Um Musik zu verstehen, da sie eindeutig kommunikativen Charakter aufweist, bedarf das Gehör einer Schulung sowie Anleitung, um die in Musik enthaltenen Informationen verarbeiten zu können. Beispielsweise fördert das Hörverständnis um Musik nicht nur die Möglichkeit des Erfahrens von „sich selbst verstärkenden Genusserleben[s, d. Verf.], sondern erleichtert die Teilhabe an sozial-kulturellen Aspekten von Musik, wie gemeinsames Singen von Liedern in Gottesdienst, oder bei der Arbeit. Ebenfalls bietet es die Grundlage für musikalisches Gespür für Rhythmusempfinden.
An diesem Punkt setzen verschiedene Konzeptionen der Hörerziehung an. Als Grundlage eines erfolgreichen Anleitens sehen sie Musikverständnis, auch wenn diese per se nicht nachweisbar ist. Aus der Sache heraus ergeben sich zwei verschiedene Herangehensweisen an eine Hörerziehung, welche sich in ihrem Ausgangspunkt als Unterrichtsgegenstand unterscheiden. Einerseits kann von der Musik als Objekt ausgegangen werden und die zum Verstehen benötigten Fähigkeit anerzogen werden, oder im Sinne ästhetischer Bildung der Schüler in den Mittelpunkt gestellt werden, welchem Instrumente zur Ausbildung einer kritischen Wahrnehmungsfähigkeit an die Hand gegeben werden sollen. Die Auditive Wahrnehmungserziehung (im Folgenden mit AWE abgekürzt) gesellt sich zu den letztgenannten Ansätzen und soll im Folgenden detaillierter besprochen werden.
Wenn man anthropologisch auf die Entwicklung des Hörsinns des Menschen zurückblickt, so leuchtet ein, dass dieser als überlebenswichtige Fähigkeit zur „Ortung von Schallquellen in der Umwelt“ und dem daraus resultierenden Verteidigungsmechanismen entwickelt wurde. Grundsätzlich werden Hörinformation gleichmäßiger Art als beruhigend und gefahrlos eingestuft, währenddessen zu dieser Art konträre Hörinformationen als Gefahr und beängstigend wahrgenommen werden und die Fluchtreflexe eines Menschen aktivieren.
Wie und warum Musik Bestandteil unserer menschlichen Kultur wurde, kann im Rahmen dieser Arbeit nicht abgedeckt werden. Es soll allerdings erwähnt werden, dass die Frage hiernach sehr umstritten und Kernpunkt vieler Forschungen ist. Jedoch wird weithin spekuliert, ob der „Gemeinschaft stiftende Aspekt der Musik als eine wichtige adaptive Funktion“ für die Entwicklung einer Sozietät eine überlebenswichtige Rolle zuteil wurde.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung: Musikhören als Bestandteil des Kulturerzeugnisses „Musik“
- Auditive Wahrnehmungserziehung – Eine Betrachtung
- Begriffsdefinitionen
- Entstehung des musikpädagogischen Konzepts der Auditiven Wahrnehmungserziehung
- Inhalte und anvisierte Ziele der Auditiven Wahrnehmungserziehung
- Das Schulbuch Sequenzen
- Das Schulbuch Sequenzen: Folge 1
- Das Schulbuch Sequenzen: Folge 2
- Sequenzen und Auditive Wahrnehmungserziehung – Scheiterte das ambitionierte Projekt?
- Fazit: Auditive Wahrnehmungserziehung – Konzeption oder Konzept?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das Konzept der Auditiven Wahrnehmungserziehung (AWE) und analysiert dessen Bedeutung im musikpädagogischen Kontext. Sie befasst sich mit der Entstehung und den Zielen der AWE sowie deren Implementierung in der Praxis, insbesondere anhand des Schulbuches „Sequenzen“.
- Definition und Entwicklung des Konzepts der Auditiven Wahrnehmungserziehung
- Die Rolle der AWE im musikpädagogischen Kontext
- Analyse des Schulbuches „Sequenzen“ als Beispiel für die praktische Umsetzung der AWE
- Kritik und Bewertung der AWE im Hinblick auf ihre Wirksamkeit und Relevanz
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in das Thema Musikhören und seine Bedeutung als Bestandteil des Kulturerzeugnisses „Musik“ ein. Es beleuchtet die Entwicklung des Hörsinns des Menschen und die Rolle der Musik in der menschlichen Kultur. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept der Auditiven Wahrnehmungserziehung (AWE) und beleuchtet dessen Begriffsdefinitionen, Entstehung und anvisierte Ziele. Es betrachtet die AWE als ein Konzept der ästhetischen Bildung, das die Wahrnehmung und das Hören von Musik als holistischen Prozess begreift und den Schüler in den Mittelpunkt stellt. Das dritte Kapitel widmet sich dem Schulbuch „Sequenzen“ und analysiert dessen beiden Folgen im Hinblick auf die Auditive Wahrnehmungserziehung. Es untersucht, ob das Buch die Ziele der AWE erreicht und inwieweit das ambitionierte Projekt erfolgreich umgesetzt werden konnte.
Schlüsselwörter
Auditive Wahrnehmungserziehung, Musikpädagogik, Musikhören, Ästhetische Bildung, Schulbuch Sequenzen, Wahrnehmung, Hören, Klang, Komposition, Improvisation, Musikverständnis, Kulturelle Bildung.
- Quote paper
- Raphael Schollenberger (Author), 2016, Auditive Wahrnehmungserziehung. Schulung des Gehörs im Musikunterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341585