Diese Arbeit soll dem Leser/der Leserin einen Einblick in die Welt der Dreiecksbeziehungen geben. Dabei liegt der Fokus speziell auf der Betrachtung von Dreieckskonstellationen einer Frau mit zwei Männern. Es wird erörtert, auf welchen Gründen Beziehungsdreiecke basieren und welche Lösungs- und Hilfemöglichkeiten damit verbunden sein können. Außerdem soll die Arbeit dazu beitragen, ein neues Verständnis gegenüber Dreiecksbeziehungen zu entwickeln. In ihnen liegt, neben aller Enttäuschung und Verzweiflung, ein tieferer Sinn verborgen, der die große Chance des persönlichen Wachstums in sich trägt.
Auch wenn es bisher noch eine weit verbreitete Meinung ist, dass das Eingehen von Dreiecksbeziehungen vorrangig eine Domäne der Männer darstellt, so ist in dieser Arbeit der besondere Fokus auf das weibliche Geschlecht gerichtet. Während es bei Männern in der Natur zu liegen scheint, untreu zu sein, warum gehen auch immer mehr Frauen fremd? In der Arbeit geht es nicht darum, einen Vergleich zwischen den Geschlechtern anzustellen, sondern zu hinterfragen, was speziell Frauen dazu bewegt, Beziehungsdreiecke zu leben. Vielleicht scheint das weibliche Geschlecht andere (Hinter-) Gründe dafür zu haben als das männliche. Es ist ja bekannt, dass Frauen von ihrer Natur aus „komplexer“ sind, was unter anderem meinen soll, dass sie wesentlich irrationaler und gefühlsbetonter denken und handeln als Männer.
Inhalt
1. Einführung
2. Einige Annahmen zu Gründen für Dreiecksbeziehungen und daraus resultierende Konsequenzen
2.1 Definitionen von „Partnerschaft“, „Dreiecksbeziehung“ und „Untreue“
2.2 Warum Menschen Dreiecksbeziehungen eingehen
2.3 Lösungsmöglichkeiten
2.4 Möglichkeiten der Beratung/ Therapie
3. Eine eigene Untersuchung zum Thema
3.1 Beschreibung der Stichprobe und des methodisches Vorgehens
3.2 Darstellung der Ergebnisse
3.3 Diskussion der Ergebnisse
4. Betrachtung des Themas im sozialarbeiterischen Kontext
5. Schlussbemerkung
Literatur
Anhang
1. Einführung
Das Thema „Dreiecksbeziehungen“ ist in unserer heutigen Zeit sehr präsent geworden. Es gibt niemanden, den dies nicht schon mindestens einmal tangierte; sei es im Kreise der Familie, der Freunde und Bekannten oder sei er es sogar bei einem selbst. Es handelt sich dabei um ein höchst sensibles Thema, über welches sich viel spekulieren lässt und das immer wieder kontrovers diskutiert wird.
Diese Arbeit soll dem Leser einen Einblick in die Welt der Dreiecksbeziehungen geben, speziell auf welchen Gründen sie basieren und welche Lösungs- und Hilfemöglichkeiten damit verbunden sein können. Ebenfalls soll eine Brücke geschlagen werden zwischen diesem vielseits diskutierten Thema und der Sozialen Arbeit. Denn nicht zuletzt ist die Dreiecksbeziehung einer der meist genannten Gründe, die den Auslöser für eine partnerschaftliche Trennung darstellen. Es soll veranschaulicht werden, wie die Soziale Arbeit helfend eingreifen kann, um die Betroffenen bei einer Lösungsfindung zu unterstützen.
Außerdem soll die vorliegende Arbeit dazu beitragen, ein neues Verständnis gegenüber Dreiecksbeziehungen zu entwickeln oder gar zu erkennen, dass in ihnen – neben aller Enttäuschung und Verzweiflung – ebenso ein tieferer Sinn verborgen liegt, der die große Chance des persönlichen Wachstums in sich trägt.
2. Einige Annahmen zu Gründen für Dreiecksbeziehungen und daraus resultierende Konsequenzen
2.1 Definitionen von „Partnerschaft“, „Dreiecksbeziehung“ und „Untreue“
Zunächst soll definiert werden, was denn eine Partnerschaft ausmacht. In unserem heutigen Verständnis ist eine Partnerschaft eine Dyade, und zwar eine auf Dauer angelegte, verbindliche Zweierbeziehung (in Form einer Ehe oder einer eheähnlichen Gemeinschaft), die die gemeinsame Sexualität mit einschließt. Sexualität ist in diesem Zusammenhang ein wichtiges Merkmal, das hier den Status als Paar unterstreicht.
Wie wird die Dreiecksbeziehung definiert? Nach Jellouschek (1997, S. 9) besteht eine solche, wenn einer der Partner einer auf Dauer angelegten Zweierbeziehung eine intensive Beziehung zu einem Dritten eingeht, die in der Regel sexuell gefärbt ist. Außer Acht zu lassen ist dabei, ob es sich bei diesem Beziehungsdreieck um ein verheimlichtes oder ein offen gelebtes handelt.
In diesem Kontext meint Untreue das Hinzukommen einer sexuellen Außenbeziehung zu einer Zweierbeziehung; es entsteht eine Triade. In wie weit intensive emotionale Komponenten einer Außenbeziehung eine Rolle spielen, sei hier nicht berücksichtigt; ebenso wenig so genannte „platonische“ Außenbeziehungen.
2.2 Warum Menschen Dreiecksbeziehungen eingehen
Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. So verschiedenartig und individuell die Menschen sind, so mag jeder von ihnen ganz persönliche Gründe dafür haben. Dennoch lassen sich immer wieder Parallelen in den Beweggründen und im Erleben der „Betroffenen“ erkennen.
Nach Jellouschek (1997) ergibt es Sinn, sich beim Erklärungsversuch, wie Dreiecksbeziehungen zustande kommen, verschiedene Aspekte näher anzusehen. Er geht davon aus, dass Dreiecksbeziehungen einen ganz bestimmten Sinn haben und sie auf eine Mangelsituation der bestehenden Partnerschaft aufmerksam machen wollen. Hierbei wird die Frage aufgeworfen, welches derzeitige Ungleichgewicht zwischen den Partnern durch die Außenbeziehung ausgeglichen werden soll. In diesem Fall spricht Jellouschek von einem „Ausgleichsversuch“ (S. 41ff). Durch die Außenbeziehung soll also eine Imbalance innerhalb der Partnerschaft ausbalanciert werden. Oft wird die bisherige Beziehung von den Betroffenen als „einseitig“ und „festgefahren“ erlebt und die Außenbeziehung stellt sozusagen einen Versuch dar, dort einen Ausgleich zu schaffen. Dies kann in verschiedenen Bereichen sein:
Jellouschek (S. 43ff) stellt deutlich dar, dass Sicherheit und Erregung grundlegende Faktoren sind, die zwei Menschen innerhalb einer Partnerschaft stark beeinflussen. Damit ist gemeint, dass eine dynamische Balance zwischen diesen beiden Polen gegeben sein muss, damit die Partnerschaft dauerhaft als befriedigend erlebt wird. Dominiert die Sicherheit gegenüber der Erregung – oder mit anderen Worten ausgedrückt, die Bindung gegenüber der Autonomie oder Nähe gegenüber Distanz – so geht dies zu Lasten der Lust. Zweifellos liegt auch hier einer der Gründe, weshalb die wechselseitige Attraktivität in vielen Partnerschaften verloren geht. Der Gegenpol, das Fremde, das Erregende, das Distanzierte verlangt aber gleichsam sein Recht und wird durch den Geliebten/ die Geliebte repräsentiert. Kommt es nun zu einem Beziehungsdreieck, so handelt es sich um einen (unbewussten) Versuch, die Pole Sicherheit und Erregung auszubalancieren.
Ebenso können nach Jellouschek (S. 53ff) Dominanz und Unterordnung der Partner eine bestimmte Rolle spielen, wenn es um die Entstehung von Dreiecksbeziehungen geht. Auch hier kommt es wieder auf die Balance an; ein Ungleichgewicht entsteht, wenn die Beziehung eine eher „Mann-dominierte“ oder „Frau-dominierte“ ist oder wenn es sich um eine „Kampfbeziehung“ handelt. Letztere meint, dass beide Partner versuchen, den jeweils anderen in die ihm untergeordnete Position zu drängen. Jedoch lässt sich in allen drei Fällen keine Balance herbeiführen, und somit nimmt die Partnerschaft ebenfalls erstarrende und unlebendige Formen an, was ein befriedigendes Miteinander massiv beeinträchtigen kann. Auch hier wird mittels einer Außenbeziehung ein (unbewusster) Ausgleichsversuch unternommen, um die festgefahrenen Umstände der bisherigen Beziehung zu verändern.
Auch den Ausgleich von Geben und Nehmen innerhalb einer Partnerschaft führt Jellouschek (S. 58ff) als einen wichtigen Punkt an, der einem dynamischen Wechselspiel entsprechen sollte, damit die Beziehung als befriedigend erlebt werden kann. Geben und Nehmen kommen aus der Balance, wenn in der Partnerschaft von einer Seite her kein bzw. kaum Geben oder Nehmen mehr stattfindet. So kann auch in diesem Fall eine Außenbeziehung diese Imbalance ausgleichen, indem der bisher Gebende nun zum Nehmenden wird oder der immer Nehmende zum Gebenden.
Neben dem Aspekt des Ausgleichs sagt die Tatsache, dass eine Dreiecksbeziehung entstanden ist, auch einiges über die bisherige Paargeschichte aus. Schaut man sich diese näher an, lässt sich vielleicht erkennen, dass sich im Laufe der Zeit stattgefundene Verletzungen zwischen den Partnern summiert haben, die unter Umständen die Liebe des Paares verzehrt haben. Auch können sexuelle Zurückweisungen oder der Ausschluss eines Partners von wichtigen Lebensbereichen des anderen hierzu gezählt werden. Wurde dies außerdem nie direkt zwischen den Partnern besprochen und geklärt, sondern statt dessen verdrängt, schwelen diese Verletzungen „unter der Oberfläche“ weiter und lassen die Liebe sterben. Jellouschek (S. 72) meint, dass eine Außenbeziehung dazu führen kann, dass diese „endlose Kette von Verletzungen“ zum ersten Mal offensichtlich wird.
Auch sollten bestimmte Lebenszyklen im Leben des Paares näher beleuchtet werden. Viele Menschen haben bestimmte Phasen in ihrem Lebenszyklus ausgelassen oder nicht hinreichend ausgeschöpft, wie z. B. die Ablösung von den Eltern oder das (sexuelle) Ausleben mit verschiedenen Partnern im Jugendalter. Eine Außenbeziehung einzugehen erscheint oft als Versuch, diese ungelebten Phasen des Lebens nachzuholen. Für die Betroffenen kann das sehr hilfreich sein; sie können somit unter Umständen ein lange ungestilltes Bedürfnis in ihnen beruhigen.
Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Aspekt, der bei der Entstehung von Dreiecksbeziehungen berücksichtigt werden sollte, ist die Verbindung eines jeden Partners zu seiner Herkunftsfamilie, meint Jellouschek (S. 87ff). Dies meint eine Wiederholung bzw. Re-Inszenierung von Beziehungskonstellationen mit wichtigen Beziehungspersonen aus der jeweiligen Herkunftsfamilie anhand einer Dreiecksbeziehung. In diesem Fall stellen solche Dreieckskonstellationen die Chance dar, bislang nicht gelöste Entwicklungsaufgaben nochmals aufzugreifen und gut zu beenden. Kommt es nicht dazu, drängen diese nicht erledigten Aufgaben weiter zu „Neu-Inszenierungen“ mit immer wieder ähnlichen Beziehungskonstellationen.
Haben sich Heranwachsende nicht vollständig von ihren Eltern lösen können, bleibt diese Aufgabe noch offen. Der mittlerweile Erwachsene, der von seinen Eltern aber immer noch nicht abgelöst ist, fühlt sich in diesem Fall an seinen Beziehungspartner gebunden wie ein Kind an die Mutter bzw. an den Vater. Derjenige sucht einerseits die Bindung, die ihm Sicherheit vermittelt, wehrt sich jedoch gleichzeitig dagegen, weil er sich von dieser Bindung eingeengt fühlt und ihrer überdrüssig wird. Nach Jellouschek (S.90ff) stellt dies einen zentralen Grund dar, weshalb in erwachsene Beziehungen Außenbeziehungen eingegangen werden und Beziehungsdreiecke entstehen. Nicht zuletzt zeigt sich auch hier deutlich der Versuch, die bislang ungelöste Entwicklungsaufgabe wieder aufzugreifen, um sich vom gebundenen Kind zum autonomen Erwachsenen zu entwickeln.
2.3 Lösungsmöglichkeiten
Lösungsstrategien verlangen oft intensive Auseinandersetzungen der Beteiligten mit sich selbst und den äußeren Gegebenheiten. Auch ist ein großes Maß an Ehrlichkeit sich selbst gegenüber erforderlich, ebenso der Mut zu Versuch und Irrtum sowie die Bereitschaft und die Reife, Verantwortung für sich selbst zu tragen sowie daraus die geeigneten Konsequenzen zu ziehen.
Auch wenn es keine „Patentlösung“ gibt, wie mit einer bestehenden Dreieckskonstellation umzugehen ist, ergeben sich doch aus der Praxis diverse „Grundmodelle“(Jellouschek 1997, S. 123ff):
Die Außenbeziehung abbrechen
Dies bedeutet, dass die Außenbeziehung abgebrochen wird und eine exklusive Rückkehr zur bisherigen Partnerschaft stattfindet. Sind allerdings in einer längeren Zweitbeziehung ernstere emotionale Verbindungen entstanden, erscheint diese „Radikallösung“ aus folgenden Gründen als weniger sinnvoll:
Die Dreiecksbeziehung besitzt in diesem Fall – wie bereits erläutert – einen Sinn, der Wichtiges über die bisher bestehende Partnerschaft verdeutlicht. Bei einem radikalen Abbruch der Außenbeziehung würde wahrscheinlich die Chance vertan, diese Möglichkeit zur Weiterentwicklung des Paares aufzugreifen. Statt dessen würde der alte Zustand wieder hergestellt werden und die Problemlage innerhalb der Partnerschaft bliebe unverändert. Wenn äußerlich auch die ehemalige Situation wieder hergestellt würde, so heißt dies noch lange nicht, dass derjenige, der eine Außenbeziehung unterhielt, sich tatsächlich auch mit seinem Herzen von seinem/ seiner Geliebten getrennt hat.
Die Außenbeziehung verheimlichen
Gemeint ist hier das bewusste Verschweigen der Außenbeziehung. In den meisten Fällen verbirgt sich hinter dieser Wahl die Angst vor den Konsequenzen, die erfolgen könnten, wenn der Partner davon Kenntnis erlangt. Nicht selten bedeutet diese Variante der „Lösung“, dass derjenige, der eine Außenbeziehung unterhält, ein Doppelleben führen muss. Es entsteht eine Atmosphäre der Lüge, auch wenn sie niemals verbal ausgesprochen werden. Außerdem kommt es zu einer Spaltung bei demjenigen, der das Leben mit seinem Partner und das Leben mit dem Dritten voneinander trennen muss. Dies wiederum schafft meist einen „psychisch desintegrierten Zustand“. Durch die Geheimhaltung werden alle Beteiligten der Chance beraubt, durch die Konfrontation mit den Tatsachen das eigene Leben und die Beziehungsgestaltung zu reflektieren und zu verändern.
Die Außenbeziehung tolerieren
Diese Variante bedeutet, dass der Partner, der von der Außenbeziehung des anderen Kenntnis besitzt, diese akzeptiert. Solche „Toleranzabkommen“ erfolgen häufig, wenn innerhalb der Partnerschaft schon lange kein sexueller Kontakt mehr besteht. Hierbei besteht die Gefahr, dass sich der Tolerierende selbst betrügen könnte, wenn er seine Gefühle der Verletzung und Enttäuschung darüber verdrängt. Nichts desto trotz wird dadurch die Intimität der Partner weiter abnehmen und sie werden sich voneinander weiter distanzieren. Dies bedeutet auch, dass sich auf Grund der fehlenden sexuellen Beziehung miteinander die Beziehung lockert. Wird die erotische Beziehung mit einem Dritten gelebt, wandelt sich die Partnerschaft zu einer Versorgungsbeziehung oder Arbeitsbeziehung; die (sexuelle) Paarbeziehung wird mit jemand anderem gelebt. In diesem Fall besteht jedoch die Möglichkeit, dass die Beziehung neu definiert werden kann. Wenn beiden Partnern klar ist, dass sie kein Paar mehr sind, sondern sich als eine Wohn- oder wirtschaftliche Gemeinschaft oder ein Arbeitsteam verstehen, das sich für ein bestimmtes Ziel verbündet, kann diese Variante eine „humane Lösung“ darstellen, bei der keine vollständige Neuorientierung notwendig ist. Stellt sich dieser Ansatz jedoch als „Dauerqual“ für die Beteiligten heraus, wird sich eine vollkommene Neustrukturierung der Beziehung oder des eigenen Lebens nicht umgehen lassen.
Das Dreieck zum Viereck erweitern
In diesem Fall soll ein Gleichgewicht geschaffen werden, das unter Umständen allen Beteiligten vorübergehend Entspannung verschaffen kann. Die „Erlaubnis“ dazu entsteht daraus, dass der eine Partner sich nun das gleiche Recht herausnimmt wie der andere. Dies stellt sozusagen die Rechtfertigung oder eventuelle Rachegedanken in den Vordergrund, die derjenige hegt, nachdem er von der Außenbeziehung seines Partners Kenntnis erlangt hat.
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass dies keine Lösung auf Dauer darstellt. Eine Beziehung mit zwei Außenbeziehungen könnte die Oberflächlichkeit der Partner untereinander zu sehr verstärken, so dass die gemeinsame Weiterentwicklung des Paares sehr in den Hintergrund rückt.
Das Dreieck miteinander offen leben
Dieser Ansatz meint, dass alle Beteiligten einer Dreiecksbeziehung eine wechselseitige Beziehung miteinander haben. Solche Lösungsmodelle lassen sich vor allem im alternativen Milieu antreffen. Die Motivation dahinter kann zum einen eine ideologische sein, jegliches Besitzdenken zu überwinden, oder es kann auch einen Versuch darstellen, eine scheinbar ausweglose Situation zu meistern. Alle Beteiligten sind dabei gezwungen, zu teilen bzw. sich aufzuteilen; es besteht die Gefahr der Überforderung durch Stress und ein Gefühlschaos. Der „hedonistische Traum“, auf nichts verzichten zu müssen und mit allen Beteiligten das Dreieck offen und tolerant zu leben, ist real betrachtet sehr harte Arbeit, die nicht zuletzt mit vielen Entbehrungen einher geht. Bei einem Beziehungsdreieck, das miteinander gelebt wird, müssen die Beteiligten zum einen bereit sein, stetig gegen ihre Sehnsucht anzugehen, einen anderen Menschen exklusiv für sich haben zu wollen. Zum anderen verlangt diese Option von allen Beteiligten ein Lebenskonzept, dass nicht auf Bindung, sondern vorrangig auf das Alleinsein ausgerichtet ist. Bindung und Intimität können innerhalb dieses Lösungsmodells immer nur für eine begrenzte Zeit erfahren werden. So paradox es auch klingen mag, so entscheiden sich Partner in einer offen gelebten Dreiecksbeziehung – gegenüber der Zweierbeziehung – immer für das einsamere Leben. Dieser Umstand widerspricht jedoch der tiefen menschlichen Sehnsucht nach Zugehörigkeit und der Verbundenheit mit anderen.
2.4 Möglichkeiten der Beratung/ Therapie
Im Grunde genommen sind nach Jellouschek (1997) Krisen, die durch Dreiecksbeziehungen ausgelöst werden, Entwicklungschancen, die ein Paar gemeinsam oder jeder der Partner für sich als Individuum annehmen kann. Die oben dargestellten Lösungsversuche führen jedoch nach Jellouscheks Ansicht (S. 139) in vielen Fällen zu keiner konstruktiven Bewältigung des kritischen Lebensereignisses einer Dreiecksbeziehung.
Nicht selten gibt es Paare, die die durch eine Außenbeziehung ausgelöste Krise nicht mehr allein bewältigen können und eine Beratung oder Therapie aufsuchen. Durch eine Außenbeziehung als ein unvorhersehbares, sehr kritisches Lebensereignis ist das Bewältigungspotenzial der einzelnen Partner nicht selten überfordert. Sie sind mehr oder weniger stark aus dem Gleichgewicht geraten, so dass sie in ihrer Lebensbewältigung unterstützt werden und fremde bzw. professionelle Hilfe beanspruchen wollen. Die Grundvoraussetzungen dafür sind zum einen, dass das Beziehungsdreieck für beide Partner ein Problem darstellt, was sie lösen möchten und zum anderen, dass für beide die entstehende Lösung offen ist (Jellouschek 1997, S. 149).
Die professionelle Unterstützung kann in Form einer Beratung oder einer Therapie erfolgen; beide sind meist nicht klar voneinander abzugrenzen. Im Grunde liegt der Unterschied in den wenigsten Fällen in der inhaltlichen Arbeit mit den Klienten als vielmehr in ihrer Legitimation, erklärt Schmidbauer (2007, S. 95f). Ob dies in Form einer Paarberatung/ -therapie oder einer Einzelberatung/ -therapie stattfindet oder beides kombiniert wird, ist nicht zuletzt von der Bereitschaft und Offenheit eines jeden Partners abhängig, an sich und an der Beziehung zu arbeiten. Zunächst ist es für die betroffenen Paare oder die einzelnen Partner wichtig zu erkennen, dass eine Dreieckskrise immer eine Entwicklungschance darstellt, auch wenn dies zunächst auf den ersten Blick nicht sichtbar ist. Um zu dieser Einsicht zu gelangen, bedarf es eines Hilfeangebotes seitens des Beraters/ Therapeuten, der dem Paar oder dem Einzelnen einen sicheren Rahmen zur Reflexion und Bearbeitung ihrer Problemlage bietet. Neben der Beratung/ Therapie als Paar ist es sogar sinnvoll, Einzelsitzungen mit den Partnern zu vereinbaren, da das Ereignis des Beziehungsdreiecks auch immer mit einer persönlichen Krise einher geht, meint Jellouschek (1997, S.143f). Auch spricht er an, dass das Einbinden des Dritten in der Dreieckskonstellation einen konstruktiven Sinn haben kann, der sich durch eine transparentere Betrachtung der Dinge bei der Bearbeitung der persönlichen Themen herausstellen kann.
Die Rolle des Beraters/ Therapeuten besteht in erster Linie darin, eine neutrale Position einzunehmen und nicht, eine moralische Instanz darzustellen (Schmidbauer 2007, S. 97). Auch geht es nicht darum, dass der Berater/ Therapeut die Rolle eines Schiedsrichters innehat, der herausfinden soll, „wer angefangen hat und schuld ist“ (Wolf 2002, S. 163). Es geht vielmehr darum, das Paar oder den einzelnen nicht zu bewerten und eine tolerante Haltung einzunehmen.
Die weiteren Aufgaben des Berater/ Therapeuten bestehen nach Meinung Jellouscheks (1997, S. 149f) darin, eventuelle Fehlmotivationen des Paares oder eines Partners auszuräumen und Entscheidungsspielräume zu schaffen, aus denen heraus Neues entstehen kann. Des weiteren ist es seine Aufgabe, während des Hilfeprozesses für Strukturen zu sorgen und das Paar bzw. den Einzelnen einfühlsam zu bestimmten Themen zu lenken, um das gegenwärtige Muster zwischen den Beteiligten verständlich zu machen. (ebd., S. 153f). Dass während des Hilfeprozesses die Paargeschichte mit einbezogen werden sollte, liegt auf der Hand. (ebd., S. 155f) Nicht zuletzt gehört es zum Aufgabenbereich des professionellen Helfers, den Klienten auf Grund einer guten Strukturierung des Prozesses und empathischen Führens eine Perspektive zu eröffnen, ihre Vergangenheit integrieren (ebd., S. 157f) sowie selbständige Entscheidungen treffen zu können. (ebd., S. 158f) Bis es aber soweit ist, durchläuft die Beratung/ Therapie mehrere Phasen, da es sich, bei entsprechender Motivation der/ des Klienten, oft um ein längerfristiges Hilfeangebot handelt. Auch können, wie Jellouschek (S. 160ff) es beschreibt, im Rahmen einer solchen Beratung/ Therapie Rituale des Neubeginns, der Wiedergutmachung sowie der Trennung einen festen Platz finden.
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