In den Zeiten der Globalisierung und der Osterweiterung der EU verlagern immer
mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion und ihre Tätigkeit in die osteuropäischen
Länder. Gründe, wie neue Marktchancen, niedrigere Lohnnebenkosten oder
Produktionskosten treiben diese Erweiterung voran.Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, interkulturelle Spannungs- und Konfliktpotentiale zwischen ungarischen und deutschen Unternehmen zu identifizieren
und darauf aufbauend Lösungsansätze zu ihrer Handhabung zu entwickeln.
Die Identifizierung erfolgt mit Hilfe eines Interviewleitfadens, der eigens auf die
Situation innerhalb des interkulturellen Konflikts für diese Arbeit entworfen wurde.
Diese Arbeit basiert auf nationaler und internationaler Literatur und Forschungsmaterialien. Ergänzt
wurde es mit Erfahrungen der befragten Unternehmen, denn ohne deren Mitwirkung
hätte dieses Thema nicht bearbeitet werden können. Nichts ist unmöglich
und so verschieden, dass man sie nicht vereinen kann.
INHALTsVERZEICHNIS
Abkürzungsverzeichnis
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
1 Einleitung und Problemstellung
2 Begriffserklärung Kultur, Kulturdimensionen im interkulturellen Sinne, Kulturstandards, Kulturunterschiede und deren Folgen
2.1 Definition Kultur
2.2 Hofstedes Kulturdimensionen international und in Ungarn
2.3 Gruppeneinteilung nach Hofstede
2.4 Machtdistanz- und Unsicherheitsvermeidungsindex Port-Folio- Die Stellung Ungarns
2.5 Begriffserklärung Kultur im interkulturellen Sinne
2.6 Kulturstandards im deutsch- ungarischen Kontext
2.6.1 Einige deutsche marktwirtschaftliche Kulturstandards
2.6.2 Einige ungarische Kulturstandards
2.7 Kulturunterschiede und deren Folgen
3 Von Spannungen bis hin zu Konflikten im interkulturellen Zusammenhang
3.1 Begriffserklärung Spannungen bis zum Konflikt
3.2 Typologie von Konflikten
3.3 Die neun Stufen der Eskalation nach Glasl
3.3.1 Kurzbeschreibung der Stufen 1 – 9
3.4 Die Entstehung und Arten von Konflikten
3.5 Die Konfliktpotentiale und Ursachen für Konflikte
3.5.1 Potentiale und Ursachen für zwischenmenschliche Konflikte
3.5.2 Potentiale und Ursachen für organisatorische Konflikte
3.6 Äußerungsformen von Konflikten
3.6.1 Wann ist ein Konflikt ein interkultureller Konflikt? Am Beispiel Deutschland und Ungarn – Veranschaulichung und Definition
4 Auswertung Interview mit Hilfe der Konfliktdiagnose – Anwendung an deutsch- ungarischen Wirtschaftsbeziehungen
4.1 Das Interview, eine Grundlage für Konfliktdiagnose
4.1.1 Interview als Werkzeug - Definition, Aufgaben und Formen
4.1.2 Entwicklung eines Leitfadens und Umsetzung in die Praxis unter Beachtung der Kriterien für Interviewführung und Aufzeichnung
4.1.3 Die Kunst des Interviewens – Grundprinzipien
4.2 Das Interview für diese Arbeit
4.3 Konfliktepisode und Diagnoseschema für praktische Konfliktanalyse- Anwendung zur interkulturellen Konfliktdiagnose in deutsch- ungarischen Wirtschaftsbeziehungen
4.3.1 Die Streitpunkte oder Konflikt- Issues - Worum geht es?
4.3.2 Die Parteien - Wer steht im Konflikt gegeneinander?
4.3.3 Die Form - Wie äußert sich der Konflikt?
4.3.4 Der Verlauf – Wie hat sich der Konflikt entwickelt?
4.3.5 Das Ergebnis - Was hat der Konflikt gebracht?
5 Konfliktbewältigung – Strategien- Lösungsansätze für die deutsch- ungarischen Konstellationen
5.1 Konfliktfähigkeit- Die Voraussetzung für die Konfliktbehandlung- Komponenten und Übungsbeispiele
5.2 Formen der Konfliktbewältigung
5.2.1 Seelische Konfliktbewältigung- Entscheidungskonflikte, Rollenkonflikte und deren Bewältigungsmöglichkeiten für deutsch- ungarische Beziehungen
5.2.1.1 Entscheidungskonflikte
5.2.1.2 Lösungsansatz zu den Entscheidungskonflikten in den deutsch- ungarischen Wirtschaftsbeziehungen
5.2.1.3 Rollenkonflikte und Übungsvorschläge
5.2.2 Strukturelle Konfliktbewältigung- Konfliktfestigkeit von Organisationen- Verwendung für ungarische Unternehmen
5.2.3 Interpersonelle Methoden und Eingreifen mit Anwendungsmöglichkeiten für die Praxis
5.2.3.1 Phase 1 die Erregung aus dem Konflikt kontrollieren
5.2.3.2 Phase 2 – Das Vertrauen mit der Konfliktpartei aufbauen
5.2.3.3 Ansatz der Handhabung für Deutsche und Ungarn
5.2.3.4 Phase 3 - Offen Kommunizieren
5.2.3.5 Phase 4- Die Problemlösung
5.2.3.6 Phase 5- Vereinbarung treffen- Regelwerk aufstellen
5.2.3.7 Phase 6 – Persönlich verarbeiten
5.2.4 Formelle Konfliktbewältigung mit Hilfe einer dritten Partei- Moderation, Mediation durch externen Experten
5.2.4.1 Strategie der Moderation- Schwerpunkte und Anwendung
5.2.4.2 Mediation – Vermittlung in schwieriger Phase- Ziele, Aufgaben und Einsatz im Unternehmen
5.3 Eigens entwickelter Lösungsansatz mit Hilfe der Moderation und Mediation
5.3.1 Anwendung eines „Robinson“- Trainings
6 Sinn und Nutzen von Konflikten
7 Fazit und abschließende Empfehlung
ANHANG
LITERATURVERZEICHNIS
Eidesstattliche Erklärung
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
DARSTELLUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Die Stelle der ungarischen Marketingführungskräfte auf der internationalen Kulturkarte.
Abbildung 2: Vergleich Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung
Abbildung 3: Kultur nach Spencer-Oatey,(1999)
Abbildung 4 Konflikte und Nicht-Konflikte
Abbildung 5: Konfliktarten in einer Organisation
Abbildung 6 Kräftefeld der interkulturellen Überschneidungssituation
Abbildung 7: Überblick über befragte Unternehmen
Abbildung 8: Eigenentwicklung nach Glasl´s Beschreibung vom Prozessmodell und Strukturmodell
Abbildung 9: Eigenentwicklung aus Berkel´s Beziehungen der Parteien zueinander
Abbildung 10: Heiße und kalte Konflikte
Abbildung 11: Ergebnisse aus dem Interview
Abbildung 12: Ableitung aus den Strategien der Konfliktbewältigung
Abbildung 13 Konfliktfähige Persönlichkeit
Abbildung 14 Auszug aus Übung zum Erkennen der gegnerische Signale
Abbildung 15: Formen der Konfliktbewältigung
Abbildung 16 Mein Verhalten in Entscheidungssituationen
Abbildung 17: Rollenverhandeln in der Gruppe
Abbildung 18 Verdrängen oder Wüten ?„d.Verf.geänd.“
Abbildung 19 Stärken und Schwächen
Abbildung 20: Kommunikationsmuster basierend auf die Interviewergebnisse
Abbildung 21 Interkulturelle Konfliktsituation bearbeiten Design Interkulturelle Teambildung “d.Verf.geänd.“
Abbildung 22: Kreislauf kooperativer Konfliktbewältigung
Abbildung 23: Mediationsprozess
Abbildung 24 Eigenentwurf- Feststellung aus dem Interview
1 Einleitung und Problemstellung
In den Zeiten der Globalisierung und der Osterweiterung der EU verlagern immer mehr deutsche Unternehmen ihre Produktion und ihre Tätigkeit in die osteuropäischen Länder. Gründe, wie neue Marktchancen, niedrigere Lohnnebenkosten oder Produktionskosten treiben diese Erweiterung voran. Die Länder Osteuropas hingegen wollen ihre Produkte und Dienstleistungen über die Grenzen hinaus vermarkten, das ihr Bekanntheitsgrad in der internationalen Wirtschaft steigert. Ungarn ist eines von diesen Ländern, das ihre Beziehungen zu Deutschland intensiviert. Aus den Berichten der wirtschaftlichen Lage Ungarns zu entnehmen, stehen die Exporte und Importe nach und aus Deutschland immer noch an erster Stelle der ungarischen Wirtschaftsbeziehungen. Die Anteile Deutschlands an den ungarischen Ausfuhren im Jahr 2000 betrug 49,6 % und an den ungarischen Einfuhren 43,7 %.[1] Nach Angaben[2] der Deutsch- Ungarischen Handelskammer kommt etwa ein Drittel aller Direktinvestitionen in Ungarn aus Deutschland. Seit der politischen Wende 1989 summieren diese Investitionen sich auf etwa 20 Mrd. DM und etwa 200.000 Menschen finden nach Schätzung Beschäftigung in Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung. Die Nachfrage nach Arbeitskräften wird auch im Jahr 2001 weiter steigen. Diese Daten belegen, dass Ungarn und Deutschland eine sehr intensive Wirtschaftsbeziehung pflegen. Diese Beziehungen basieren jedoch auf zwei unterschiedlichen Wirtschaftslagen und auch auf unterschiedliche Völker und Sprachen. So ist in Deutschland die Ausbildung der Arbeitskräfte und Führungskräfte intensiver. Dagegen sind in Ungarn die Ausbildungsmaßnahmen noch förderungswürdig. Die Unternehmen werden nicht nur mit minderen Ausbildungsniveau konfrontiert, sondern auch mit einer anderen Kultur.
Ein möglicher Erfolg oder Misserfolg von Unternehmenskooperationen kann jedoch nicht nur auf bewusste oder unbewusste Vernachlässigung kulturelle Faktoren zurückgeführt werden, sondern auch darauf, dass den Beteiligten keine adäquaten Fähigkeiten zu Verfügung stehen, um die wahrgenommenen Unterschiede zu bewältigen und zu handhaben. In Situationen, in denen sich Personen aus unterschiedlichen Kulturen begegnen und interagieren, können Spannungen und Konflikte dann entstehen, wenn die Beteiligten ihre kulturell begründeten Vorstellungen, Erwartung und Verhaltensweisen, die sie angemessen und universell gültig betrachten, auf ihr Gegenüber projizieren. Andere Verhaltensweisen, Arbeitsweisen, Reaktionen der Kooperationspartner können unter Umständen nicht richtig eingeordnet werden und erzeugen ein Gefühl der Fremdheit und der Hilflosigkeit. Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, interkulturelle Spannungs- und Konfliktpotentiale zwischen ungarischen und deutschen Unternehmen zu identifizieren und darauf aufbauend Lösungsansätze zu ihrer Handhabung zu entwickeln. Die Identifizierung erfolgt mit Hilfe eines Interviewleitfadens, der eigens auf die Situation innerhalb des interkulturellen Konflikts für diese Arbeit entworfen wurde.
2 Begriffserklärung Kultur, Kulturdimensionen im interkulturellen Sinne, Kulturstandards, Kulturunterschiede und deren Folgen
2.1 Definition Kultur
In der betriebswirtschaftlichen sowie auch in der soziologischen Literatur lässt sich eine Vielfalt von Kulturdefinitionen vorfinden. Eine von diesen Definitionen liefert Keller. Seine Definition basiert auf der Literaturanalyse von Kroeber und Kluckholm und definiert Kultur folgendermaßen:
„Unter Kultur versteht man sämtliche kollektiv geteilten, impliziten oder expliziten Verhaltensnormen, Verhaltensmuster, Verhaltensäußerungen und Verhaltensresultate, die von den Mitgliedern einer sozialen Gruppe erlernt und mittels Symbolen von Generationen zu Generationen weitervererbt werden. Diese – nach innerer Konsistenz strebenden – kollektiven Verhaltensmuster und –normen dienen dem inneren und äußeren Zusammenhalt und der Funktionsfähigkeit einer sozialen Gruppe und stellen eine spezifische, generationserprobte Lösung des Problems der Anpassung an ihre physischen, ökonomischen und sonstigen Umweltbedingungen dar. Kulturen neigen dazu, sich einer Veränderung in diesen Bedingungen anzupassen.“[3]
Nach Keller umfasst Kultur sowohl sichtbare Kulturprodukte, wie spezifische Verhaltensweisen, Sitten und Gebräuche der Mitglieder einer sozialen Gruppe, als auch die, hinter diesem beobachtbaren Verhaltensmuster liegenden kollektiv geteilten Überzeugungen, Motive, Werte und Einstellungen. Kultur kann als ein „universelles“[4], für eine Gesellschaft, Organisation und Gruppe aber sehr typisches Orientierungssystem bezeichnet werden. Dieses Orientierungssystem wird in der jeweiligen Gesellschaft aus spezifischen Symbolen gebildet. Es beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten und Handeln aller Mitglieder und definiert somit deren Zugehörigkeit zur Gesellschaft. Kultur als Orientierungssystem strukturiert ein für die sich der Gesellschaft zugehörig fühlenden Individuen spezifischem Handlungsfeld und schafft damit die Voraussetzung zur Entwicklung eigenständiger Formen der Umweltbewältigung[5].
2.2 Hofstedes Kulturdimensionen international und in Ungarn
In der kulturellen Forschung ist der Schwerpunkt die Erkundung kultureller Dimensionen. Die Dimensionen sind erwünschenswert, wenn man die Unterschiede in einer Kultur darstellt, analysiert oder abstrahiert. Eine umfassende Studie im Rahmen der kulturvergleichenden Forschung hat Hofstede durchgeführt. Ziel seiner Untersuchung war es, Kulturdimensionen zu identifizieren, anhand derer die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Ländern festgestellt werden können. Dabei hat er den Einfluss der Kultur auf Vorstellungen und das Verhalten von Mitarbeitern vorausgesetzt. In einer breit angelegten quantitativen Studie hat Hofstede auf die Datenbank von IBM zurückgreifen können, die schriftliche Befragungsergebnisse von 116.000 IBM-Mitarbeitern aller Hierarchieebenen enthielt.[6] Hofstede ist es gelungen, auf empirischem Wege vier bzw. fünf Dimensionen zur Kulturanalyse zu identifizieren.
Die fünf Dimensionen nach Hofstede[7]:
- Machtdistanz
- Unsicherheitsvermeidung
- Individualismus - Kollektivismus
- Maskulinität – Feminität
- Kurz- und langfristige Orientierung
Die erste Dimension ist die Machtdistanz, das Ausmaß der in einer Gesellschaft vorfindbaren und von ihren Mitgliedern akzeptierten ungleichen Machtverteilung.[8] Die zweite Dimension beschreibt die Unsicherheitsvermeidung, d.h. die kulturell geprägte Haltung, mit der die Mitglieder einer Gesellschaft unsicherer bzw. nicht eindeutiger Situation begegnen.[9] Die Unsicherheitsvermeidung kennzeichnet den Grad , „…in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen…“[10] Im Rahmen seiner dritten Dimension unterscheidet er zwischen individualistischen und kollektivistischen Kulturen. In kollektivistisch geprägten Kulturen sind die Menschen in einem weiten Familienkreis oder starken geschlossenen Gruppen integriert: Ihre Aktionen und Handlungen sind nicht nur auf das eigene Wohlergehen ausgerichtet, sondern sind untrennbar mit dem Wohl ihres gesamten sozialen Umfeldes verbunden.[11] Während sich kollektivistische Kulturen eher durch ein ausgeprägtes Wir- Gefühl auszeichnen, sind individualistische Kulturen durch eine ich- bezogene Betrachtung gekennzeichnet.
Als Beispiel ließe sich hier der Kommunismus anbringen: Bis heute sind kommunistische Parteien in Europa in den kollektivistischen Ländern, wie „Italien, Spanien“[12], Ungarn, Griechenland und Russland relativ bedeutend- ganz im Gegensatz zu den individualistischen Ländern wie Großbritannien, Deutschland, Kanada und den USA. Die Demokratie und freie Marktwirtschaft ebenso eine auf Individualismus basierte politisch – ökonomische Ideologie. Dementsprechend lässt sich erklären, warum meistens in kollektivistischen Ländern eher unfreie Marktwirtschaft herrscht, und ebenso kollektivistische Länder eher undemokratische Regierungsformen haben bzw. hatten.[13]
Hinsichtlich der Dimension der Maskulinität - Feminität, führt Hofstede aus, dass in Gesellschaften, die sich durch hohe Maskulinität auszeichnen, die Rollen von Mann und Frau klar voneinander abgegrenzt haben.[14] In femininen Gesellschaften überschneiden sich dagegen die Rollen der beiden Geschlechter und feminine Werte werden nicht geringer bewertet, sondern durchaus hoch angesehen.[15]
Ende der achtziger Jahre hat Hofstede die vier Kulturdimensionen ergänzt.[16] Diese Dimensionen beinhalten die „Zukunftsorientierung“ bzw. die „langfristige Orientierung“ mit dem Fokus auf die Ausdauer bzw. Beharrlichkeit der Kulturmitglieder und die „Vergangenheits- –und Gegenwartsorientierung“ bzw. die „kurzfristige Orientierung“ der untersuchten Kulturen.[17] Hofstede hat keine empirische Forschung in Ost- Europa durchgeführt, sondern nach seiner Schätzung einen prädikativen Wert gebildet und die Region in zwei Gruppen eingeteilt.
2.3 Gruppeneinteilung nach Hofstede
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Die Stelle der ungarischen Marketingführungskräfte auf der internationalen Kulturkarte.
Quelle: Hofmeister Tóth, À. und Bauer, A.; Führungswissenschaften; Ausg. 6; Budapest; 1995; S. 38
Zur Gruppe I gehören die Länder wie: ehemalige DDR, Polen, Tschechische Republik und Ungarn. Zur Gruppe II gehören die Länder: wie Rumänien, Bulgarien, Russland. Seine Einteilung der Gruppen basiert jedoch nicht auf empirische Untersuchungen, sondern nur auf kulturgeschichtlichen Entwicklungen und wirtschaftlichen Schätzungen. Diese Einschätzung nach Hofstede diente als Grundlage für eine empirische Forschung von Varga in Ungarn. Im Rahmen seiner Untersuchung versuchte er die geschätzten Dimensionen zu belegen. Die Studie wurde bei 1000 Führungskräften einer Organisation durchgeführt[18].
2.4 Machtdistanz- und Unsicherheitsvermeidungsindex Port-Folio- Die Stellung Ungarns
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Vergleich Machtdistanz und Unsicherheitsvermeidung
Quelle: Eigenentwicklung aus Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit;1993; S.163. und Führungswissenschaften; Jg.1995; Ausg. 6.; Budapest; 1995; S. 39
Aus der Jubiläumsausgabe der Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Budapest ist ein Bericht über die Untersuchungsergebnisse der GLOBE[19] zu entnehmen, in dem die Einstufung von Ungarns Kulturdimensionen innerhalb 61 Länder dargestellt werden. Dieser Bericht beschreibt, dass Ungarn zu den Ländern gehört, wo die Machtdistanz sehr hoch ist. Das Land wird als sehr individualistisches Land eingestuft. Die hohe Machtdistanz in Ungarn lässt sich mit der geschichtlichen Entwicklung des Landes begründen. So wurde es im Sozialismus hoch angesehen, wenn man eine höhere Position hatte. Das bedeutete, dass Personen mit hoher Position besondere Privilegien besaßen. So ist es auch heute noch relevant, eine bestimmte Position in der Gesellschaft und im Unternehmen zu besitzen. Die Einstellung, gleichzeitig besondere Anrechte genießen zu können, ist weiterhin in allen Bereichen der Gesellschaft vorhanden. Allerdings ist diese nicht mehr mit der marktwirtschaftlichen Transformation in Ungarn zu vereinbaren. Eine Lösung von Macht ist daher erwünschenswert. Der Unsicherheitsvermeidungsindex hat einen niedrigen Wert ergeben. Der Wunsch nach Sicherheit und Stabilität ist sehr hoch.[20] Warum das so ist lässt sich ebenfalls mit dem sozialistischen System erläutern. Die Erwartungen gegenüber der Bevölkerung waren mäßig, da in diesem System Strukturiertheit vom Staat und festes Reglement praktiziert wurden. Das ungarische Volk musste sich um soziale und wirtschaftliche Belange nicht kümmern, denn der Staat übernahm deren Erledigung. Aus diesem Grund wurde jahrzehntelang die Selbstständigkeit gehemmt. Diese Eigenschaft, Innovativ zu sein, ist jedoch in dem Transformationsprozess ein Hauptansatzpunkt.
2.5 Begriffserklärung Kultur im interkulturellen Sinne
In der interkulturellen Forschung wird Kultur verstanden als „die Gesamtheit von Attitüden, Grundsätzen, Annahmen, Werten und Wertvorstellungen, Verhaltensnormen und Grundeinstellungen die von einer Gruppe geteilt werden, die das Verhalten der Gruppenmitglieder beeinflussen und mit dessen Hilfe das Verhalten anderer interpretiert wird“.[21]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kultur nach Spencer-Oatey,(1999)[22]
Quelle: Intercultural Network; Internet: http:/www.Intercultural-network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml; (25.07.01)
Jede Schicht bedingt die andere - und wird damit beeinflusst. An der Außenseite des Kulturmodells befinden sich die Rituale und Verhaltensweisen, (Rituals & Behaviour) sowie die Artefakte und Produkte einer Kultur. Im generellen kann man unter dieser äußeren Schicht die offensichtlichen Anzeichen der Kultur verstehen: sie sind Teile der Kultur, die z.B. durch eine Reise in ein Land und dem aufmerksamen Betrachten der Bevölkerung erkannt werden. Die darunter liegende Schicht bilden die Systeme und Institutionen einer Gesellschaft – darunter versteht man sowohl die sozial- ökonomischen Systeme, als auch die politischen legislativen und exekutiven Systeme und Institutionen einer Kultur. Diese Schicht bedingt und beeinflusst die äußere Schicht. Als nächste Schicht findet man Normen, Attitüden und Grundsätze (beliefs, norms and attitudes) aber auch allgemeine Werte und Wertvorstellungen. Diese Schicht beeinflusst die darüberliegende Schicht direkt. Unterhalb dieser Schicht befindet sich das Zentrum der Kultur: Die Grundwerte und fundamentalen Annahmen einer Kultur (basic assumptions and values). Diese Schicht ist zwar begrenzt in ihren Ausmaßen und Umfang – ist allerdings die wohl wichtigste Schicht des Kulturmodels, da alle oberen Schichten sich direkt oder indirekt aus ihr ableiten. Ein nur kleiner Unterschied in dieser Schicht kann drastische Konsequenzen in den oberen Schichten nach sich ziehen[23]
Kulturen können sich der Logik ihres Begriffs gemäß eben nur voneinander absetzen, sich gegenseitig verkennen, ignorieren, diffamieren oder erkämpfen, nicht aber verständigen oder austauschen. Das Konzept der Interkulturalität sucht nun nach Wegen, wie die Kulturen sich miteinander vertragen, wie sie miteinander kommunizieren. Dabei ist abzuwägen welche Unterschiede die verschiedenen Kulturen mit sich tragen.
2.6 Kulturstandards im deutsch- ungarischen Kontext
Wenn Kultur als spezifisches Orientierungssystem bezeichnet wird, dann heißt es, dass es einzelne Elemente gibt, die in einer strukturierenden Weise aufeinander bezogen sind. Sie wurden aus der Interaktion ihrer Mitglieder untereinander und mit ihrer Umwelt ins Leben gerufen und weitergegeben. Die Kulturelemente wirken komplexitätsreduzierend und handlungsleitend. Sie ermöglichen den Mitgliedern einer Kultur, sich gegenseitig als Interaktionspartner berechenbar zu machen. Sie geben den Antizipationen und Erwartungen Gehalt. Diese kulturellen Elemente werden als Kulturstandards bezeichnet und folgendermaßen definiert:
„Kulturstandards können aufgefasst werden als die von den einer Kultur lebenden Menschen untereinander geteilten und für verbindlich angesehenen Normen und Maßstäbe zur Ausführung und Beurteilung von Verhaltensweisen. Kulturstandards wirken als Maßstäbe, Gradmesser, Bezugssysteme und Orientierungsmerkmale. Kulturstandards sind die zentralen Kennzeichen einer Kultur, die als Orientierungssystem des Wahrnehmens, Denkens und Handelns dienen. Die Kulturstandards bieten den Mitgliedern einer Kultur Orientierung für das eigene Verhalten und ermöglichen zu entscheiden, welches Verhalten abzulehnen ist.(Thomas;1999)“[24]
Wesentlich ist für diese Arbeit die Wahrnehmung, die das eigene Orientierungssystem steuert. Dieses kulturelle Orientierungssystem reguliert die Werte. Jede Kultur hat seine eigenen Werte und so sind die ungarische und deutsche Seite davon überzeugt, mit gutem Grund, die eigene Vorgehensweise für effektiv zu halten und der anderen Seite unterstellen zu können, sich kontraproduktiv zu benehmen. Die Kulturstandards sind eine Orientierung in der Entscheidung, welches Verhalten als normal, typisch, und noch akzeptabel anzusehen ist, und welches Verhalten abzulehnen ist. Sie beschreiben Charakteristikas auf einem abstrahierten generalisierten Niveau. Sie beziehen sich auf eine Nation gemeinsamer Elemente. Sie beschreiben nicht die Individuen einer Gesellschaft. Ein Kulturstandard ist nicht bei jedem Mitglied einer Kultur in gleicher Ausprägung vorhanden. So kann es dazu kommen, dass nicht jedes Mitglied die gleichen Merkmale aufweist. Daher können manche Verhaltensweisen stärker, andere wiederum weniger in einer Kultur ausgeprägt sein. Aus diesem Spannungsfeld bezieht jede Kultur seine Dynamik und unterliegen daher zeitlichen Veränderungen. Grundsätzlich wird jeder Ausländer und sein Verhalten auf der Basis des zentralen Kulturstandards beurteilt. Entspricht er den Standards, wird er eher anerkannt. Die Befolgung der Standards ist die Aufnahmeprüfung zur Akzeptanz in der Fremde
Anhand unterschiedlicher Kulturstandards von deutschen und ungarischen Kulturen können Kulturstandardpaare gebildet werden. Sie stecken das Spannungsfeld zwischen den Antworten ab, die Deutsche einerseits und Ungarn auf eine Zentrale Frage geben.
2.6.1 Einige deutsche marktwirtschaftliche Kulturstandards
1 Ergebnisorientierung:
Nur[25] der Erfolg zählt, der Kunde entscheidet was gut ist und was als Erfolg betrachtet werden kann, Fehler kann man sich nicht leisten
2 Leistungsorientierung:
Optimierung des Produktionsablaufs zugunsten von Qualität und Kosten, leistungsgerechte Entlohnung, Wichtigkeit eines Controllings, Einsatzbereitschaft von Führungskräften, Vorrang der Aufgabe und Firmeninteresse vor Privatem, die Qualifizierung der Mitarbeiter dient der Leistungssteigerung und der Motivation.
3 Initiative:
Umsetzen von Wissen, Können, Vereinbarungen, Verantwortungsgefühl im eigenen Tun gegenüber der Firma, eigene Aktivität, eigene Entscheidung als Motor, Selbstdisziplin zur Zielerreichung.
4 Sicherer Interaktionsstil:
Direktheit, Konfliktkonfrontation und Selbstsicherheit.
5 Zeit ist Geld:
Stress und Hektik herrschen hier vor, Zeitdruck ist allgegenwärtig, permanenter Anspruch auf Leistungsoptimierung. Schnelligkeit und zeitliche Zuverlässigkeit ist unabdingbar.
6 Qualitätsbewusstsein:
Fehlervermeidung ist angestrebt, Misserfolgsvermeidung, mit Schwächen wird nicht abgefunden, Reklamationen wirken alarmierend, Probleme werden offen und klar festgestellt und analysiert.
2.6.2 Einige ungarische Kulturstandards
1 Gutes Arbeitsklima
Gutes[26] Verhältnis zu Kollegen und Vorgesetzten, alles duzt sich, erzählt sich Privates und trifft sich regelmäßig.
2 Identifikation mit dem Unternehmen
Eine desillusionierte bis resignative Haltung aufgrund der Geschichte und der wirtschaftliche Lage, Leistung ja aber Begeisterung und Engagement nein.
3 Skepsis und Zweckpessimismus
Beurteilung der Chancen für gute Zusammenarbeit zurückhaltend, positive Erfahrungen sind zu wenig, Schuldzuweisung auf andere.
4 Angst vor Ausbeutung
Vollkommene Ablehnung von „Besserwissertum“, selbstbewusstes Verhalten erregt die Aggressionen, Angst vor Unterdrückung aufgrund historischer Ereignisse (seit dem 16.Jahrhundert ständig unter fremder Herrschaft), finanzielle Ausbeutung vermeiden.
2.7 Kulturunterschiede und deren Folgen
Die Kulturen sind unterschiedlich. Die Erfahrungen mit Ausländern hierzulande bestätigen die Ergebnisse der Wissenschaft, die nachgewiesen hat, dass Wahrnehmung, Denk- und Erklärungsweisen, Gefühlserleben und – vor allem - Verhalten kulturell geprägt sind. Strittig ist hingegen, wie solche Unterschiede zu bewerten sind und welche Konsequenzen aus ihnen zu ziehen sind, worin die Unterschiede im Detail bestehen und wie Kulturen voneinander abgegrenzt werden. Da Menschen in der Regel zunächst in eine Kultur hineinsozialisiert werden, ist ihnen diese eigene Kultur allemal die naheliegendste, vertrauteste und ganz selbstverständlich geschätzte, selbst dann, wenn sie einzelne ihrer Regeln und Gepflogenheiten kritisch betrachten. Auf dieser Basis ist es zunächst naheliegend, fremdkulturelle Denk- und Verhaltensweisen nicht nur für sich selbst abzulehnen, sondern diese Haltung auch dadurch zu begründen, dass die eigene Kultur besser, also höherwertiger, effizienter, gottgefälliger, der menschlichen Natur angemessener sei.[27] Auch wenn moderne Gesellschaften ein breites Informationsangebot über die fremden Kulturen anbieten, ist es dennoch nicht leicht, präzise Einschätzungen über Unterschiede zwischen bestimmten Kulturen zu erkennen. Dies liegt an den verstellt gewachsenen Pluralismus, der den Blick versperrt. Kulturen schreiben in der Regel nicht eine einzige richtige Denk-, Gefühls- oder Verhaltensreaktion auf eine bestimmte Situation vor, sondern definieren Spielräume des Normalen und Üblichen, innerhalb derer Angehörigen der Kultur ihre Individualität entfalten können.[28] Da die individuelle Auffassung von Normen und Verhaltensregeln der Kultur einer Gesellschaft zu Unstimmigkeiten innerhalb der Gesellschaft führen kann, so ist es anzunehmen, dass andere Verhaltensweisen und Normen eines anderen Landes als Fremd und daher mit hohem Konfliktpotential belastet werden. Die Folgen sind interkulturelle Spannungen und Konflikte, die eine Beziehung zwischen den Kulturen beeinträchtigen. Sie können aus der Sprache, unterschiedlichen Verhaltensregeln, unterschiedlichen Arbeitsweisen und Qualitätsbewusstsein entstehen. Zusammenfassend sind Differenzen zu erwähnen in:
- Sprache
- gesellschaftliches Verhalten
- differenzierte Auffassung von Qualität
- Ausbildungsniveau
- andere Arbeitsweisen und Arbeitsmethoden
- technische Gegebenheiten
- andere Werte im Bezug auf Arbeit, Lebensart, soziale Kontakte
- unterschiedliche Kulturstandards
Diese Auflistung enthält nur einen Teil der Ursachen und Hintergründe, woraus Spannungen und Konflikte entstehen können. Die Folge davon ist ein unproduktiver und verhärteter Kontakt, das die Beziehungen zwischen den Ländern, speziell Ungarn und Deutschland, nur im negativen Sinne verändert. Unstimmigkeiten, Streitigkeiten, Spannungen und Konflikte sind die Anzeichen. Im Folgenden wird verdeutlicht, was man darunter versteht und wie man damit umgeht.
3 Von Spannungen bis hin zu Konflikten im interkulturellen Zusammenhang
3.1 Begriffserklärung Spannungen bis zum Konflikt
Unter Spannung versteht man einen „Zustand in dem ein Streit oder eine problematische gefährliche Situation droht“.[29] Oder „ein Verhältnis von Position u. Gegenposition“. [30] Im interkulturellen Kontext bedeutet dies, dass Menschen mit verschiedener kultureller Herkunft miteinander agieren und dabei aufgrund unterschiedlicher Kulturen und kulturellen Auffassungen, Werten, zwei Sichtweisen aufeinandertreffen und dabei keine gemeinsame Sprache finden. Nachdem die Spannung eine von der Gegenposition darstellende Situation ist, ist die Erklärung von Konflikten naheliegend. Oft wird der Konflikt als Spannungssituation bezeichnet, in denen zwei oder mehrere Parteien, die voneinander abhängig sind, mit Nachdruck versuchen, scheinbare oder tatsächliche unvereinbare Handlungspläne zu verwirklichen und sich dabei ihrer Gegnerschaft bewusst sind[31]. In dieser Erklärung wird von Personen mit dem gleichen Ziel gesprochen. Außerdem besteht zwischen den Personen eine Interaktion und eine soziale Beziehung. Daher nennt Bruno Rüttinger diese Art von Konflikten auch soziale Konflikte. In der Psychologie, aber auch in den Sozialwissenschaften allgemein, spricht man von einem Konflikt dann, wenn „zwei Elemente gleichzeitig gegensätzlich oder unvermeidbar sind“.[32] Im Konflikt können nach Berkel,K. unterschiedliche Inhalte entgegenstehen. So ist es möglich, dass die Elemente wie Gedanken, Wünsche, Verhaltensweisen, Absichten, Beurteilungen, Bewertungen, Personen und Gruppen nicht zum gleichen Zeitpunkt verwirklicht werden können, oder sie sind in sich gegensätzlich und unvermeidbar. Zum Konflikt kommt es nur dann, wenn die Person drängt, Stellung zu beziehen. Dieser Drang kann äußeren Forderungen oder inneren Verlangen entspringen. In beiden Fällen entstammt das Bedürfnis sowohl nach klarer Orientierung als auch nach zielbezogener Handlungsfähigkeit. Die Menschen brauchen Orientierung, eine innere Ordnung, ein Wertgefüge, das ihm erlaubt, Ereignisse und Entscheidungen einzuordnen und Handlungsfähigkeit um das eigene und gemeinsame Leben durch die sich stellenden Aufgaben fortgesetzt zu bewältigen. Konflikte unterbrechen die Kontinuität des täglichen ziel- und aufgabenbezogenen Handelns. Dies ist der Ausgangspunkt, welche charakteristischen Merkmale Konflikte haben.
3.2 Typologie von Konflikten
- Konflikte sind Störungen und unterbrechen vorübergehend den Handlungsablauf
- Konflikte sind gefühlsbeladen und lösen Emotionen aus
- Konflikte haben die Tendenz zu eskalieren
- Konflikte erzeugen einen Lösungsdruck
Um die Konflikte richtig erkennen zu können bedarf es zu wissen, was nicht als sozialer Konflikt angesehen wird, wie die Konflikte entstehen, welche Dynamik sie haben, was sie auslösen und wie sie in unterschiedlichen Arten eingeordnet werden. Im täglichen Leben spricht man oft von Konflikten, was in der Wissenschaft noch nicht als Konflikt angesehen wird. In der folgenden Tabelle wird es deutlich, was als Konflikt zählt und was nicht als Konflikt betrachtet wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten[33]
Abbildung 4 Konflikte und Nicht-Konflikte
Quelle: Glas, F.; Konfliktmanagement; Aufl.2; Stuttgart;1990; S.17
Unvereinbarkeiten nur im kognitiven Bereich führen nicht zum Konflikt. Sie sind die Voraussetzung für Kreativität und wenn die Unvereinbarkeiten bewusst sind, dann spricht man von logischen Widersprüchen, semantischen Unterschieden oder Perzeptionsdifferenzen. Unvereinbarkeiten nur im Fühlen bedeuten nur emotionale Gegensätze oder Ambivalenzen. Sobald man die Gegensätze wahrnimmt und dazu noch unvereinbarte Vorstellungen hinzukommen, spricht man von einer Spannung. Unvereinbarkeit im Wollen bedeuten nur unterschiede oder Gegensätze im Wollen ohne entsprechendes Umsetzen ins Handeln. In der Wissenschaft bezeichnet man sie als Antagonismen. Wenn aber Gefühlsgegensätze und unvereinbarte Vorstellungen dazu kommen, bezeichnet man dies als Krise. Wenn unvereinbarte Verhalten aufeinandertreffen, spricht Glasl,F. von „Inzident“. Es kann sich nur zur Krise entwickeln, wenn Absichten, Gefühle und Vorstellungen das beeinträchtigende Verhalten verstärken. Kleine Reibungen und Spannungen wachsen stufenweise zu intensiven Konflikten an. Eine Eskalation droht.
3.3 Die neun Stufen der Eskalation nach Glasl
Für Glasl gliedern sich die neun Stufen in dreimal drei Abschnitte mit jeweils besonderen Schwellen. Glasl betont, dass auf den ersten acht Stufen immer noch ein Ausstieg aus der Eskalationsautomatik möglich ist.
3.3.1 Kurzbeschreibung der Stufen 1 – 9
1 Verhärtung:
Spannung, Verkrampfung, aber[34] keine starren Lager, Dialogbereitschaft.
2 Debatte
Polarisation, beginnendes Schwarz- Weiß- Denken, verbale Gewalt, Diskrepanz „Oberton/ Unterton“.
3 Taten
Vollendete Tatsachen, Diskrepanz, verbales/ nonverbales Verhalten, Misstrauen, Beschleunigung des Konflikttempos, Lagerbildung, Empathieverlust.
4 Images, Koalitionen
Herausbildung deutlicher Freund- Feindbilder, Imagekampagnen, Werben um Anhänger und Koalitionen, Selffulling- prophecy durch Perzeptionsfixierung, - double bind - durch paradoxe Aufträge.
5 Gesichtsverlust
Öffentliche und direkte Angriffe auf die Identität und die Selbstachtung des Gegners, Entlarvungen, rückwirkende negative Umwertung vergangener Handlungen des Gegners, d.h. nachträgliche Anpassung der ganzen Person an das auf Eskalationsstufe 4 entstandene Feindbild, sozialer Autismus, Ekel vor dem Gegner, Kampf um die eigene Rehabilitierung als erste Priorität.
6 Drohstrategien
Drohung und Gegendrohung , Selbstbindung durch Ultimaten um die Drohung glaubwürdig zu machen, wachsender Stress.
7 Begrenzte Vernichtungsschläge
Der Gegner wird zum Ding; Schädigungen des Gegners werden als Erfolg gewertet, solange der eigene Schaden relativ gesehen, geringer ist - gleichgültig, wie hoch er absolut genommen ist.
8 Zersplitterung
Versuch, das feindliche System zu paralysieren und zu Desintegrieren; Versuche, die Kernpersonen des Konflikts von ihrer Hintermannschaft zu trennen, Zerstörung vitaler System-Faktoren, Verlust der Steuerfähigkeit im Konflikt.
9 Gemeinsam in den Abgrund
Vernichtung des Gegners zum Preis der Selbstvernichtung, totale Konfrontation, der Weg zurück ist abgeschnitten.
3.4 Die Entstehung und Arten von Konflikten
Karl Berkel unterscheidet seelische Konflikte, zwischenmenschliche Konflikte und organisatorische Konflikte. Die Erklärung von „seelischen Konflikten“[35] begründet er mit der Auffassung von Lewin, nachdem die Konflikte dadurch zustande kommen, dass auf eine Person Kräfte einwirken, die sie in verschiedene Richtungen drängen. Hierbei unterscheidet Lewin zwischen positiven und negativen Gefühlsregungen, zwischen denen eine Person entscheiden muss. Der wichtigste Konflikttyp nach Lewin ist der Annäherungs- und Vermeidungskonflikt, indem sowohl positive, als auch negative Kräfte aufeinander wirken. Die Gefühlsregungen können Abneigung, Sympathie und Antipathie sein. So müssen negative als auch positive Folgen einer Entscheidung in Kauf genommen werden. Die zwischenmenschlichen Konflikte werden nach Anzahl der beteiligten Personen unterschieden. So sind die Zweier-, Dreier- und Gruppenkonflikte zu nennen. Die Zweierkonflikte treten, zwischen Mann und Frau, Mitarbeiter und Vorgesetzten und Freunde aufgrund der gemeinsamen Problembewältigung auf. Hauptursache für diese Konflikte sind Identitätsverlust gegenüber Partnern, Nähe oder Distanz zum Partner, Entgegengesetzte Entwicklungsrichtung und Kommunikation. In Dreieckskonflikten tritt ein Dritte Person hinzu und verändert die Zweierbeziehung grundsätzlich. Die sozialen Qualitäten ändern sich bzw. neue entstehen. Dadurch ergeben sich neue Konfliktformen wie Koalition zweier Personen gegenüber den Dritten, Rivalitäten, den unterschiedlichen Vorrang der Beziehungen zwischen den Personen. Gruppenkonflikte stellen die menschliche Gemeinschaftsbildung dar. In Gruppen können eine Reihe von Konflikten entstehen. So sind unter anderem Reviere, die gegen Eindringlinge verteidigt werden, Rangordnung, die für Ordnung und Reibungslosigkeit in der Gruppe sorgen. Bei Fehlen dieser Rangordnung können ständig wiederkehrende Konflikte in der Gruppe auftreten. Organisatorische Konflikte werden mit den drei Wirklichkeitsbereichen oder Subsystemen einer Organisation erklärt. Zur Veranschaulichung dient folgende Dreieck- Darstellung der Subsysteme.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Konfliktarten in einer Organisation
Quelle: Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl.6; 1999; Heidelberg; S. 19
Sachkonflikte treten auf, wenn die Ziele eindeutig definiert sind aber die Methode über die Art der Mittel zur Erreichung Uneinigkeit besteht. Sachkonflikte können durch verschiedene Problemlösungsmethoden behoben werden. Beziehungskonflikte entwickeln sich durch die Missachtung und Verletzung einer anderen Partei. Der Beziehungskonflikt kann nur durch Aussprache der Parteien gelöst werden. Wertkonflikte treten auf, wenn unvereinbare Ziele und Prinzipien selbst vertreten werden. Sie können nicht behoben sondern nur entschieden werden. Diese Entscheidung geschieht in einem Gremium, in dem die Beteiligten zu einem Konsens finden oder durch eine legitimierte Person eine konkrete Entscheidung getroffen wird. Die inneren Konflikte treten in den Mitgliedern selbst auf, in Organisationen meist in Form von Rollen- oder Entscheidungskonflikten. Rollenkonflikte können verschiedenartig sein und entstehen meist, wenn die Person widersprüchlichen Erwartungen gerecht werden soll. Die Entscheidungskonflikte sind innere Konflikte, die eine Person mit sich selber lösen muss.[36]
Die Darstellung von Berkel wird als Grundlage für die Erklärung und den Definitionsversuch des interkulturellen Konfliktes dienen.
3.5 Die Konfliktpotentiale und Ursachen für Konflikte
Um die Konflikte zu verstehen ist es erforderlich, die unterschiedlichen Ursachen und Konfliktpotentiale zu kennen. Aus dem Kapitel 3.4 geht hervor, welche Arten von Konflikten Berkel unterscheidet. Für diese Arbeit sind sowohl die zwischenmenschlichen Konflikte als auch die organisatorischen Konflikte von Belang. Hierzu werden folgende Ursachen als konfliktauslösend betrachtet. Die Einteilung erfolgt nach Art des Konfliktes.
3.5.1 Potentiale und Ursachen für zwischenmenschliche Konflikte
1. Wahrnehmung
In Konflikten ist die „reduzierte, ja eindimensionale“ Wahrnehmung anderer Menschen fast schon an der Tagesordnung. Die Neigung ist weit verbreitet, das Verhalten anderer Menschen als direkten Ausdruck ihrer Persönlichkeit zu nehmen, ohne zu berücksichtigen, in welche Umstände sie eingebunden sind. Je dürftiger ein Mensch die Wahrscheinlichkeit wahrnimmt, desto weniger wird er ihr gerecht und desto leichter kollidiert sein Bild der Wirklichkeit mit dem eines anderen.
2. Gefühle
Psychoanalytikerin Karen Horney unterscheidet drei Gefühlsrichtungen. Hin zu Ihnen, Weg von Ihnen und Gegen sie. Es sind die Hinwendung zu anderen Menschen oder Abwendung von anderen Menschen (wie Bedürfnis nach Unabhängigkeit) oder die Wendung gegen andere Menschen (wie das Bedürfnis nach Aggression) wenn Menschen mit unterschiedlich ausgeprägten Gefühlsneigungen aufeinandertreffen, kann es leicht zu Missverständnissen oder Abneigungen kommen und somit zu Vorboten für Konflikte.
3. Einstellung
Die Einstellungen richten sich auf eine Beziehung. Deutsch (1976) unterscheidet drei grundlegende Einstellungen. Kooperativ zu anderen Menschen zu sein bedeutet für Ihn die Beziehung zu anderen Menschen so zu gestalten, dass alle Beteiligten davon profitieren. Eine individualistische Einstellung ermöglicht dagegen die Bewahrung der eigenen Unabhängigkeit „…an- und in der Beziehung interessiert nur, was der persönlichen Zielerreichung dient…“. Als letztere die konkurrierende Einstellung, die hauptsächlich den eigenen Nutzen wie: „…eigene Ziele auf Kosten anderer verfolgen, andere sind grundsätzlich als Gegner angesehen,...“[37] „d. Verf.geänd.“ in den Vordergrund stellt.
4. Verhaltensweisen
Basiert auf dem Gesetz der Aktion und Reaktion aller menschlichen Beziehungen. In vielen Situationen mangelnder oder fehlender Kommunikation sind die Parteien darauf angewiesen, das Verhalten der anderen als freundlich oder feindselig zu interpretieren. Hieraus können, missverständlicher Weise, Konflikte hervorgerufen werden.
3.5.2 Potentiale und Ursachen für organisatorische Konflikte
Aus der Theorie[38] von Berkel geht hervor, dass jede Organisation ein variables Konfliktpotential aufweist, die hauptsächlich von vier fundamentalen Bereichen abhängt.
1 Differenzen in der Zielausrichtung
Sie betreffen die Strategie und die grundlegende Marschrichtung. Eine
überzeugende Vision muss erarbeitet worden sein. Zielkonflikte müssen erkannt und mit Lösungen entschärft werden.
2 Grad und Form der wechselseitigen Abhängigkeiten
Organisationen verknüpfen den Arbeits- und Leistungsvollzug ihrer Mitglieder vertikal wie horizontal. Die Abhängigkeiten können Spielräume beinhalten, einengen oder gar ausschließen.
3 Der Zugriff auf gemeinsame Ressourcen
Hierbei treten die Möglichkeiten für Verteilungskonflikte auf. Sie sind besonders heftig, wenn die Orientierung an gemeinsamen, übergeordneten Zielen fehlt und keine wertfundierten Spielregeln für das Austragen solcher Konflikte existieren.
4 Persönliche Eigentümlichkeiten
Dazu muss die Frage – „…Passen die Mitarbeiter aufgrund ihres Persönlichkeitsstils, Temperaments und Charakters in diese Organisation?...“[39] - gestellt werden.
[...]
[1] Vgl. Wirtschaftstelegramm Ungarn; Archiv, Jg. 4; April 2001; http://www.wtunet.de (15.08.01)
[2] Vgl. Breuer, S.; Konjunkturumfrage der Deutsch- Ungarischen Handelskammer; Firmen werden skeptischer; Budapester Zeitung Online; vom 21.05.2001; http://www.budapester.hu (18.06.01)
[3] Keller; E.; Management in fremden Kulturen; 1982, Stuttgart; S. 118
[4] Keller; E.; Management in fremden Kulturen; 1982, Stuttgart; S. 114ff.
[5] Vgl. Schroll- Machl, S. und Novy. I; Perfekt geplant oder genial improvisiert!; München- Mering; 2000; S.14
[6] Vgl. Hofstede, G.; Culture´s Consequences; Newbary Park et al.; Vol.5; 1982, S. 11
[7] Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London;1980,S. 52ff
[8] Vgl. Hofstede,G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 42.
[9] Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980; S. 153ff.
[10] Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 133.
[11] Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980, S. 214ff.
[12] Vgl. Einführung in die interkulturelle Kommunikation; http://www.intercultural-network.de/einfuehrung/individualismus.html, (26.11.2001)
[13] Vgl. Einführung in die interkulturelle Kommunikation; http://www.intercultural-network.de/einfuehrung/individualismus.html, (26.11.2001)
[14] Vgl. Hofstede, G.; Culture´s and Consequences; Bewerly Hills/ London; 1980; S. 261f.
[15] Vgl. Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 101.
[16] Vgl. Hofstede, G./ Bond, M.; The Confucius connection; Vol. 16,4/ 1988; S.4-22
[17] Vgl. Hofstede, G.; Interkulturelle Zusammenarbeit, Wiesbaden; 1993; S. 190.
[18] Vgl. Hofmeister- Tóth., À.; und Bauer, A.; Führungswissenschaften; Ausg. 6; Budapest; 1995; S. 38ff.
[19] GLOBE: Global Leadership and Organizational Behavior Effectiveness
[20] Vgl. Bakacsi, Gy.; Organisationskultur und Leadership im internationalen Vergleich. Jubiläumsausgabe der Hungarien Academy of Science Budapest;Bd.3.; Oktober,1998; S. 2162.
[21] Vgl. Intercultural Network Definition nach Spencer- Oatey, 1999; http:/www.Intercultural-network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml ; Besucht am: 25.11.2001
[22] Vgl. auch Spencer- Oatey, H.; Culturally speaking; London; 2000; o.S.
[23]. Vgl. Thema Kultur Einführung Internet: http://www.intercultural-network.de/einfuehrung/thema_kultur.shtml; (06.09.2001)
[24] Schroll-Machl, S., Nový, I. Perfekt geplant oder genial improvisiert; München—Mering; 2000; S.15.; Vgl. Auch. Thomas, A.; Kultur als Orientierungssystem und Kulturstandards als Bauteile; Heft10; Osnabrück; S.91-130.
[25] Vgl. Schroll- Machl, S. und Nový, I.; Perfekt geplant oder genial improvisiert?; München- Mering; 2000; S 152 ff
[26] Vgl. Harss, C. & Maier, K.; Ungarn- Westen des Ostens; Zeitschrift Personalwirtschaft, Ausg.11; 1995, S 32-35.
[27] Vgl. Bittner, A. und Reisch, B.; Interkulturelles Personalmanagement; Wiesbaden; 1994; S.12ff.
[28] Vgl. Bittner, A. und Reisch, B.; Interkulturelles Personalmanagement; Wiesbaden; 1994; S. 15
[29] Vgl. Götz, D., Haensch, G., Wellmann, H.(Hrsg.) Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache; Aufl. 1997; Berlin und München
[30] Vgl. Duden (Hrsg.) Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden; DUDEN; 2001
[31] Vgl. Glasl, F., Konfliktmanagement; Aufl. 2; Stuttgart; 1990; S. 14
[32] Vgl. Berkel, K., Konflikttraining; Aufl.6; Heidelberg; S.10ff. Vgl. auch Rüttinger, B.; Konflikte als Chance; München;1988; o.S.
[33] Definition: Wenn Unvereinbarkeiten bewusst sind, dann spricht man von logischen Widersprüchen, semantischen Unterschieden oder Perzeptionsdifferenzen.
[34] Vgl. Maringer, E. & Steinweg, R. Konstruktive Haltungen und Verhaltensweisen; Berghof Report, Nr.3;.1997; Berlin; S.8
[35] Vgl. Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl.6; Heidelberg; 1999; S. 15-18
[36] Vgl. Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl. 6; Heidelberg, 1999; S.13ff.
[37] Vgl. Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl.6; Heidelberg; 1999; S.34
[38] Vgl. Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl. 6; Heidelberg; 1999; S. 36-38
[39] Berkel, K.; Konflikttraining; Aufl.6.; Heidelberg; 1999; S. 38
- Arbeit zitieren
- Maria Auer (Autor:in), 2001, Lösungsansätze für interkulturelle Spannungs- und Konfliktsituationen in Deutsch – Ungarischen Wirtschaftsbeziehungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3439