Prof. Dr. Jürgen Buschmann und Dr. Mathias Bellinghausen blicken auf weit über zehn Jahre wissenschaftliche und praktische Projektarbeit in der Kindergesundheit zurück. Im Rahmen der ausgezeichneten Programme zur Schul- oder Freizeitsportförderung an mittlerweile über 3.000 Schulen, Stiftungen und Vereinen besuchten über 2.500 Lehrer und Übungsleiter ihre Aus- und Fortbildungen. Darüber hinaus begleiteten sie weit über 300 universitäre Abschlussarbeiten - von Hausarbeiten bis zu Promotionen. Gemeinsam mit ihrem Team und Kollegen entwickelten sie dazu zahlreiche Konzepte, Handreichungen und Anleitungen für die Praxis, von denen sie die beliebtesten und gelungensten in diesem Sammelwerk "Let's Play" zur unkomplizierten und vielseitigen Anwendung zusammenführen.
Band 1 beinhaltet wissenschaftliche Ergebnisse und Hintergründe für das Konzept "Bewegung, Spiel und Sport als zentraler Baustein" für Gesundheit, Inklusion, Sprachförderung u.v.m. Auf über 120 Seiten finden sich danach Praxisspiele und Impulse für eine allgemeine motorische Förderung, Spiel- und Sport für die Turnhalle, den Pausenhof, die Freizeit oder sogar den Klassenraum; darunter auch sechs komplette Unterrichtsentwürfe für Doppelstunden. Band 2 widmet sich ausschließlich der Praxis und enthält weitere fertige Stundenentwürfe sowie zahlreiche Praxisspiele für die Themenbereiche Ernährung, Interkulturelles Lernen, "Draußen sein" oder aktive Pausen.
Lehrer und Referendare finden hier ebenso zahlreiche Spiel- und Sportideen wie Trainer, Übungsleiter oder Mitarbeiter von Kinder- und Jugendeinrichtungen. Natürlich kommen auch Eltern und Kinder hier auf viele neue Ideen für ihre bewegungs- und spielfreudige Freizeitgestaltung.
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung S. 7
Wissenschaftliche Basis S. 11
Ergebnisse einer Grundlagenforschung im Rahmen von „Klasse in Sport“ S. 11
Zur Bewegung/ zum Spiel/ zum Sport allgemein S. 15
Bewegung, Spiel und Sport als zentraler Baustein S. 19
Ziele und Umsetzung S. 21
Zur Gesundheitsförderung S. 24
Zur Inklusion S. 27
Zur Sprachförderung in der Bewegung (Motopädie)/
zur kognitiven Förderung S. 33
Zum Interkulturellen Lernen S. 35
Zur Trauerbegleitung bei Kindern und Jugendlichen S. 36
Praxisteil S. 41
Spiele für das Klassenzimmer S. 42
Allgemeine Bewegungsspiele S. 42
Zahlen, Größen und Mengenverständnis S. 54
Fachbereich Sprachen oder Kunst/ Sachkunde S. 61
Fachbereich Musik S. 63
Spiele für die Halle/ für den Pausenhof S. 70
Unterrichtseinheiten (exemplarisch) S. 89
1. Unterrichtseinheit S. 89
2. Unterrichtseinheit S. 96
3. Unterrichtseinheit S.102
4. Unterrichtseinheit S.109
5. Unterrichtseinheit S.113
6. Unterrichtseinheit S.118
Inklusive Spiel- und Übungsformen allgemein S.122
Spielform 1: „Der Kreisel“ S.122
Spielform 2: „Pac-Man unplugged“ S.123
Spielform 3: „Pinguine auf dem Eis“ S.124
Spielform 4: „Fließband“ S.124
Spielform 5: „Der Drache und sein Schatz S.125
Spielform 6: „Mein Spiegelbild“ S.126
Spielform 7: „Kegeln, Boccia & Co.“ S.1276
Spielform 8: „Namentafel“ S.128
Spielform 9: „Rosenteich“ S.129
Spielform 10: „Turtle-Treffer“ S.130 Spielform 11 „Kinder-Domino“ S.131
Spielform 12: „Die Reinemacher im Museum“ S.132 Spielform 13: „Störche und Frösche“ S.133
Spielform 14: „Kinder-Cricket“ S.134
Spielform 15: „Doppelter Treffer“ S.135
Spielform 16: „Joker-Fußball“ S.136 Spielform 17: „Die Müllabfuhr“ S.137
Spiel- und Übungsformen zur Awareness S.138
Spielform 1: „Wörter rutschen“ S.138
Spielform 2: „Der Bruchpilot“ S.139 Spielform 3: „Stumme Wegweiser“ S.140 Spielform 4: „Der Fuß-Detektiv“ S.141
Spielform 5: „Der Hirte und seine Schafe“ S.141 Spielform 6: „Augen zu und durch“ S.142
Spielform 7: „Kinder-Tipp-Kick“ S.143 Spielform 8: „Watten-Rallye“ S.144
Spielform 9: „Durcheinander im Zoo“ S.145
Spielform 10: „Schutzschild“ S.146 Spielform 11: „Du bist mein Picasso“ S.147
Einbindung inklusiver Spiele ins Stationenlernen S.148
Vorbereitung S.148
Regeln und Variationen S.149 Hindernis- und Aufgaben- Module S.149 Modul 1: „Stapelhäuschen“ S.150
Modul 2: „Buchstabensuppe“ S.151 Modul 3: „Feuerseil“ S.151
Modul 4: „Balancieren auf Bänken und als „Spurensuche“ S.152 Modul 5: „Springen über eine Schlucht oder ein Hinderniss“ S.153
Modul 6: „Slalom-Wald“ S.154 Modul 7: „Aufgaben mit dem Ball“ S.154 Modul 8: „Floßfahrt“ S.155
Modul 9:„Schraube“ S.156
Literaturverzeichnis S.157
Einleitung
Es gibt wenige Themen im Leben, zu denen alle etwas sagen können. Die Schule gehört aber mit Sicherheit dazu: jeder aus seiner eigenen Erfahrung als Schüler1 oder später als Elternteil mit einem wachsamen oder zuweilen sorgsamen Auge für den eigenen Nachwuchs. Damit ist die Schule Gegenstand eines jeden Lebenslaufes und zahlreicher Diskussionen, vor allem aber auch ein großer Spielball für viele Ressorts, allen voran der Politik. Damit ist Bildung auch ein ständiges Streitthema mit einer enormen Themenvielfalt, egal was der Scheinwerfer in diesem Zusammenhang gerade ins Licht rückt: Ob G8, Inklusion und Chancengleichheit, Integration, PISA-Studien, Zentralabitur, Zusammenlegung und Neuausrichtung von Schulformen oder der Ganztag. Alles wird gefordert, durchdiskutiert, eingeführt, verändert oder zurückgeführt – natürlich macht dies jedes Bundesland für sich. Zudem wirken weitere exogene Faktoren auf das Schulleben: vermehrtes Übergewicht und motorische Entwicklungsstörungen bei Kindern und Jugendlichen, Forderungen an eine ökologisch-nachhaltige Erziehung, Integrationsschwierigkeiten, sozio-demografischer Wandel oder Eltern, die ungeliebte Bereiche ihres eigenen Erziehungsauftrages gerne in den Bereich Schule „outsourcen“ oder andererseits die „Helikopter-Rolle“ einnehmen etc. Hinzu kommt ein stark wachsender Markt für Nachhilfe trotz Ganztagsangeboten in Schulen.
Da verwundert es nicht, dass sich all diese komplexen Prozesse und für viele überfordernden Situationen in einem medialen Echo widerspiegeln. Beiträge oder Titel wie „Wahnsinn Schule - wie retten wir unsere Kinder?“2 sind daher ebenso keine Seltenheit wie die Ratgeber-Hefte für Eltern u. v. m.
Das Thema Inklusion bildet dabei keine Ausnahme. Schlagzeilen wie „Inklusion in der Schule führt zu Ernüchterung“, „Inklusion - schöne Idee, aber kein Konzept“, „Inklusion um jeden Preis – doch wie, bleibt offen“ oder „Wie Eltern das Projekt Inklusion torpedieren“ verschafften diesem wunderbaren Gedanken eines inklusiven Miteinanders, bei dem unterschiedliche Barrieren überwunden werden und Unterschiedlichkeiten als Potenziale begriffen werden, einen fast irreparablen Fehlstart.
Vielleicht liegt es an einer Reformmüdigkeit, an ohnehin schon stark belastetem Lehrpersonal oder an einer grundlegend Defizit-orientierten Haltung in der Gesellschaft, dass die Idee der Inklusion nicht mit offenen Armen empfangen wird. Dabei vereinen sich in ihr alle Forderungen nach Bildungs- und Chancengleichheit, Integration und Vergemeinschaftung, die schon so lange gefordert werden. Dies lässt sich auch bis in den Sportunterricht subsumieren, wo dann nicht mehr der unmittelbare Leistungsgedanke im Mittelpunkt steht, sondern ein Zugang mit nachhaltiger Freude an Bewegung für alle.
Die Schwelle scheint tatsächlich die Umsetzung in die Praxis zu sein. Viel Literatur um Inklusion im Bildungsbereich beschränkt sich auf theoretische Herangehensweisen. Zudem wird - wenn auch zuweilen vielleicht nur unbewusst - der Begriff, oder vielmehr die Philosophie hinter dem Begriff Inklusion, nur auf das körperlich behinderte Kind beschränkt. Die oben zitierten Schlagzeilen stammen allesamt aus der Tageszeitung „Die Welt“ (2012 bis 2015) und sind zumeist mit Kindern im Rollstuhl in einer Schulklasse bebildert.
Die große Herausforderung für die Lehrkräfte liegt aber besonders bei den Kindern mit einem erhöhten emotionalen und/ oder sozialen Förderbedarf oder anderen geistigen Entwicklungsstörungen oder Behinderungen, deren Vielzahl sich alle unterschiedlich darstellen und dem entsprechend mit umgegangen werden muss. So liegt beispielsweise der Anteil der 493.200 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemein bildenden Schulen im Schuljahr 2012/2013 nur bei 7 %. Der Anteil an Schülern mit emotionalem oder sozialem Förderbedarf ist doppelt so hoch (14%), noch höher fällt der Anteil an Schülern mit Förderbedarf aufgrund geistiger Entwicklungsstörungen (16%) aus. Den mit Abstand größten Anteil von 40 % belegen Schüler mit dem allgemeinen Förderschwerpunkt „Lernen“3.
In Bezug auf die oben skizzierte Reformmüdigkeit oder Überlastung des Lehrpersonals lassen sich noch weitere Thesen formulieren. In vielen Schulen übernehmen die Lehrer häufig einen enormen Anteil an Erziehungsauftrag und Zuwendung – und das zu Lasten des Bildungsauftrages. In manchen Familien hat ein regelrechtes Outsourcing der unliebsamen Erziehungsaufgaben stattgefunden. Der Lernstoff ist für die Schüler – und damit für die Lehrer - jedoch derselbe geblieben und wird durch das Abitur nach zwölf Schuljahren (G8) oder die ständig wandelnden Anforderungen der Berufswelt mit ihrem oft zitierten Fachkräftemangel eher noch anspruchsvoller bzw. dichter. Und natürlich gelten in Deutschland dazu noch Einschätzungen aus 16 verschiedenen Bundesländern.
Schüler werden daher zunehmend schon im Kindesalter mit nachhaltigem und damit gesundheitsbelastendem Stress konfrontiert. Der zeitliche Stress aus dem Schulbereich – und z. B. der Nachhilfe oder dem Musikunterricht und dem Sportverein – folgt eine Verdrängung von Zeit, die ein Kind für sich hat. Natürlich auch von Unterrichtsinhalten, die als nicht notwendig gelten wie Religion, Sport oder Kunst. Die Kompetenzorientierung im Sinne einer ganzheitlichen Bildung schließen diese Fächer leider nicht wieder in Gänze ein, vielmehr verdrängt das „Eintrichtern“ das explorative Lernen und Entdecken. Dabei sind besonders Bewegung im Alltag, Sport und Spiel für eine ganzheitliche Erziehung umso bedeutender. Gerade der Sport besetzt Erfahrbarmachung in sozialen, emotionalen oder körperlichen Dimensionen, die andere Fächer nicht erreichen4. Ebenso schafft Bewegung im Alltag oder im Unterricht anderer Fächer für besser physiologische und kognitive Rahmenbedingungen5 und nicht zuletzt das Spiel mit einer emotionalen Dimension als Voraussetzung für neuronale Lernprozesse.
Das vorliegende Buch hat selbstverständlich nicht den Anspruch, Lösungen auf all die oben skizzierten Problemfelder zu bieten. Vielmehr soll es Bewegung, Spiel und Sport und ihre positiven Wirkungen auf heranwachsende Menschen im Sinne einer ganzheitlichen Erziehung praxisnah in den Mittelpunkt stellen.
Im Fokus steht dabei die Bewegung als Förderer von Gesundheit und eines Inklusionsverständnisses im und durch den Sport. Natürlich lassen sich der positive Impact von Bewegung, Spiel und Sport auch auf andere Bereiche anwenden, die hier mit Sprachförderung, Trauerbewältigung oder Interkulturelles Lernen ergänzend skizziert werden.
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Abb. 1: Aufbau des Buches.
Wissenschaftliche Basis
Ergebnisse einer Grundlagenforschung im Rahmen von „Klasse in Sport"
Dieser hier skizzierte Ansatz war und ist auch Konzeptgrundlage eines über zehn Jahre erfolgreich laufenden Gesundheitsförderungsprogramms für Grundschulen namens „Klasse in Sport“ (KiS), das u. a. an der Deutschen Sporthochschule Köln und der Universität Heidelberg konzipiert und evaluiert wurde.
Im Jahr 2011 beschlossen Vorstand und Mitglieder des gleichnamigen Vereins „Klasse in Sport gem. e. V.“ eine zweite umfangreiche Längsschnittstudie durchzuführen und dementsprechende Gelder dafür bereitzustellen. Im Zeitraum von 2012 bis 2014 sollten insgesamt drei Erhebungszeitpunkte, jeweils zwischen Februar und April, an 16 Schulen mit rund 600 Kindern durchgeführt werden, um einerseits die Ergebnisse der ersten wissenschaftlichen Erhebung von 2006 bis 2009 zu bestätigen, darüber hinaus aber andererseits auch neue, weiterführende Erkenntnisse durch ein erweitertes und andersartiges Untersuchungsdesigns zu gewinnen. Insgesamt fanden über 2.200 einzelne Untersuchungen statt.
Die Schüler kamen aus 16 verschiedenen Schulen: acht Schulen, die bei KiS teilgenommen haben, und acht Kontrollschulen, die beide jeweils nach bestimmten Filtern wie sozio-ökonomisches Umfeld, Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund, Zugehörigkeit zu Stadt oder Land etc. ausgewählt wurden. Die Untersuchung umfasste mehrere Kategorien, wie z.B. die Erfassung anthropometrischer und kardiovaskulärer Daten, sportmotorischer und kognitiver Parameter sowie von Einstellungen durch Befragungen von Lehrern und Kindern. Hinzu kam die Erstellung eines Aktivitäten-Profils anhand von Schrittzählermessungen und Bewegungsprotokollen. Besonders sollte hier aber die aufwendige Untersuchung des Blutdrucks und anderer kardiovaskulärer Parameter als Feldstudie, wie es sie bislang so überhaupt noch nicht gegeben hat, hervorgehoben werden. Der Umfang und die Qualität dieser groß angelegten Studie sollte damit dem ganzheitlichen Ansatz des gesamten Interventionsprogramms Rechnung tragen.
Vor dieser Untersuchung sollen hier kurz die wichtigsten Ergebnisse dargestellt werden.
Ergebnisse der qualitativen Lehrerbefragungen:
- Das Interventionsprogramm von KiS bewerteten 100,0% als „sehr gut“ oder „gut“; alle möchten das Projekt fortsetzen.
- Die Lehrer-Fortbildungsveranstaltungen bewerteten 97,3% als „sehr gut“ oder „gut“.
- Die jährlich durchgeführten Abschluss-Turniere bewerteten 95,4% mit „sehr gut“ oder „gut“.
- Zweidrittel bis zu 90% der Lehrer erkannten positive Effekte durch das Projekt auf das Verhalten der Kinder und das soziale Umfeld der Schulen in Bezug
auf:
- Sozialverhalten allgemein
- Interesse an inklusiven Themen
- Interesse an Sport allgemein und an Vereinssport
- Interesse an den Themen Bewegung und Ernährung
- Freundschaften und Vergemeinschaftung
- Die zur Verfügung gestellten Sport-/Bewegungs-Materialien bewerteten 100% als „sehr gut“ oder „gut“.
- Das neue Modul zur Inklusion wurde zu 100% mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet.
Bei der Betrachtung der Schüler an den „KiS“-Schulen ließen sich generell folgende Feststellungen machen:
Die Kinder verbesserten/ steigerten…
- ihre sportmotorischen Fähigkeiten (u. a.im Bereich Ausdauer, Beweglichkeit, Kraft)
- ihre Ergebnisse im Konzentrationstest
- ihre Bewegungsprofile in Schule und Freizeit
- die physiologischen Parameter (u.a. schnellere Erholung nach Belastung)
- ihre durchschnittlichen BMI-Werte (d.h., der Anteil übergewichtiger Kinder reduziert sich)
- ihr Sozialverhalten, Selbstwertgefühl und ihren Spaß am Sport und Bewegung
- den Anteil derjenigen, die Sport im Verein treiben die Umsetzung der Inhalte aus kognitiven Fächern (bspw. Sprache) oder zum Inklusionsverständnis.
Beim Vergleich der Treatment-Gruppe (Kinder aus KIS-AGs) zur Kontrollgruppe konnte festgestellt werden, dass…
- sich zahlreiche positive Effekte auf die Leistungsfähigkeit in nahezu allen Bereichen bereits nach einem Jahr einstellten
- der BMI signifikant stärker gesunken ist als bei den Kindern der Kontrollgruppe
- die Kinder signifikant häufiger in Sportvereinen organisiert sind (positive Steigerung im Gegensatz zur Kontrollgruppe)
- die Ausdauerleistungen sich signifikant verbesserten
- unterschiedliche sportmotorischen Fähigkeiten, insbesondere Beweglichkeit oder Arm- und Rumpfkraft, sich stärker verbessert haben
- die Erholungswerte der Herzfrequenz sich stärker verbessert haben.
In beiden Gruppen konnte festgestellt werden, dass sich der Sport bei den Kindern positiv auf deren Sozialverhalten ausgewirkt hat („ich habe meine Mitschüler besser kennen gelernt“, „ich habe hier neue Freunde gefunden“). Ferner gaben 90,3 % an, sich durch mehr Bewegung im Sport in der Schule besser zu fühlen.
Die Ergebnisse zeigten eindeutig, dass insbesondere die übergewichtigen Kinder überdurchschnittlich vom Interventionsprogramm profitierten.
Somit wirkte KIS nicht nur als Primärprävention, sondern entfaltete auch rehabilitative Wirkung, wie beispielsweise…
- eine überdurchschnittliche Steigerung der sportmotorischen Leistungsfähig-keit im Vergleich zur Gesamtgruppe (insbesondere Ausdauer und Kraft)
- im Bereich der Konzentrationsfähigkeit
- die Entwicklung schnellerer Erholungsphasen bei der Herzfrequenz oder anderer kardiovaskulärer Parameter nach einer Ausdauerbelastung.
Es konnte festgestellt werden, dass übergewichtige Kinder seltener in Vereinen organisiert sind und dies vor allem seltener aus eigenem Willen tun. Ferner gab es im Bereich der Aktivitäten-Profile deutliche Unterschiede, wie beispielsweise einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Bewegungsverhalten in der Freizeit oder einem „motorisierten Schulweg“. Hier zeigte sich nicht nur die Bedeutung von Sport im Besonderen, sondern vielmehr von der alltäglichen Bewegung allgemein.
Bei Anwendung zusätzlicher Filter konnten weitere Erkenntnisse gewonnen werden: u.a.
- Kinder aus ländlichen Gebieten wiesen - mit Ausnahme der Konzentrationsfähigkeit – insgesamt bessere Ergebnisse als Stadtkinder auf. Dies zeigte sich vor allem in der Mitgliedschaft in Vereinen oder im allgemeinen Bewegungs-profil in Schule und Freizeit.
- Jungen wiesen durchweg ein aktiveres Bewegungsverhalten auf als Mädchen.
- Die Ergebnisse von Kindern mit Migrationshintergrund unterschieden sich mathematisch nicht signifikant von den Ergebnissen anderer.
- Unterschiede zwischen Kindern aus Schulen mit sozioökonomisch gehobe-nem Umfeld wiesen zunächst in der zweiten Klasse (2012) kaum Unterschiede zu denen von Kindern aus Schulen mit niedrigerem auf. Bis zur vierten Klasse kristallisierten sich aber zunehmend Differenzen heraus - bspw. Konzentrationstest, Bewegungsprofile, Vereinszugehörigkeit.
Insgesamt folgte diese Studie nicht den zahlreich durchgeführten Untersuchungen der allgemeinen Verschlechterung von Bewegungsleistungen bei Kindern insgesamt und/ oder im Hinblick auf die gefährlichen gesundheitlichen Folgen, sondern legte den Fokus viel mehr auf die Wirkungen einer ganzheitlich angelegten Intervention. Die Schulleiter und Lehrer kamen zu der Erkenntnis, dass solche Programme eine gesundheitsfördernde, inklusive und nachhaltige Wirkung entfalten. Die umfangreich ermittelten Daten aus der Untersuchung der Kinder belegten diese Einschätzung eindrucksvoll.
Die Ergebnisse werden umfangreich in einer Veröffentlichung dargestellt: Bellinghausen & Buschmann (2016): Kindergesundheit in Deutschland – Ergebnisse einer Längsschnittstudie 2012 – 2014. ISBN: 978-3-668-13603-8.
Zur Bewegung/ zum Spiel/ zum Sport allgemein
Einleitend soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass durchaus zwischen Sport und Bewegung differenziert werden muss: Sport ist immer Bewegung, Bewegung ist aber nicht immer Sport. Insbesondere die Bedeutung von Bewegung im Alltag hat die Forschung als äußerst gesundheitsrelevant identifiziert: Nutzen von Treppen statt Aufzügen, Zurücklegen von Strecken zu Fuß oder mit dem Fahrrad anstelle vom Auto. So auch bspw. im schulischen Alltag als Pausenspiel, Aktive Pause im Unterricht oder direkt die bewegte Vermittlung von Unterrichtsinhalten in Fächern wie Mathematik oder Deutsch. Im Gegenteil: Die bewegungsarme Freizeit- und Alltagsgestaltung mit viel Fernsehen, Spielkonsolen, Smartphones & Co. ist sogar als äußerst gesundheitsgefährdend belegt6.
Die Bewegung und der Sport – als Baustein der ganzheitlichen Erziehung – sind viel mehr als nur das Lernen von Sportarten und des eigenen Bewegungsapparates. Sie finden auf mehreren funktionalen, interdependenten Dimensionen statt, die sie von allen anderen schulischen Disziplinen unterscheidet7:
- Bewegung erschließt die Welt (instrumentelle Funktion):
Im Laufen und Springen, im Schwimmen und Radfahren oder im Klettern und Rollen erschließen und erweitern Kinder ihren Lebensraum.
- Bewegung ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit der Umwelt, mit Geräten und Materialien (explorative Funktion):
Im Tasten und Greifen, im Werfen und Fangen oder im Heben und Tragen entdecken Kinder die Eigenart von Geräten, von Bällen oder Reifen, von Schlitten
oder Rollschuhen. Auch unterschiedliche Belage wie Wiese, Sand, Schnee, Kunststoff etc.
- Bewegen erschließt nachhaltige Körpererfahrungen (impressive Funktion):
Im Schwingen oder Schaukeln, im Schwimmen oder Rennen sowie beim Springen oder Balancieren erleben Kinder ihren Körper besonders intensiv.
- Kinder drücken sich durch Bewegung aus (expressive Funktion):
Freude oder Traurigkeit, Ärger oder Spannung sowie Zu- oder Abneigung finden ihren Ausdruck auch in der Bewegung, und häufig ist Bewegung die erste und
spontanste Reaktion auf ein besonders intensives Gefühl.
- Bewegung eröffnet Zugang zu anderen Menschen (kommunikative Funktion):
Bewegung ermöglicht uns erst, Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen und uns anderen mitzuteilen: wir zeigen durch Gesten schon unsere Bedürfnisse,
bevor wir sprechen können, wir erleben Gemeinsamkeit beim Tanzen oder
beim Spiel.
- Kinder gestalten durch Bewegung ihre Umwelt (produktive Funktion):
Einen Schneemann zu bauen, das Wasser am Strand zu stauen und wieder ab-fließen zu lassen, Höhlen oder Buden zu bauen - all dies sind Beispiele dafür, dass
Bewegung auch eine produktive Funktion erfüllt und eine aktive Gestaltung der Welt überhaupt erst ermöglicht.
- In der Bewegung können Kinder vergleichen (komparative Funktion):
Kinder erproben in der Bewegung ihre Kraft und Schnelligkeit, in dem sie ringen und raufen oder um die Wette laufen. Sie vergleichen sich auch
untereinander, in dem sie die Kunststücke oder Fertigkeiten der Größeren nachahmen und auch beherrschen wollen.
- Bewegung verbessert die Kondition (adaptive Funktion):
Bewegungsaktivitäten schaffen erst die Voraussetzungen dafür, dass sich Organe und Muskeln entwickeln. Kinder sorgen für diese Wirkung dadurch, dass sie
sich schnell und/ oder unermüdlich ausdauernd bewegen, oder ihrer Kraft im Klettern und Klimmen, im Stutzen und Hangeln steigern, durch den Einbezug von
Geraten ihre Beweglichkeit und Koordination verbessern.
Fazit:
Bewegung erschließt bedeutsame leibliche, materiale und soziale Erfahrungen, die für die Identitätsentwicklung ebenso hoch einzuschätzen sind wie für elementare Sozialisationsprozesse.
Bewegung ist ein unverzichtbarer Baustein einer ganzheitlichen Entwicklungsförderung.
Im Rahmen des hier vorliegenden Konzepts sollten diese Interdependenzen Berücksichtigung finden wie beispielsweise bei der Vermittlung von Bewegung und Ernährung. Kindern sollten dabei nicht nur reine Kenntnisse über die Ernährung vermittelt werden, sondern bspw. der unmittelbare Zusammenhang zwischen der Aufnahme von Kalorien durch verschiedene Lebensmittel und des Energieverbrauch durch Bewegung nachvollziehbar erläutert und „erlebt“ werden. D.h., die Bewegung soll auch abseits des explizit dazu eingerichteten Sportunterrichts, Sport-AGs oder außerschulischen Sportaktivitäten integriert werden:
Themen- und Methodenbezogenes Bewegen
Inhalte im Unterricht nicht nur kognitiv, sondern unterstützend durch Bewegungshandlungen erschließen, u.a.:
- die Darstellung von Buchstaben, Zahlen, Begriffen u.a.
- das Erfahren von Formen wie Kreis, Dreieck, Viereck durch großmotorische Bewegungen im Raum, oder von Strecken, Größen, Dimensionen u.a.
- Lösen von Rechenaufgaben durch Abschreiten vorwärts, rückwärts, u. a.
- Geschichten vertiefen und besser verstehen durch darstellendes Spiel
- Arbeitsformen, die ein Auflösen der festen Sitzordnung herausfordern Erfahrung und Bewusstmachung von Inhalten der Ernährungslehre durch Bewegung Bewegungschancen durch solche Arbeitsmethoden eröffnen, die eine eigentätige Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand erlauben, u.a.:
- Kartenabfrage bei ersten Zugängen zum Thema
- Gruppenarbeit in „Arbeitsnischen“
- Sicherung von Arbeitsergebnissen durch Wandzeitung
- Nutzung von Informationsquellen
Bewegungspausen im Unterricht
Kurze Unterbrechungen für Bewegung können den Unterricht auflockern, nach-lassende Konzentration wieder aufbauen und den Unterricht rhythmisieren, u.a.:
- Spontanes Bewegen im Freien
- Bewegen mit vorhandenen Materialien in der Klasse
- kleine Bewegungsspiele, die am Platz ausgeführt werden können
Entspannung im Unterricht
Nicht nur eine muskuläre Angelegenheit zur Kompensation langen Sitzens in oft falscher Körperhaltung, sondern auch wirksame Hilfe gegen Psycho-Stress erzeugende Situationen, u.a.:
- einfache Formen der Partnermassage, Eutonie
- Phantasiereisen – auch mit musikalischer Untermalung
- einfache, ablenkende Spiele
Bewegung, Spiel und Sport als zentraler Baustein
An die Erziehung allgemein und insbesondere in der Institution Schule werden viele und hohe Ansprüche gestellt. Zwischen Pisa-Studie und Inklusion, Natur- und Geisteswissenschaft, Gesundheits- und Friedenserziehung oder curricularer Theorie und schulischem Alltag ist es besonders schwierig, den richtigen Mittelweg zu finden. Verschiedene Anspruchsgruppen richten zudem ihren Fokus auf unterschiedliche Themen: die Berufswelt fordert kognitive Leistungsfähigkeit, Mediziner und Gesundheitsverbände fordern die Förderung eines aktiven Lebensstils, die europäische Politik fordert die Umsetzung der Inklusion und die aktuelle politische Lage die Integration von Flüchtlingskindern.
Die Bedeutung von Bewegung, Spiel und Sport für eine ganzheitliche Entwicklung und Förderung verschiedener lebensrelevanter Bereiche in sozialen, psychomotorischen, kognitiven und emotionalen Dimensionen (vgl. Abb. 2), ist in vielerlei Hinsicht in den Hintergrund gerückt oder bis vor einiger Zeit sogar in Vergessenheit geraten.
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Abb. 2: Bewegung, Spiel und Sport als zentraler Baustein für eine ganzheitliche Erziehung.
Ihre positive Wirkung und Bedeutung muss aber wieder in der Gesellschaft, in den Familien und bei jedem einzelnen ankommen und angenommen werden. Viele positiv evaluierte Projekte sowie Forschungsergebnisse belegen klar, inwiefern sich diese positive Wirkung entfaltet: Die motorische Entwicklungsförderung, die Gesundheitsförderung und Prävention kommt ohne Bewegung gar nicht aus. Im Spiel werden soziale Kompetenzen bis hin zu einem Inklusionsverständnis vermittelt. Ebenso lassen sich die Ziele eines Interkulturellen Lernens oder eines gesunden Ernährungsverhaltens spielerisch vermitteln. Es ist auch ausreichend belegt, dass regelmäßige Bewegung einen positiven Effekt auf die kognitive Leistungsfähigkeit oder das emotionale Setting hat8. Die integrative Kraft des Sports findet sich somit mittlerweile explizit in den allgemeinen Zielen für Frieden und Gleichberechtigung der Vereinten Nationen (UN) wieder9.
Im Rahmen dieses Konzeptes soll die Bestrebung der Inklusionsförderung oder der Gesundheitsförderung jedoch nicht singulär betrachtet werden. Vielmehr erschließen sich Interdependenzen zwischen verschiedenen Ansätzen wie bspw. der Bewegungsförderung, dem Interkulturellen Lernen, der Trauerarbeit durch Sport oder auch Vermittlung von Unterrichtsinhalten über Spiel und Bewegung, die sich als Synergie-Effekte positiv beschreiben lassen. Durch gemeinsame Bewegung und Spiel erfahren die Kinder in verschiedenen Dimensionen insbesondere durch sensomotorische, kognitive, psychosoziale oder emotionale Erfahrungen in sozialen Gruppen Unterschiede kennen, bzw. erfahren mögliche Ungleichheiten durch Awareness-Übungen selbst.
Das heißt: Wenn bspw. mit Kindern oder Jugendlichen Mannschaftssport betrieben wird, erfahren die Teilnehmer gleichzeitig Teamprozesse und erwerben die dafür notwendigen Kompetenzen. Auch die Heterogenität und der Stärken-Schwächen-Ausgleich im Team können erfahrbar sein, die der Überwindung kultureller Unterschiede dient. Der basale Anspruch der Gesundheitsförderung bzw. der motorischen Stärkung durch Bewegung ist dabei ohnehin gegeben, evtl. ergänzt durch Aufklärungen über das Trinken im Sport oder die Ernährung abseits des Sports allgemein. All dies kann letztendlich zur Vergemeinschaftung führen, die mit einem Gesundheits- und Inklusionsverständnis bei den Kindern einhergeht. Sofern in anderen Unterrichtsfächern eine methodenbezogene Integration von Bewegung in die Vermittlung derer Inhalte erfolgt, wäre dieses Modell auch bspw. auf den Mathematikunterricht übertragbar. Daher finden sich in diesem Handbuch auch Spiel- und Unterrichtsideen und Abläufe aus verschiedenen thematischen Bereichen.
Ziele und Umsetzung
Hier wird bereits deutlich, welchen Wert Bewegung, Spiel und Sport für die Vermittlung des Gesundheits- und Inklusionsgedankens (oder anderer Bereiche) haben kann. Für alle Dimensionen gilt in gleicher Weise, dass ein Kind über Spiel und Sport in einer explorativen Herangehensweise begeistert werden kann, ohne Leistungsdruck zu empfinden. Empfindet es Freude und macht positive Erfahrungen durch Spiel und Sport in der Gruppe, bzw. Gemeinschaft, steigert es so sein Selbstwertgefühl. In der Schule wird zudem eine Erreichbarkeit aller Kinder sichergestellt, was durch ein freiwilliges Freizeitangebot nicht erzielt werden könnte.
Ein erster Schritt ist die (natürliche) Überführung der positiven Team- und Bewegungserfahrungen in den Alltag und die Freizeit (vgl. Abb. 3), in der die Durchführung im Familien-, Freundes- oder anderen Kreisen genauso wertvoll sein kann.
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Abb. 3: Von Spiel und Sport zum Aktive Lebensstil mit Inklusionsverständnis.
Im Laufe der Adoleszenz entwickelt das Kind, respektive der Jugendliche, ein Gesundheitsbewusstsein im präventiven Sinn -intrinsischer, aktiver Lebensstil. Sind dabei alle Rahmenbedingungen der Inklusion berücksichtigt – auch für den Sport und gemeinsames Spiel - kann Gleichheit von Bildungs- und Berufschancen durch Gesundheit, paritätische Behandlung der Unterschiede, Nutzen der Vielfalt und der intrinsischen Motivation dazu erreicht werden.
Das vorliegende Konzept legt natürlich die allgemeine Teilhabe am Sport zugrunde (vgl. Abb. 4). Eine konzeptuelle Loslösung von Leistungs- oder Wettbewerbsstrukturen soll aber keine Abkehr von ihnen grundsätzlich sein. Der Profisport hat auf höchstem Niveau eine enorme Strahlkraft und Idolwirkung auf alle Kinder und Jugendliche, wodurch ihre Begeisterungsfähigkeit oder intrinsische Motivation gesteigert werden kann. Das Konzept ist aber auf gemeinsames Spielen und Bewegen ausgelegt, ohne Zensuren, mit leichten, individuellen Zielen, schlicht auf Spaß und damit positive Verstärker ausgerichtet. Da dem Sport und der Bewegung (vgl. Abb. 5) eine gesundheitsfördernde Wirkung sowie insbesondere im Mannschaftssport die Vermittlung sozialer Kompetenzen immanent ist, müsste hier eine auf die Inklusion zielgerichtete Form und Reflexion angefügt werden.
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Abb. 4: Modell der Teilhabe am Sport (in Anlehnung an: Lütgeharm, 2013).
Die Zielgruppe kann dabei weiterhin problemlos heterogen sein. Andere Projekte, wie beispielsweise Präventionsprogramme gegen Übergewicht oder motorischer Entwicklungsstörung, haben gezeigt, dass genau eine neue, heterogene Gruppierung dazu geführt hat, Kinder oder Jugendliche nicht zu stigmatisieren, sondern als Team zusammenzuführen, von dem schließlich alle profitieren, die Sportlichen wie die Unsportlichen10.
Jedes Individuum kann – also nicht nur mit körperlicher Behinderung – einen erhöhten Förderbedarf haben, wenn auch nur temporär. Durch eine heterogen besetzte Gruppe mit gemeinsamen Zielen werden hierdurch aber Vergemeinschaftungsprozesse ausgelöst, die diese Anforderungen umfangreich auffangen können.
Das Thema Inklusion wird hier im eigenen Praxisteil daher in zweierlei Hinsicht berücksichtigt: Alle Spiele lassen sich auch als „binnendifferenziertes Spiel“ zur Förderung des Inklusionsverständnisses nutzen. Explizite Hinweise dazu werden jeweils an den Übungen als Variationsmöglichkeit angefügt. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die Inklusion als solche kein eigenes Unterrichtsfach darstellt, sondern vielmehr den gesamten Schulalltag und den gesamten Unterricht durchdringen soll.
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Abb. 5: Bedeutung der Bewegung für die Teilhabe (in Anlehnung an: Lütgeharm, 2013).
Im engeren Sinn geht das Modul „Awareness-Training“ -im Sinne von Sensibilisierung, Erkenntnis oder Bewusstsein- auf explizit-gezielte Übungen der Inklusion ein, in dem es Schüler in die Lage eines anderen mit körperlichen Beeinträchtigungen versetzt.
Wie eingangs bereits erläutert, richten sich die Durchdringung der Bewegung in den gesamten Alltag und die Inklusionsbestrebungen an alle Personen in der Schule, damit sie einen gewohnten Umgang mit der neuen Gesellschaftsperspektive gewinnen. So ist auch das Mitmachen/ die Teilhabe aller im Spiel und Sport ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem inklusiven Schulleben. Dabei stehen das „Prinzip der Selbstbestimmung“ und das „Prinzip der gleichberechtigten Teilhabe“ (vgl. Abb. 5) im Mittelpunkt der Umsetzung.
Selbstverständlich eignen sich aber auch andere pädagogischen Einrichtungen oder Institutionen und Vereine für die Umsetzung dieser Inhalte.
Zur Gesundheitsförderung
Die zunehmende Prävalenz von Übergewicht und Adipositas sowie die Abnahme körperlicher Leistungsfähigkeit oder psychomotorischer Fähigkeiten insbesondere bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland sind durch zahlreiche Studien ausreichend und aktuell belegt11. Ferner gehen auch die aktuellen Studien12 davon aus, dass der Prävention in der Bekämpfung der Übergewichtsproblematik eine entscheidende Rolle zukommt. Das liegt zum einen an der Tatsache, dass die Erfolgsquoten von kurativen Maßnahmen auch schon bei Jugendlichen sehr gering ausfallen13, andererseits der Ursachenkomplex von Übergewicht multifaktoriell ist, d. h. von zahlreichen Umweltfaktoren des Individuums abhängig, wie beispielsweise auch sozial- und familienpsychologische, genetische oder emotionale Probleme. Es lassen sich insbesondere frühkindlich festgelegte Einstellungen gegenüber Bewegung und Ernährung feststellen, die sich bei Eintreten von Übergewicht in einer interdependenten Negativspirale entwickeln14.
Im Bereich der Stressbewältigung bei Kindern (siehe oben) zeigen neuere Forschungsergebnisse, dass Stressmarker heutzutage bereits im Kindes- und Jugendalter zu entdecken sind, ebenso wie chronische (Alters-)Erkrankungen wie Diabetes Typ II, chronische Kopfschmerzen oder Rückenbeschwerden bereits in jungen Jahren nicht selten auftauchen15
Doch nicht nur der zeitliche Stress oder Stress durch Leistungsdruck ist hier ausschlaggebend. Trauer, Trennung der Eltern, Außenseiter-Dasein, mangelndes Selbstwertgefühl – all das kann auch zu nachhaltigem Stress und den körperlich-seelischen Folgen führen. Genauso wie der erwachsene Mensch im Berufsleben nicht auf Dauer einen enormen (Diss-)Stress ertragen kann, kann er bei Kindern ebenso in einen Teufelskreis führen – und in Bezug auf Sport und Bewegung in einen Strukturpessimismus16. Dabei soll in jungen Jahren eine nachhaltig positive Einstellung (Freude und Spaß) an Sport und Bewegung vermittelt werden. Übertriebener Leistungsgedanke oder Ehrgeiz bei den Eltern (vgl Abb.6) ist dabei Fehl am Platz und wirkt eher kontrainduziert.
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Abb.6:„Ehrgeiz-Eltern zerren ihre heulenden Kinder ins Ziel“, berichtet die Schweizer Zeitung Blick über den „Ösi-Juniorenmarathon“ in Linz. Foto: LUI/SPORTMEDIAPIC, unter: http://f.blick.ch/img/incoming/origs 4886431/8632533445-w1280-h960/4-w-985-c-0.jpg
Im Bereich des Übergewichts konnten auch signifikante Korrelationen zwischen der überdeutlichen Prävalenz bei Kindern mit einem niedrigeren sozio-ökonomischen Status oder bei Kindern mit Migrationshintergrund festgestellt werden17. Es liegt daher auf der Hand, dass flächendeckende Gegenmaßnahmen dort eingesetzt werden müssen, wo alle Kinder mit den Präventivmaßnahmen erreicht, und wenn möglich positiv beeinflusst werden können: an den Schulen.
Institution, die durchgängig hauptberuflich pädagogisch arbeitet“18. Wünschenswert wäre natürlich auch, dass in den Familien zu diesen Maßnahmen flächendeckend (zurück-)gefunden wird, doch dies lässt sich nur schwer umsetzen, wie Projekterfahrungen zeigen19.
Damit kommt der Bildungsinstitution Schule eine Schlüsselrolle als Ort der Umsetzung präventiver Maßnahmen für die Kinder zu, der im Wesentlichen eine Voraussetzungen zugrunde liegen muss: Die Schulen und die darin agierenden Personen mit Entscheidungsbefugnis müssen diese Rolle annehmen, sich für diese Problematik verantwortlich fühlen und dies nicht nur auf den Schulsport abschieben. Denn der wird als zentraler Präventionsbaustein seinen eigenen Ansprüchen oft nicht gerecht. Er ist in einem hohen Maße von Unterrichtsausfall und fachfremder Unterrichtung betroffen20. D.h. die Bewegungsförderung, Ernährungsaufklärung, Stressbewältigung etc. als zentrale Präventionsbausteine gegen Übergewicht müssen nach dem Ansatz einer ganzheitlichen Erziehung erfolgen, was in den gesamten Bildungsbereich einfließen muss21.
Der Unterricht, bzw. die sozialen Gruppen, richten und orientieren sich dabei an den Besonderheiten der individuellen Voraussetzungen und verfolgen22
- Zukunftsorientierung durch Anbahnung lebenslangen Sporttreibens in der Freizeit und Bewegung im Alltag
- Keine dauerhafte, einheitliche Leistungsbewertung
- Positive Bewertungen/ Verstärkung: Motivieren, Loben, Anleiten etc.
- Orientierung an Kompetenzen und Entwicklungsstand der Schüler, auch im Sinne der individuellen Förderung
- Orientierung an Wünschen und Interessen der Kinder sowie Einbindung neuer und vielfältiger Bewegungserfahrungen
- Berücksichtigung der Lernstile (visuell, auditiv etc.)
- Freude und Spaß an Bewegung, Spiel oder Sport in den Vordergrund stellen
…
1 Aus Gründen der Leserlichkeit wird in diesem Buch nur die maskuline Version genutzt, wenngleich jeweils alle Formen angesprochen werden sollen.
2 Titel des Focus - Magazins vom 14. Oktober 20148
3 Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Hrsg., 20149
4 Buschmann, 2004
5 Buschmann/ Bellinghausen, 2016 10 11
6 u. a. Reinehr, 2007; Buschmann et al., 2009; Jahn & Senf, 2010
7 Beruhend auf Grupe, O. (1976): Was ist und was bedeutet Bewegung? In: Hahn, E./ Preising, W.: Die menschliche Bewegung. Schorndorf, S. 3–19; Kretschmer, J. (1981): Sport und Bewegungsunterricht 1–4. München, Wien, Baltimore; Kottmann, L.; Küpper, D.; Pack, R.-P. (1997): Bewegungsfreudige Schule – Grundlagen.In: Bundesverband der Unfallkassen (1997): GUV-Informationen. München16
8 Bellinghausen & Buschmann, 2016
9 Die Vereinten Nationen haben die Bedeutung des Sports für Entwicklung in der Resolution 58/5 aus dem Jahr 2003 „als Mittel der Förderung von Bildung, Gesundheit, Entwicklung und Frieden“ anerkannt. Die Grundthese lautet, dass Sport eine wichtige gesellschaftspolitische und sozial-integrative Wirkung entfalten kann.21
10 Buschmann et al. 200924
11 u. a. Weltgesundheitsorganisation, 2005; Kurth & Schaffrath-Rosario, 2007; Ng et al., 2014
12 u. a. Müller & Plachta-Danielzik, 2009
13 Ahrens, Bammann & Pigeot, 2008
14 Reinehr, 2007
15 u. a. Kurth & Schaffrath-Rosario, 2007; Müller & Plachta-Danielzik, 2009; Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 201225
16 Oevermann, 2008
17 u. a. Weltgesundheitsorganisation, 2005; Schumacher, 201026
18 Neuber & Jordens, 2012, S. 292
19 Buschmann et al., 2009
20 Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), 2009
21 Gerber, 2008
22 Rousse, 2012
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