Im Folgenden wird der Begriff des Sprachspiels in Ludwig Wittgensteins „Philosophische Untersuchungen §1-37 und §65-67“ untersucht. Wittgensteins Argumentation zeichnet sich dadurch aus, dass er keine eindeutige Definition des Sprachspiels als Begriff gibt, sondern viele Thesen aufstellt und diese mit Beispielen belegt. Das Sprachspiel beinhaltet viele Abstufungen, die sich nicht mit einer einfachen Definition benennen lassen. Zudem ist die Zahl der Sprachspiele unendlich, dabei werden immer wieder neue dazu genommen und alte verworfen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Begriff der Sprachspiele
2.1 Sprachspiele als Tätigkeiten
2.2 Geistige Tätigkeiten
2.3 Familienähnlichkeiten
3. Fazit
Literatur:
1.Einleitung
Im Folgenden werde ich den Begriff des Sprachspiels in Ludwig Wittgensteins „Philosophische Untersuchungen §1-37 und §65-67“ untersuchen. Wittgensteins Argumentation zeichnet sich dadurch aus, dass er keine eindeutige Definition des Sprachspiels als Begriff gibt, sondern viele Thesen aufstellt und diese mit Beispielen belegt. Das Sprachspiel beinhaltet viele Abstufungen, die sich nicht mit einer einfachen Definition benennen lassen. Zudem ist die Zahl der Sprachspiele unendlich, dabei werden immer wieder neue dazu genommen und alte verworfen.
2. Der Begriff der Sprachspiele
Wittgenstein beginnt seine Argumentation mit Augustinus‘ Bild der Sprache. Laut Augustinus haben Wörter eine Bedeutung, sofern sie Gegenstände bezeichnen. Diese Bedeutung erlernen wir durch eine darauf hinweisende Definition, die uns von anderen vorgegeben wird. Sätze sind die Verbindungen von Wörtern.[1]
Wittgenstein übt an Augustinus‘ Bild der Sprache Kritik. „Augustinus beschreibt, könnten wir sagen, ein System der Verständigung: nur ist nicht alles, was wir Sprache nennen, dieses System.“[2] Daher gilt für Wittgenstein das Erlernen der Bedeutung von Wörtern durch eine hinweisende Definition nur teilweise. Ein Beispiel dafür ist das Bauarbeiterbeispiel. In diesem beschreibt Wittgenstein, wie ein Bauarbeiter B einem anderen Bauarbeiter A Würfel, Säulen, Platten und Balken bringen soll. Ruft A den Begriff Platte, bringt B die Platte. Dadurch hat er durch hinweisende Definition die primitive Sprache erlernt.[3] Diese primitive Sprache ist aber nur ein Teil der Sprache. Wittgenstein vergleicht dies mit einem Kind, das sprechen lernt. „Wir können uns auch denken, dass der ganze Vorgang des Gebrauchs der Worte […] eines jener Spiele ist, mittels welcher Kinder ihre Muttersprache erlernen. Ich will diese Spiele Sprachspiele nennen.“[4] Das Lehren der Sprache ist für ihn kein Erklären, sondern ein Abrichten. Die Bedeutung der Worte fehlt dem Kind.[5]
Deutlicher wird Wittgenstein in seinem Beispiel des Schülers, der durch Abrichten Worte lernt. Ihm wird dabei ein Gegenstand gezeigt und der Schüler wiederholt den Namen des Gegenstandes. Dadurch lernt der Schüler aber nicht, dass er den Gegenstand beispielsweise herbeibringen soll. Daher bildet diese Grundlage des primitiven Erlernens von Wörtern nur einen Teil des Sprachspiels. Hinweisendes Erklären und hinweisendes Definieren setzt nach Wittgenstein schon die Beherrschung eines Sprachspiels voraus. Daher kann auch das hinweisende Erklären nicht der Ursprung sprachlicher Bedeutung sein, wie dies Augustinus annimmt.[6] Er kritisiert an Augustinus’ Sprachbild, dass ein Kind die Muttersprache nicht durch hinweisendes Erklären erlernt, denn dann müsste es bereits ein Sprachverständnis in sich haben. Ruft der Bauarbeiter A „Bring mir eine Platte“ und das Kind nur „Platte“ versteht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass es die Platte bringen wird. Das Kind müsste schon über eigenes Denken verfügen, die Worte verstehen und „zu sich selbst reden“ können.[7] „Denk an die Werkzeuge in einem Werkzeugkasten […] So verschieden die Funktionen dieser Gegenstände, so verschieden sind die Funktionen der Wörter.“[8] Das Kind lernt diese Funktionen der Gegenstände erst nach und nach und hat sie nicht zu Beginn verinnerlicht.
Daher definiert Wittgenstein das Sprachspiel neu: „Ich werde auch das Ganze: der Sprache und der Tätigkeiten, mit denen sie verwoben ist, das „Sprachspiel“ nennen.“[9] Damit umfasst er den Begriff des Sprachspiels sehr weit. Es wird deutlich, dass es keine klare Definition für diesen Begriff gibt.
2.1 Sprachspiele als Tätigkeiten
Ein Sprachspiel kann nur gespielt werden, wenn der gesamte Kontext von den Sprechenden mit in Betracht gezogen wird. Dazu gehören unter anderem die Situation, in der sich die Sprechenden befinden und auch zuvor Geschehenes. Das Sprachspiel bezieht sich immer auf Situationen und Tätigkeiten. Die gesamte Tätigkeit im Leben lässt sich nach Wittgenstein als ein Netz aus zusammenhängenden Sprachspielen darlegen.
Das Bauarbeiterbeispiel ist hierbei ein primitives Sprachspiel und zeigt die Lebensform zweier Bauarbeiter, die eine Sprache sprechen als „Teil einer Tätigkeit, oder einer Lebensform.“[10] Dabei ist zu beachten, dass die primitive Sprache verkürzt ist gegenüber der grammatikalischen deutschen Sprache. Dies bedeutet aber nicht, dass die primitive Sprache eine verkürzte Wiedergabe von den Gedanken des Sprechers ist. Für Wittgenstein enthält unsere Sprache die Möglichkeit, verkürzte Sätze zu bilden und auch zu verstehen. Dies bedeutet nicht, dass wir in diesem Moment aber den Satz „Bitte bring mit eine Platte“ denken, wenn wir „Platte“ sagen.[11]
Es gibt eine Vielfalt an Sprachspielen. Das Bauarbeiterbeispiel gehört zum Beispiel unter die Gruppe „Befehlen, und nach Befehlen handeln“[12]. Doch „es gibt unzählige solcher Arten: unzählige verschiedene Arten der Verwendung alles dessen, was wir „Zeichen“, „Worte“, „Sätze“, nennen. Und diese Mannigfaltigkeit ist nichts Festes, ein für allemal Gegebenes; sondern neue Typen der Sprache, neue Sprachspiele, wie wir sagen können, entstehen und andre veralten und werden vergessen“[13].
Eine Kommunikation durch ein Sprachspiel besteht nach Wittgenstein also aus Kreativität. Es ist ein Spiel aus Worten, die definiert, erklärt, kreiert und belegt werden. Wichtig ist, dass sie sich immer auf Tätigkeiten beziehen.
2.2 Geistige Tätigkeiten
Wittgenstein reagiert auf den Einwand, dass man kein Sprachspiel beherrschen muss, um eine hinweisende Definition zu verstehen. Der Schüler muss nur wissen, auf was der Betreffende zeigt.[14]
Dies widerlegt Wittgenstein mit dem Verweis auf ein Blatt Papier. Zeigt der Lehrer darauf, kann es damit die Farbe, Form oder Anzahl meinen. Der Schüler kann in dem Moment nicht wissen, was der Lehrer gemeint hat. Es wird nicht deutlich, auf was der Lehrer in diesem Moment seine Aufmerksamkeit richtet. Denn nach Wittgenstein macht der Lehrer nie das Gleiche, wenn er seine Aufmerksamkeit zum Beispiel auf eine Farbe richtet.[15]
[...]
[1] Wittgenstein, Ludwig: Philosophische Untersuchungen, Suhrkamp, 1953. §1
[2] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §3
[3] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §2
[4] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §7
[5] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §5
[6] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §6
[7] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §32
[8] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §11
[9] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §7
[10] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §23
[11] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §19-20
[12] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §23
[13] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §23
[14] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §33
[15] Wittgenstein: Philosophische Untersuchungen. §33
- Quote paper
- Maike Gecks (Author), 2011, Der Begriff des Sprachspiels bei Ludwig Wittgenstein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/339001
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