„Bei der bilanziellen Abbildung von Pensionsverpflichtungen geht es i.d.R. um relativ große Verpflichtungen. Insofern hat das Verständnis für die Abbildungsregeln, die Regelungsdichte und potentielle Änderungen eine hohe Relevanz für das Management wie auch für Investoren zur Beurteilung zukünftigen Handelns.“ Anhand der Aussage von Dr. Martin Schloemer lässt sich erahnen, welche hohe Bedeutung die Thematik der Pensionsverpflichtungen in sich trägt. Die Berechnung der Pensionsverpflichtungen von Unternehmen zählt schon seit langem zu einem der aufwendigsten und schwierigsten Bereiche der internationalen Rechnungslegung.
Am 16.06.2011 hat das International Accounting Standards Board (IASB) den überarbeiteten Rechnungslegungsstandard „IAS 19R Leistungen an Arbeitnehmer“ der Öffentlichkeit vorgestellt. Die vorgenommenen Änderungen sind die Antwort des IASB auf eine weit verbreitete kritische Haltung von Seiten der Finanzanalysten, Wirtschaftsauskunfteien und anderen Lesern des Jahresabschlusses. Ziel der vorgenommenen Änderung ist es, eine klare Abbildung von bestehenden Verpflichtungen zu gewährleisten und die Auswirkung der betrieblichen Altersvorsorge auf die zukünftige Liquiditätsentwicklung entsprechend darzustellen.
Der hier anzuwendende IAS 19 hatte den Ruf, zu einem der am häufigsten kritisierten IFRS zu gehören. Dies wird mit seiner Komplexität, der zumeist an Versicherungsmathematiker übertragenen Berechnungen, der geforderten Handlungsweise, den bilanziellen Konsequenzen und seiner Einwirkung, die zum Teil als informationsverzerrend verrufen ist, begründet. Diese Problematik traf vor allem auf die vom Arbeitgeber zugesagten „Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ zu, wozu Versicherungs- und Gesundheitsvorsorge und ähnliche Leistungen zählen. Einer der wesentlichen Kritikpunkte lag hier in der zeitverzögerten Erfassung von Veränderungen des Wertes der Altersversorgungsverpflichtung. Unter Anwendung von Bilanzierungswahlrechten war es möglich, dass in der Bilanz nicht zwangsläufig die tatsächliche Nettoverpflichtung, die der Saldo aus Verpflichtung und eventuellem Planvermögen ist, abgebildet wurde. Stattdessen konnte hier ein stark davon abweichender Betrag ausgewiesen werden. Besonders die Korridor-Methode, mit der es möglich war, versicherungsmathematische Gewinne und Verluste nicht sofort erfassen zu müssen, Stand im Zentrum der Kritik....
INHALTSVERZEICHNIS
Abkurzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Problemstell ung und Gegenstand der Arbeit
2 Uberblickder Thematik
2.1 Wesen von Ruckstellungen
2.1.1 Definition von Ruckstellungen
2.1.2 Kriterien fur den Ansatz von Ruckstellungen
2.1.3 Die B ewertung von Ruckstellungen
2.1.4 Arten von Ruckstellungen
2.2 Die Bilanzierung von Pensionszusagen als Projekt des IASB
2.3 Pensionsruckstellungen allgemein
3 Leistungennach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses
3.1 Ansatz
3.1.1 Die Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten
3.1.2 Die Erfassung von nachzuverrechnendem Dienstzeitaufwand
3.1.3 Plankurzungen und Abgeltungen
3.1.4 Resumee
3.2 Bewertung
3.2.1 Berucksichtigung von Steuern
3.2.2 Erfassung von Verwaltungskosten
3.2.3 Altersversorgungsplane mit Risiko- und Kostenbeteiligung
3.2.4 Handhabung von Auszahlungswahlrechten
3.3 Bestandteile des Netto-Pensionsaufwand und deren Erfassung in der Gesamtergebnisrechnung
3.3.1 Uberblick uber geanderte Vorschriften
3.3.2 Dienstzeitkomponente
3.3.3 Netto-Zins-Komponente
3.3.4 Neubewertungskomponente
3.4 Auswirkung auf die Bilanzierung von Cash Balance-Pensionsplanen
4 Leistungenaus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhaltnisses
4.1 Neudefinition
4.2 Modifizierung des Zeitplans der Erfassung
4.3 Auswirkung fur Altersteilzeitvereinbarungen
5 Anderung der Angabepflichten
5.1 Uberblick
5.2 Erklarung zu den Bilanz- und Gesamtergebnisposten
5.3 Erklarung der Charakteristika der Versorgungsplane
5.4 Erklarung der zukunftigen Cashflow-Belastung des Unternehmens
5.5 Die versicherungsmathematischen Annahmen in der Praxis
6 Auswirkungdes IAS 19
6.1 Auswirkungen auf Bilanz und Gesamtergebnisrechnung
6.2 Die Darstellung des Eigenkapitals
6.3 Latente Steuern
6.4 Sinkendes Zinsniveau
6.5 Veranderung von betriebswirtschaftlichen Kennzahlen
6.6 Betriebswirtschaftliche Konsequenzen und Wurdigung
7 Fazit
Quellenverzeichnis
Abkurzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Bestimmung des Ruckstellungsbegriffs und des Passivierungszeitpunkts nach IFRS
Abbildung 2: Barwert leistungsorientierter Verpflichtungen nach dem Anwartschaftsbarwertverfahren
Abbildung 3: Methoden zur Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste
Abbildung 4: Anderung von Pensionsplanen nach IAS 19R - Plananderung, Plankurzung und Abgeltung
Abbildung 5: Anderungen in der bilanziellen Ermittlungssystematik
Abbildung 6: Bestandteile des Aufwands fur Pensionen und die Behandlung in der Gesamtergebnisrechnung
Abbildung 7: Bestandteile des Dienstzeitaufwands nach IAS 19R
Abbildung 8: Zielsetzungen und Angabepflichten nach IAS 19R
Abbildung 9: Zinsrisiko
Abbildung 10: Entwicklung des Rechnungszinses der DAX30-Unternhemen 2010-2014
Abbildung 11: Entwicklung der Gehaltstrends der DAX30-Unternehmen 2010-2014
Abbildung 12: Entwicklung des Rententrends der DAX30-Unternehmen 2010-2014
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Korridorbesprechung nach IAS 19
Tabelle 2: Gegenuberstellung von Netto-Zinskomponente und Zinsaufwand
Tabelle 3: Anwendungsbeispiel 1/1
Tabelle 4: Anwendungsbeispiel 1/2
Tabelle 5: Anwendungsbeispiel 2
Tabelle 6: Zusammenfassung der Unterschiede zwischen Alt- und Neuregelung
1 Problemstellung und Gegenstand der Arbeit
,,Bei der bilanziellen Abbildung von Pensionsverpflichtungen geht es i.d.R. um relativ groBe Verpflichtungen. Insofern hat das Verstandnis fur die Abbildungsregeln, die Regelungsdichte und potentielle Anderungen eine hohe Relevanz fur das Management wie auch fur Investoren zur Beurteilung zukunftigen Handelns"1 Anhand der Aussage von Dr. Martin Schloemer lasst sich erahnen, welche hohe Bedeutung die Thematik der Pensionsverpflichtungen in sich tragt. Die Berechnung der Pensionsverpflichtungen von Unternehmen zahlt schon seit langem zu einem der aufwendigsten und schwierigsten Bereiche der internationalen Rechnungslegung.2
Am 16.06.2011 hat das International Accounting Standards Board (IASB) den uberarbeiteten Rechnungslegungsstandard „IAS 19R Leistungen an Arbeitnehmer“3 der Offentlichkeit vorge- stellt. Die vorgenommenen Anderungen sind die Antwort des IASB auf eine weit verbreitete kritische Haltung von Seiten der Finanzanalysten, Wirtschaftsauskunfteien und anderen Lesern des Jahresabschlusses. Ziel der vorgenommenen Anderung ist es, eine klare Abbildung von bestehenden Verpflichtungen zu gewahrleisten und die Auswirkung der betrieblichen Alters- vorsorge auf die zukunftige Liquiditatsentwicklung entsprechend darzustellen.4
Der hier anzuwendende IAS 19 hatte den Ruf, zu einem der am haufigsten kritisierten IFRS zu gehoren. Dies wird mit seiner Komplexitat, der zumeist an Versicherungsmathematiker uber- tragenen Berechnungen, der geforderten Handlungsweise, den bilanziellen Konsequenzen und seiner Einwirkung, die zum Teil als informationsverzerrend verrufen ist, begrundet. Diese Problematik traf vor allem auf die vom Arbeitgeber zugesagten ,,Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses“ zu, wozu Versicherungs- und Gesundheitsvorsorge und ahnliche Leistungen zahlen.5 Einer der wesentlichen Kritikpunkte lag hier in der zeitverzogerten Erfas- sung von Veranderungen des Wertes der Altersversorgungsverpflichtung. Unter Anwendung von Bilanzierungswahlrechten war es moglich, dass in der Bilanz nicht zwangslaufig die tat- sachliche Nettoverpflichtung, die der Saldo aus Verpflichtung und eventuellem Planvermogen ist, abgebildet wurde. Stattdessen konnte hier ein stark davon abweichender Betrag ausgewie- sen werden. Besonders die Korridor-Methode, mit der es moglich war, versicherungsmathema- tische Gewinne und Verluste nicht sofort erfassen zu mussen, Stand im Zentrum der Kritik.
Diese Methode stand nicht im Einklang mit einer der Hauptbilanzierungsprinzipien der IFRS dem sogenannten „True and Fair View“.6
Zu den wesentlichsten Veranderungen durch die Uberarbeitung des Standards gehort die Auf- hebung vorher bestehender Wahlrechte zur Behandlung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten, eine Neugestaltung der Aufwandskomponenten, wie auch eine Aus- weitung der Anhangangaben. Daraus folgt, dass alle Bestandteile des Jahresabschlusses durch die Anderung beruhrt werden.7
Mit der Novellierung des Standards ergeben sich unausweichliche Konsequenzen fur den Jah- resabschluss, die sowohl von Seiten der Unternehmung als auch von Seiten der Jahresab- schlussprufung zu beachten sind. Der Anwenderkreis steht dabei einer Vielzahl von Bewer- tungs- und Ausweisfragen, sehr detaillierten Anhangangaben und der allgemeinen Vielschicho tigkeit der Normen gegenuber, die erstmalig im Jahresabschluss 2013 Anwendung fanden8. Die sich hierbei ergebenden Implikationen werden im Rahmen dieser Arbeit naher beleuchtet.
Mit einem Fallen des Zinsniveaus ergibt sich auberdem das Problem, dass nach der Novellierung nun die versicherungsmathematischen Gewinne und Verlust direkt in die Gesamtergebnis eingehen. Hierbei stellt sich die Frage, inwiefern dies die ubrigen versicherungsmathematischen Pramissen beeinflussen konnte.9
Nach dieser kurzen Hinfuhrung zum Thema, erfolgt in Abschnitt 2 ein Abriss daruber, wie Ruckstellungen klassifiziert werden und spezifischer Pensionsruckstellungen einzuordnen sind. Die Anderungen des Standards werden bezugnehmend auf die Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses in Abschnitt 3 detailliert dargestellt. Im Abschnitt 4 stehen die Anderungen der Leistungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhaltnisses im Fokus. Abschnitt 5 betrachtet die Neuerungen im Bereich der Anhangangaben und geht zusatzlich auf aktuelle Entwicklung dieser Angaben zugrunde liegenden versicherungsmathemathischen Pramissen ein. Im Abschnitt 6 werden die sich aus der Novellierung des Standards ergebenden Auswirkungen auf die Rechnungslegung und die wirtschaftliche Lage dargestellt. Im abschlie- fienden Fazit in Abschnitt 7 werden die gesamten Anderungen des uberarbeiteten Standards in einem Uberblick kritisch wurdigend festgehalten.
2 Uberblick der Thematik
2.1 Wesen von Rucksteiiungen
2.1.1 Definition von Rucksteiiungen
Unter dem Begriff der Schuld fasst das Rahmenkonzept des IASB Verbindlichkeiten, Rucksteiiungen und Eventualschulden zusammen. Der IAS 37 ,,Ruckstellungen, Eventualschulden und Eventualforderungen“ geht dem Rahmenkonzept allerdings als Spezialnorm voraus10 und regelt die Bilanzierung zuzuglich der erforderlichen Anhangangaben eben genannter.11 Eine Ruckstellung wird dabei nach IAS 37.1O als eine ,,Schuld, die bezuglich ihrer Falligkeit oder ihrer Hohe ungewiss ist“ (IAS 37.1O) definiert.12 Aufierdem werden demnach diejenigen Ruck- stellungen (provisions), Eventualschulden (contingent liabilities) und Eventualforderungen (contingent assets) aus dem Geltungsbereich des IAS ausgeschlossen, falls sie das Resultat aus noch zu erfullenden Vertragen sind, es sei denn es sind belastende Vertrage und durch einen anderen IFRS abgedeckt.13 Zu unterscheiden ist zwischen passivierungspflichtigen Ruckstel- lungen und abgegrenzten Schulden (accruals), welche unsicherer als Ruckstellungen sind (IAS 37.11(b)). Des Weiteren durfen Eventualschulden, die als nicht wahrscheinlich, aber auch als nicht vernachlassigbar gering eingeschatzt werden, gemafi IAS 37.27 nicht bilanziell dargestellt werden. Sie sind lediglich nach IAS 37.86 im Anhang anzugeben.14 Da Ruckstellungen eine Unterart der Schulden sind, gelten fur sie auch die gleichen Ansatzkriterien. Es muss demnach eine aus der Vergangenheit resultierende Verpflichtung gegenuber dem Unternehmen vorlie- gen, bei deren Erfullung es zu einem Abgang wirtschaftlicher Ressourcen kommt und dessen sich das Unternehmen nicht entziehen kann.15 In 2.2 wird naher auf die zu erfullenden Kriterien eingegangen. Beim Leistungszwang wird zwischen der gesetzlichen Verpflichtung (legal obligation) und der faktischen Verpflichtung (constructive obligation) unterschieden. Die constructive obligation beruht zwar nicht auf einer rechtlichen Grundlage, gilt aber dennoch als sicher, da aufgrund wirtschaftlicher Zwange sich das Unternehmen der Verpflichtung nicht entziehen kann.16 Laut IAS 37.61 erfolgt die Auflosung einer Ruckstellung, sobald es zu Aus- zahlungen kommt, fur die die Ruckstellung angelegt wurde. Somit werden bei der Auflosung weder die GUV noch das Eigenkapital in Anspruch genommen, aufier die Hohe der Ruckstellung wurde zu hoch oder zu niedrig angesetzt. Fur jede Art der Ruckstellung sind folgende Punkte bekannt zu geben:17
- der Buchwert zu Periodenbeginn und zu Periodenende,
- der Betrag neuer Ruckstellungen und der Anstieg bestehender,
- verwendete und nicht verwendete Auflosungen von Ruckstellungen,
- der sich bei abgezinsten Ruckstellungen ergebenden Ruckstellungserhohungen auf- grund des Zeitablaufs und der Anderung des Diskontierungssatzes,
- eine kurze Beschreibung der Art der Ruckstellung sowie der zu erwartenden Falligkeit der Abgange durch die Inanspruchnahme,
- Nennung zu Unsicherheiten hinsichtlich der GroBenordnung dieser Abgange,
- die zu erwartenden Ruckgriffs- und Ersatzanspruche.18
2.1.2 Kriterien fur den Ansatz von Ruckstellungen
In den nachfolgenden Punkten wird darauf eingegangen, welche Kriterien erfullt sein mussen, damit ein wirtschaftliches Ereignis als Ruckstellung angesetzt werden muss.
Kriterium der gegenwartigen Verpflichtung Nach IAS 37.14 mussen Ruckstellungen gebildet werden, wenn:
- aus einem Ereignis der Vergangenheit einem Unternehmen eine gegenwartige Verpflichtung (rechtlich oder faktisch) entstanden ist
- zur Erfullung dieser Verpflichtung der Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen wahrscheinlich ist
- die Hohe dieser Verpflichtung durch Schatzung verlasslich moglich ist.
Es handelt sich bei dem Kriterium der gegenwartigen Verpflichtung um ein wesentliches Tat- bestandsmerkmal. Nur das Vorhandensein einer Absicht zukunftige, bestimmte Investitionen zu tatigen, ist nicht ausreichend fur die Passivierung einer Verbindlichkeit. Die Passiervie- rungspflicht einer Schuld ergibt sich aus einem tatsachlichen wirtschaftlichen Gehalt, eine rein rechtliche Betrachtung wird dabei vernachlassigt.19
Kriterium des verpflichtenden Ereignisses
Nach IAS 37.19 ergeben sich Ruckstellungen nur fur Verpflichtungen, die in der Vergangenheit entstanden sind. Sie entstehen unabhangig von der zukunftigen Tatigkeit der Untemehmung. Dabei gilt als Ereignis aus der Vergangenheitjedes Ereignis, dessen Eintritt bis zum Bilanzstichtag erfolgt ist.20 Rechtlich oder faktisch muss die Erfullung dieser Verpflich- tung erzwingbar sein. Laut IAS 37.10 beruhen rechtlichte Verpflichtungen auf Vertragen und Gesetzen. Faktische Verpflichtungen resultieren aus dem ublichen Geschaftsgebaren oder of- fentlich angekundigter MaBnahmen.21
Kriterium der AuBenverpflichtung
Es sind allein zulassig Verpflichtungen zu berucksichtigen, die gegenuber Dritten bestehen. Anspruchsberechtigte konnen dabei einzelne Personen, eine Gruppe oder die Offentlichkeit sein. Die Ruckstellung fur eine reine Innenverpflichtung gilt nach IFRS als unzulassig.22
Kriterium der Unentziehbarkeit
Ein Ereignis gilt nur dann als verpflichtend, wenn die bilanzerstellende Untemehmung nach dem Eintreten des Ereignisses keine Moglichkeit mehr hat, sich der Verpflichtung zu entzie- hen. Die in der Zukunft kommenden Aufwendungen mussen bei realistischem Verhalten als unvermeidbar gelten.23
Kriterium der Wahrscheinlichkeit des Ressourcenabflusses
Nach IAS 37.23 ist die Wahrscheinlichkeit des Abflusses von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen dann gegeben, wenn es mehr Grunde fur die Belastung des wirtschaftlichen Vermogens gibt, als solche, die dagegen sprechen. Ist der zu erwartende Abfluss nicht ausreichend wahr- scheinlich, aber auch nicht ganz unwahrscheinlich, resultiert daraus die Angabe einer Eventual- schuld im Anhang.24 Durch die subjektive Interpretation der Wahrscheinlichkeit hat der Bilan- zierende die Moglichkeit Bewertungsspielraume zu nutzen.25
Kriterium der zuverlassigen Schatzbarkeit der Hohe derVerpflichtung
Im IAS 3725 wird davon ausgegangen, dass Unternehmen meistens in der Lage sind, anhand einer Breite moglicher Ergebnisse dass MaB einer Verpflichtung bestimmen zu konnen. Das Ansetzen geschatzter Werte schrankt dabei die Validitat der Information von Abschlussen nicht ein. Nur in seltenen Fallen ist die verlassliche Schatzung der Hohe der Verpflichtung nicht moglich, dann erfolgt die auBerbilanzielle Vermerkung einer Eventualschuld.26 In Abbildung 1 ist der Ablauf zur Prufung einer Ruckstellung grafisch dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Bestimmung des Ruckstellungsbegriffs und des Passivierungszeitpunkts nach IFRS27
2.1.3 Die Bewertung von Ruckstellungen
Laut IFRS sind Ruckstellungen mit dem bestmoglichen Schatzbetrag (best estimation) anzuge- ben.28 Bei vernunftiger Betrachtung ist das der Wert, der am Stichtag der Erfullung benotigt wird, um die Verpflichtung zu begleichen. Unterschieden wird bei der Bewertung zwischen Einzel- und Massenverpflichtung. Bei einer Einzelverpflichtung wird davon ausgegangen, dass der beste Schatzwert auch mit dem wahrscheinlichsten Ergebnis ubereinkommt.29 Sind mehrere Ergebnisse gleichwahrscheinlich, so kommt es zur Anwendung des arithmetischen Mittels. Bei einer Massenverpflichtung, also einer Ruckstellung, die auf vielen einzelnen Geschaftsvorfal- len basiert, bspw. eine Garantieruckstellung, wird der Erwartungswert angesetzt.30 Insgesamt gilt jedoch, dass unabwendbare Risiken bei der Bestimmung des bestmoglichen Schatzwertes berucksichtigt werden.31 Beachtet werden muss auch, dass Ruckstellungen diskontiert werden mussen, falls die Abzinsung eine erhebliche Auswirkung auf die auszuweisende Hohe der Ver- pflichtung hat.32 Dass es zu diesem Effekt kommt, kann bei einer Laufzeit von mehr als einem Jahr angenommen werden.33 Der Abzinsungssatz sollte ein laufzeitdeckender Marktzins vor Steuern sein. Beim Diskontieren erfolgt eine periodische Erhohung der Ruckstellung, welche als Fremdkapitalkosten festgehalten werden.34 Als sicher geltende Erstattungsanspruche werden bei den Aktiva isoliert als Forderungen ausgewiesen. Uber den Ruckstellungsbetrag durfen sie dabei nicht hinausgehen. Es darf ein Nettoausweis in der GuV angesetzt werden, da die Ertrage fur die Buchung des Aufwands fur die Ruckstellung subtrahiert werden konnen.35
2.1.4 Arten von Ruckstellungen
Nachfolgend werden die verschieden Arten von Ruckstellungen benannt, die in der Praxis von Bedeutung sind. Dabei wird zwischen Ruckstellungen die aufgrund einer Verpflichtung gegen- uber Dritten und Ruckstellungen ohne Verpflichtung gegenuber Dritten unterscheiden. Zur ersten Kategorie von Ruckstellungen, bei denen eine Aufienverpflichtung besteht, gehoren:
(1) Pensionsruckstellungen
(2) Ruckstellungen fur andere Verpflichtungen gegenuber Mitarbeitern
(3) Ruckstellungen fur Garantieverpflichtungen
(4) Ruckstellungen fur Gewahrleistungen ohne rechtliche Verpflichtung
(5) Ruckstellungen fur drohende Verluste aus schwebenden Geschaften
(6) Ruckstellungen fur Restrukturierungsmafinahmen
(7) Ruckstellungen fur Umweltschutzmafinahmen
(8) Ruckstellungen fur staatlich erhobene Abgaben36
Auf Ruckstellungstyp (1) wird im Laufe der Arbeit weiter eingegangen. Ruckstellungen ohne Verpflichtung gegenuber Dritten sind z.B. Ruckstellungen fur unterlassene Instandhaltung oder unterlassene Abraumbeseitigung. Diese durfen im Vergleich zum HGB nach IFRS generell nicht angesetzt werden, da nach Definition des IASB die Voraussetzungen fur Verpflichtungen (liabilities) nicht erfullt sind, und die Verpflichtung gegenuber einem Dritten bestehen muss.37 Allerdings ist es durch die offentliche Bekanntgabe einer Innenverpflichtung moglich, sie in eine Aufienverpflichtung zu uberfuhren. Die Rekultivierung von kontaminiertem Boden ist dafur ein Beispiel. Wenn ein Unternehmen eine besonders umweltfreundliche Unternehmens- politik kommuniziert, welche auch die Wiederherstellung von kontaminiertem Boden umfasst, ergibt sich daraus eine faktische Verpflichtung gegenuber der Gesellschaft, was wiederrum zu einem Passivierungskriterium fur eine Aufienverpflichtung fuhrt.38
2.2 Die Bilanzierung von Pensionszusagen als Projekt des IASB
Der IAS 19 ,,Leistung an Arbeitnehmer“ (Employee Benefits) ist seit 1999 gultig und behandelt die bilanzielle Darstellung von Pensionszusagen und anderen Leistungen an Arbeitnehmer. Seitdem wurde dieser Standard immer wieder durch kleinere Anderungen uberarbeitet. Um- fangreicher fiel dagegen eine Uberarbeitung im Dezember 2004 aus, da ein neues Wahlrecht zur Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten sowie eine Erweite- rung der Angabepflichten aufgenommen wurde. Spezielle Fragen zur Uberdotierung von Pen- sionsplanen wurden mit dem im Juli 2007 veroffentlichten IFRIC 14 „Die Begrenzung eines leistungsorientierten Vermogenswertes, Mindestfinanzierungsvorschriften und ihre Wechsel- wirkung“ geklart.39 Die letzte grofiere Anderung des IAS 19 wurde vom IASB am 16. Juni 2011 veroffentlicht, und gilt fur Wirtschaftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2013 beginnen 40 Die Anwendung des neuen Standards auf vier zu unterscheidende Entgeltarten, mit jeweils abweichenden Ansatz-, Bewertungs- und Anhangsangabepflichten, hat sich dabei nicht gewandelt.41 Zu den wesentlichen Uberarbeitungen zahlen hier die Entfernung der Wahlrechte zur Erfassung versicherungsmathematischer Gewinne und Verluste, die Neuverabschiedung der Ermittlung einzelner Elemente des Pensionsaufwands und Anpassungen bei den Angaben im Anhang.42 Das IASB bemuhte sich dabei um eine ausfuhrliche Uberarbeitung der bilanziellen Darstellung von Pensionsverpflichtungen. Die erste Phase wurde dabei mit der Veroffentli- chung des IAS 19R Employee Benefits (rev. 2011) erfolgreich umgesetzt. Die zweite Phase, welche anfanglich in Kooperation mit dem FASB geschehen sollte, wurde zwar begonnen, ist jedoch zum jetzigen Zeitpunkt aufgeschoben. Nach der Erstellung des IAS 19R wurden durch das IASB vereinzelte Anderungen an diesem Standard vorgenommen, wie z.B. die Klarstellung zur Bilanzierung von Arbeitnehmerbeitragen in Relation zur Arbeitszeit43.
Der Aufbau des IAS 19R gliedert sich folgendermaBen: Nach Zielsetzung und Anwendungsbe- reich (IAS 19R.1-7) gliedert sich die Definition wesentlicher Begrifflichkeiten an (IAS 19R.8). Die durch ein Unternehmen fur die Arbeitnehmer zugesagten Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses sind das zentrale Element des Standards. In IAS 19R.26-49 wird die Ei- nordnung dieser in beitragsorientierte Zusagen (definded contribution plans) und leistungsori- entierte Zusagen (defined benefit plans) klassifiziert. Die Leitlinien um beitragsorientierte Pen- sionszusagen zu bilanzieren (IAS 19R.50-54) fallen dabei wesentlich geringer aus, als die Re- geln zur bilanziellen Darstellung leistungsorientierter Pensionszusagen (IAS 19R.55-152). Die Bilanzierung anderer Leistungen an den Arbeitnehmer wird auch geregelt: Kurzfristig fallige Leistungen an Arbeitnehmer werden im IAS 19R.9-25 behandelt, wogegen andere langfristig fallige Leistungen im IAS 19R.153-158 beschrieben werden. In IAS 19R.159-171 werden Leistungen aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhaltnisses abgehandelt. Der ubrige Teil des Standards geht auf die anzuwendende Vorgehensweise zum Ubergang auf IAS 19R und dessen Inkrafttreten ein (IAS 19R.172-174).44
2.3 Pensionsruckstellungen allgemein
In vielen nach IFRS aufgestellten Bilanzen haben Pensionsruckstellungen eine Position mit erheblichem Umfang. In IAS 19R ,,Leistungen an Arbeitnehmer“ (employee benefits) wird ihre Behandlung im Jahresabschluss geregelt,45 sofern es sich dabei um Leistungen handelt, die das Unternehmen dem Arbeitgeber zugesagt hat.46 Darin wird behandelt, wie die verschiedenen Leistungen an Arbeitnehmer in der Bilanz abgebildet werden, welche von dem Unternehmen im Ausgleich fur die von den Arbeitnehmern geleistet Tatigkeit gewahrt wird. Dazu zahlt die bilanzielle Darstellung der Leistung von Pensionsverpflichtungen, die nach der Beendigung der Anstellung (post-employment benefits) zur Verfugung gestellt werden.47
Generell werden hierbei zwei Arten von Pensionszusagen unterschieden. Es gibt die beitrags- orientierten Versorgungzusagen (definded contribution plans) und die leistungsorientierten Versorgungszusagen (defined benefit plans). Bei der ersten Variante verpflichtet sich die Un- ternehmung als Arbeitgeber, Beitrage in festgelegter Hohe an einen externen Versorgungstrager zu zahlen48, der wiederum dem anspruchsberechtigten Angestellten leitungsverpflichtend ist. Die daraus resultierende Pensionsleistung fur den Angestellten ergibt sich aus der an den Fonds gezahlten Beitragen und der in dem Fonds erzielten Ergebnisse. 49 Der Arbeitnehmer baut somit im Laufe der Betriebszugehorigkeit einen steigenden Pensionsanspruch gegenuber dem externen Versorgungstrager auf. Das etwaige Risiko einer unerwartet gering ausfallenden Pensionszahlung liegt somit beim Arbeitnehmer.50 Falls das Vermogen des externen Versor- gungstragers nicht ausreichen sollte, um alle Leistungen abzudecken, so unterliegt das Unter- nehmen selber keiner rechtlichen oder faktischen Nachschussverpflichtung.51 Die Regelungen zur Bilanzierung und Berichterstattung dieser externen Fonds werden allerdings nicht im IAS 19R geregelt, sondern im IAS 26.52
Beitragsorientierte Versorgungszusagen werden von dem Unternehmen innerhalb der Periode als Aufwand und Auszahlung wirksam.53 Hierdurch ist die Bildung einer Ruckstellung nicht notwendig. Einzig und allein der Periodenaufwand ist offenzulegen. Werden Zahlungen ver- saumt oder im Vorfeld geleistet, so sind diese als Verbindlichkeiten oder Forderungen abge- grenzt darzustellen. Diese Art der betrieblichen Altersversorgung ist in Deutschland weitestge- hend verbreitet.54 Allerdings ist es in Deutschland durch Arbeitsvertragsgesetze so geregelt, dass sich der Arbeitgeber nicht durch blofie Beitragszahlung seiner Haftung entziehen kann. Betrachtet man diesen Sachverhalt, stellt sich hier die Frage nach der Existenzberechtigung von beitragsorientierten Leistungszusagen. In der Unternehmenspraxis werden die beitragsorientier- ten Versorgungszusagen dennoch durch die Zahlung an Direktversicherungen, Pensionskassen oder Pensionsfonds charakterisiert.55
Bei der zweiten Variante, den leistungsorientierten Pensionszusagen, ist das Unternehmen da- gegen in der Pflicht, eine bestimmte zukunftige Pensionsleistung fur die Arbeitnehmer zu er- bringen. Diese Art der Pflicht wird als Pensionsruckstellung bilanziert, da die Auszahlungsver- pflichtung hinsichtlich Hohe und Falligkeit unsicher ist56 und das Unternehmen dem anspruchsberechtigten Angestellten gegenuber direkt leistungspflichtig ist. Die Unternehmung hat dabei Sorge zu tragen, dass ausreichend Mittel fur die Begleichung falliger Leistungen zur Verfugung stehen und tragt somit auch das alleinige Risiko.57 Die Absicht des IAS 19 liegt dabei darin, eine Schuld immer dann in der Bilanz abzubilden, wenn das Unternehmen bereits eine Arbeitsleistung von dem Mitarbeiter fur eine zukunftige Entlohnung erhalten hat. Das trifft auf leistungsorientierte Pensionsverpflichtungen zu, da die Leistung erst mit dem Ende des Arbeitsverhaltnisses abgerufen wird. Dem Unternehmen steht zur Wahl, ob es zur Finan- zierung entweder die benotigten Mittel selber im Haus ansammelt, oder aber ein externer Ver- sorgungstrager damit beauftragt wird.58 Sollte fur die Finanzierung der externe Trager gewahlt werden, verbleibt die Leistungsverpflichtung dennoch bei dem Unternehmen. 59 Als funding wird es bezeichnet, wenn zweckdienliche Vermogen ausgelagert werden, die fur die Versor- gungszusagen angedacht sind, und in Deutschland faktisch in der Zuhilfenahme von Unterstut- zungskassen anzutreffen sind.60 Abhangig ist die Hohe der insgesamt zu zahlenden Summe an Pensionsleistung und damit auch deren Barwert unter anderem von der Gehaltsentwicklung des Arbeitnehmers, ob der Arbeitnehmer die Firma vorzeitig verlasst und letztendlich auch davon, wie viele Jahre der Arbeitnehmer nach Eintritt in das Pensionsalter noch zu leben hat. Um eine Pensionsruckstellung zu bewerten, wird fur jeden einzelnen Arbeitnehmer mithilfe adaquater Annahmen hinsichtlich der Einflussvariablen, welche auch versicherungsmathematische An- nahmen (actuarial assumtions) genannt werden, eine zu erwartende Gesamthohe der zu zahlenden Pensionssumme errechnet.61 Zu diesen versicherungsmathematischen Annahmen zahlen demografische Annahmen wie etwa Fluktuationsraten und Sterbewahrscheinlichkeiten aber auch wie schon zuvor genannt finanzielle Annahmen uber die Entwicklung von Gehaltern und Zinssatzen.62 Meist ergibt sich daraus ein ansteigender Aufwand im Laufe der aktiven Arbeits- zeit fur den kunftigen Anspruchsnehmer.63 Der ermittelte Betrag wird anschliefiend auf den Zeitpunkt des Pensionseintritts abgezinst. Der abgezinste Betrag wird zuletzt nur noch auf die zu erwartenden Arbeitsperioden aufgeteilt. Den Pensionsruckstellungen wird somit durch dieses Vorgehen mit jedem Arbeitsjahr des Arbeitnehmers ein Anteil der in Zukunft zu erwartenden Zahlungen zugefuhrt. Mit Eintritt zur Pension ist somit die Verpflichtung vollendet und kann durch Auszahlung der Pension an den Arbeitnehmer wieder abgebaut werden.
Summiert man die Pensionsverpflichtungen aller Arbeitnehmer, so erhalt man die Hohe der Pensionsruckstellungen in der Bilanz.64 Der Wert dieser Ruckstellung ist regelmafiig zu prufen und muss neubewertet werden, wenn vorangegangene Annahmen nicht mehr Bestand haben. Anderungen konnen sich bspw. durch Anderungen im Zinsniveau oder den Tod eines Arbeit- nehmers ergeben.65 Der fur die Abzinsung der Verpflichtung fur die nach Beendigung des Dienstverhaltnisses zu erbringenden Leistung benotigte Zins, ist aus dem Marktzins fur erst- rangige, festverzinsliche Industrieanleihen abzuleiten. In Landern bei denen der Markt fur sol- che Anleihen unterentwickelt ist, sind ersatzweise die Marktrenditen von Staatsanleihen anzu- setzen. Die Laufzeiten und Wahrungen dieser Anleihen haben dabei der Wahrung und den zu erwartenden Fristigkeiten der vom Unternehmen gegenuber den Angestellten zu erfullenden Verpflichtung zu entsprechen.66 Da die Bewertung von Pensionsruckstellungen durch die mit Unsicherheit behafteten Faktoren sehr komplex ist, uberlassen viel Unternehmen die Bewertung externen Dienstleistern mit versicherungsmathematischer Expertise.67 Fur diese Bewertung ist zwingend die projected unit credit method anzuwenden, welche auch als ,,Verfahren der laufenden Einmalpramien“ gelaufig ist.68 Bei dieser versicherungsmathematischen Vorge- hensweise wird, wie bereits erwahnt, die kunftige Pensionszahlung geschatzt und auf den Ein- trittstermin abgezinst. Dann ist dieser Barwert auf die verbleibenden Arbeitsperioden aufzutei- len. Hierbei wird der Anteil der abgezinsten Pensionsleistung bestimmt, der sich aus den bereits geleisteten Arbeitsperioden zum Bilanzstichtag ergibt. Anschliefiend wird dieser schon erarbeitete Anteil auf den Bilanzstichtag abgezinst. Bei dem daraus resultierenden Wert handelt es sich um den Barwert der leistungsorientierten Verpflichtung, oder auch present value of the defined benefit obligation (DBO), zum Bilanzstichtag. Grafisch wird diese beschriebene Vor- gehensweise in Abbildung 2 deutlich gemacht.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten69
Der Umfang der Verpflichtung stimmt mit dem Barwert der kumulierten Leistung uberein. Daher ergibt sich der zu erfassende Aufwand der jeweiligen Periode aus der Differenz der Veranderung des Barwertes der Pensionsverpflichtung und den aus dem Planvermogen sich erge- benden Ertragen. Allgemein lasst sich sagen, dass sich der Barwert der Leistungsverpflichtung abhangig von der Hohe der Verzinsung des Anfangsbestandes der Verpflichtung und der Hohe des in der jeweiligen Periode erdienten Barwerts des Leistungsanteils andert.70 Zu diesem komplexen Vorgehen kommt eine differenzierte Erfolgserfassung hinzu, bei der Ruckstel- lungszufuhrungen, begrundet durch die vergangene Dienstzeit der anspruchsberechtigten Ar- beitnehmer, als Aufwand verbucht werden. Allerdings werden Anderungen der Pensionsruck- stellung aufgrund modifizierter versicherungsmathematischer Annahmen, hinsichtlich Lebens- erwartung oder langfristiger Zinsen erfolgsneutral im ,,other comprehensive income“ verbucht.71 IAS 19R besagt, dass die Unternehmung den Aufwand in dem Jahr zu verbuchen hat, indem ihm auch der wirtschaftliche Nutzen von dem Mitarbeiter im Austausch fur spatere Leis- tungen zugeflossen ist.72 Die zur Befriedung der Pensionsanspruche eingesetzten Mittel mussen nicht notwendigerweise im Unternehmen verbleiben. In einem langfristig angelegten Fonds eines externen Versorgungsdienstleister konnen also Gelder angelegt werden. In diesem Fall handelt es sich um „Planvermogen“. Vorteilhaft ist dabei, dass das Planvermogen und ein wertmabig entsprechender Teil der Pensionsruckstellungen in der Bilanz saldiert werden konnen. Dadurch verandern sich Bilanzkennzahlen und der Verschuldungsgrad kann bspw. sinken. IAS 1.32 verbietet zwar generell eine Saldierung von Vermogen und Schulden aber durch 73 die Einzelfallvorschrift im IAS 19.54 wird dies dennoch moglich.74 Bedingung fur diese Sal- dierung ist dabei, dass der externe Versorger rechtlich unabhangig gestellt ist und Glaubiger der Unternehmung auch bei einer Insolvenz keinen Zugriff auf das Planvermogen haben. Wei- terhin besteht aber der Anspruch des Arbeitnehmers auf seine Pensionszahlung von dem Un- ternehmen. Es liegt eine leistungsorientierte Pensionszusage mit externer Finanzierung vor. Es ist zu erwahnen, dass, soweit die Kriterien fur den Ansatz von Ruckstellungen nicht mehr er- fullt werden, die Passivierung auch nicht mehr erfolgen darf. Zu prufen ist dann, ob eine Even- tualschuld vorliegt. 75
3 Leistungen nach Beendigung des Arbeitsverhaltnisses
3.1 Ansatz
3.1.1 Die Erfassung von versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten
Eine der wesentlichen Anderungen des IAS 19R liegt darin, dass die Korridor-Methode, mit der die versicherungsmathematischen Gewinne und Verluste fur leistungsorientierte Altersver- sorgungsplane erfasst wurden, abgeschafft wurde. Diese Anderung hat mafigeblichen Einfluss auf den Ansatz von Pensionsverpflichtungen in der Bilanz. Das bisher angewandte Verfahren wurde schon seit einem langeren Zeitraum kritisch betrachtet, da es hierdurch moglich war, dass es zu starken Abweichungen zwischen den in der Bilanz dargestellten Pensionsruckstel- lungen und dem tatsachlich bestehenden Umfang der Verpflichtung, oder auch Brutto- Pensionsverpflichtung genannt, kommen konnte. Zum Grofiteil werden die Pensionsverpflichtungen mithilfe von Schatzungen und Vermutungen verschiedener versicherungsmathemati- scher Rechnungen bewertet. Dazu zahlen, wie auch schon bereits in 2.3 genannt, die Annah- men uber die Entwicklung von Abzinsungzinssatzen, die Entwicklung von Gehaltern, Progno- sen uber die Lebenserwartung, Invaliditat oder auch Fluktuation. Daraus folgt, dass Annahmen die am Anfang einer Periode getroffen wurden, sich oft von den Werten am Ende einer Periode unterscheiden und somit auch einen Einfluss auf das Betriebsergebnis des Geschaftsjahres ha- ben. Die sich daraus ergebenden Veranderungen des Bestands der Verpflichtung sind versiche- rungsmathematische Gewinne und Verluste, welche zu einer Verminderung oder einer Erho- hung des Barwertes der Brutto-Pensionsverpflichtung fuhren.76 Zusatzlich kommt es auch noch zu versicherungsmathematischen Gewinnen und Verlusten, die sich aus dem Planvermogen ergeben. Hier wird zu Anfang der Periode geschatzt, wie hoch der erwartete Ertrag (expected return on plan assets) aus der Anlage des Planvermogens ausfallen wird. Dieser zu erwartende Ertrag hat direkten Einfluss auf den Gewinn und Verlust des Geschaftsjahres. Der Unter- schiedsbetrag aus der am Bilanzstichtag tatsachlichem erwirtschaftetem Rendite und des zuvor geschatzten Erwartungswertes ergibt den versicherungsmathematischen Gewinn oder Verlust, welcher dazu fuhrt, dass es zu einer Erhohung oder Verminderung des beizulegendem Zeitwer- tes des Planvermogens am Ende des Geschaftsjahres kommt. Vor der Anderung des IAS 19 bestand die Moglichkeit, eine von drei Methoden auszuwahlen, um die sich ergebenden versicherungsmathematischen Gewinne oder Verluste in der Bilanz darzustellen. Das Wahlrecht der jeweiligen Methode wurde dabei stetig ausgeubt.
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1 Dr. Martin Schloemer, Accounting Principles & Policies, Bayer AG, Folgende Zitate, Handelsblatt 2014 [Abruf: 10.01.2016].
2 Vgl. Sigle, Zur Ergebniswirksamkeit der Abzinsung, PiR 2013, S. 248.
3 nachfolgendIAS19R.
4 Vgl. FaBhauer/Bockem, IAS 19R (rev. 2011) Employee Benefits, WPg 2011, S. 1003.
5 Vgl. Pellens et al., Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 469.
6 Vgl. Derbort et al., Bilanzierung von Pensionsverpflichtungen, 2012, S. 168.
7 Vgl. OldewurtefKumpefWolz, Auswirkungen der Bilanzierung, IRZ 2013, S. 480.
8 Vgl. OldewurtefKumpefWolz, Auswirkungen der Bilanzierung, IRZ 2013, S. 479.
9 Vgl. Sigle, Zur Ergebniswirksamkeit der Abzinsung, PiR 2013, S. 247.
10 Vgl. Wagenhofer, Internationale Rechnungslegungsstandards, 2OO9, S. 125.
11 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2O14, S. 454.
12 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2O14, S. 136.
13 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2O14, S. 454.
14 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2O14, S. 136.
15 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2O14, S. 454.
16 Vgl. IAS 37.1O.
17 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 454
18 Vgl. IAS 37.84 f.
19 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 137.
20 Vgl. Hachmeister, Verbindlichkeiten nach IFRS, 2006, S. 116.
21 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 138.
22 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 139.
23 Vgl. Moxter, Ruckstellungennach IAS, BB 1999, S 519 ff.
24 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 140.
25 Vgl. Hommel, in: Bilanzrecht, § 249 HGB, Rn. 534.
26 Vgl. Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 141 f.
27 Wustemann/Wustemann, Bilanzierung case by case, 2014, S. 170
28 Vgl. IAS 37.36.
29 Vgl. IAS 37.40.
30 Vgl. IAS 37.39.
31 Vgl. IAS 37.42.
32 Vgl. IAS 37.45.
33 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 455.
34 Vgl. IAS 37.60.
35 Vgl. IAS 37.53, .54.
36 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 455ff.
37 Vgl. IAS 37.20
38 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 464.
39 Vgl. Pellens et al., Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 469.
40 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 455.
41 Vgl. Fafihauer/Bockem, IAS 19R (rev. 2011) Employee Benefits, WPg 2011, S. 1003.
42 Vgl. Pellens et al., Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 469.
43 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 464.
44 Vgl. Pellens et al., Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 469.
45 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
46 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck’sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 159
47 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 455f.
48 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
49 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 456.
50 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268; IAS 19.28.
51 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck’sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 158; Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 456.
52 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck‘sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 160.
53 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
54 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 456.
55 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck’sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 158.
56 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
57 Vgl. IAS 19R.30.
58 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck’sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 161.
59 Vgl. IAS 19R.56.
60 Vgl. IAS 19R.8.
61 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
62 Vgl. IAS 19R.76.
63 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss und Jahresabschlussanalyse, 2014, S. 457.
64 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 268.
65 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 269.
66 Vgl. IAS 19R.83.
67 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 269.
68 Vgl. IAS 19R.67f.
69 Pellens et al., Internationale Rechnungslegung, 2014, S. 473.
70 Vgl. Coenenberg/Haller/Schultze, Jahresabschluss undJahresabschlussanalyse, 2014, S. 457.
71 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 269.
72 Vgl. Schrimpf-Dorges, in: Beck’sches IFRS Handbuch, § 13 Rn. 161.
73 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 269.
74 Vgl. PreiMer/Figlin, IFRS-Lexikon, 2009, S. 127.
75 Vgl. Zimmermann/Werner/Hitz, Buchfuhrung und Bilanzierung nach IFRS und HGB, 2015, S. 269.
76 Vgl. KPMG, IFRS aktuell, 2012, S. 159.
- Arbeit zitieren
- Fabian Fink (Autor:in), 2016, Änderung des IAS 19. Auswirkung auf die Rechnungslegung und die Darstellung der wirtschaftlichen Lage, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/342476
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