„Europas Unternehmen geraten in den kommenden zwei Jahren stark ins Visier übernahmehungriger asiatischer Firmen. […] Die Prognose hat einen
plausiblen Hintergrund: Viele Firmen des aufstrebenden Kontinents haben seit der Finanzkrise 1997 konsequent ihre Schulden reduziert, und zahlreiche
Konzerne in China rüsten - unterstützt von der Regierung - für ihre weltweite
Expansion, die ihnen Märkte, Marken und Know-how auf dem Alten Konti-
nent erschließen soll.“ 1
Immer öfter liest man in deutschen Zeitungen von Übernahmen und Fusionen. So ist etwa das weltweite Volumen von Fusionen und Unternehmensübernahmen in den ersten elf Monaten 2004 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 46 Prozent gestiegen. 2 Im deutschen Mittelstand können Unterne hmer ihren Fortbestand oft nur sichern, indem sie ihr Geschäft an das Management oder externe Investoren verkaufen. Dabei ist die Auswahl des Übernahme- oder Fusi-onskandidaten von eminenter Bedeutung, um den späteren Erfolg zu garantieren. Bis vor einigen Jahren wurde es dabei als ausreichend angesehen, aktuelle Ertragszahlen als Verhandlungsgegenstand zu Grunde zu legen. Für heutige Verkaufsverhandlungen werden aber immer detailliertere Informationen gefordert. Demzufolge müssen immer mehr Unternehmen sich mit der Offenlegung interner Firmendaten, bzw. einer Due Diligence auseinander setzen. 3 Der Vorgang der Enthüllung interner Firmendaten führt meistens zu Konflikten zwischen dem Kaufi nteressenten und dem Verkäufer, da es Uneinigkeit über die Tragweite der gewährten Informationseinsicht gibt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung - Entwicklung der Offenlegung von internen Unternehmensdaten
2. Due-Diligence-Prüfung
2.1 Ursprung und Definition
2.2 Anwendungsgebiete
3. Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen
3.1 Einordnung in den Prozess des Unternehmenskaufs
3.1.1 Praktischer Ablauf und gewährte Informationseinsicht
3.1.2 Rechtliche Konstruktionen und ihre Auswirkungen
3.2 Inhalt, Aufbau und Ablauf einer Due-Diligence-Prüfung
3.3 Funktionen der Due Diligence und Erwartungshaltung
4. Teilbereiche der Due Diligence
4.1 Commercial-Due-Diligence
4.2 Financial-Due-Diligence
4.3 Legal-Due-Diligence
4.4 Tax-Due-Diligence
4.5 Environmental-Due-Diligence
5. Privatautonomer Schutz und Umgang mit Due-Diligence-Informationen
6. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
1. Einleitung - Entwicklung der Offenlegung von internen Unternehmensdaten
„Europas Unternehmen geraten in den kommenden zwei Jahren stark ins Visier übernahmehungriger asiatischer Firmen. […] Die Prognose hat einen plausiblen Hintergrund: Viele Firmen des aufstrebenden Kontinents haben seit der Finanzkrise 1997 konsequent ihre Schulden reduziert, und zahlreiche Konzerne in China rüsten – unterstützt von der Regierung – für ihre weltweite Expansion, die ihnen Märkte, Marken und Know-how auf dem Alten Kontinent erschließen soll.“[1]
Immer öfter liest man in deutschen Zeitungen von Übernahmen und Fusionen.
So ist etwa das weltweite Volumen von Fusionen und Unternehmensübernahmen in den ersten elf Monaten 2004 gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum um 46 Prozent gestiegen.[2] Im deutschen Mittelstand können Unternehmer ihren Fortbestand oft nur sichern, indem sie ihr Geschäft an das Management oder externe Investoren verkaufen. Dabei ist die Auswahl des Übernahme- oder Fusionskandidaten von eminenter Bedeutung, um den späteren Erfolg zu garantieren. Bis vor einigen Jahren wurde es dabei als ausreichend angesehen, aktuelle Ertragszahlen als Verhandlungsgegenstand zu Grunde zu legen. Für heutige Verkaufsverhandlungen werden aber immer detailliertere Informationen gefordert. Demzufolge müssen immer mehr Unternehmen sich mit der Offenlegung interner Firmendaten, bzw. einer Due Diligence auseinander setzen.[3] Der Vorgang der Enthüllung interner Firmendaten führt meistens zu Konflikten zwischen dem Kaufinteressenten und dem Verkäufer, da es Uneinigkeit über die Tragweite der gewährten Informationseinsicht gibt.
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Due Diligence als Instrument der Informationsgewinnung. Der Autor geht kurz auf den Ursprung der Due Diligence ein, um dann die Due Diligence innerhalb eines Unternehmenskaufs zu definieren. Der Vollständigkeit halber werden weitere Anwendungsgebiete der Due Diligence aufgezeigt. Die Komplexität von Unternehmenskäufen verlangt eine ausführliche Informationsbasis zur Entscheidungsfindung, was durch eine umfangreiche Due Diligence bewerkstelligt werden kann.[4] Infolgedessen beschränkt sich der Verfasser im Verlauf der Arbeit auf diese Thematik. Anschließend wird der Autor die Due Diligence in den Verlauf einer Unternehmensakquisition einordnen und auf Besonderheiten hinweisen. Ferner werden Inhalt, Aufbau und Ablauf sowie die unterschiedlichen Funktionen der Due Diligence herausgearbeitet. Anschließend werden in diesem Beitrag die Teilbereiche einer Due-Diligence-Prüfung dargestellt und kurz charakterisiert. Aufgrund der rechtlichen Vertracktheit und der uneinheitlichen Rechtslage der Due Diligence konzentriert sich der Autor abschließend auf bestimmte autonome Schutzmechanismen und den daraus resultierenden Umgang mit Due Diligence Informationen.
Da die Ursprünge der behandelten Thematik im angloamerikanischen Raum liegen, wurden bestimmte Anglizismen im deutschen Wirtschaftsraum übernommen. In der folgenden Arbeit fügt der Autor deswegen den englischen Fachbegriff, soweit bekannt, in Klammern mit ein, um dem Leser ein gesamtheitliches Bild zu vermitteln.
2. Due-Diligence-Prüfung
2.1 Ursprung und Definition
Der Begriff der Due Diligence entwickelte sich im amerikanischen Rechtsraum und ist in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Mergers & Acquisitions Welle nach Deutschland gelangt.[5] Anfänglich bezeichnete der Begriff Due Diligence den Entlastungsbeweis für Abschlussprüfer, Rechtsanwälte oder andere Experten im Rahmen der Emissionsprospekthaftung nach Section 11 des Securities Act.[6] Durch einen angemessenen Sorgfaltsmaßstab können somit an einer Emis-sion beteiligte Personen ihre Exkulpation erreichen und der eventuellen Dritthaftung auf Schadensersatz entgehen.[7]
Dieser Ansatz aus dem Haftungsrecht und die Begrifflichkeit „Due Diligence“ etablierten sich für den allgemeinen Prozess der Informationsgewinnung in unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft. Handelt es sich im Haftungsrecht jedoch um die Erfüllung einer Pflicht, deren Missachtung schadensersatzpflichtig macht, ist die Due Diligence im Kaufrecht eine freiwillige Überprüfung eines Vertragsobjektes.[8] In der Regel wird der Begriff der Due-Diligence-Prüfung heutzutage mit dem Unternehmenskauf assoziiert[9], woraus sich folgender Definitionsansatz nach Merkt ergibt:
„Es ist gängige Praxis des Unternehmenskaufs, dass der Käufer […] eine sorgfältige und umfassende Due Diligence durchführt. Üblicherweise umfasst die Due Diligence alle rechtlichen, organisatorischen, finanziellen und sonstigen wichtigen Grundlagen. […] in deren Rahmen [auch] das wirtschaftliche Umfeld, die Marktposition und die Organisationsstruktur des Zielunternehmens untersucht werden.“[10]
Aufgrund der Vielfältigkeit und Verschiedenheit der zu betrachtenden Objekte hat sich aber bis heute keine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs „Due Diligence“ durchgesetzt. Dementsprechend wird prinzipiell von der Beschaffung, Untersuchung und Dokumentation von Information mit einem gebotenen Sorgfaltsmaßstab gesprochen.[11] Vorsatz einer solchen Untersuchung ist es, Informationsasymmetrien zwischen den Vertragsparteien zu verringern und folglich die Qualität von Entscheidungen in Hinblick auf ihre Zielerreichung zu erhöhen.[12]
2.2 Anwendungsgebiete
Unter Berücksichtigung der vorangegangenen Begriffsbestimmung findet sich die Due Diligence überall da wieder, wo zwei oder mehr Parteien eine vertragliche Bindung eingehen, deren Konsequenz aufgrund ungleicher Informationsverteilung unsicher ist,[13] so zum Beispiel bei Unternehmensübernahmen, Börseneinführungen, Ratings und Kreditvergaben, Abfindungszahlungen und der Emission von Anleihen.[14] Der Wortgebrauch „Due Diligence“ oder „Due-Diligence-Prüfung“ dient hierbei lediglich als Oberbegriff, da die Vorgehensweisen der Informationsbeschaffung bzw. -bereitstellung sich erheblich voneinander unterscheiden.[15]
3. Due Diligence bei Unternehmensakquisitionen
3.1 Einordnung in den Prozess des Unternehmenskaufs
Mit Augenmerk auf die diversen Varianten eines Unternehmenskaufs ist zu klären, wie sich die Due Diligence in die Jeweilige einordnet. Generell ist zwischen dem praktischen Ablauf und der rechtlichen Konstruktion von Unternehmenskäufen zu unterscheiden. Für die Abwicklung des Unternehmenskaufs selbst gibt es jedoch kein festes Regelwerk.[16] So hängt die Vorgehensweise von mehreren Faktoren ab, wie beispielsweise (bspw.) von der Rechtsform des Zielunternehmens, der Struktur des Gesellschafterkreises des Unternehmensträgers, der Fungibilität der Gesellschaftsrechte, der Größe des Unternehmens und der Branche.[17]
3.1.1 Praktischer Ablauf und gewährte Informationseinsicht
Trotz des Fehlens fester Rahmenbedingungen, haben sich in der Praxis bestimmte Verfahrensmuster herauskristallisiert. Es kann grob unterschieden werden zwischen dem traditionellen Verfahren (negotiated transaction) und dem Auktionsverfahren (auction sale).[18]
Unabhängig von der Form des Verfahrens und den Motiven der Akquisition ist als erste Stufe innerhalb eines Kaufprozesses die Ausgangssituation des Käuferunternehmens zu ergründen. Dieser Schritt ist erforderlich, um ein Soll-Profil eines eventuellen Kaufobjektes zu definieren und einen Akquisitionsplan zu erstellen. Aufgrund der zusammengetragenen Informationen werden innerhalb der nächsten Stufe potentielle Übernahmekandidaten identifiziert. Bezüglich dieser ausgesuchten Unternehmen wird eine so genannte Pre-Due-Diligence vorgenommen.[19] Diese Voruntersuchung der Kandidaten und ihres Umfelds dient als Grundlage für den detaillierten Selektionsprozess. In dieser Phase ist der Kaufinteressent regelmäßig auf öffentlich zugängliche Informationen beschränkt.[20]
Ist anschließend der Initiator der Verkaufsverhandlungen der Käufer oder findet ein Verkäufer für sein Unternehmen nur einen Kaufinteressenten, spricht man vom traditionellen Verfahren oder auch Exklusivverhandlungen. Der Kaufprozess gestaltet sich anschließend folgendermaßen: Nach erfolgreichen Vorgesprächen kommt es häufig zunächst zum Austausch einer Absichtserklärung (Letter of Intent), einer Zusammenfassung der wesentlichen geplanten Vertragskonditionen (Term sheet), zur Abgabe von Vertraulichkeitserklärungen und unter Umständen einer Exklusivitätsvereinbarung. Infolgedessen führt der potenzielle Erwerber seine individuelle Due Diligence durch. Auf Basis der dabei gesammelten Informationen wird ein Vertragsentwurf aufgesetzt oder ein bestehender Entwurf kommentiert, um dem Verkäufer ein konkretes Kaufangebot zu unterbreiten. Sind die darauf folgenden Verhandlungen erfolgreich wird der Vertrag geschlossen.[21] Weiterhin werden nähere Übergabemodalitäten sowie die Folgen von Pflichtverletzungen geregelt.
Heute jedoch herrscht in der Praxis das Auktionsverfahren vor. Bei einer solchen Auktion finden sich mehrere konkurrierende Kaufinteressenten in einer ad hoc geschaffenen Wettbewerbssituation als potentielle Bewerber wieder. Durch diesen hervorgerufenen Wettbewerb müssen sich die Kaufkandidaten auf kurze Fristen und strenge Bedingungen, insbesondere hinsichtlich der Bereitstellung von entscheidungsrelevanten Informationen, einstellen.[22] Nach einer Vorauswahl, die auf Grundlage von unverbindlichen Angeboten der Kaufinteressenten getroffen wird, wird diesen in einem „Daten-Raum“ (data room) vom Verkäufer ausgewähltes Informationsmaterial zur Verfügung gestellt. Zu diesem Zeitpunkt haben die potenziellen Käufer meist keinen großen Einfluss auf den Informationsrahmen der Due Diligence. Aufgrund der gewonnenen Informationen und dem Kaufvertragsentwurf des Verkäufers wird ein vorläufiges Kaufangebot erstellt, dass eventuell von einem Letter of Intent begleitet wird. Eventuell bekommen einige ausgewählte Kandidaten anschließend die Genehmigung, eine individuelle Due Diligence durchzuführen, woraufhin diese ein endgültiges Kaufangebot abgeben. In der Folge kommt es zu exklusiven Abschlussverhandlungen und dem Vertragsschluss oder zur Nachverhandlung mit anderen Konkurrenten.[23]
[...]
[1] Gärtner, M. (2005), S. 11.
[2] Vgl. o.V. (2004), S. 1.
[3] Vgl. Jungblut, E. (2003), S. 5.
[4] Vgl. Knöfler, K. (2001), S. 25.
[5] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 22.
[6] Vgl. Gartzke, U. (2003), S. 11.
[7] Vgl. Berens, W./ Strauch, J. (2002), S. 8.
[8] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 24.
[9] Vgl. Eggenberger, J. (2001), S. 45.
[10] Merkt, H. (2003), S. 164.
[11] Vgl. Gartzke, U. (2003), S. 13.
[12] Vgl. Berens, W./ Strauch, J. (2002), S. 13.
[13] Vgl. ebenda.
[14] Vgl. Jungblut, E. (2003), S. 9.
[15] Vgl. Eggenberger, J. (2001), S. 45.
[16] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 30.
[17] Vgl. Berens, W./ Mertes, M./ Strauch, J. (2002), S. 34.
[18] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 30.
[19] Vgl. Knöfler, K. (2001), S. 26.
[20] Vgl. Berens, W./ Mertes, M./ Strauch, J. (2002), S. 55.
[21] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 30.
[22] Vgl. Berens, W./ Mertes, M./ Strauch, J. (2002), S. 36.
[23] Vgl. Angersbach, C. J. (2001), S. 30f.
- Quote paper
- Ronny Schrötter (Author), 2004, Due-Diligence-Prüfung - Begriff, Anwendungsbereiche und Bedeutung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34768
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