Die vorliegende Bachelorarbeit gibt einen Einblick in die aktuelle Situation der Wasserwacht Bayern hinsichtlich der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung in die Jugendverbandsarbeit der Wasserwacht. Darüber hinaus werden allgemeine Methoden und Möglichkeiten aufgezeigt, die bei der Integration dieser Zielgruppe in die Jugendverbandsarbeit hilfreich sein können und es wird erläutert, was bei der Integration der Zielgruppe in die Jugendverbandsarbeit der Wasserwacht Bayern, aufgrund des Schwerpunkt Schwimmens, speziell beachtet werden sollte.
Dafür wurden insgesamt 62 der insgesamt 526 Wasserwacht Ortsgruppen in Bayern mittels eines empirischen Fragebogens über die aktuelle Situation, Zahlen und Fakten zur Integration der Zielgruppe in die Jugend-verbandsarbeit ihrer Ortsgruppe befragt. Danach wurden aufgrund der so gewonnen Daten zwei Arbeitshilfen, eine ausführlichere und eine kürzere, erstellt, die die Ortsgruppen bei der Integration, genauer gesagt bei der Planung von Aktionen und Projekten zur Integration, von jungen Geflüchteten und jungen Migranten, mit hilfreichen Hinweisen und Tipps unterstützen sollen.
Die so gewonnen Ergebnisse bestätigten die Annahme, dass aktuell nur sehr wenige junge Menschen mit Fluchterfahrung oder mit Migrationshintergrund in die Jugendverbandsarbeit integriert sind. Zunächst war jedoch überraschend, dass die meisten Ortsgruppen aufgrund der schlechten strukturellen Gegebenheiten noch keine jungen Menschen mit Migrations-/Fluchterfahrung integriert hatten und nicht wie zunächst angenommen aufgrund der fehlenden Ideen und Hinweise, wie die Zielgruppe angesprochen werden kann, welche Angebote sinnvoll sind und wie die Integration der Zielgruppe allgemein gelingen kann. Die Bachelorarbeit ist sowohl für aktive Helfer und Führungskräfte der Wasserwacht Ortsgruppen und anderen Schwimmvereinen interessant, sowie für Sozialarbeiter im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Flüchtlinge: Eine Übersicht
2.1 Häufig verwendete Begriffe
2.1.1 Abgrenzung zum Begriff Migration
2.1.2 Flüchtlingsschutz
2.1.3 Schutz politisch Verfolgter
2.1.4 Subsidiärer Schutz
2.1.5 Unbegleitete Minderjährige
2.2 Asylverfahren
2.3 Asylbewerberleistungsgesetz
2.4 Rechte von Flüchtlingen
3 BRK Wasserwacht
3.1 Trägerschaft, Aufgaben, Ziele, Zusammensetzung
3.2 Ehrenamt und Jugendarbeit
4 Jugendverbandsarbeit
4.1 Aktuelle Situation und Statistiken
4.1.1 Zum Wandel der Jugendverbandsarbeit
4.1.2 Prinzipien der Jugendverbandsarbeit
4.1.3 Jugendringe in Deutschland
4.2 Ansätze in der Jugendarbeit mit Flüchtlingen
4.2.1 Interkulturalität
4.2.2 Interkulturelle Orientierung
4.2.3 Interkulturelle Öffnung im DRK
5 Empirische Untersuchung
5.1 Methodische Vorgehensweise: Quantitative Sozialforschung
5.2 Beschreibung der Stichprobe
5.3 Durchführung der empirischen Studie
5.4 Ergebnisse der Umfrage
6 Integration in die Jugendverbandsarbeit der Wasserwacht
6.1 Die Problemstellung Schwimmen
6.2 Schwimmkurse für Flüchtlinge und Migranten
7 Zusammenfassung und Fazit
A Literaturverzeichnis
B Internetquellen
C Anhang
Abstract
Die vorliegende Bachelorarbeit gibt einen Einblick in die aktuelle Situation der Wasserwacht Bayern hinsichtlich der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung in die Jugendverbandsarbeit der Wasserwacht. Darüber hinaus werden allgemeine Methoden und Möglichkeiten aufgezeigt, die bei der Integration dieser Zielgruppe in die Jugendverbandsarbeit hilfreich sein können und es wird erläutert, was bei der Integration der Zielgruppe in die Jugendverbandsarbeit der Wasserwacht Bayern, aufgrund des Schwerpunkt Schwimmens, speziell beachtet werden sollte. Dafür wurden insgesamt 62 der insgesamt 526 Wasserwacht Ortsgruppen in Bayern mittels eines empirischen Fragebogens über die aktuelle Situation, Zahlen und Fakten zur Integration der Zielgruppe in die Jugendverbandsarbeit ihrer Ortsgruppe befragt. Danach wurden aufgrund der so gewonnen Daten zwei Arbeitshilfen, eine ausführlichere und eine kürzere, erstellt, die die Ortsgruppen bei der Integration, genauer gesagt bei der Planung von Aktionen und Projekten zur Integration, von jungen Geflüchteten und jungen Migranten, mit hilfreichen Hinweisen und Tipps unterstützen sollen. Die so gewonnen Ergebnisse bestätigten die Annahme, dass aktuell nur sehr wenige junge Menschen mit Fluchterfahrung oder mit Migrationshintergrund in die Jugendverbandsarbeit integriert sind. Zunächst war jedoch überraschend, dass die meisten Ortsgruppen aufgrund der schlechten strukturellen Gegebenheiten noch keine jungen Menschen mit Migrations-/Fluchterfahrung integriert hatten und nicht wie zunächst angenommen aufgrund der fehlenden Ideen und Hinweise, wie die Zielgruppe angesprochen werden kann, welche Angebote sinnvoll sind und wie die Integration der Zielgruppe allgemein gelingen kann. Die Bachelorarbeit ist sowohl für aktive Helfer und Führungskräfte der Wasserwacht Ortsgruppen und anderen Schwimmvereinen interessant, sowie für Sozialarbeiter im Bereich der Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Verteilung nach dem Konigsteiner Schlüssel [Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Referat 124 ]
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Das Jahr 2015 hat viele neue Höchstzahlen in der Flüchtlingshilfe weltweit erreicht. Der Hochkommissar der Vereinten Nationen für Flüchtlinge, zu dessen Aufgaben auch der Schutz von Flüchtlingen und die Gewährleistung humanitärer Hilfe zählen, hat bereits in seinem ersten Halbjahresbericht 2015 (im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird die Abkürzung UNHCR verwendet) davor gewarnt, dass Flucht und Vertreibung im Jahr 2015 einen Höchststand erreichen könnten. Der Bericht beschreibt die Anzahl von flüchtenden Menschen und führt auf, woher diese Menschen migrieren, wohin sie migrieren und welche Gründen den Fluchthandlungen zugrunde liegen. Dieser Bericht hat zum Zeitpunkt der Veröffentlichung im August 2015 einen alarmierenden Anstieg an Flüchtlingen, Asylsuchenden und Binnenvertriebenen verzeichnet. Die Zahlen ließen befürchten, dass 2015 erstmals über 60 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht sein werden. Gleichzeitig sinkt die Anzahl freiwilliger Rückkehrer immer weiter. Mit schätzungsweise 84.000 Menschen ist sie 2015 auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahrzehnten (UNHCR 2016a).
Allein in Deutschland wurden im Jahr 2015 über 441.000 Asylanträge beim Bundesamt für Migration und Flucht gestellt. Im Jahr 2014 hingegen waren es lediglich ca. 173.000 Anträge, was einen Anstieg der Anträge um mehr als 250% bedeutet. Auch die Antragszahlen der ersten sechs Monate des Jahres 2016 sind im Vergleich zum Vorjahr wieder um mehr als das doppelte angestiegen und ein Rückgang dieser Zahlen bzw. der Immigration ist nicht zu erwarten. Die am stärksten vertretenen Herkunftsländer sind weiterhin Syrien, Afghanistan, und der Irak, wobei über ein Drittel der Antragsteller aus Syrien stammen. Ein weiterer Trend, der sich im Jahr 2016 fortzusetzen scheint, betreffen die Altersgruppe und das Geschlecht der Antragsteller. Im Juni 2016 waren 73,3% der Asylerstantragsteller jünger als 30 Jahre und zwei Drittel aller Erstanträge wurden von Männern gestellt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016a).
Diese statistischen Angaben weisen eindeutig darauf hin, dass für die Gesellschaft dringender Handlungsbedarf im Umgang mit geflüchteten Menschen besteht.
Seitdem sich die Zahlen der Asylerstanträge in Deutschland 2014 deutlich erhöht haben, sind das Bayerische Rote Kreuz (im weiteren BRK) und seine Mitgliedsorganisationen in verschiedenen Bereichen der Flüchtlingshilfe verstärkt gefragt. Konkret sind die aktiven Helfer des BRK als Unterstützung für die Landratsämter tätig, wenn Notunterkünfte eingerichtet werden mussten. In vielen Fällen wurde die Organisation, Planung und Durchführung der Einrichtung dieser Notunterkünfte auch komplett vom BRK übernommen. Die Versorgung der Unterkünfte mit Material, Kleidung, Essen und Hygieneartikel gehört ebenfalls in den Tätigkeitsbereich des BRK. Abseits der Arbeit in den Notunterkünften war es Aufgabe des BRK, das Personal der Gesundheits-/und Landratsämter in den Erstaufnahmeeinrichtungen an der bayerisch-österreichischen Grenze zu unterstützen. Sanitätsdienstliche Zugbegleitung für den Transport von Flüchtlingen in andere Bundesländer wurde auch durch das BRK abgedeckt. Bei all diesen vielfältigen Aufgabenbereichen ist es unerlässlich zu erwähnen, dass die allermeisten Helfer des BRK ehrenamtlich arbeiten.
Einer der stärksten Beweggründe, diese Thematik für meine Bachelorarbeit auszuwählen war, dass ich selbst in den vergangenen Semesterferien als aktive Helferin des BRK in einer Notunterkunft engagiert war. Dort habe ich täglich mit den Flüchtlingen gearbeitet und ihre Situation kennengelernt. Während meines Praxissemesters im Stadtjugendring Würzburg hatte ich darüber hinaus die Möglichkeit, einen kostenlosen Schwimmkurs für geflüchtete Mädchen und Frauen anbieten zu können. Dieser dreimonatige Kurs bot seinen Teilnehmerinnen einmal in der Woche die Möglichkeit, für eineinhalb Stunden kostenlos begleitet schwimmen zu gehen. Sie erhielten im Rahmen dieses Kurses auch die Möglichkeit Schwimmunterricht zu erhalten. Während dieser Arbeit erhielt ich einen sehr guten Einblick, mit welchen Unsicherheiten, Einbußen und Herausforderungen die Frauen und Mädchen in dem für sie neuen Land Deutschland konfrontiert waren. Das größte Hindernis im Umgang mit den Kursteilnehmerinnen waren die fehlenden Deutschkenntnisse. Durch diese Sprachbarriere konnten den Frauen und Mädchen nur schwer Gefahrenhinweise vermittelt werden. Ein persönliches Gespräch, in dem es nötig gewesen wäre, Ängste zu nehmen und neue Motivation zu vermitteln, war bisweilen ohne Dolmetscher unmöglich. Diese Schwierigkeiten hatten zur Folge, dass die anstrebte Schwimmausbildung der Teilnehmerinnen in den meisten Fällen nicht erreicht wurde.
Trotzdem konnte festgestellt werden, dass vor allem die Kinder und Jugendlichen die Abwechslung schätzten und die Routine ihnen Sicherheit bot. Im Gespräch mit Verantwortlichen fiel auf, dass es deutschlandweit sehr wenige flächendeckende Projekte zur Integration von Flüchtlingen gibt, die gerade Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit bieten, sich abseits ihres Flüchtlingsalltags zeitweise als normales Kind oder Jugendlicher zu fühlen.
Daher geht es in dieser Arbeit darum, wie man Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung in die Jugendverbandsarbeit in Deutschland am Beispiel der Wasserwacht Bayern integrieren kann. Analysiert werden sollen verschiedene Methoden und Möglichkeiten, mit denen die Jugendverbände sowohl Kinder und Jugendliche mit Migrations-/Fluchterfahrung ansprechen, als auch langfristig in die Jugendverbandsarbeit integrieren können, sowie Tipps und Informationen, welche Aspekte dabei beachtet werden müssen. In meiner Arbeit soll auch auf die Besonderheiten in den Gruppenstunden und Schwimmtrainings der Jugendarbeit der Wasserwacht Bayern eingegangen werden.
Wie vermutlich viele andere Vereine streben es auch Ortsgruppen der Wasserwacht an, Kinder und Jugendliche mit Migrations-/Fluchterfahrung in ihre Jugendarbeit zu integrieren. Häufig scheitert es daran, dass die Vereine und Ortsgruppen nicht wissen, wie und wo sie die Zielgruppe ansprechen können und welche Angebote notwendig sind, um eine Integration möglich zu machen. Genauso kann es auch passieren, dass nach einer erfolgten Ansprache der Zielgruppe der erwartete Erfolg, bzw. die Teilnahme ausbleibt, da oft wichtige Hintergrundinformationen über die Zielgruppe und ihre Besonderheiten fehlen. Diese Problematik wird in dieser Arbeit mit der Forschungsfrage aufgegriffen:
„Wie kann die Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrations-/Fluchterfahrung in die Jugendverbandsarbeit gelingen?“
Die Fragestellung nimmt in der Sozialen Arbeit aufgrund der überaus ausgeprägten Aktualität der Thematik und den weiterhin steigenden Zahlen an Asylsuchenden in Deutschland einen hohen Stellenwert ein. Die Flüchtlingssozialarbeit zieht sich durch alle Zielgruppen der Sozialen Arbeit und zeigt die Notwendigkeit auf, sich mit der Problematik der Flüchtlinge auseinanderzusetzen. Ein weiterer Grund dafür ist, dass die Flüchtlinge, wenn sie nach Deutschland kommen, häufig nicht nur einer sozialpädagogischen Beratung und Betreuung, sondern teilweise auch einer Traumatherapie bedürfen. Aber gerade auch die Arbeit, die Integration und das Beschäftigen mit der Zielgruppe der Kinder und Jugendlichen mit Migrations-/Fluchterfahrung ist in der Sozialen Arbeit von großer Bedeutung, da knapp ein Drittel der Asylsuchenden unter 18 Jahre alt ist.
Die „Soziale Arbeit mit Flüchtlingen“ ist ein wichtiger Bezugspunkt dieser Arbeit, welche zum einen die Wichtigkeit und das Potential der Integration der Zielgruppe in die Verbandsarbeit deutlich machen und zum anderen Möglichkeiten und Wege der Integration, sowie nützliche Tipps und Informationen für die Verbände ausloten soll. Die Arbeit ist in sechs Kapitel unterteilt und beginnt mit einem einführenden Teil (Kapitel 1). Im zweiten Kapitel wird näher auf die Zielgruppe dieser Arbeit und ihre aktuelle Situation eingegangen sowie ein kurzer Einblick in das Asylverfahren und das Asylbewerberleistungsgesetz gegeben. Im darauffolgenden Kapitel wird näher auf die aktuelle Situation, die Ziele, Aufgaben und die Trägerschaft der Wasserwacht Bayern eingegangen. Das vierte Kapitel liefert zum einen wichtige Zahlen und Informationen zur aktuellen Situation der Jugendverbandsarbeit und befasst sich zum anderen mit bereits vorhandenen Ansätzen, wie man in der Jugendarbeit mit Migranten umgehen sollte und wie ihre Integration gelingen kann. Im fünften Kapitel wird der empirische Teil dieser Arbeit, der sich der Erforschung des aktuellen IST-Zustand der Wasserwacht Bayern hinsichtlich der Integration von jungen Menschen mit Migrations-/Fluchterfahrung in die Jugendverbandsarbeit widmet, sowie die Ergebnisse des im Rahmen dieser Arbeit erstellten Fragebogens vorgestellt. Im sechsten Kapitel stehen dann die Besonderheiten der Integration der Zielgruppe in die Jugendarbeit der Wasserwacht im Fokus. Hierbei soll näher auf mögliche Methoden zur Ansprache und Integration der Zielgruppe eingegangen werden, sowie wichtige Informationen und Charakteristika zur Zielgruppe gegeben werden. Aus diesen Inhalten werden daran anschließend eine kürzere und eine ausführlichere Arbeitshilfe für die Jugendarbeit der Wasserwacht abgeleitet. Im letzten Kapitel werden schließlich die Fragestellung noch einmal kurz dargestellt und die gesammelten Ergebnisse resümierend erläutert.
2 Flüchtlinge: Eine Übersicht
Eine Vielzahl von Gesetzesänderungen im Bereich der Asylbewerber wurde von der Bundesregierung auf den Weg gebracht, um Asylbewerber vor der Einreise nach Deutschland abzuschrecken, indem sie ihre Rechte einschränken. Der Grund dafür sind die rapide ansteigenden Zahlen von Asylanträgen die tagtäglich in Deutschland gestellt werden. U.a. wurden verschiedene Asylschnellverfahren beschlossen, durch die bestimmte Gruppen von Asylsuchenden schneller in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können. Außerdem müssen viele Asylsuchende künftig noch länger in den häufig katastrophal überfüllten Erstaufnahmelagern verbleiben, manche von ihnen sogar dauerhaft. Des Weiteren wurde die sogenannte Residenzpflicht wieder verschärft, einige Leistungskürzungen für Asylsuchende wurden beschlossen, die Abschiebung kranker Menschen wurde erleichtert und das Recht auf Familiennachzug beschnitten. All diese Maßnahmen bleiben natürlich nicht folgenlos. So wirken sie sich nicht nur negativ auf das Asylverfahren und die Unterbringung von Asylbewerbern aus, sondern vor allem auch auf deren Integration und unser gesellschaftliches Klima.
Das folgende Kapitel soll einen kurzen Einblick und eine Übersicht über die in der Thematik, häufig verwendete Begriffe, das Asylverfahren sowie einige gesetzliche und rechtliche Grundlagen von Flüchtlingen und Asylbewerbern geben.
2.1 Häufig verwendete Begriffe
2.1.1 Abgrenzung zum Begriff Migration
Die Begriffe Migrant/innen und Flüchtlinge werden unter anderem auch in der Diskussion um die Flüchtlingspolitik und die aktuelle Situation der Flüchtlinge von Teilen der Bevölkerung fälschlicherweise synonym verwendet. Deshalb sollen die beiden Begriffe in diesem Kapitel kurz voneinander abgegrenzt werden.
Der Begriff der Migration ist sozialwissenschaftlich fundiert und ist ein Oberbegriff für viele verschiedene Arten der Migration. Dabei ist die Migration ein wesentliches beschreibendes Merkmal eines Menschen, so wie seine Geburt, Krankheiten und sein Tod. Dabei ist die Geschichte der Migration, also der Wanderungen, genauso alt wie die Geschichte der Menschheit, da sich der Mensch als Homo migrans über die gesamte Welt ausgebreitet hat. Allgemein sind Migranten alle Menschen, die aus ihrem Heimatland in ein anderes Land auswandern, egal aus welchem Grund sie dies tun. Dazu zählen unter anderem Menschen, die beispielsweise aufgrund der Heirat, der Arbeitsaufnahme oder allgemein um ihre persönlichen oder wirtschaftlichen Lebensbedingungen zu verbessern nach Deutschland ziehen. Des Weiteren zählen strenggenommen aber auch Flüchtlinge unter den Begriff der Migranten, da sie ebenfalls migrieren und in ein anderes Land wandern. Da der Begriff der Migrant/innen beispielsweise aufgrund von Einbürgerungen aber immer nur Teilgruppen oder Teilaspekte umfassen konnte und mit der Zeit auch als nicht mehr brauchbar erschien, hat es sich etabliert, diese Personengruppe als Menschen mit Migrationshintergrund zu beschreiben. Dazu zählen auch die Kinder von Personen, die aufgrund der Überschreitung von Landesgrenzen oder sprachlichen Grenzen einen Migrationsprozess durchlebt haben. (Bayerischer Rundfunk 2014; Eppenstein, Thomas 2008: 23f und Bade, Klaus Jürgen 2004: 27)
Damit ein Mensch als Flüchtling bezeichnet werden kann, müssen allerdings noch mehr Faktoren erfüllt sein, wie bei dem Begriff des Migranten. Der Begriff des Flüchtlings und die weiteren spezifischen Begriffe zu dem Thema Flucht, werden in den folgenden Kapiteln erläutert. Ganz allgemein sind Flüchtlinge alle Menschen, die aus Konflikt- oder Kriegsgründen in ein anderes Land oder eine andere Region fliehen. Dazu zählt auch, wenn sie aus politischen, aus rassistischen oder aus Gründen der Geschlechterzugehörigkeit fliehen müssen, weil sie deshalb in ihrer Heimat verfolgt werden. (Bayerischer Rundfunk 2014)
2.1.2 Flüchtlingsschutz
Ein Flüchtling ist laut der Definition des Artikel 1 der Genfer Flüchtlingskonvention eine Person, die sich zum einen innerhalb eines Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzt und in dem sie auch nicht ihren ständigen Wohnsitz hat und die zum anderen aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung hat und den Schutz ihres Herkunftslandes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen ihrer Angst vor Verfolgung nicht dorthin zurückkehren kann.
(Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016b)
Es macht dabei keinen Unterschied, ob der Asylsuchende die Merkmale aufweist, wegen denen er verfolgt wird, oder ob sie ihm nur von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Die Verfolgung kann beispielsweise vom jeweiligen Herkunftsstaat, von staatsähnlichen Akteuren wie zum Beispiel größeren Parteien oder Organisationen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, wenn staatliche oder staatsähnliche Akteure nicht willens sind, oder nicht die Möglichkeit haben, Schutz vor der landesweit drohenden Verfolgung zu bieten. Die Genfer Flüchtlingskonvention regelt, dass Menschen, die hiervon betroffen sind, in einem Asylverfahren der Flüchtlingsschutz zuerkannt werden soll (UNHCR 2016b).
Als Verfolgung können unterschiedliche Handlungen gelten, die in ihrer Gesamtheit einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte gleichkommen, oder Handlungen, die Menschenrechte verletzen von denen laut Artikel 15 Absatz 2 der EMRK eine Abweichung nicht zulässig ist, wie z.B. der Folter, sowie Handlungen, die eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, die durch ihre Art oder Wiederholung der Handlung hervorgerufen werden. Beispiele hierfür wären die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung oder gesetzliche, administrative, polizeiliche und/oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016b).
2.1.3 Schutz politisch Verfolgter
Wer in seinem Herkunftsland politisch verfolgt wird, kann laut Artikel 16a des Grundgesetzes in Deutschland Asyl und somit Schutz vor Verfolgung genießen. In Deutschland wird das Asylrecht nicht nur aufgrund der völkerrechtlichen Verpflichtungen der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 umgesetzt, sondern es ist als einziges Grundrecht, das nur Ausländern zusteht, fest in unseren Grundgesetzen verankert und hat somit Verfassungsrang. Dieses Asylrecht soll die Würde des Menschen in umfassender Weise schützen.
Als politisch Verfolgte gelten Menschen, die aufgrund ihrer politischen Überzeugung, ihrer Religion, oder anderen Merkmalen, die ihr Anderssein ausmachen, in ihren Menschenrechten verletzt werden und aufgrund der Intensität dieser Verletzung aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgegrenzt werden. Eine asylrelevante Verfolgung stellt dabei aber nicht jede staatliche Maßnahme dar, die sich gegen einen Bürger richtet und an ein persönliches Merkmal anknüpft. Eine solche Handlung muss die drei folgenden Merkmale erfüllen, um als asylrelevante Verfolgung gewertet zu werden. Bei der Maßnahme muss es sich zum einen um eine gezielte Menschenrechtsverletzung handeln, zum anderen muss sie in ihrer Intensität darauf gerichtet sein, einen Menschen gezielt aus der Gesellschaft auszuschließen. Ferner muss die Maßnahme so schwerwiegend sein, dass sie die Menschenwürde des Betroffenen verletzt und über das hinausgeht, was die Bürger des jeweiligen Landes sonst allgemein hinzunehmen haben.
Dabei wird die Handlung nur dann als politische Verfolgung gesehen, wenn sie in irgendeiner Form vom Staat ausgeht und somit auch als staatliche Verfolgung gesehen werden kann. Dabei können abgesehen von staatlichen Verfolgern auch nichtstaatliche Verfolger berücksichtigt werden, wenn diese selbst an die Stelle des Staates getreten sind oder ihre Handlung dem Staat zuzurechnen ist. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016c)
Nicht von diesem Asylrecht betroffen sind Asylsuchende, die über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sind oder aufgrund von Bürgerkriegen, Revolutionen, Hungersnöten, Naturkatastrophen, Armut oder anderen Notsituationen ihr Land verlassen haben. Auch allgemeine Nachteile, die sich aus den in dem jeweiligen Heimatland aktuell vorherrschenden sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnissen für die Bürger und Bürgerinnen ergeben und die sie alltäglich zu ertragen haben, stellen keinen Grund für den Schutz durch das Asylrecht dar. (Bundeszentrale für politische Bildung 2016)
2.1.4 Subsidiärer Schutz
Einen Anspruch auf subsidiären bzw. behelfsmäßigen Schutz kann ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser haben, bei dem das Asylrecht nicht greift und dem auch kein Flüchtlingsschutz gewährt werden kann. Als subsidiär Schutzberechtigter wird er dann anerkannt, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Ernsthafter Schaden liegt dann vor, wenn dem Betroffenen in seinem Herkunftsland die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung droht. Für die Bundesrepublik ergibt sich diese Verpflichtung aus dem Völkerrecht, nachdem im Sinne der „Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“ (EMRK) Abschiebeverbote beachtet werden müssen. Näheres dazu ist im §60 Absatz 5 Aufenthaltsgesetz geregelt. Des Weiteren sollen Ausländer in Europa subsidiären Schutz genießen, wenn ihnen in ihrem Herkunftsland eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts, drohen würde. Beispielsweise dürfen erkrankte Personen nicht wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden und sollen dem subsidiären Schutz unterliegen, wenn sich die Krankheit durch die Abschiebung erheblich oder lebensbedrohlich verschlimmern würde. Dies ist im Gesetz im §60 Abs. 7 Aufenthaltsgesetz geregelt. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge d, e und Aufenthaltsgesetz)
2.1.5 Unbegleitete Minderjährige
Unter diesem Begriff werden im Asylverfahren Kinder und Jugendliche verstanden, die noch unter 18 Jahren alt sind, also im Sinne des Gesetzes als minderjährig gelten, keine deutsche Staatsbürgerschaft besitzen und ohne einen erwachsenen sorgeberechtigten Begleiter in einen Mitgliedsstaat der EU eingereist sind, oder dort von dem Begleiter alleine zurückgelassen wurden.
Die Lebenssituation von unbegleiteten Minderjährigen wird in Deutschland in einem besonders hohen Maß durch die komplexen rechtlichen Regelungen bestimmt und beeinflusst. Häufig werden den Kindern und Jugendlichen, die bereits unter einer Vielzahl von Belastungen und Ausgrenzungen leiden, zusätzlich bestimmte Grundrechte vorenthalten. Dabei wird nicht nur ihre Einreise, ihr Aufenthalt sondern auch ihre Versorgung und ihre Zukunftschancen durch viele rechtliche Regelungen und langwierige Prozesse, die teilweise auch länderspezifisch sind, stark erschwert. Gesetze, die hierbei beachtet werden müssen, sind u.a. das SGB VIII, welches jedoch nur dann Anwendung findet, wenn über eine ausländerrechtliche Duldung verfügt wird, sowie das Aufenthaltsgesetz, das Asylverfahrensgesetz und das Asylbewerberleistungsgesetz. Auch wenn sich diese Regelungen seit 2013 immer wieder etwas verändern, bleibt der grundlegende Charakter des Asylsystems weiterhin bestehen (Hargasser, 2014: 48ff). Alle unbegleiteten Minderjährigen, die nach dem 1. November 2015 nach Deutschland eingereist sind, werden zunächst vorläufig von dem örtlich zuständigen Jugendamt in Obhut genommen. Ähnlich wie bei den volljährigen Asylbewerbern sollen die unbegleiteten Minderjährigen, wenn keine Gründe dagegen sprechen, ebenfalls bundesweit, innerhalb von 14 Tagen in einer entsprechenden Einrichtung untergebracht werden. Damit möchte man zum einen ein kontrolliertes und sicheres Aufwachsen der Minderjährigen sicherstellen, aber zum anderen auch die Belastungen für die einzelnen Kommunen so gerecht wie möglich verteilen.
Bei der vorläufigen Inobhutnahme können die Minderjährigen entweder in sogenannten Clearinghäusern, in Jugendhilfeeinrichtungen, bei Pflegefamilien oder bei Verwandten, die sich im Inland befinden untergebracht werden. Am meisten auf die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen spezialisiert sind die Clearinghäuser. Dort und in allen anderen Einrichtungen oder Familien sollen in der ersten Zeit nach der Ankunft des Minderjährigen ein sogenanntes Erstscreening stattfinden. In diesem Screening soll durch das Jugendamt eingeschätzt werden, ob die Durchführung des Verteilungsverfahrens eine physische oder psychische Belastung des Minderjährigen im Sinne einer Kindeswohlgefährdung darstellen würde. Des Weiteren wird danach gefragt, ob sehr enge Beziehungen zu anderen minderjährigen Geflüchteten bestehen, die berücksichtigt werden sollen und ob sich Verwandte des Minderjährigen im In- oder Ausland befinden, um die Möglichkeit einer Familienzusammenführung feststellen zu können. Ferner werden noch eine Stellungnahme zum gesundheitlichen Zustand des Minderjährigen durch einen Arzt eingeholt und das Alter der Minderjährigen durch verschiedene Möglichkeiten wie eine radiologische Untersuchung der Handwurzel oder des Gebisses bestimmt.
Nachdem die Jugendlichen nach dem Verteilungsverfahren von einer geeigneten Person oder einer geeigneten Einrichtung in Obhut genommen wurden, finden die Beantragung einer Vormundschaft, die medizinische Untersuchung, die Ermittlung des Erziehungsbedarfs sowie die Klärung des Aufenthaltsstatus durch das Bundesamt statt (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016).
2.2 Asylverfahren
Vorrangig zuständig für viele Fragen rund um das Asylverfahren ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016g und Hargasser 2014: 74f). Seine Hauptaufgabe ist die Prüfung der Asylanträge und das Informieren der Antragsteller über alle wichtigen Aspekte des Verfahrens. Die Mitarbeiter des BAMF müssen dabei bewerten, ob dem Antragsteller in seinem Herkunftsland Verfolgungsmaßnahmen drohen, die ihm seine Freiheit entziehen oder sein Leben bedrohen. Außerdem informieren sie die Asylantragsteller über wichtige Teile des Asylverfahrens, wie zum Beispiel über die Verfahrensdauer, wie die Entscheidung getroffen wird und welche Folgen sie für den Asylbewerber hat.
Für alle Ausländer, die in Deutschland Asyl suchen, gibt es zwei Möglichkeiten. Die erste Variante ist, dass sie sich direkt bei ihrer Einreise an eine Grenzbehörde oder staatliche Stelle wenden, die sie dann einer nächstgelegenen Erstaufnahmeeinrichtung zuteilt. Für den Fall, dass der Asylsuchende aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland einreisen möchte, muss ihm dies jedoch verweigert werden. Die zweite Variante ist, dass sie sich erst im Inland als Asylsuchender zu erkennen geben und von dort aus einer nächstgelegenen Erstaufnahmeeinrichtung zugeteilt werden. Alle Asylsuchenden, die ihr erstmaliges Asylbegehren bei einer der Grenzbehörden, einer staatlichen Stelle, wie z.B. der Polizei, oder einer Aufnahmeeinrichtung geäußert haben und registriert wurden, werden im ganzen Bundesgebiet Deutschland verteilt. Diese Verteilung geschieht nach festen vorbestimmten Kriterien, die die Asylsuchenden erfüllen müssen, um einem bestimmten Bundesland zugeteilt zu werden. Das hier angewandte Verfahren nennt sich „Erstverteilung der Asylbegehrenden“ (EASY) auf die verschiedenen Bundesländer. Wenn der Asylsuchende sich noch nicht in der ihm zugeteilten Erstaufnahmeeinrichtung befindet, muss er sich zu derjenigen begeben, die ihm durch das Verteilungssystem zugeordnet wurde. Seinen Asylantrag muss der Asylsuchende dann in der Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellen, die seiner Erstaufnahmeeinrichtung zugeteilt wurde.
Welcher Erstaufnahmeeinrichtung ein Asylsuchender zugeteilt wird, hängt von mehreren Kriterien ab. Zum einen spielen die Aufnahmekapazitäten der einzelnen Erstaufnahmeeinrichtungen natürlich eine große Rolle. Zum anderen hängt die Verteilung aber auch von dem Herkunftsland des Asylsuchenden ab, da nicht jede Außenstelle des Bundesamtes jedes Herkunftsland bearbeitet. Deswegen sind häufig an einem Ort viele Flüchtlinge derselben Nationalität. Eine weitere große Rolle spielt aber auch der sogenannte Königssteiner Schlüssel. In ihm ist geregelt, welchen Anteil an Asylsuchenden welches Bundesland aufnehmen muss. Diese Aufnahmequoten werden jedes Jahr aus den Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der einzelnen Bundesländer errechnet.
Im folgenden Absatz soll der theoretische Ablauf eines Asylverfahrens eines volljährigen Asylsuchenden vereinfacht dargestellt werden. Ziel der Erläuterungen soll sein, mögliche Anknüpfungspunkte für die Jugendarbeit zu identifizieren. Hierbei kann natürlich nicht jede theoretische Einzelfallvariante aufgezeigt werden. Die ersten drei Schritte wurden dabei bereits im oberen Absatz näher erläutert und werden hier nur der Vollständigkeit wegen erwähnt. Nachdem ein Ausländer sein Asylgesuche bei einer Grenzbehörde oder im Inland gestellt hat, nach dem EASY-Verfahren einer Erstaufnahmeeinrichtung zugeteilt wurde und sich in der entsprechend zuständigen Einrichtung gemeldet hat, muss er persönlich seinen Asylantrag bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge stellen. Danach soll mit Hilfe des Dublinverfahrens herausgefunden werden, welcher Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist, um sicherzustellen, dass der jeweilige Antrag auch nur von einem Mitgliedsstaat inhaltlich bearbeitet wird. Wenn in dem persönlichen Gespräch mit dem Asylbewerber herauskommt, dass Deutschland für die Bearbeitung des Asylverfahrens zuständig ist, dann wird der Antrag im nationalen Asylverfahren weiter geprüft. Im nächsten Schritt folgt dann die Anhörung des einzelnen Antragstellers bzw. der Familie. In diesem Gespräch soll vor allem die Verfolgung im Heimatstaat näher geschildert werden, da das Einzelschicksal eine wichtige Grundlage für die Entscheidung ist, ob Asyl gewährt werden kann. Neben dem Einzelschicksal werden aber auch andere relevanten Erkenntnisse, sowie weitere Ermittlungen über das jeweilige Herkunftsland in eine Gesamtschau des Falles miteinbezogen. Viele relevante Daten über ein Herkunftsland, wie z.B. Ausarbeitungen des Bundesamtes, Auskünfte und Lageberichte des Auswärtigen Amtes, Informationen des Flüchtlingshilfswerks UNHCR sowie viele weitere Daten, sind in der Datenbank des Informationszentrums für Migration und Flucht gespeichert und können dort abgerufen werden. Hierbei sollen Tatsachen über die Verfolgung genannt werden und Beweismaterial vorgelegt werden. Zu der Anhörung muss jeder Asylbewerber persönlich erscheinen. Die Anhörung ist gesetzlich vorgeschrieben, nicht öffentlich und man bekommt einen Dolmetscher zur Seite gestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 zeigt die Verteilungsquote der Asylsuchenden nach dem Königsteiner-Schlüssel für das Jahr 2016.
Das Ergebnis der Entscheidung über den Asylantrag wird dem Antragssteller schriftlich zugestellt. Das Schreiben beinhaltet neben der Entscheidung und einer Begründung dieser Entscheidung auch eine Rechtshilfebelehrung, die in einer Sprache verfasst sind, von der man ausgehen kann, dass der Antragsteller sie versteht. Wenn der Antragsteller durch einen Bevollmächtigten vertreten wird, wird das Schreiben jedoch nicht übersetzt. Für den Fall, dass der Asylantrag abgelehnt wird, werden dem Schreiben eine Aufforderung zur Ausreise sowie eine Abschiebungsandrohung beigefügt. Wenn es sich bei dem Antrag um ein offensichtlich unbegründetes Asylgesuch handelt, bekommt man eine Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche zugeschickt. Ein offensichtlich unbegründeter Antrag liegt dann vor, wenn es offensichtlich ist, dass sich der Antragsteller beispielsweise nur in Deutschland aufhält, um einer allgemeinen Notsituation oder einer kriegerischen Auseinandersetzung zu entgehen, oder weil ihn wirtschaftliche Gründe beeinflussen. Handelt es sich um einen einfach unbegründeten Antrag, wird dem Antragssteller eine Ausreisefrist von 30 Tagen zugewiesen. Für die Abschiebung des Asylbewerbers ist jedoch nicht mehr das Bundesamt zuständig, sondern die Ausländerbehörde des jeweiligen Bundeslandes. Wird einem in dem Schreiben die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und ggf. einer Asylberechtigung mitgeteilt, so erhält man eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre. Nach Ablauf dieser Frist prüft das Bundesamt erneut, ob die Voraussetzungen für die Anerkennung weiterhin vorliegen. Ist dies der Fall, so liegt es im Ermessen des Bundesamtes, dem Antragsteller eine unbefristete Niederlassungserlaubnis zu erteilen. Wird einem der subsidiäre Schutz zuerkannt, bei dem die Flüchtlingseigenschaft und die Asylberechtigung abgelehnt werden, so erhält man vorerst eine Aufenthaltserlaubnis von einem Jahr. Wird nach Ablauf dieser Frist dem Antrag erneut zugestimmt, so erhält man eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis für jeweils zwei weitere Jahre. Hier kann nach sieben Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis erteilt werden, wenn weitere Voraussetzungen wie z.B. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache vorliegen. Die letzte Sachentscheidung, die einem mit dem Schreiben mitgeteilt werden kann, ist die Feststellung eines Abschiebungsverbots, bei dem man eine Aufenthaltserlaubnis von mindestens einem Jahr zuerkannt bekommt. Auch diese kann wiederholt verlängert werden. Für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis gelten die gleichen Konditionen wie beim subsidiären Schutz (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016g und Hargasser 2014: 74f).
2.3 Asylbewerberleistungsgesetz
Das Asylbewerberleistungsgesetzt soll den Grundbedarf und die Grundversorgung eines Asylbewerbers sicherstellen. Leistungsberechtigte nach diesem Gesetz sind u.a. Ausländer, die eine Aufenthaltsgestattung besitzen, Ausländer, denen eine Duldung nach §60a des Aufenthaltsgesetzes zugesprochen wurde oder Ausreisepflichtige. Sie erhalten das, was sie für das alltägliche Leben brauchen. Die Leistungen eines Asylbewerbers umfassen die Grundversorgung für Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege, sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter im Haushalt. Diese Grundleistungen werden in Form von Sachleistungen bereitgestellt. Darüber hinaus erhalten sie ein Taschengeld für persönliche Bedürfnisse im Alltag, Leistungen bei Krankheit, Schwangerschaft und Geburt, sowie bei besonderen Umständen auch weitere Leistungen. Wenn der Asylbewerber nicht in einer Aufnahmeeinrichtung (Gemeinschaftsunterkunft) untergebracht ist, kann von der Bereitstellung der Grundleistungen in Form von Sachleistungen, wenn dies nötig ist, abgewichen werden. Die Einzelheiten dieses Verfahrens regeln die jeweiligen Bundesländer. Die örtlich zuständigen Sozial- oder Ausländerbehörden können nähere Auskünfte hierzu erteilen. (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2016h und Asylbewerberleistungsgesetz)
2.4 Rechte von Flüchtlingen
Welche Rechtsgrundlage für einen Flüchtling gilt, ist vor allem von ihrem aktuellen Status abhängig. „Anerkannte“ Flüchtlinge bekommen andere Rechte und Leistungen als z.B. „Geduldete Flüchtlinge“ oder Asylsuchende. Welche Leistungen Asylbewerber erhalten, wurde bereits im vorherigen Absatz über das Asylbewerberleistungsgesetz näher erläutert. Grundsätzlich bekommen in Deutschland Anerkannte Flüchtlinge die gleichen Sozialleistungen wie alle anderen Hilfebedürftigen, während Asylsuchende nur rund 90 % der vorgesehenen Sozialleistungen erhalten. Dabei variiert die Höhe der Leistungen, die ein Anerkannter Flüchtling oder ein Asylsuchender in Europa bekommt, je nachdem in welchem Land man seinen Erstantrag gestellt hat, um mehrere hundert Euro. Beispielsweise bekommt ein Anerkannter Flüchtling in Frankreich rund 100€ mehr als in Deutschland, während ein Asylsuchender in Lettland knapp 300€ weniger bekommt als in der Bundesrepublik (Die Welt 2015).
Aber auch innerhalb Deutschlands variieren die Art und Weise, wie und wo Flüchtlinge untergebracht werden, sowie die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes von Bundesland zu Bundesland und von Kommune zu Kommune sehr stark. Beispielsweise bekommen Asylsuchende in manchen Bundesländern statt Bargeld nur Lebensmittelpakete. Anstelle regulärer Gesundheitsversorgung wird ihnen anderorts nur eine medizinische Notversorgung gewährt. Die Art der Unterbringung ist bundesweit nicht standardisiert und variiert zwischen einem dauerhaften Aufenthalt in großen Aufnahmeeinrichtungen mit Mehrbettzimmern, die keinerlei Privatsphäre oder Rückzugsmöglichkeit bieten und kleineren Einrichtungen. Gründe für diese uneinheitliche Vorgehensweise sind aber nicht nur die gerade in den letzten Jahren stark gestiegenen Zahlen an Asylbewerbern, sondern vor allem auch mangelnde Planung, Wohnraumknappheit und die Unterfinanzierung vieler Kommunen. Nicht zuletzt ist es auch eine Frage des politischen Willens, ob und inwiefern die Politik die nötigen Bedingungen schaffen will, um Flüchtlinge in Deutschland zu integrieren und ihnen eine Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben in Deutschland zu ermöglichen (Pro Asyl 2016).
Das Recht, sich eine eigene Wohnung zu suchen, wird lediglich anerkannten Flüchtlingen zugesprochen. Asylbewerber oder Geduldete sollen aus humanitären Gründen in Gemeinschaftsunterkünften wohnen. Als anerkannter Flüchtling hat man es trotzdem sehr schwer, wenn man sich eine eigene Wohnung suchen möchte um beispielsweise seine Familie nachziehen zu lassen, da gerade für Familien kaum Wohnungen verfügbar sind, die sie sich leisten können.
Aber auch die medizinische Versorgung von Asylbewerbern ist weiterhin stark eingeschränkt. So werden Berechtigungsscheine weiterhin von fachfremdem Personal, wie z.B. dem von Sozialämtern ausgestellt. Damit bleiben den Asylbewerbern manche Leistungen vorenthalten bzw. werden vorenthalten, solange es sich nicht um die Behandlung akuter Erkrankungen oder von Schmerzzuständen handelt.
Das gemeinsame europäische Asylsystem (GEAS) soll sicherstellen, dass in allen europäischen Mitgliedsstaaten die gleichen Aufnahme- und Verfahrensbedingungen für die Stellung eines Asylantrags herrschen, damit Asylsuchende unabhängig vom Ort ihrer Antragsstellung vergleichbare Grundvoraussetzungen vorfinden. Allerdings liegt die Ausgestaltung der Teilhaberechte von Asylsuchenden weiterhin bei den Mitgliedstaaten selbst. Somit ist die berufliche Integration von Flüchtlingen ein wesentlicher Indikator für die gesellschaftliche Integration von Flüchtlingen in den jeweiligen Mitgliedsstaat (Gag/Voges 2014: 92). Die Arbeitsrechte von Flüchtlingen werden immer noch sehr restriktiv behandelt. In der Diskussion über den Arbeits- und Fachkräftemangel in Deutschland wird auch von Arbeitsagenturen immer wieder der Wunsch geäußert, einen schnelleren und leichteren Zugang zu Arbeitsplätzen für Flüchtlinge zu schaffen. Trotz kleinerer gesetzlicher Änderungen in diesem Bereich bleiben die großen Hürden dennoch weiterhin bestehen. Ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt in dieser Diskussion sind die Sprachkurse, die weiterhin nur anerkannten Flüchtlingen nach der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zustehen. Während der Zeit des Asylverfahrens oder der Duldung gibt es keine flächendeckenden, systematisch geförderten Sprachkurse, wie die Integrationskurse des Bundes. Das führt häufig dazu, dass Asylbewerber teilweise jahrelang keinen Sprachkurs und somit auch keine Möglichkeit auf weitere Bildungschancen bekommen, damit sie z.B. ihr Studium wieder aufnehmen oder ihre Ausbildung abschließen können. Dadurch werden ihnen aber auch die Arbeitsmarktintegration und die Möglichkeit, ihr eigenes Geld zu verdienen verwehrt. Ein vollständiges Arbeitsverbot für Flüchtlinge besteht seit 2014 zwar nur noch für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, jedoch ist diese gesetzliche Regelung leider mangelhaft, denn sie ermöglicht den Ausländerbehörden auch nach Ablauf der drei Monate einen sehr großen Ermessenspielraum, situationsbedingt ein Arbeitsverbot aussprechen zu können. Grund dafür ist die in dem Gesetz verwendete Formulierung „kann erteilt werden“. Was die Beschäftigungserlaubnis angeht, so gab es 2013 in diesem Bereich einige Erleichterungen, sodass anerkannte Flüchtlinge nun mit ihrer Aufenthaltserlaubnis auch eine uneingeschränkte Beschäftigungserlaubnis erteilt bekommen. Flüchtlinge, die eine Duldung bekommen haben, oder sich noch im Asylverfahren befinden, können seit 2014 nun schon nach 15 Monaten eine uneingeschränkte Beschäftigungserlaubnis erhalten. Vor Ablauf dieser Zeit hat ein Flüchtling einen sogenannten „nachrangigen Zugang“ zum Arbeitsmarkt, was bedeutet, dass die Betroffenen bei der Arbeitssuche bei jeder in Frage kommenden Stelle ein Verfahren durchlaufen müssen, bei dem u.a. geprüft wird, ob ein bevorrechtigter Arbeitnehmer, der beispielsweise Deutscher ist oder aus einem der EU-Mitgliedsstaaten stammt, für diese Arbeitsstelle in Frage kommt. (Pro Asyl 2015 und Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2016)
3 BRK Wasserwacht
3.1 Trägerschaft, Aufgaben, Ziele, Zusammensetzung
Das Bayerische Rote Kreuz (BRK) ist der einzige, der insgesamt 19 Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), der aus historischen Gründen kein eingetragener Verein, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist. Als solche untersteht das BRK der Rechtsaufsicht des Bayerischen Innenministeriums und muss daher umfassend über seinen Haushalt Rechenschaft ablegen. Das BRK ist weder konfessionell noch politisch ausgerichtet und die Trägerschaft liegt aufgrund der Rechtsform bei dem BRK selbst. Das BRK verfügt über sechs kleinere Tochtergesellschaften, die größtenteils auch als gemeinnützige Gesellschaften organisiert sind. Dazu zählen u.a. der Blutspendedienst des BRK, die Sozialservice-Gesellschaft und die Handels- und Dienstleistungsgesellschaft. Gegliedert ist das BRK ähnlich wie ein Bundesland in 5 Bezirksverbände, die in etwa den Regierungsbezirken entsprechen, und insgesamt 73 Kreisverbände, die in etwa den Landkreisen in Bayern entsprechen. Die unterste Ebene ist der Ortsverein, hier engagieren sich die ehrenamtlichen Helfer des BRK in ihren jeweiligen Gemeinschaften. Vertretungen der jeweiligen Gemeinschaften auf Ortsebene, finden sich auf der Kreis,- der Bezirks- und der Landesebene. Hier werden die Interessen der Helfer sowie wichtige Neuerungen und aktuelle Themen besprochen.
Die sieben Grundsätze der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung bestimmen die Aufgaben und Ziele des BRK im Wesentlichen. Diese lauten: Menschlichkeit, Neutralität, Universalität, Unabhängigkeit, Unparteilichkeit, Freiwilligkeit und Einheit.
Die Aufgaben des BRK sind sehr komplex und vielfältig. Länderübergreifende Aufgaben und Ziele des BRK sind u.a. die Hilfe für Opfer in Katastrophengebieten, die Förderung von nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, die Verhütung und Linderung menschlicher Leiden, die sich aus Krankheit, Behinderung, Verletzung oder Benachteiligung ergeben und die Förderung der Jugend, der Wohlfahrt und der Gesundheit. Wichtige in der Bevölkerung bekannte Tätigkeitsbereiche sind beispielsweise der Zivil- und Katastrophenschutz, der Blutspendedienst, der Sanitätsdienst, die Alten- und Krankenpflege, die Ausbildung der Bevölkerung in Erster-Hilfe, im Schwimmen und im Rettungsschwimmen, sowie die Notfallrettung und der Krankentransport.
3.2 Ehrenamt und Jugendarbeit
Das BRK verfügt aber auch über vier ehrenamtliche Gemeinschaften, ohne deren 130.000 aktive und ehrenamtliche Helfer das komplexe Hilfeleistungssystem nicht aufrechterhalten werden könne (Helferland Bayern 2010).
Das Jugendrotkreuz ist ein eigenständiger Jugendverband, der als großer Verband auch im Bayerischen Jugendring vertreten ist. Außerdem ist er ein anerkannter Träger der Jugendhilfe und umfasst die komplette Jugend innerhalb des Bayerischen Roten Kreuzes. Das JRK ist aber auch Teil der internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung und ist der Nachwuchsverband für die anderen Gemeinschaften des BRK. Hier werden die Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen langsam an die Erste-Hilfe und die damit verbunden Maßnahmen herangeführt, über die Geschichte und die Grundsätze des Roten Kreuzes informiert und in ihrem Verantwortungs- und Gesundheitsbewusstsein gefördert. Eine besonders wichtige Aufgabe des JRK ist der Ausbau des Schulsanitätsdienstes an möglichst vielen Schulen in Bayern. Das JRK befasst sich aber auch mit immer wieder wechselnden Kampagnen und Projekten zu unterschiedlichen aktuellen gesellschaftlichen Themen, beispielsweise mit der Diversität, mit dem Klimawandel, oder der Prävention von Gewalttaten. (Jugendrotkreuz 2016)
Die Bereitschaften des BRK haben sich aus den ursprünglichen Sanitätskolonnen und der Frauenbereitschaft, die sich um den Sanitätsdienst bei den unterschiedlichsten Veranstaltungen gekümmert haben und um Zivil- und Katastrophenschutz tätig waren, entwickelt. Allerdings ist ihr Aufgabenspektrum heute jedoch noch vielfältiger geworden. So sind die aktiven Helfer der Bereitschaften u.a. auch für die Betreuung und Verpflegung der Blutspendedienste zuständig, sie kümmern sich um die Abholung von Kleidercontainern und die Hundestaffeln helfen bei der Suche von vermissten Personen. Darüber hinaus sind die vielen spezialisierten Schnelleinsatzgruppen des BRK im Katastrophenschutz unverzichtbar geworden. So gibt es u.a. spezielle Einsatzgruppen für die Behandlung, die Betreuung, die Verpflegung, den Transport der Patienten, für die Technik und Sicherheit, für Einsätze, bei denen giftige Chemikalien oder radioaktive Stoffe beteiligt waren, sowie für die Information und Kommunikation in Großschadenslagen. Aber auch die Motorradstaffel, das Kreisauskunftsbüro und die Notfallnachsorge sind spezielle Fachdienste der Bereitschaften. (Bereitschaften Landesverband 2016)
Die Bergwacht stellt den Rettungsdienst in den bayerischen Alpen und Mittelgebirgen sicher und unterstützt den Naturschutz. Einstätze, die in Höhlen oder in unwegsamem Gelände stattfinden, werden durch die Helfer der Bergwacht unterstützt und geleitet. Die Bergwacht besteht aus über 4.200 ehrenamtlichen Helfern und ist in 36 Einsatzbereiche gegliedert. Die Einsatzzahlen der Bergwacht stiegen in den letzten Jahren aufgrund des veränderten Freizeitverhaltens und dem zunehmenden Tourismus in den Alpenregionen stark an. Dabei gibt es je nach Jahreszeit im Sommer oder im Winter ganz unterschiedliche Hauptaufgabengebiete. Für die Bewältigung der Einsätze stehen hier die Fachdienste der Höhlenrettung, der Luftrettung, der Canyonrettung und der Seilbahnevakuierung zur Verfügung (Bergwacht Bayern 2016).
Die Wasserwacht ist die vierte und gleichzeitig größte ehrenamtliche und gemeinnützige Gemeinschaft des BRK. Sie kümmert sich vor allem um die Wasserrettung in Bayern. Der Bevölkerung in Bayern ist sie durch den Dienst in Wachstationen an den großen Seen und Flüssen sowie als Badeaufsicht in Schwimmbädern bekannt. Die BRK-Wasserwacht ist die größte Wasserrettungsorganisation in Bayern. Sie wurde 1883 gegründet und ist in Bayern flächendeckend in fast allen Landkreisen organisiert. Aktuell stellt die Wasserwacht Bayern mit über 120.000 Mitgliedern und über 55.000 aktiven Helfern den größten Wasserwacht Landesverband in Deutschland. Ihr Leitspruch ist „aus Spaß am Sport und aus Freude am Helfen“ (Helferland Bayern).
Finanziert wird die Wasserwacht vor allem durch Mitgliedsbeiträge, Spenden, sonstige Zuwendungen sowie Vergütungen für abgeleistete Dienste. Dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz Neutralität und Unabhängigkeit. Aufgrund der vielerorts angespannten finanziellen Situation der Kommunen und Städte, Landkreise und Gemeinden ist es der Wasserwacht oftmals nicht möglich, ortsnah Schwimmtrainings oder Schwimmkurse anzubieten. Vielerorts werden Schwimmbäder geschlossen oder in „Spaßbäder“ unter kommerzieller Trägerschaft verändert. Vielerorts können es sich die Gemeinden nicht mehr leisten, ihrer Wasserwacht kostenfrei ein Schwimmtraining zu ermöglichen. Deshalb ist der Kostenfaktor der Schwimmbadeintritte eine große Herausforderung geworden. Durch die Schließung von Schwimmbädern und die damit nicht durchgeführten Schwimmkurse und Schwimmunterrichte an Schulen erlernen immer weniger Kinder das Schwimmen
Aktuell lernen in den 526 Ortsgruppen in Bayern jährlich ca. 10.000 Kinder und Jugendliche das Schwimmen und über 6.000 Menschen haben im Jahr 2015 ein Rettungsschwimmabzeichen bei der Wasserwacht erworben. Insgesamt gibt es 256 Schnelleinsatzgruppen im Wasserrettungsdienst und über 600 Wachstationen in Bayern. Über 5.000 Einsätze werden jährlich von den aktiven ehrenamtlichen Helfern bewältigt, die im Jahr ca. 1.800.000 Einsatzstunden unentgeltlich leisten (Wasserwacht Bayern 2016).
Die Hauptaufgabe der Wasserwacht ist die Bekämpfung des Ertrinkungstodes und das Ausführen der mit ihr verbundenen Maßnahmen (Altgassen 1997: 135f). Die Wasserwacht Bayern verfügt über zwei Fachdienste, die wiederum verschiedene Ausbildungsbereiche anbieten, in denen man sich engagieren kann. Zum einen gibt es den Fachdienst Wasserrettungsdienst mit seinen Bootsführern, Rettungstauchern, Tauch- Leinenführern, Wasserrettern, Rettungsschwimmern im Wasserrettungsdienst und vielen weiteren speziellen Ausbildungen wie. z.B. Canyoning- und Fließwasserrettung, welche die heutige Freizeitgestaltung der Bevölkerung absichern. Hauptsächlich befasst sich der Fachdienst „Wasserrettungsdienst“ mit der Rettung und Bergung von Menschen oder Gegenständen in oder am Wasser und stellt durch seine Wachstationen den Badebetrieb an vielen Seen, Flüssen, Hallen- und Freibädern im gesamten Freistaat Bayern sicher. Zum anderen gibt es den Fachdienst Gewässer-, Natur- und Umweltschutz (GNU) mit seinen engagierten Naturschützern und GNU- Streifenführern, die im Gewässer- und Naturschutz aktiv sind. Das Aufgabengebiet umfasst Naturexkursionen, Kröten- und Müllsammelaktionen, Präventionsarbeit im Gewässer-, Natur- und Umweltschutz, oder den Nistkastenbau. Die Wasserwacht leistet aber auch Präventionsarbeit, z.B. durch Anfängerschwimmkurse, in denen Kinder und Jugendliche, aber auch Erwachsene und Senioren das Schwimmen beigebracht bekommen und durch die Baderegeln das richtige Verhalten in und am Gewässer lernen. Auch Gesundheitsprävention durch Wasserqymnastik und Aquajogging ist bei der Wasserwacht möglich. Des Weiteren bildet die Wasserwacht nicht nur ihre eigenen Mitglieder, sondern auch die Bevölkerung in speziellen Kursen im Rettungsschwimmen und den Grundlagen der Ersten-Hilfe aus. Weitere wichtige Aufgaben der Wasserwacht sind u.a. das Mitwirken in den diversen Einheiten des Katastrophenschutzes des BRK, die Heranführung der Kinder und Jugendlichen an die Grundsätze des Roten Kreuzes und die Grundlagen des Rettungsschwimmens und der Ersten-Hilfe, die Öffentlichkeitsarbeit und die Mittelbeschaffung (Kupke et al. 1998: 11f).
In den einzelnen Ortsgruppen gibt es verschiedene Leitungsämter, in die sich die Helfer für jeweils 4 Jahre wählen lassen können. Die wichtigsten vier Leitungsämter sind der Vorsitzende, der technische Leiter, der Jugendleiter und der Kassenwart. So hat zum Beispiel jede Ortsgruppe einen Vorsitzenden, der die Ortsgruppe bei Veranstaltungen, Festen und Besprechungen repräsentiert und vertritt. Der technische Leiter organisiert die Ausbildungen und die Ausstattung seiner Helfer, sowie das Material und die Abwicklung von Diensten und Einsätzen. Der Jugendleiter vertritt Kinder und Jugendlichen in der Ortsgruppenleitung und ist für die Durchführung der Schwimmtrainings, Gruppenstunden und weiteren Aktivitäten verantwortlich. Der Kassenwart führt die Kameradschaftskasse und behält den Überblick über die Einnahmen und Ausgaben seiner Ortsgruppe. Die Ortsgruppenleitung besteht aus maximal 10 Personen und kann aus gewählten und von der Ortsgruppenleitung hinzuberufenen Funktionsträgern besetzt sein. Nähere Informationen dazu lassen sich auch der Ordnung der BRK-Wasserwacht entnehmen.
Die Wasserwacht-Jugend ist die Jugendorganisation der Wasserwacht und bildet in ihren Schwimmtrainings Kinder und Jugendliche aller Altersgruppe im Schwimmen und Rettungsschwimmen aus. Hier lernen die Kinder nicht nur Wissenswertes über die Wasserrettung, sondern bekommen auch viele praktische Tipps und lernen, wie man einem Menschen, der in einem Gewässer in Not gekommen ist, richtig helfen kann. Dazu gehören nicht nur die richtigen Schwimmtechniken, sondern auch der richtige Umgang mit Rettungsmitteln, die häufig in der Nähe von Gewässern aufzufinden sind. Das hilft den Kindern und Jugendlichen, ihre Wasserfreizeit sicherer zu machen und bereitet sie gleichzeitig auch schon auf die wichtigsten Ausbildungen vor, die man dann als jungaktiver Helfer ab 16 Jahren, oder als aktiver Helfer ab 18 Jahren absolvieren kann. In Gruppenstunden, die nicht alle Jugendgruppen auf Ortsebene anbieten, werden den Kindern und Jugendlichen u.a. Grundlagen der Ersten-Hilfe und der Knotenkunde, der Geschichte des Roten-Kreuzes, Wissenswertes über den Natur- und Gewässerschutz und den Wasserrettungsdienst beigebracht. In der Wasserwachtjugend geht es neben den Ausbildungen und der Wissensvermittlung auch um viele Projekte und Aktionen, die das Gemeinschaftsgefühl stärken. Das Angebot reicht vom gemeinsamen Grillen am See, über kleinere Bootstouren bis zu großen Beachpartys. Außerdem finden in den meisten Kreisverbänden auch einmal im Jahr große Jugendwettbewerbe im Rettungsschwimmen und in der Ersten-Hilfe statt, an denen die Jugendgruppen teilnehmen können. Gemeinsame Aktionen, mit den aktiven Helfern oder der Ortsgruppe, wie z.B. die Altpapier- und Müllsammelaktionen, oder das Verkaufen von Losen am Volksfest dienen nicht nur der Mittelbschaffung, sondern schaffen auch Verbindungen zu den anderen aktiven Helfern.
4 Jugendverbandsarbeit
4.1 Aktuelle Situation und Statistiken
Die ersten dokumentierten Gründungen von Jugendverbänden gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Hier wurden vor allem kirchliche Jugendverbände gegründet.
Ein Jugendverband, wie beispielsweise das Jugendrotkreuz, ist ein Zusammenschluss von Kindern und Jugendlichen, die das Ziel haben, gemeinsame Interessen und Werte der Kinder und Jugendlichen zu vertreten. Die Jugendverbände verstehen sich als Angebot der Bildung und Erziehung, als Möglichkeit der Selbstentfaltung und Sammlung von Erfahrungen. Übergeordnetes Ziel der Jugendverbandsarbeit ist es, zur sozialen, politischen und individuellen Orientierung und Verantwortung der jungen Menschen beizutragen und sie damit bei ihrer Persönlichkeitsentwicklung, Selbstfindung und -verwirklichung zu unterstützen.
Dies wird durch Angebote, wie z.B. überörtliche Aktionen und Kampagnen, gemeinsame sportliche Aktivitäten, Vermittlung von Medienkompetenzen, soziale und politische Bildung, zusammen vorbereitete und durchgeführte Aktionen zur Freizeitgestaltung und sonstige Maßnahmen erreicht.
Zentrale Merkmale aller Angebote der Jugendverbandsarbeit sind die Freiwilligkeit, an einer Aktion mitzuwirken, die Orientierung an den Werten des jeweiligen Verbandes und die Selbstorganisation bzw. die Partizipation an der Gestaltung der Angebote durch die Kinder und Jugendlichen. Viele Angebote, Aktionen und Projekte werden so von den Kindern und Jugendlichen eigenständig und eigenverantwortlich mitorganisiert.
Hauptzielgruppe der Jugendverbände sind Kinder ab ca. 8 Jahren bis zum jungen Erwachsenen mit ca. 25 Jahren. Die meisten Jugendverbände verfügen zwar über ähnliche Strukturen und Organisationszusammenhänge, sind aber anhand ihrer Größe, der jeweils spezifischen Zielsetzung und dem Leitbild bzw. dem Organisationsansatz voneinander zu unterscheiden.
Man kann alle Jugendverbände grob in vier unterschiedliche Gruppen einteilen (nach Hafenger und Svoboda):
- Fachverbände (Feuerwehrjugend, Jugendrotkreuz, THW Jugend etc.)
- Gewerkschaftliche oder politische Verbände (Deutsche Gewerkschaftsbund-Jugend)
- Freizeitverbände (Sportjugend, Naturschutzjugend, Wanderjugend)
- Weltanschauliche und konfessionelle Verbände (BDKJ, CVJM etc.)
Die Vertretung von Kindern und Jugendlichen in ihren Verbänden wird auf Orts-, Kreis-, Bezirks-, Landes- und Bundesebene wahrgenommen. In den jeweiligen Ebenen wählen die Vertreter ihre Leitung selbst und demokratisch.
Insgesamt gibt es in Deutschland über 200 verschieden große Jugendverbände, die auch regional gesehen unterschiedlich stark vertreten sind. Derzeit gibt es jedoch keine zuverlässige bundesweite Statistik der man entnehmen könnte, wie viele Kinder und Jugendliche in den Jugendverbänden aktiv sind. Auch Zahlen, die aus Hochrechnungen von verschiedenen Jugendstudien stammen, sind schwierig zu interpretieren. Zudem liegen auch kaum empirische Ergebnisse zu den Aktivitäten von Jugendverbänden vor. Dennoch geht man davon aus, dass rund ein Drittel der jungen Menschen von den Jugendverbänden erreicht werden (Kreft/Mielenz 2013: 515ff und Seckinger, Mike 2009: 21f). Viele Jugendverbände, v.a. die kirchliche Jugendarbeit, hatten lange Zeit eine große Abneigung gegen wissenschaftliche Analysen. Hier kündigt sich seit der Jahrtausendwende ein Umschwung an, da immer mehr Jugendverbände wissenschaftliche Erhebungen zu der Anzahl und Beteiligung von jungen Menschen in ihrem Verband durchführen (Ilg, Wolfgang 2007: 11f). Ein Problem bei der Bestimmung der Anzahl der Jugendlichen, die ein Angebot eines Verbandes nutzen, ist der Begriff des Mitglieds. Dieser Begriff ist zum einen nur noch in wenigen Bereichen der Jugendverbandsarbeit aussagekräftig und zum anderen bezeichnen sich beispielsweise weniger als die Hälfte der Jugendlichen, die angeben ein Angebot der Evangelischen Jugend zu nutzen, selbst als Mitglied dieses Verbands. Dies erschwert die Abfrage von Mitgliedschaften in Jugendverbänden in den verschiedenen Studien und reduziert die Aussagekraft des Ergebnisses (Corsa, Mike 2007: 208).
Die Mitglieder von Jugendverbänden können nach Gängler (2001: S. 901) in vier Unterschiedliche Gruppen eingeteilt werden: Die Konsumenten, die Stammkunden, die Mitglieder im engeren Sinn und die Ehrenamtlichen stellen die vier von ihm aufgestellten Gruppen dar, die auch eng mit der persönlichen Verbundenheit zu einem bestimmten Verband verknüpft sind. So nutzen laut Gängler die Konsumenten zwar bestimmte Angebote oder Aktionen eines Verbandes, aber sie fühlen sich nicht besonders mit diesem verbunden. Die Gruppe der Stammkunden hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Angebote und Aktionen der Verbände langfristig und regelmäßig nutzen. Die regelmäßige Nutzung der Angebote muss aber nicht zwangsweise auch mit einer größeren Verbundenheit zu dem anbietenden Verband zusammenhängen. Erst in der Gruppe der Mitglieder im engeren Sinn ist eine stärkere Verbundenheit zu dem Verband vorhanden als in den ersten beiden Gruppen. Die Mitglieder im engeren Sinn charakterisiert, dass sie sich mit den Inhalten des Verbandes identifizieren und sich an den Werten, Normen und Zielen desselben orientieren. Die Ehrenamtlichen, die meist bestimmte Aufgaben, Funktionen oder Ämter innerhalb eines Verbandes erfüllen werden auch meistens aus dem Kreis der Mitglieder im engeren Sinne gewonnen.
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- Quote paper
- Christina Bender (Author), 2016, Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund und Fluchterfahrung im Bereich der Jugendarbeit, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/344811
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