Mit 1. Januar 1995 wurde Österreich in die supranationale Gemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen, welche zur unweigerlichen Folge hatte, dass mit dieser Mitgliedschaft fortan das Gemeinschaftsrecht speziellen Vorrang vor dem staatlichen Recht genießt. Dieser Aspekt wird als Ausgangspunkt für die Arbeit dienen, welche partikulär auf die demokratiedefizitären Komponenten in der wechselseitigen Beziehung Österreichs zur EU aufmerksam macht.
Dabei wird vor allem auf die Auswirkung des EU Beitritts auf das bundesstaatliche, das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip der österreichischen Verfassungen näher eingegangen, welche unter anderem auch die Frage nach dem Korporatismus auf EU-Ebene aufwirft und die Folgewirkungen für die österreichische Sozialpartnerschaft ins Auge fasst. Anschließend werden die Kontroversen der Legitimität der Europawahlen, als auch in diesem Zusammenhang das Parteiensystem und die Rolle der Öffentlichkeit hinsichtlich der Problematik der unzureichenden Politisierung in der Europäischen Union erläutert. Weiters wird insbesondere das "doppelte Demokratiedefizit", welches die Problematik der Kontroll- und Legislativbefugnisse des österreichischen Nationalrates in EU-Angelegenheiten widerspiegelt, hervorgehoben. Abschließend sollen dabei werden auch die demokratieproblematischen Gesichtspunkte der entscheidenden EU-Institutionen – dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Rates – sofern sie hinsichtlich der Beziehung zu Österreich relevant sind, unter Betracht gezogen.
Generell möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass der Beitritt zur Europäischen Union durchwegs als positiver Schritt in Richtung eines integrierten Europas zu betrachten ist und die Ausarbeitung daher einzig und allein die Thematik des Demokratiedefizits zu Grunde hat, um die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit von Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich demokratischer Grundprinzipien zu lenken.
Inhaltsübersicht
Einleitung
Das Demokratiedefizit
Konklusion
Literatur
Einleitung
Mit 1. Januar 1995 wurde Österreich in die supranationale Gemeinschaft der Europäischen Union aufgenommen, welche zur unweigerlichen Folge hatte, dass mit dieser Mitgliedschaft fortan das Gemeinschaftsrecht speziellen Vorrang vor dem staatlichen Recht genießt.[1]
Dieser Aspekt soll als Ausgangspunkt für die Arbeit dienen, welche partikulär auf die demokratiedefizitären Komponenten in der wechselseitigen Beziehung Österreichs zur EU aufmerksam macht. Dabei wird vor allem auf die Auswirkung des EU Beitritts auf das bundesstaatliche, das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip der österreichischen Verfassungen näher eingegangen, welche unter anderem auch die Frage nach dem Korporatismus auf EU-Ebene aufwirft und die Folgewirkungen für die österreichische Sozialpartnerschaft ins Auge fasst. Anschließend sollen die Kontroversen der Legitimität der Europawahlen, als auch in diesem Zusammenhang das Parteiensystem und die Rolle der Öffentlichkeit hinsichtlich der Problematik der unzureichenden Politisierung in der Europäischen Union erläutert werden. Weiters soll insbesondere das "doppelte Demokratiedefizit", welches die Problematik der Kontroll- und Legislativbefugnisse des österreichischen Nationalrates in EU-Angelegenheiten widerspiegelt, hervorgehoben werden.[2] Abschließend sollen dabei sollen auch die demokratieproblematischen Gesichtspunkte der entscheidensten EU-Institutionen - dem Europäischen Parlament, der Europäischen Kommission, des Rates der Europäischen Union und des Europäischen Rates – sofern sie hinsichtlich der Beziehung zu Österreich relevant sind, unter betracht gezogen werden.
Generell möchte ich an dieser Stelle erwähnen, dass der Beitritt zur Europäischen Union durchwegs als positiver Schritt in Richtung eines integrierten Europas zu betrachten ist und die Ausarbeitung daher einzig und allein die Thematik des Demokratiedefizits zu Grunde hat, um die Aufmerksamkeit auf die Notwendigkeit von Verbesserungsmaßnahmen hinsichtlich demokratischer Grundprinzipien zu lenken.
Das Demokratiedefizit
Ausgehend vom Beitritt Österreichs zur Europäischen Union muss angemerkt werden, dass sich aufgrund der Unterordnung des nationalen Rechts unter das Gemeinschaftsrecht gleichsam von einer "Gesamtänderung der Bundesverfassung" gesprochen werden, da diese nun korrigierend interpretiert werden muss. Dies kommt einer Abwertung der rechtsstaatlichen Demokratie gleich, da die demokratische Legitimation durch eine resultierende Rechtsunsicherheit aufgrund von rechtsschöpferischen Maßnahmen untergraben wird. Bezüglich des Bundesstaatlichen Prinzips ist zu vermerken, dass mit dem Gemeinschaftsrecht durchaus die Gesetzgebungskompetenzen und -existenz der Länder in Frage gestellt werden, da der Grundsatz der "doppelten Bindung" die Fehleranfälligkeit der Kompatibilität mit dem EU-Recht erhöht. Daher wurden bereits Überlegungen zur Abschaffung des österreichischen Föderalismus angestellt, die aufgrund eines Kompromisses über die Reduzierung der Gesetzgebungskompetenz der Länder nicht realisiert wurden. Aber schon mit der Abschwächung der legislativen Funktion der Länder wurde ein demokratisches Defizit kreiert.[3]
Solch ein Defizit lässt sich auch auf Ebene der Sozialpartner erkennen, dessen Kompetenzbreite durch das Gemeinschaftsrecht erheblich eingeschränkt wurde. Daher wurde anfänglich der Versuch unternommen Mitbestimmungsrechte der Sozialpartner nach Brüssel zu verlagern. Allerdings wurde ihnen nur ein Konsultations- und Informationsrecht einberaumt.[4] Mitunter haben sich die Verbände auf EU-Ebene mit anderen nationalen Verbänden zu arrangieren, die allerdings weit weniger korporatistisch organisiert sind, als die österreichischen, was eine erfolgreiche Integration genauso erschwert, wie die Tatsache, dass kein Äquivalent zum österreichischen Konstrukt von Arbeiterkammer, Wirtschaftkammer und Landwirtschaftskammer auf Gemeinschaftsebene vorliegt.[5]
Geht man nun weniger auf die Prinzipien der österreichischen Bundesverfassung, aber vielmehr auf die partizipatorischen Möglichkeiten zur Mitgestaltung demokratischer Politik des nationalen Volkes ein, überrascht hier zunächst die Tatsache, dass die Wahlbeteiligung an den Europawahlen in Vergleich zu jener an nationalen Wahlen äußerst gering ist. Dies geht darauf zurück, dass die Politikebene der EU, aufgrund von "[…] nur schwach ausgeprägten intermediären Strukturen wie Parteien, Verbände oder Medien auf europäischer Ebene", welche die Formulierung der Europäischen Union von "policy withou politics" eindeutig erscheinen lässt, nicht attraktiv oder als weniger wichtig für die österreichische Bevölkerung erscheinen lässt.[6]
Das Problem der Politisierung, sowie die eingeschränkten Wahlmöglichkeiten hinsichtlich der Positionenarmut auf EU-Ebene, können also folglich als demokratisches Defizit definiert werden. Bezüglich der europäischen Parteien muss auch erwähnt werden, dass eine Mitgliedschaft nur für nationale Parteien und nicht für einzelne Personen aus der Bevölkerung zugänglich ist, die Aufstellung von Kandidaten und Kandidatinnen für das Europäische Parlament alleinig durch die nationalen Parteien bestimmt wird, ihnen aufgrund des Fehlens von Parteitagen oder -konferenzen keine innerparteiliche Legitimation zukommt und deren Finanzierung exklusiv über die nationalen Parteien erfolgt. Es kommt ihnen daher keine Eigenständigkeit zu, sodass sie im Prinzip nur Dachverbände der nationalen Parteien sind und daher die Distanz zum nationalen Volk besonders groß ist.[7]
Hand in Hand mit dem Kommunikations- und Informationsdefizit, sowie mit der spärlichen Medienlandschaft in EU-Angelegenheiten, geht die Thematik der Transparenz in anbetracht der Entscheidungsprozesse. Zum einen ist das Transparenzproblem darauf zurückzuführen, dass in allen drei Säulen der EU unterschiedliche Entscheidungsmechanismen, wie die intergouvermentale Entscheidungsfindung, die supranationale und ein Mischsystem aus beiden, vorherrschen. Diese Komplexität und oftmals auch zufällige Zuordnung einzelner Bereiche zu dem ein oder anderen System mindern sowohl die Effizienz, als auch die Transparenz im Entscheidungsprozess. Weiters vermindert sich die Durchschaubarkeit durch die Tatsache, dass die Sitzungen des Ministerrates hinter verschlossenen Türen abgehalten werden[8]. Die Einschränkung der öffentlichen Kontrolle wird auch dadurch vermindert, dass "[…] Arbeitsunterlagen, Dokumente und Protokolle […] trotz der vertraglichen Vereinbarung von Amsterdam 1997 oft nicht oder nur erschwert öffentlich zugänglich […]" sind.[9]
[...]
[1] Öhlinger, Theo. "Die Europäisierung der österreichischen Verfassung". In: Neisser, Heinrich/Puntscher Riekmann, Sonja (Hg.): Europäisierung der österreichischen Politik: Konsequenzen der EU Mitgliedscahft. Wien: WUV, 2002, S. 83
[2] Pollak, Johannes/Slominski, Peter: "Zwischen De- und Reparlamentarisierung – Der österreichische Nationalrat und seine Mitwirkungsrechte in EU-Angelegenheiten". In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 2009/2, S. 193
[3] Öhlinger, Theo. "Die Europäisierung der österreichischen Verfassung". In: Neisser, Heinrich/Puntscher Riekmann, Sonja (Hg.): Europäisierung der österreichischen Politik: Konsequenzen der EU Mitgliedscahft. Wien: WUV, 2002, S. 83-91
[4] Falkner, Gerda. "Zur "Europäisierung" des österreichischen politischen Systems". In: DACHS, Herbert et al. (Hg.): Politik in Österreich. Das Handbuch. Manz, Wien 2006, S. 91
[5] Pelinka, Anton. "Europäisierung ohne Tiefenwirkung. Die österreichischen Parteien und Verbände auf dem Weg nach Europa." In: Pfefferle, Roman/Schmidt, Nadja/Vlachers, Gerd (Hg.): Europa als Prozess: 15 Jahre Europäische Union und Österreich. Festschrift für Peter Gerlich. Wien: LIT. S. S. 61
[6] Seger, Sarah: "Die EU im Spannungsfeld von Demokratidefizit, Politisierung und Vertragsratifikation". In: Werner Weidenfeld (Hg.): Lissabon in der Analyse. Der Reformvertrag der Europäischen Union. Baden-Baden: Nomos, 2008, S. 237
[7] Pelinka, Anton. "Europäisierung ohne Tiefenwirkung. Die österreichischen Parteien und Verbände auf dem Weg nach Europa." In: Pfefferle, Roman/Schmidt, Nadja/Vlachers, Gerd (Hg.): Europa als Prozess: 15 Jahre Europäische Union und Österreich. Festschrift für Peter Gerlich. Wien: LIT. S. S. 55-56
[8] Erber, Karl. "Die Bedeutung des demokratischen Prinzips in der Europäischen Union". Diplomarbeit, Universität Wien, 1997, S. 139-141
[9] Polsterer, Andreas. "Hat die EU ein Demokratiedefizit?". Diplomarbeit, Universität Wien, 2004, S. 35
- Arbeit zitieren
- Anna Scheithauer (Autor:in), 2010, Entwicklung der europäischen Gegenwartsgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/350706
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