In einem Interview mit Frank M. Raddatz vergleicht Heiner Müller die seiner Meinung nach drohende Vernichtung der Ersten Welt durch die Dritte mit dem Untergang Roms. Relevant ist in diesem Zusammenhang „Anatomie Titus Fall of Rome. Ein Shakespearekommentar“, seine Adaption von William Shakespeares „Titus Andronicus“, da es sich um ein Stück über den inneren und äußeren Verfall Roms handelt.
Inwiefern hat Müller seine Auffassung des Konflikts zwischen Erster und Dritter Welt als Parallele zum Untergang des Römischen Reiches in seine Titus-Adaption eingebracht und welche Mittel hat er genutzt, um diesen Bezug im Stück herzustellen? Diesen Fragen soll in dieser Hausarbeit nachgegangen werden. Dabei werden die verschiedenen Werkzeuge, die Müller nutzt, um „Titus Andronicus“ zu aktualisieren, nacheinander betrachtet.
Begonnen wird dabei mit den Einfügungen Müllers, zunächst mit einzelnen Wörtern wie Anachronismen und Anglizismen, die einen Bezug zur Gegenwart darstellen. Daraufhin wird der Kommentarteil, in dem sich der Großteil dieser Wörter befindet, genauer untersucht. Dabei wird sowohl auf die Form als auch auf den Inhalt, insbesondere den der ersten Szene, eingegangen. In Bezug auf den Kommentar steht Müllers Umgang mit der bei Shakespeare angelegten Differenz zwischen den zivilisierten Römern und den barbarischen Goten im Vordergrund. Als letzte Einfügung Müllers werden am Beispiel des ersten Exkurses, der einen direkten Bezug auf den Konflikt zwischen Erster und Dritter Welt darstellt, die Exkurse behandelt. Schließlich wird untersucht, wie Müller das Ende so anpasst, dass es seine Vorstellung vom Untergang der westlichen Gesellschaft widerspiegelt. Dazu ist eine genauere Betrachtung des Lucius notwendig, dessen Charakter Müller maßgeblich verändert, sodass er das umgekehrte Ende herbeiführt. Zum Abschluss wird kurz darauf eingegangen, wie Müller den von ihm prophezeiten Untergang der Ersten Welt der Sekundärliteratur zufolge bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aktualisierung des Dramas durch einzelne Wörter
- Verschiebung von Zeit und Ort durch anachronistische und anglistische Elemente
- Verschiebung des Schwerpunktes durch den neuen Titel
- Kommentar als Werkzeug zur Analyse und Aktualisierung
- Die Form des Kommentars als Ausdruck der Differenz
- Der Inhalt des Kommentars als Ausdruck der Austauschbarkeit
- Ironisierung des 1. Akts
- Austauschbarkeit statt Gleichsetzung
- Direkter Gegenwartsbezug durch Exkurse
- Veränderung von Handlung und Figuren
- Lucius Charakter bei Müller
- Das Ende Roms in Bezug auf Müllers Gegenwart und Zukunft
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert Heiner Müllers Adaption von William Shakespeares „Titus Andronicus“, „Anatomie Titus Fall of Rome. Ein Shakespearekommentar", und beleuchtet, wie Müller seine Sicht auf den Konflikt zwischen der Ersten und der Dritten Welt in das Stück integriert. Der Text untersucht die verschiedenen Werkzeuge, die Müller nutzt, um „Titus Andronicus“ zu aktualisieren und einen Bezug zur Gegenwart herzustellen.
- Aktualisierung von „Titus Andronicus“ durch die Einbindung von zeitgenössischen Elementen
- Die Rolle des Kommentars als Mittel der Analyse und Verfremdung
- Die Bedeutung von anachronistischen und anglistischen Wörtern
- Der Vergleich zwischen dem Untergang des Römischen Reiches und der Zukunft Westeuropas
- Die Veränderung des Lucius-Charakters und die Umdeutung des Endes
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt Müllers Sicht auf die Zukunft Westeuropas und den Untergang des Römischen Reiches dar und erläutert den Kontext seiner Titus-Adaption.
- Aktualisierung des Dramas durch einzelne Wörter: Dieses Kapitel analysiert, wie Müller durch die Verwendung von Anachronismen und Anglizismen einen Bezug zur Gegenwart herstellt und den Konflikt zwischen der Ersten und der Dritten Welt in das Stück integriert.
- Kommentar als Werkzeug zur Analyse und Aktualisierung: Dieses Kapitel fokussiert auf den von Müller eingefügten Kommentarteil und dessen Rolle bei der Aktualisierung des Dramas. Die Form und der Inhalt des Kommentars werden im Hinblick auf Müllers Sicht auf die Differenz zwischen Römern und Goten analysiert.
- Direkter Gegenwartsbezug durch Exkurse: Dieses Kapitel behandelt die Exkurse als direkte Bezugspunkte zum Konflikt zwischen der Ersten und der Dritten Welt.
- Veränderung von Handlung und Figuren: Dieses Kapitel betrachtet die Veränderung des Lucius-Charakters und dessen Rolle bei der Umdeutung des Endes des Stücks.
Schlüsselwörter
Die Analyse konzentriert sich auf Schlüsselwörter wie Aktualisierung, Anachronismen, Anglizismen, Kommentar, Differenz, Austauschbarkeit, Exkurse, Untergang, Erste Welt, Dritte Welt, Römisches Reich, Titus Andronicus, Heiner Müller.
- Quote paper
- Anne Zeiß (Author), 2016, Der Konflikt zwischen Erster und Dritter Welt in "Anatomie Titus Fall of Rome. Ein Shakespearekommentar", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/337257