„Lass das!“ Wer hat diesen Satz nicht schon einmal im Kinderzimmer oder Klassenraum gehört? Der Wunsch und die Notwendigkeit, Verhalten verändern zu können, sind aus der Erziehung nicht wegzudenken. Verhaltensmodifikation ist ein bedeutsames Instrument der Pädagogik, um kindliches Verhalten auch im schulischen Kontext zu regulieren.
Den ersten bewussten Kontakt mit dieser Thematik hatte der Autor dieser Ausarbeitung im Rahmen seiner Tätigkeit als Schulsozialarbeiter bei der Durchführung eines sozialen Gruppentrainings an einer hessischen Förderschule. Seitens der
Schulleitung wurde angeregt, das an der Schule etablierte Verstärkersystem in Form eines Tokenprogramms auch in der Waldpädagogik zur Verbesserung der Mitarbeit und des Regel- und Sozialverhaltens zu übernehmen. Also musste ein Tokenprogramm für die speziellen Bedürfnisse der Waldarbeit entwickelt werden, was eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Thema „Verhaltensmodifikation“ notwendig machte.
Tatsächlich erwies sich dieser individuelle Verstärkerplan vorerst als sehr effizient im Hinblick auf das Verhalten während der Trainingssitzungen. Langfristig hat sich jedoch in den gemeinsam mit den Klassenlehrerinnen ausgearbeiteten Schuljahresdiagnostiken gezeigt, dass sich die Erfolge nur situativ im Rahmen des Trainings einstellten und das Unterrichtsverhalten nicht signifikant verbessert wurde. Zudem wurde mit zunehmendem Alter der Kinder deutlich, dass solche Tokenprogramme spätestens mit Einsetzen der Adoleszenz als manipulative Instrumente entlarvt werden und sich die Bereitschaft zum Belohnungsaufschub reduziert. Einzelne Schülerinnen und Schüler mussten als ultima ratio von der Gruppe ausgeschlossen werden, da sie völlig grenzenlos agierten und eine Gefahr für sich und andere Jugendliche darstellten. Das einst entwickelte Verstärkersystem schien an seine Grenzen gestoßen und von der Entwicklung der Jugendlichen überholt worden zu sein. Im Kontext dieser konkreten Problemstellung wurde das Thema dieser wissenschaftlichen Hausarbeit gewählt, um tiefergehende Einsichten in Verhalten und verhaltenssteuernde Faktoren zu gewinnen und somit Verhaltensmodifikation kompetenter durchführen zu können.
In diesem Sinn ist zunächst ein differenzierter Blick auf Verhaltensmodifikation zu richten, um deren pädagogische Dimension zu sondieren.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Historischer Exkurs
2.1. Medizinische Verhaltensperspektive
2.2. Behavioristische Verhaltensperspektive
2.2.1. Behaviorismus im 19. Jahrhundert
2.2.2. Behaviorismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts
2.2.3. Behaviorismus in den 1950er-Jahren
2.2.4. Behaviorismus in den 1960er-Jahren
2.3. Kognitivistische Verhaltensperspektive
2.4. Neuropsychologische Verhaltensperspektive
2.5. Die aktuelle Perspektive: Verhaltensmodifikation heute
2.5.1. Konsistenz der traditionellen Verhaltensforschung
2.5.2. Der Situiertheitsansatz
2.5.3. Der Situiertheitsansatz und Verhaltensmodifikation
3. Begriffsdefinitionen aus pädagogischer Perspektive
3.1. Verhalten
3.2. Verhaltensstörung
3.3. Intervention
3.4. Verhaltensmodifikation
4. Verhaltensmodifikation als Lernen von Verhalten
4.1. Assoziatives Lernen
4.1.1. Reiz-Reaktions-Lernen
4.1.2. Instrumentelles Lernen
4.2. Kognitives Lernen
4.2.1. Lernen durch Wissensorganisation
4.2.2. Handeln
4.2.3. Problemlösen
4.2.4. Modelllernen
4.3. Situiertes Lernen
5. Steuerbare Verhaltensfaktoren
5.1. Umwelt und Umfeld
5.2. Situation
5.3. Erwartbarkeit von Konsequenzen
5.4. Kognitive Steuergrößen
5.4.1. Selbstwirksamkeit(serwartung)
5.4.2. Wissen
5.4.3. Emotion
5.4.4. Motivation
5.4.5. Selbstbestimmung
5.5. Entwicklungsstand des Kindes
5.5.1. Piaget: Kognitive Entwicklung
5.5.2. Erikson: Persönlichkeitsentwicklung
5.5.3. Kohlberg: Moralentwicklung
6. Diagnostik erwartungsabweichenden Verhaltens
7. Methoden der Verhaltensmodifikation
7.1. Auf Konditionierung basierende Methoden
7.2. Kognitiv orientierte Methoden
7.3. An Modelllernen orientierte Methoden
7.4. An Entspannung orientierte Methoden
7.5. Methode x - Ein Ausblick
8. Fazit
9. Quellenverzeichnis
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