die rote Zora und ihre Bande“ bilden also keine Ausnahme. Seine Romanfigur gilt heute noch als ein „literarische[s] Vorbild. Nicht nur für Mädchen!“.
Und dennoch war die Titelfigur Zora bei der Veröffentlichung des Romans im Jahr 1941 etwas ungewöhnliches, fast schon eine Kuriosität. Ein Mädchen, das eine Jungenbande anführt, sich Autoritätspersonen widersetzt und dafür nicht vom Leben bestraft wird, wich in hohem Maße von den gängigen weiblichen, jugendlichen Figuren in der damaligen Jugendliteratur ab. Genau dort setzt die vorliegende Arbeit ein: nach einer kurzen geschichtlichen Einordnung des Romans in die Kinder- und Jugendbuch-landschaft der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts widme ich mich der Figurenanalyse von Zora. Insbesondere die Frage, ob es einen konkreten Typus des ‚starken Mädchens‘ gibt und ob die hier untersuchte Titelheldin diesem entspricht, bilden einen Schwerpunkt.
In dieser Arbeit wird zunächst die Erzählung vorgestellt, einige notwendige Definitionen gegeben und das Werk geschichtlich eingeordnet, bevor dann im Hauptteil zur Werkanalyse übergegangen wird. Eine Analyse der Figur Zora und die Konstruktion von Geschlecht sind dabei zentrale Aspekte der Untersuchung. Um einen umfassenden Blick auf die Figuren zu erhalten, wird die vom Autor gewählte Beschreibungsmethoden der Figur untersucht. Die Relation zum Typus des „starken Mädchens“ ist dabei kontinuierlich aufgezeigt. Aus dem letzten Teil geht hervor, welche Eigenschaften und Verhaltensweisen ein „starkes Mädchen“ charakterisieren und ob Zora als Vorläuferin oder als Vertreterin gelten kann.
Inhalt
1 Einleitung
2 Die rote Zora und ihre Bande
2.1 Autor
2.2 Rezeptionsgeschichte
2.3 Inhalt
3 Definitionen
3.1 Kinder- und Jugendliteratur
3.2 Held
3.3 Protagonist
3.4 Starke Mädchen
3.5 Typus
4 Geschichtliche Einordnung
4.1 Die Anfänge der Mädchenliteratur
4.2 Das Ende der Kaiserzeit und die Weimarer Republik
4.3 Die 1930er Jahre und die Nationalsozialisten
4.4 Pippi Langstrumpf
4.5 Zoras Enkelinnen – ein Ausblick
5 Analyse der Figuren
5.1 Der Protagonist in Die rote Zora und ihre Bande
5.2 Der mimetische Ansatz
5.3 Der strukturalistische Ansatz
5.3.1 Figurenkonzeption nach Pfister
5.3.2 Das Handlungsmodell nach Greimas
5.3.3 Figurenkonstellationen
5.3.4 Figurencharakterisierung nach Rimmon-Kenan
5.3.5 Figurenverständnismodell nach Culpeper
5.4 Fazit der Figurenanalyse
6 Konstruktion von Geschlecht
6.1 Geschlechtsmarkierung durch den Erzähler
6.2 Geschlechtsmarkierung durch Figuren
6.3 Das „fremde Kind“
6.4 Fazit
7 Die Eigenschaften eines starken Mädchens
7.1 Autonomie
7.2 Selbstsicherheit und Entschlossenheit
7.3 Mut und Tapferkeit
7.4 Anführer
7.4.1 Akzeptanz durch Überzeugungsarbeit
7.4.2 Machterhaltung durch das Bestehen von Bewährungsproben
7.5 Schläue und Reflektiertheit, Intelligenz, Erfahrung
7.6 Körperliche Stärke/Aussehen
7.7 „Weibliche Tugenden“
7.7.1 Fürsorge und Verantwortungsbewusstsein
7.7.2 Nahrungszubereitung
7.7.3 Freizeitaktivitäten und sonstige Charakteristika
8 Abschließendes Fazit
Literaturverzeichnis
Primär
Sekundär
Anhang
Danksagung
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