Welchen Anlass gaben die beiden Borgia-Päpste Calixtus III und Alexander VI ihren Zeitgenossen, das Andenken an sie in beträchtlichem Maße negativ zu beeinflussen? Die Antwort auf diese Frage liegt in deren Familienpolitik. Hatte der in der Forschung als erster Papst der Renaissance angesehene Nikolaus V (1447-1455) jeglicher Art von Nepotismus abgesagt, so gewann diese Art der Ämterbesetzung in der Kurie unter seinem Nachfolger auf dem Stuhle Petri Calixtus III (1455-1458) erheblichen Einfluss.
Für den Emporkömmling aus Játiva (Valencia), der unter Papst Eugen IV. unter anderem durch den Kampf gegen die Expansion der Osmanen erheblichen Einfluss gewonnen hatte, galt es als eine Art „Versicherung“, am Hofe des Papstes Verwandte, also Nepoten einzusetzen. Eine zentrale Rolle kam hierbei seinem Neffen Rodrigo Borgia zu, dem er neben der Kardinalswürde auch das Amt des Vizekanzlers verlieh. Auch Rodrigo Borgia setzte, nachdem er selbst die Cathedra Petri verliehen bekommen hatte, seine eigenen Kinder gezielt ein, um seine Machtinteressen in Italien und dem restlichen Wirkungsbereich der Kirche durchzusetzen. Hierbei überstieg er jedoch alle Formen des Nepotismus seiner Vorgänger um ein weites. Denn Rodrigo Borgia pflegte – selbst nach der Wahl zum Papst – eine einer offensichtlichen Ehe nahekommende Beziehung zu der römischen Matrona Vanozza de Cattanei, der Mutter seiner illegitimen Kinder Juan, Cesare, Lucrezia und Jofré.
Darüber hinaus stellten diese Kinder einen bedeutenden Teil seiner Familienpolitik dar. Der Älteste, Juan Borgia, war bis zu seinem Tod 1497 für die Ausübung weltlicher Ämter vorgesehen, während Cesare zunächst das Amt des Kardinals verliehen wurde –ähnlich wie bei Rodrigo Borgia selbst durch seinen Onkel.
In dieser Arbeit sollen eben diese Umstände (die jeweilige Rolle der Kinder Alexanders VI.) näher betrachtet werden und die Frage beantwortet werden, inwiefern Alexander VI. einer der ersten Päpste war, der über die Sicherung seiner aktuellen Macht hinaus eine bewusste dynastische Familienpolitik führte. Des Weiteren soll untersucht werden, ob es Indizien dafür gibt, dass diese gezielte Familienpolitik des Katalanen Borgia tatsächlich ein unter der Kontrolle einer Borgia-Dynastie stehendes Herzogtum in Italien zum Ziel hatte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Nepotismus an der Kurie vor dem Pontifikat Alexanders VI.
- 2.1. Phänomenologische Betrachtung
- 2.2. Der Aufstieg der Rodrigo Borgias
- 3. Dynastische Familienpolitik Alexanders VI. anhand seiner vier anerkannten Kinder
- 3.1. Juan Borgia (1476-1497)
- 3.2. Jofré Borgia (1482-1517)
- 3.3. Lucrezia Borgia (1480-1519)
- 3.4. Cesare Borgia (1475-1507)
- 4. Fazit
- 5. Quellenverzeichnis
- 6. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Familienpolitik von Papst Alexander VI. und die Rolle seiner Kinder. Das Hauptziel ist es, zu analysieren, inwieweit Alexander VI. eine bewusste dynastische Familienpolitik betrieb, die über die Sicherung seiner Macht hinausging und möglicherweise auf die Errichtung eines von den Borgias kontrollierten Herzogtums in Italien abzielte. Die Arbeit beleuchtet den Nepotismus unter Alexander VI. im Kontext des vorherigen päpstlichen Nepotismus und untersucht die jeweiligen Rollen seiner Kinder, Juan, Cesare, Lucrezia und Jofré, im politischen Gefüge.
- Nepotismus im Papsttum vor Alexander VI.
- Die Rolle der Kinder Alexanders VI. in seiner Familienpolitik
- Die dynastische Ambitionen der Borgias
- Analyse des Nepotismus unter Alexander VI. anhand historischer Quellen
- Bewertung der Rolle der Borgias in der italienischen Politik
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik ein und beschreibt die anhaltende Faszination, die Papst Alexander VI. bis heute ausübt. Sie stellt die Frage nach den Gründen für die negative Darstellung des Papstes und seiner Familie in der Geschichtsschreibung und benennt die Familienpolitik als zentralen Aspekt. Die Arbeit kündigt die Untersuchung der Rolle der Kinder Alexanders VI. und deren Einbindung in seine politische Strategie an, und deutet eine mögliche Absicht der Schaffung eines Borgia-geführten Herzogtums an.
2. Nepotismus an der Kurie vor dem Pontifikat Alexanders VI.: Dieses Kapitel definiert den Begriff des Nepotismus und beleuchtet dessen historische Entwicklung im Papsttum. Es zeigt, dass Nepotismus kein neues Phänomen unter Alexander VI. war, sondern schon in vorhergehenden Epochen, insbesondere während des Saeculum obscurum und des Avignonesischen Exils, eine wichtige Rolle spielte. Der Aufstieg von Rodrigo Borgia, dem späteren Alexander VI., an den päpstlichen Hof wird als Beispiel für nepotistische Praktiken präsentiert, die bereits unter seinem Onkel, Calixtus III., begannen.
3. Dynastische Familienpolitik Alexanders VI. anhand seiner vier anerkannten Kinder: Dieses Kapitel widmet sich im Detail der Rolle von Alexanders VI. Kindern in seiner Familienpolitik. Es beschreibt die Karrieren von Juan, Jofré, Lucrezia und Cesare Borgia, ihre strategischen Eheschließungen und politischen Ämter. Die Analyse konzentriert sich auf die individuellen Beiträge jedes Kindes zur Durchsetzung der politischen und dynastischen Interessen des Papstes. Die Kapitel analysiert die Verwendung von Ehe und politischen Ämtern zur Festigung der Macht der Familie Borgia.
Schlüsselwörter
Alexander VI., Borgia, Nepotismus, Renaissance-Papsttum, Dynastie, Familienpolitik, Cesare Borgia, Lucrezia Borgia, Italienische Politik, Päpstliche Macht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Dynastische Familienpolitik Alexanders VI."
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese akademische Arbeit untersucht die Familienpolitik von Papst Alexander VI. und die Rolle seiner Kinder. Im Mittelpunkt steht die Frage, ob Alexander VI. eine bewusste dynastische Strategie verfolgte, die über die reine Machtsicherung hinausging und möglicherweise die Errichtung eines von den Borgias kontrollierten Herzogtums in Italien zum Ziel hatte.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit beleuchtet den Nepotismus unter Alexander VI. im Kontext vorhergehender päpstlicher Praktiken. Sie analysiert die individuellen Rollen seiner Kinder (Juan, Cesare, Lucrezia und Jofré) im politischen Gefüge und untersucht die Verwendung von Eheschließungen und politischen Ämtern zur Festigung der Macht der Familie Borgia. Weitere Themen sind die dynastischen Ambitionen der Borgias und deren Bewertung im Kontext der italienischen Politik.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Nepotismus vor Alexander VI., Dynastische Familienpolitik Alexanders VI. anhand seiner Kinder, Fazit und Quellen-/Literaturverzeichnis. Die Kapitel enthalten eine detaillierte Analyse der jeweiligen Themen, beginnend mit der Definition von Nepotismus und der Darstellung seiner historischen Entwicklung im Papsttum.
Welche Rolle spielen die Kinder Alexanders VI.?
Die Arbeit analysiert die Karrieren von Juan, Jofré, Lucrezia und Cesare Borgia im Detail. Es wird untersucht, wie ihre strategischen Eheschließungen und politischen Ämter zur Durchsetzung der politischen und dynastischen Interessen des Papstes beitrugen. Die individuellen Beiträge jedes Kindes zur Machtfestigung der Familie Borgia werden beleuchtet.
Wie wird der Nepotismus unter Alexander VI. betrachtet?
Die Arbeit untersucht den Nepotismus unter Alexander VI. nicht als isolierte Erscheinung, sondern im Kontext der historischen Entwicklung des Nepotismus im Papsttum. Es wird gezeigt, dass Nepotismus bereits vor Alexander VI. eine bedeutende Rolle spielte. Die Analyse konzentriert sich auf die spezifischen Strategien und Methoden, die Alexander VI. zur Durchsetzung seiner dynastischen Ziele einsetzte.
Welche Quellen wurden verwendet?
Die Arbeit enthält ein ausführliches Quellen- und Literaturverzeichnis, das die Grundlage der Analyse bildet. Die verwendeten Quellen ermöglichen eine fundierte und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der dynastischen Familienpolitik Alexanders VI.
Was ist das Fazit der Arbeit?
Das Fazit fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und bewertet die Rolle der Borgias in der italienischen Politik. Es bietet eine umfassende Einschätzung der dynastischen Ambitionen Alexanders VI. und dem Ausmaß, in dem diese erfolgreich umgesetzt wurden. (Der genaue Inhalt des Fazits ist in dieser Übersicht nicht enthalten).
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Alexander VI., Borgia, Nepotismus, Renaissance-Papsttum, Dynastie, Familienpolitik, Cesare Borgia, Lucrezia Borgia, Italienische Politik, Päpstliche Macht.
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- Fabio Freund (Author), 2015, Nepotismus unter Alexander VI. Zur Familienpolitik der Borgia-Dynastie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337576