„Unausrottbar scheinen die Herzogtümer Ost- und Westfranken, die uns die historischen Schulatlanten (…) auf den Karten für die Zeit von etwa 900 bis etwa 1200 einreden wollen. Das ist deshalb ärgerlich, da Atlanten ja historische Informationen geben wollen. Den Raum vom Hunsrück bis zum Fichtelgebirge darf man zwar mit Recht als Franken einzeichnen, aber eben nicht als Herzogtum Franken.“ Gerd Zimmermann weist uns 1963 in seinem Aufsatz „Vergebliche Ansätze zu Stammes- und Territorialherzogtum in Franken“ darauf hin, dass seiner Meinung nach ein „Herzogtum“ Franken um 900 gar nicht existiert habe. Da es aber auf heutigen Karten in historischen Atlanten so abgebildet ist, könnte man sich fragen wieso Zimmermann darauf kommt, dass Franken kein Stammesherzogtum war.
Betrachtet man die Forschung genauer, so kommt man zum dem Schluss das Franken im Gegensatz zu den anderen sich in den ersten Jahren des 10. Jahrhunderts ausbildenden Herzogtümern nicht eindeutig als solches bezeichnet werden kann. Viel zu groß scheinen die Unterschiede zu den anderen Herzogtümern Bayern, Schwaben, Lothringen und Sachsen. Neben Zimmermann untersuchen vor allem Herfried Stingl und Hans-Werner Goetz die Frage ob Franken Stammesherzogtum war oder nicht. Aufgrund der wenigen Quellen aus der Zeit um 900 ist diese Frage noch nicht endgültig beantwortet worden und diese Tatsache rechtfertigt eine Beschäftigung mit diesem Gegenstand.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Merkmale eines Stammesherzogtums
3. Die ufgaben der Herzöge und der Titel „Dux“
4. Zählte Franken zu den Stammesherzogtümern und waren seine Führer Konrad der Jüngere und Eberhard Herzöge?
5. Wurde das fränkische „Stammesherzogtum“ von den Königen offiziell anerkannt?
6. Schlussbetrachtung
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„Unausrottbar scheinen die Herzogtümer Ost- und Westfranken, die uns die historischen Schulatlanten (͙) auf den Karten für die Zeit von etwa 900 bis etwa 1200 einreden wollen. Das ist deshalb ärgerlich, da Atlanten ja historische Informationen geben wollen. Den Raum vom Hunsrück bis zum Fichtelgebirge darf man zwar mit Recht als Franken einzeichnen, aber eben nicht als Herzogtum Franken.“ Gerd Zimmermann weist uns 1963 in seinem ufsatz „Vergebliche nsätze zu Stammes- und Territorialherzogtum in Franken“ darauf hin, dass seiner Meinung nach ein „Herzogtum“ Franken um 900 gar nicht existiert habe. Da es aber auf heutigen Karten in historischen Atlanten so abgebildet ist, könnte man sich fragen wieso Zimmermann darauf kommt, dass Franken kein Stammesherzogtum war. Betrachtet man die Forschung genauer, so kommt man zum dem Schluss das Franken im Gegensatz zu den anderen sich im in den ersten Jahren des 10. Jahrhunderts ausbildenden Herzogtümern nicht eindeutig als solches bezeichnet werden kann. Viel zu groß scheinen die Unterschiede zu den anderen Herzogtümern Bayern, Schwaben, Lothringen und Sachsen. Neben Zimmermann untersuchen vor allem Herfried Stingl und Hans-Werner Goetz die Frage ob Franken Stammesherzogtum war oder nicht. Aufgrund der wenigen Quellen aus der Zeit um 900 ist diese Frage noch nicht endgültig beantwortet worden und diese Tatsache rechtfertigt eine Beschäftigung mit diesem Gegenstand. Zunächst werden grob die Merkmale eines Stammesherzogtums beschrieben danach die Aufgaben eines Herzogs oder „dux“ erläutert. Danach werde ich versuchen zu beantworten ob Franken zu den Stammesherzogtümern zählte und seine führenden Köpfe „Herzöge“ waren. Schließlich werde ich noch analysieren ob das „Herzogtum“ Franken von den Königen des Reiches anerkannt wurde oder nicht. Als wichtigste Autoren hierzu sind die schon erwähnten Goetz und Stingl zu nennen, welche beide in der 1970er Jahren Werke zum Thema Herzog und Stammesherzogtum veröffentlichten. Außerdem setzte sich bereits 1940 Edmund Stengel mit dem Thema auseinander. Doch sein Werk bleibt nur am Rande erwähnt weil Stingl und Goetz seine Argumente des Öfteren widerlegen. Letztlich wird vor allem die Frage zu klären sein ob die Bergriffe „Herzog“ und „dux“ synonym verwendet werden können und welche Rolle Eberhard, der Bruder des Königs Konrad I., spielte, welcher lange die Führungsposition des fränkischen Stammes inne hatte.
2. Merkmale eines Stammesherzogtums
Die Merkmale, welche ein Stammesherzogtum kennzeichnen, sind bis zum heutigen Tag nicht allgemeingültig oder wissenschaftlich festgelegt. Auch ist die genaue Geschichte der Stammesherzogtümer nicht ausreichend untersucht und wird bis heute weiter diskutiert. Hans Werner Goetz beschreibt ein Stammesherzogtum zu karolingischer Zeit als eine ethnische, rechtliche, militärisch-politische sowie kulturelle Einheit.1 Er zeigt, dass sich diese durch ihre gemeinsame Abstammung und Sprache, wegen ihres Stammesrechtes, aufgrund der Heeresgliederung und wegen ihrer gemeinsamen Tradition als eine Gemeinschaft sahen.2
Die Heeresführung, welche schon immer eng mit dem Herzogtum verbunden war3, zeichnete sich als eine Möglichkeit ab, die Macht und das Ansehen der einzelnen Führer des Stammesherzogtums zu vergrößern. Die ständige Bedrohung von außen, vor allem durch die Normannen, Slawen und Ungarn erzwang das militärische Eingreifen und die Ausbildung starker Gewalten.4 Vor allem in den Grenzgebieten mussten sich die Grenzgrafen immer wieder gegen die Einfälle von außen durchsetzen. Als einen weiteren Grund für die Ausbildung der Stammesherzogtümer sieht Herfried Stingl die Schwäche des Königtums, vor allem unter Ludwig dem Kind, welches nicht in der Lage war, die Feinde von außen erfolgreich abzuwehren.5 Ohne Unterstützung durch den König waren die Herzöge gewissermaßen gezwungen eine starke Position einzunehmen um sich gegen die Feinde zu behaupten. Das Herzogtum war somit einerseits eine unabhängige Einrichtung weil der Herzog selbstständig regierte. Andererseits unterstand er aber dennoch dem König.6
3. Die ufgaben der Herzöge und der Titel „Dux“
Das Wort „dux“ kommt aus dem Lateinischen und als Grundbedeutung könnte man vor allem „Führer“ oder „Leiter“ bezeichnen. Im engeren Sinne bedeutet das Wort „dux“ eher „militärischer Befehlshaber“.7
Die wichtigste Aufgabe eines Herzogs bestand ohne Zweifel in der Heeresführung. Manche Forscher sind sogar der Meinung, dass sich der Begriff „dux“ ohne diese militärische Aufgabe gar nicht erst durchgesetzt hätte.8 Zudem gehörte die Wahrung des Landfriedens, eine gewisse Gerichtsbarkeit, die Einberufung von Landtagen, in Einzelfällen auch die gesetzgebende Gewalt, eine eigene Außenpolitik und die Kirchenhoheit zu den Aufgaben eines Herzogs. Außerdem besaßen einige Herzöge das Münzrecht und andere spielten eine übergeordnete Rolle bei der Königswahl.9 Die Herzöge waren zudem, vor allem um 900, eng mit dem König verbunden. Goetz bemerkt dazu: „Die Politik der „Herzöge“ liegt wohl durchweg im Interesse des Königs; auch ihre sog. außenpolitischen Unternehmungen verstoßen nicht gegen die königlichen Richtlinien. Königsdienst und Königsnähe sind also Kennzeichen der sog. Herzöge.“10
Laut Goetz gibt es zwei verschiedene Merkmale, welche festlegen wer eigentlich ein Herzog war: Erstens musste ein Herzog in den Quellen „dux“ genannt worden sein und zweitens war ein Herzog, wer nachweisen konnte, dass er der führende Mann eines der späteren Herzogtümer (Bayern, Lothringen, Sachsen, Schwaben, oder, wie noch zu beweisen oder zu widerlegen ist, Franken) war.11 Allerdings kann damit noch lange nicht bewiesen werden ob ein „dux“ wirklich als ein Herzog tituliert werden kann weil die Begriffe „dux“ und „ducatus“ nie einheitlich und mit denselben Bedeutungen verwendet wurden.12 ußerdem wurden viele Personen nur als „dux“ bezeichnet weil sie Heerführer oder für den militärischen Schutz eines Grenzgebietes verantwortlich waren.13 Dies zeigt schon deutlich, dass ein synonymer Gebrauch der beiden Wörter „Herzog“ und „dux“ fragwürdig ist. Als Beispiel hierfür nennt Stingl den Babenberger Heinrich, den Sohn des Poppo: „882 wurde Heinrich mit der Verteidigung der Reichsgrenze gegen die Normannen betraut, gegen die er vier Jahre später vor Paris fiel. Nur als Heerführer erhält Heinrich in den erzählenden Quellen mehrmals den Titel „dux“.“14
Daraus kann man laut Stingl nicht folgern, dass Heinrich Amtsherzog von Ostfranken gewesen sei.15
Ein weiteres Beispiel für die fragwürdige Gleichsetzung von „dux“ und „Herzog“ aus dem späten 9. Jahrhundert bietet Zimmermann indem er den oben genannten Poppo in den Fuldaer nnalen als „dux Thuringorum“ wiedergibt. Ein Herzogtum Thüringen hat es aber nie gegeben. Der Titel „dux“ wurde laut Zimmermann „ohne strenges System gebraucht.“.16 Diese Beispiele machen deutlich wie komplex eine genaue useinandersetzung mit den Begriffen „dux“ und „Herzog“ ist. Die begriffsgeschichtliche Perspektive, zum Beispiel wann zum ersten Mal das Wort „Herzog“ in den Quellen vorkam, oder ob das althochdeutsche Wort „heritogo“ identisch mit „dux“ zu verwenden ist, habe ich bewusst außen vor gelassen um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen. ußerdem könnte man sich in dieser Hinsicht noch mit den Begriffen „comes“ oder „marchio“17 beschäftigen um den genauen Hintergrund zu den Herzögen zu erforschen. Schließlich kann nicht bewiesen werden ob ein „dux“ auch wirklich mit einem Herzog gleich zu setzen ist, denn beide Begriffe wandelten sich im Laufe der Zeit.18 Stingl behauptet dass der Titel „dux“ in den Urkunden des Königs grundsätzlich „Herzog“ bedeutet19, während Goetz die Titulierung „Herzog“ in den ersten vier Jahrzehnten des 10. Jahrhunderts nur bedingt als richtig ansieht.20
4. Zählte Franken zu den Stammesherzogtümern und waren seine Führer Konrad der Jüngere und Eberhard Herzöge?
In seriösen Nachschlagewerken wie dem Lexikon des Mittelalters wird Franken im 10. Jahrhundert zu den fünf Stammesherzogtümern Schwaben, Bayern, Sachsen und Lothringen gezählt. Laut Stingl ist zum Beispiel auch nie bezweifelt worden, dass es in Lothringen ein Herzogtum gab. Allerdings ist es in der Forschung immer wieder kontrovers diskutiert worden ob ein fränkisches Stammesherzogtum existierte und somit ob Konrad der Jüngere, welcher 911 König zum König gewählt wurde, und später sein Bruder Eberhard Herzöge waren.21
Um die Existenz des Stammesherzogtums Franken zu beweisen wird immer wieder die Sachsengeschichte von Widukind von Corvey herangezogen. Der Mönch Widukind beschreibt darin die Königswahl von Otto I. im Jahre 936 bei der auch der genannte Eberhard dabei gewesen sein soll. Widukind zählt darin unter den anwesenden Herzögen, Giselbert, der Herzog von Lothringen, Hermann, Arnulf und Siegfried auch Eberhard als Truchseß auf.22
[...]
1 Hans-Werner Goetz: „DUX“ und „DUC TUS“. Begriffs- und Verfassungsgeschichtliche Untersuchungen zur Entstehung des sogenannten „Jüngeren“ Stammesherzogtums an der Wende vom Neunten zum Zehnten Jahrhundert. Bochum, 1977. S. 35.
2 Ebd. S. 35.
3 Ebd. S. 42.
4 Ebd.
5 Herfried Stingl: Die Entstehung der deutschen Stammesherzogtümer am Anfang des 10. Jahrhunderts. Aalen, 1974. S.169.
6 Vgl.: Goetz: 1977. S. 51.
7 Vgl.: Stingl: 1974. S. 7.
8 Vgl.: Goetz: 1977. S. 52.
9 Vgl.: Ebd.: S. 53.
10 Ebd.: S. 343.
11 Vgl.: Ebd.: S. 68.
12 Vgl.: Ebd.: S.69.
13 Vgl.: Stingl: 1974. S.10.
14 Stingl: 1974. S. 65.
15 Vgl.: Ebd.: S. 65.
16 Gerd Zimmermann: Vergebliche Ansätze zu Stammes- und Territorialherzogtum in Franken. in: Jahrbuch für fränkische Landesforschung 23. 1963. S. 379-408. S.384.
17 Vgl.: Goetz: 1977. S. 73.
18 Vgl.: Ebd.: S. 74.
19 Vgl.: Stingl: 1974. S. 146.
20 Vgl.: Goetz: 1977. S. 84.
21 Vgl.: Stingl: 1974. S. 183.
22 Vgl.: Zimmermann: 1963. S. 383.
- Arbeit zitieren
- Andreas Ratz (Autor:in), 2010, Gab es in Franken um 900 ein Stammesherzogtum?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336899
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.