Der mit mehreren h.-c.- Doktortiteln geehrte Prof. Thomas Luckmann (geb.1927) ist sowohl ein Schüler Carl Meyers und Alfred Schütz´ als auch ein bedeutender zeitgenössischer Soziologe. Seit seiner Emeritierung 1994 verfügt das „Alfred Schütz-Gedächtnis-Archiv“ des Sozialwissenschaftlichen Archivs Konstanz über die Manuskripte seines bisherigen Schaffens.
Das Stichwort von der „unsichtbaren Religion“ brachte Luckmann bereits 1963 in die Diskussion. Damals war längst ersichtlich, wenn man nicht gar schon auf Nietzsche zurückgreifen wollte, dass nach dem beobachtbaren Traditionsabbruch in der modernen Industriegesellschaft, dem Zerfall der Plausibilität herkömmlicher Religionssysteme und dem Abbröckeln religiöser Institutionen die „Religion“ jedoch nicht verschwunden sei. Sie sei vielmehr abgewandert, ausgewandert und unsichtbar geworden. Wohin hat sie sich verflüchtigt? Etwa in die Politik als civil religion? Oder in die Alltagserfahrung als Erfahrungen kleiner, mittlerer und großer Transzendenzen?
Luckmann sagte noch 1964, und das gegen alle Empiristen, aber auch gegen Husserl oder Heidegger gerichtet: „Die unmittelbare Erfahrung ist wesentlich sinnlos.“ Sinn ergebe sich nur in der Interpretation unmittelbarer Erfahrung, anhand eines Wissens- und Wertschemas, „also in einem erfahrungstranszendenten Bezug“. Im Jahr 2000 klang das schon moderater, als er an der Theologischen Fakultät Leipzig die Frage zu beantworten suchte, wo in modernen Gesellschaften Moral noch öffentlich kommuniziert würde und nach welchem Muster. Sein Thema sei, räumte er dort einleitend ein, wissenschaftlich schwerer als viele andere gesellschaftliche Erscheinungen in den Griff zu bekommen, weil unser tägliches Handeln unmittelbar in diesen Erscheinungen verfangen sei. Das erschwere den theoretischen Abstand zu unserer selbstverständlichen Praxis. Freilich, ein Wertschema aufzustellen, ein Modell zu erdenken, eine Idee zu haben ist das eine; das andere, wie es gelingen kann, solches dann der Welt oder der Sache überzustülpen. Zu viele Soziologen oder Wissenschaftler träumen noch immer wie Politiker, Techniker oder Militärs davon, alles in den Griff zu bekommen.
Inhaltsverzeichnis
- Biblio-Biographisches
- Die Bedeutung seines Essays „Die unsichtbare Religion“
- Die anthropologische Bedingung der Religion
- Die gesellschaftlichen Formen der Religion
- Die Sprache als die wichtigste Objektivierung der Weltansicht.
- Die Weltansicht = Religion = persönliche Identität.
- Die individuelle Religiosität
- Fazit und Kritik
- Erfahrung soll sinnlos sein?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay „Die unsichtbare Religion“ von Thomas Luckmann befasst sich mit der Frage, wie sich Religion in modernen Gesellschaften wandelt und wie sie im Alltag erfahrbar wird. Der Autor analysiert die Auswirkungen der Konsumorientierung und der wachsenden Autonomie auf die religiöse Praxis und die individuelle Identität.
- Die Verlagerung von Religion aus traditionellen, institutionellen Rahmen in den Alltag
- Die Bedeutung der Sprache als Mittel der Weltanschauung und der Konstruktion von Identität
- Die Rolle von Transzendenzerfahrungen in der modernen Gesellschaft
- Die Transformation der Religion in eine „unsichtbare“ Form
- Die Herausforderungen und Möglichkeiten individueller Religiosität in einer säkularisierten Welt
Zusammenfassung der Kapitel
- Biblio-Biographisches: Dieses Kapitel stellt den Autor, Thomas Luckmann, vor und gibt einen Überblick über sein Leben und Werk. Es wird auf seine wichtigsten Veröffentlichungen und seine akademische Laufbahn eingegangen.
- Die Bedeutung seines Essays „Die unsichtbare Religion“: In diesem Kapitel wird die Bedeutung des Essays „Die unsichtbare Religion“ für die Religionssoziologie hervorgehoben. Es wird erläutert, warum das Werk zu den Klassikern der neueren Religionstheorien zählt und welche Folgen es für die wissenschaftliche Debatte hatte.
- Die anthropologische Bedingung der Religion: Dieses Kapitel untersucht die Beziehung zwischen Religion und Gesellschaft und stellt die These auf, dass die moderne Welt mit einem Schwund der Religionen einhergeht. Es wird auf die Veränderungen in der Gesellschaft und die Herausforderungen für die Religion in der modernen Welt hingewiesen.
- Die gesellschaftlichen Formen der Religion: In diesem Kapitel werden die verschiedenen Formen der Religion in der modernen Gesellschaft betrachtet. Dabei wird die Rolle der Sprache als Mittel der Weltanschauung und der Konstruktion von Identität hervorgehoben. Es werden auch die unterschiedlichen Formen von Transzendenzerfahrungen in der modernen Gesellschaft analysiert.
- Die individuelle Religiosität: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage, wie sich die Individualisierung der Gesellschaft auf die religiöse Praxis auswirkt. Es wird diskutiert, wie die Religion in der heutigen Zeit von den Vorlieben des Einzelnen geprägt wird und wie sich das auf die Suche nach Sinn und Bedeutung auswirkt.
Schlüsselwörter
Die unsichtbare Religion, Religionssoziologie, moderne Gesellschaft, Säkularisierung, Konsumorientierung, Autonomie, Individuelle Religiosität, Transzendenzerfahrung, Weltanschauung, Identität, Sprache, Soziale Konstruktion der Wirklichkeit.
- Quote paper
- Siegmar Faust (Author), 2005, Thomas Luckmann: Identität als universale Form, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/34480