Zur Zeit der Wiener Moderne entstand das Interesse an der Psychologie, besonders unter Sigmund Freud. Auch der Schriftsteller Arthur Schnitzler setzte sich damit in seinem Beruf als Arzt auseinander und verwendete dieses Wissen nicht nur für die Behandlung seiner Patienten, sondern auch für die Konzeption seiner Werke. Diese Arbeit untersucht den Hauptprotagonisten von Schnitzlers Novelle „Lieutenant Gustl“ im Hinblick auf seine Psyche. Als Grundlage dafür soll das Instanzenmodell Freuds dienen, wobei die Erzähltechnik des Inneren Monologs besonders berücksichtigt wird. Jedoch ist kritisch zu hinterfragen, ob sich anhand des Instanzenmodells Freuds die Novelle untersuchen lässt, da Schnitzler selbst im Bereich der Psychologie tätig war und sich teilweise von Freuds Ansätzen distanzierte.
Zunächst ließe sich vermuten, dass sich das Instanzenmodell Freuds für eine Analyse des Hauptprotagonisten nicht eignet. Dies soll in der vorliegenden Arbeit geprüft werden. Außerdem stellt sich die Frage, aus welchem Grund Schnitzler die Erzähltechnik des Inneren Monologs gewählt hat. Die Hypothese, dass dies im Zusammenhang mit der, durch diese Erzähltechnik ermöglichten, „unbegrenzte[n] Analysierbarkeit der Psyche literarischer Figuren“ steht, wird mittels der Analyse durchleuchtet.
Um diese Fragen zu klären, bietet es sich an, zunächst die Psychologisierung der Literatur zur Zeit der Wiener Moderne zu beschrieben, um nicht nur einen Eindruck des historischen Kontexts zu geben, sondern auch um die Bedeutung der Psychoanalyse hervorzubringen. Danach wird auf die Beziehung zwischen Sigmund Freud und Arthur Schnitzler eingegangen, wobei zugleich deren psychoanalytischen Ansätze dargestellt werden sollen. Auf dieser Grundlage schließt sich die Analyse Gustls anhand des Instanzenmodells Freuds unter besonderer Berücksichtigung der Erzähltechnik des inneren Monologs an. Die Ergebnisse werden in der Schlussbemerkung zusammengefasst und damit die aufgestellte Hypothese reflektiert. Darüber hinaus werden gegebenenfalls sowohl die Schwierigkeiten als auch offen gebliebene Fragen, welche beim Verfassen dieser Arbeit aufgekommen sind, aufgezeigt, um Anregungen zu weiterer Forschung zu geben.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Psychologisierung der Literatur in der Wiener Moderne
- Schnitzler, Freud und die Psychoanalyse
- Psychoanalytische Untersuchung Gustls
- Der Innere Monolog
- Das Instanzenmodell Freuds
- Analyse
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Psyche des Hauptprotagonisten in Arthur Schnitzlers Novelle „Lieutenant Gustl“ anhand des Instanzenmodells von Freud. Besonderes Augenmerk liegt auf der Erzähltechnik des inneren Monologs und der Frage, ob und wie sich Freuds Modell auf Schnitzlers Werk anwenden lässt, berücksichtigt die teilweise Distanzierung Schnitzlers von Freuds Ansätzen.
- Die Psychologisierung der Literatur in der Wiener Moderne
- Die Beziehung zwischen Schnitzler und Freud und deren psychoanalytische Ansätze
- Analyse von Lieutenant Gustls Psyche mittels des Freudschen Instanzenmodells
- Die Bedeutung des Inneren Monologs in der Erzähltechnik
- Bewertung der Anwendbarkeit des Freudschen Modells auf Schnitzlers Werk
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Forschungsfrage der Arbeit: die Analyse der Psyche von Lieutenant Gustl anhand des Freudschen Instanzenmodells, unter Berücksichtigung des inneren Monologs. Sie stellt die Hypothese auf, dass die Wahl des inneren Monologs die unbegrenzte Analysierbarkeit der Psyche literarischer Figuren ermöglicht und kündigt den Aufbau der Arbeit an: Zuerst wird die Psychologisierung der Literatur der Wiener Moderne beleuchtet, dann die Beziehung Schnitzler-Freud, und schließlich folgt die Analyse Gustls. Schwierigkeiten und offene Fragen werden in der Schlussbemerkung angesprochen.
Psychologisierung der Literatur in der Wiener Moderne: Dieses Kapitel beschreibt den historischen Kontext der Wiener Moderne (ca. 1890-1930) und ihren Einfluss auf die Literatur. Die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche, der Antisemitismus und der Konflikt zwischen Adel und Bürgertum führten zu einer verstärkten Beschäftigung mit der inneren Welt des Menschen. Die Literatur begann, die verborgensten Winkel der Psyche zu erforschen, Traum und Wirklichkeit zu vermischen und pathologische Seelenzustände darzustellen. Gleichzeitig wird auch die Kritik an dieser neuen psychologischen Perspektive in der Literatur erwähnt, die die Beschränkung auf eine "relativ bedeutungsarme Kunstsprache" bemängelte.
Schnitzler, Freud und die Psychoanalyse: Dieses Kapitel beleuchtet die Beziehung zwischen Arthur Schnitzler und Sigmund Freud. Schnitzler, als Arzt mit Interesse an Nerven- und Geisteskrankheiten, stand der Psychoanalyse nahe. Seine medizinische Ausbildung und seine Bekanntschaft mit Freud und dessen Umfeld werden detailliert beschrieben. Der Text betont jedoch auch Schnitzlers eigenständige Position, seine teilweise Distanzierung von Freuds Ansätzen und seine frühen Auseinandersetzungen mit Hypnose und Suggestion, die vor Freuds Veröffentlichungen auf diesem Gebiet liegen. Die Gemeinsamkeiten der beiden in ihren psychologischen Überlegungen, besonders im Verständnis neurotischer Erkrankungen, werden herausgestellt.
Schlüsselwörter
Wiener Moderne, Arthur Schnitzler, Lieutenant Gustl, Sigmund Freud, Psychoanalyse, Instanzenmodell, Innerer Monolog, Psychologisierung der Literatur, Neurose.
Häufig gestellte Fragen (FAQs) zu „Lieutenant Gustl“: Psychoanalytische Untersuchung einer Novelle von Arthur Schnitzler
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Psyche des Hauptprotagonisten, Lieutenant Gustl, in Arthur Schnitzlers gleichnamiger Novelle anhand des von Sigmund Freud entwickelten Instanzenmodells. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Erzähltechnik des inneren Monologs und der Frage, inwieweit sich Freuds Modell auf Schnitzlers Werk anwenden lässt.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Psychologisierung der Literatur in der Wiener Moderne, die Beziehung zwischen Schnitzler und Freud sowie deren psychoanalytische Ansätze, eine detaillierte Analyse von Lieutenant Gustls Psyche mittels des Freudschen Instanzenmodells, die Bedeutung des Inneren Monologs in der Erzähltechnik und schließlich eine kritische Bewertung der Anwendbarkeit des Freudschen Modells auf Schnitzlers Werk. Die teilweise Distanzierung Schnitzlers von Freuds Ansätzen wird ebenfalls berücksichtigt.
Welche Methode wird angewendet?
Die Analyse basiert auf dem Freudschen Instanzenmodell (Es, Ich, Über-Ich) und untersucht, wie dieses Modell die Psyche von Lieutenant Gustl erklärt. Die Erzähltechnik des inneren Monologs spielt dabei eine zentrale Rolle, da sie einen direkten Zugang zu den Gedanken und Gefühlen der Figur ermöglicht.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Forschungsfrage und die Hypothese formuliert. Es folgt ein Kapitel zur Psychologisierung der Literatur in der Wiener Moderne, welches den historischen Kontext beleuchtet. Anschließend wird die Beziehung zwischen Schnitzler und Freud und deren psychoanalytische Ansätze dargestellt. Der Hauptteil besteht aus der psychoanalytischen Untersuchung von Lieutenant Gustl. Die Arbeit endet mit einer Schlussbemerkung, in der Schwierigkeiten und offene Fragen angesprochen werden.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Schlüsselbegriffe sind: Wiener Moderne, Arthur Schnitzler, Lieutenant Gustl, Sigmund Freud, Psychoanalyse, Instanzenmodell, Innerer Monolog, Psychologisierung der Literatur, Neurose.
Welchen historischen Kontext beleuchtet die Arbeit?
Die Arbeit beleuchtet den historischen Kontext der Wiener Moderne (ca. 1890-1930) und deren Einfluss auf die Literatur. Die gesellschaftlichen und politischen Umbrüche, der Antisemitismus und der Konflikt zwischen Adel und Bürgertum führten zu einer verstärkten Beschäftigung mit der inneren Welt des Menschen. Die Literatur begann, die verborgensten Winkel der Psyche zu erforschen, Traum und Wirklichkeit zu vermischen und pathologische Seelenzustände darzustellen.
Wie wird die Beziehung zwischen Schnitzler und Freud dargestellt?
Die Arbeit beschreibt die enge Beziehung zwischen Arthur Schnitzler und Sigmund Freud, wobei Schnitzlers eigenständige Position und seine teilweise Distanzierung von Freuds Ansätzen hervorgehoben werden. Schnitzlers medizinische Ausbildung und seine frühen Auseinandersetzungen mit Hypnose und Suggestion, die vor Freuds Veröffentlichungen auf diesem Gebiet liegen, werden detailliert dargestellt. Die Gemeinsamkeiten der beiden in ihren psychologischen Überlegungen, insbesondere im Verständnis neurotischer Erkrankungen, werden ebenfalls herausgestellt.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Schlussfolgerungen der Arbeit werden in der Schlussbemerkung zusammengefasst. Hier werden die Ergebnisse der Analyse von Lieutenant Gustl präsentiert und die Grenzen und Möglichkeiten der Anwendung des Freudschen Modells auf literarische Texte diskutiert. Offene Fragen und Schwierigkeiten der Interpretation werden ebenfalls angesprochen.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2013, Psychoanalyse in der Literatur der Wiener Moderne. "Lieutenant Gustl" von Arthur Schnitzler und der innere Monolog, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/341101