Der enge Zusammenhang von Sprache und Denken wirft die Frage auf, welches von beidem zuerst vorhanden war bzw. welches der beiden Elemente sich am anderen orientiert. Geläufige Aussagen wie „Erst denken, dann sprechen“ werden häufig im Zusammenhang mit dieser Fragestellung genannt und ließen darauf schließen, dass das Denken immer zuerst kommt und so das Sprechen beeinflusst, wenn nicht gar erst möglich macht.
Schon Platon (427 - 347 v. u. Z.) sann über diese Fragestellung nach, wobei er Sprechen und Denken als identisch betrachtete, mit dem Unterschied, dass Denken im Gegensatz zur Sprache ohne lautliche Artikulation stattfinden kann. Für Wilhelm von Humboldt (1767-1835) gab es zwischen Sprache und Denken zwar auch einen engen Zusammenhang, er unterschied aber beide Komponenten, die er jedoch gleichzeitig als untrennbar voneinander bezeichnete. Die Sprache drückte seiner Ansicht nach das aus, was im Geist als Weltanschauung repräsentiert ist. Es behauptete, Sprache sei hierbei das bildende Organ der Gedanken.
Sprache und Denken haben immer einen Bezug zu der Welt, die sich dem einzelnen Individuum darbietet. Fraglich ist, ob die vorhandene Strukturiertheit durch Sprache bzw. Denken nur abgebildet wird, oder ob vielmehr die Art und Weise der Strukturiertheit erst durch Sprache und Denken so ist, wie sie ist. Whorf beispielsweise ging davon aus, dass der Vorgang der Wahrnehmung und Strukturierung ganz wesentlich durch Sprache bzw. Denken beeinflusst ist. Erst durch die sprachlich vorgegebenen Konventionen ist es einerseits möglich, die dargebotene Umwelt treffend einzuordnen und andererseits, diese durch ein mit der Gesellschaft getroffenes Abkommen, der Sprache, allgemein verständlich wiederzugeben.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Die Sapir-Whorf-Hypothese
2.1 Die Begründer
2.2 Die Kernaussagen
3 Pederson et al. 1998 „Semantic typology and spatial conceptualization“
3.1 Die Versuchsanordnungen
3.1.1 Das Men-and-tree game
3.1.2 Die Animals-in-a-row-Aufgabe
3.2 Die Ergebnisse
3.3 Die Schlussfolgerungen
4 Levinson et al. 2002 „Returning the tables: Language affects the spatial reasoning“
4.1 Die Versuchsanordnungen
4.1.1 Die Animals-in-a-row-Aufgabe
4.1.2 Das Ententeichexperiment
4.1.3 Das Motion-Maze-Task
4.2 Die Ergebnisse
4.3 Die Schlussfolgerungen
5 Diskussion
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Der enge Zusammenhang von Sprache und Denken wirft die Frage auf, welches von beidem zuerst vorhanden war bzw. welches der beiden Elemente sich am anderen orientiert. Geläufige Aussagen wie „Erst denken, dann sprechen“ werden häufig im Zusammenhang mit dieser Fragestellung genannt und ließen darauf schließen, dass das Denken immer zuerst kommt und so das Sprechen beeinflusst, wenn nicht gar erst möglich macht.
Schon Platon (427 - 347 v. u. Z.) sann über diese Fragestellung nach, wobei er Sprechen und Denken als identisch betrachtete, mit dem Unterschied, dass Denken im Gegensatz zur Sprache ohne lautliche Artikulation stattfinden kann. Für Wilhelm von Humboldt (1767-1835) gab es zwischen Sprache und Denken zwar auch einen engen Zusammenhang, er unterschied aber beide Komponenten, die er jedoch gleichzeitig als untrennbar voneinander bezeichnete. Die Sprache drückte seiner Ansicht nach das aus, was im Geist als Weltanschauung repräsentiert ist. Es behauptete, Sprache sei hierbei das bildende Organ der Gedanken.
Sprache und Denken haben immer einen Bezug zu der Welt, die sich dem einzelnen Individuum darbietet. Fraglich ist, ob die vorhandene Strukturiertheit durch Sprache bzw. Denken nur abgebildet wird, oder ob vielmehr die Art und Weise der Strukturiertheit erst durch Sprache und Denken so ist, wie sie ist. Whorf beispielsweise ging davon aus, dass der Vorgang der Wahrnehmung und Strukturierung ganz wesentlich durch Sprache bzw. Denken beeinflusst ist. Erst durch die sprachlich vorgegebenen Konventionen ist es einerseits möglich, die dargebotene Umwelt treffend einzuordnen und andererseits, diese durch ein mit der Gesellschaft getroffenes Abkommen, der Sprache, allgemein verständlich wiederzugeben.
Diese Fragestellung behandelnd, werde ich in der vorliegenden Hausarbeit zunächst auf die Sapir-Whorf-Hypothese, ihre Begründer sowie ihre Kernaussagen eingehen, um dann im Anschluss daran anhand der Texte von Levinson et al. aus dem Jahr 2002 „Returning the tables: Language affects the spatial reasoning“ und Pederson et al. aus 1998 „Semantic typology and spatial conceptualization“, die sich beide im Hinblick auf den Zusammenhang von Sprache und Denken mit dem Thema der räumlichen Konzeptualisierung befassen, zunächst kurz die dort beschriebenen Versuchsanordnungen, deren Untersuchungsziele und Ergebnisse erläutern, um dann im Folgenden die relevanten Argumente hinsichtlich des Zusammenhanges von Sprache und Denken wiederzugeben, die sich durch die in den Experimenten erzielten Resultate aufdrängen.
Im letzten Punkt der Arbeit werde ich allgemein zu der hier behandelten Fragestellung Stellung beziehen.
2 Die Sapir-Whorf-Hypothese
Die Sapir-Whorf-Hypothese gibt die Überlegungen der beiden namengebenden Wissenschaftler zum Zusammenhang von Sprache und Denken wieder. Die Überlegungen zum Thema und die Erforschung des Phänomens führten schließlich zur Formulierung der Sapir-Whorf-Hypothese.
2.1 Die Begründer
Edward Sapir (1884-1939) vermutete den Zusammenhang von Sprache und Denken dahingehend, dass Sprache das Denken beeinflusst. Er war der Ansicht, dass das Denken durch die besonderen Eigenheiten und Möglichkeiten der Sprache, die das Individuum spricht, beeinflusst und zu einem gewissen Teil sogar gesteuert wird. Das Denken kann seiner Ansicht nach also nur solche Wege beschreiten, die durch die Sprache bereits zuvor geebnet wurden.
Benjamin Lee Whorf (1897-1941), der ein Schüler Sapirs war, ging mit seiner Ansicht zu der Fragestellung noch einen Schritt weiter. Er ging davon aus, dass essenzielle Begriffe wie Zeit und Raum von der jeweils gesprochenen Sprache beeinflusst, oder anders ausgedrückt: geprägt werden. Es ist seiner Ansicht nach also möglich, dass Menschen unterschiedlicher Muttersprachen völlig unterschiedliche Vorstellungen von Zeit und Raum haben, allein deshalb, weil sich ihr Denken an ihrer Sprache orientiert. Nach Whorfs Ansicht ist die von uns wahrgenommene Wirklichkeit nur das Ergebnis, das uns von unserer gesprochenen Sprache auferlegt ist. Das Denken wäre also von der jeweiligen Muttersprache beeinflusst und dadurch relativ, was er als linguistisches Relativitätsprinzip bezeichnete.
2.2 Die Kernaussagen
Aus den oben aufgeführten Überlegungen resultierte 1950 die sog. Sapir-Whorf-Hypothese, als Whorfs Aufsätze nach seinem Tode zu diesem Thema veröffentlicht wurden.
Die Kernaussagen der Hypothese sind ein Konglomerat der Überlegungen Whorfs und Sapirs:
- Die Form des Denkens wird durch die Muttersprache determiniert.
- Gedanken einer Person einer bestimmten Muttersprache können deshalb u. U. von einer Person einer anderen Muttersprache nicht verstanden werden.
- Die Begriffsfindungen einer Sprache sind beliebig und gelten somit auch nur für diese Sprache.
- Das Sprechen unterschiedlicher Sprachen hat somit auch unterschiedliches Denken zur Folge.
- Menschen unterschiedlicher Sprachen können demnach zu einem völlig unterschiedlichen Weltbild gelangen.
[...]
- Quote paper
- Nadin Kleber (Author), 2005, Die relevanten Argumente zweier Aufsätze zum Thema 'Räumliche Konzeptualisierung' im Hinblick auf die Sapir-Whorf-Hypothese, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34775
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