Das Lernskript beschäftigt sich mit den Folgen von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und Legasthenie für Schulkinder. Es wird auf die negative Lernstrukur nach Betz und Breuninger eingegangen sowie auf die verschiedenen Entwicklungsstadien der Legasthenie vom Vorschulalter bis zur Adoleszenz. Dabei wird der Zusammenhang zwischen Leseschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten betrachet. Am Ende werden Schlussfolgerungen für die Praxis gezogen.
Inhalt
1. Negative Lernstruktur und „Teufelskreis Lernstörungen“
a. Die vier Stadien
b. Pädagogischer Teufelskreis
c. Sozialer Teufelskreis (Bezug zum zweiten Stadium)
d. Innerpsychischer Teufelskreis
2. Sekundärproblematik Schulangst
3. Interaktion zwischen Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten
a. Zusammenhang im Vorschulalter
b. Entwicklung im Schulalter
c. Langfristige Entwicklung in der Adoleszenz
d. Langfristige Folgen im frühen Erwachsenenalter
4. Schlussfolgerungen für die Praxis
a. „Positive Lernstruktur“
b. Motivation und Interesse fördern und Verstärkung und Lob
c. Zusammenarbeit mit Eltern
5. Literaturverzeichnis
6. Abbildungsverzeichnis
1. Negative Lernstruktur und „Teufelskreis Lernstörungen“
a. Die vier Stadien
aa. Defizit beim Lesen und/oder Schreiben wird erkennbar
Die Lehrkraft muss über Förderungsmöglichkeiten entscheiden und neue Methoden finden, denen die Schüler/innen nicht mit negativen Erfahrungen gegenüberstehen.
ab. Verhaltensstörungen treten auf
Der Schüler entwickelt lernhemmende Erklärungen für sein Scheitern und wehrt im Zuge einer sozialen Reaktion Hilfe und Förderung der Lehrkraft ab, da diese oft als Druck, Strafe und zu hohe Erwartungen identifiziert werden.
Erste Kontaktaufnahme und Zusammenarbeit mit Schulpsychologen/ Beratungslehrkraft.
ac. Konzentration- und Arbeitsstörungen, Schulangst nehmen zu
Leistungsstörungen äußern sich in Lernlücken, Konzentrationsstörungen, Vermeidungsverhalten, Schul- und Versagensangst und Stresssymptomen. Arbeit und Therapie mit Schulpsychologen unabdingbar.
ad. Misserfolgsmotivation stabilisiert sich
Der betroffene Schüler zeigt Verhaltensauffälligkeiten, soziale Störungen und intrapsychische Konflikte (Stresssymptome, depressive Verstimmung)
Anregung zum Nachdenken:
„Jeder Lehrer sollte in der Lage sein, pädagogische Maßnahmen auf ihre Wirkung beim lerngestörten Schüler zu überdenken und reflektiert systemgerecht anzuwenden.“ (Betz & Breuninger, 1998, S.101)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: http://alphaprof.de/wp-content/uploads/2014/06/Teufelskreis_Lernstoerungen.png (AlphaProf)
b. Pädagogischer Teufelskreis
Bezieht sich in erster Linie auf die Wirkung von Umwelt (U) auf Leistung (L), darin eingeschlossen sind Methodik, Didaktik und Leistungsmessung. Rückwirkend umschließt die Wirkung von Leistung auf Umwelt Bestätigung und Enttäuschung sowohl der Lehrkraft als auch der Eltern bei Versagen des Schülers. Gefühl der Behinderung des Unterrichts und Ärger über Mehraufwand von Lehrkraft.
Beispiel:
„Ein Lehrer geht mit Angeboten auf einen Schüler zu, mit denen dieser nicht anfangen kann. Die Leistungen sind entsprechend schlecht. Da der Lehrer bei anderen Schülern Erfolg hat, sieht er keinen Anlass, an seiner Methodik oder Didaktik zu zweifeln. Er will den Schüler fördern und tut dies daher mit einem erhöhten Angebot von den gleichen Methoden, an denen der Schüler schon gescheitert ist. Selbstverständlich werden die Leistungen dadurch nicht besser, der Teufelskreis ist da und löst bald einen sozialen aus“ (Betz & Breuninger, 1998, S.48).
c. Sozialer Teufelskreis (Bezug zum zweiten Stadium)
Das Verhältnis vom U zu Selbstwertgefühl (S) besteht in der repressiven Wahrnehmung der Umwelt von Seiten des Schülers und einer Kompensation beziehungsweise Verweigerung als Wechselwirkung.
d. Innerpsychischer Teufelskreis
Im Zusammenhang zwischen S und L verstärken sich Angst und Blockierung gegenseitig, außerdem verhindert das Zusammenspiel von Vermeiden und Versagen die Leistungen. Die Selbstattribuierung bildet einen Teufelskreis im Teufelskreis.
2. Sekundärproblematik Schulangst
Körperliche und emotionale Beschwerden
Unterschiedliche körperliche sowie emotionale Symptome können auf Schulangst hinweisen, lassen sich aber nicht sofort eindeutig zuordnen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: http://alphaprof.de/lesson/symptome-auswirkungen-und-moegliche-ursachen-von-schulangst/ (AlphaProf)
Wie aus der Tabelle entnommen werden kann, äußert sich die Schulangst in physischen und psychischen Beschwerden. Dazu ist anzumerken, dass die genannten Symptome in den Ferien und außerhalb der Schulzeit nicht auftreten, aber auch schon im Zusammenhang mit Hausaufgaben sichtbar werden können.
Außerdem sollte man sich bewusst darüber sein, dass das Kind die Schulangst meist nicht als solche benennen kann, was die Diagnose und Behandlung kompliziert macht. Allerdings kann sich die Schulangst auch durch das Verhalten der Schüler/innen äußern, welches sehr vielschichtig und häufig nicht auffällig ist oder nicht als negativ eingestuft wird.
Die Jungen und Mädchen werden oft als schüchtern oder zurückgezogen erlebt. Entgegen der Erwartungen halten sich Kinder aber auch oft an die Regeln und folgen den Anweisungen Lehrkraft, sie passen sich sehr gut an und fallen so kaum auf. Aber auch das Gegenteil kann auftreten, die Schüler/innen stechen mit einem sehr aggressiven, auffälligen Verhalten hervor, provozieren und wollen die Anerkennung ihrer Mitschüler mit allen Mitteln erlangen.
Ein Fallbeispiel:
Mit Beginn des Schulbesuches treten psychische Störungen zutage. C.G. entwickelt bald eine Schulangst und leidet, insbesondere vor Klassenarbeiten, an Bauchschmerzen, Übelkeit, Brechreiz und einem passageren Einkoten. Die psychomotorische Unruhe, die im Kindergarten noch kompensierbar war, wird offenkundig. Die Mutter bemüht sich sehr, ihrem Sohn beim Lernen zu helfen, doch dieser versteckt oft die Hausaufgaben und versucht, sich durch erfundene Geschichten aus der Konfliktlage zu bringen. Einerseits reagiert er trotzig und aggressiv gegenüber seinen Eltern, andererseits zeigt er einen regressiven Rückzug in eine übertriebene Anhänglichkeit (Kreuzer, 2011, S.65).
Hier wird zudem ein weiteres Charakteristikum der Schulangst angesprochen, ein verstärktes Bedürfnis nach Nähe und ein starkes Abhängigkeitsgefühl. Beiden Ansprüchen können Lehrkräfte und Mitschüler häufig nicht gerecht werden, was zu Frustration und Selbstentwertung führen kann. Der Schüler scheitert in der Suche nach Anerkennung fühlt sich isoliert und entwickelt ein Feindbild gegenüber den Menschen, die ihn abweisen, nämlich Lehrkraft oder Mitschüler. In Extremfällen kann der Wunsch nach Kontrolle über sich selbst und die Situation so stark werden, dass sich Jugendliche selbst verletzen, um so von ihrer Gefangenschaft in der Spirale der Angst abzulenken und Macht über sich selbst zu haben. Eine Psychotherapie ist spätestens zu diesem Zeitpunkt unausweichlich und dringend nötig.
Ein möglicher Auslöser von Schulangst kann sein, dass sich der Schüler schwer tut den Schriftspracherwerb erfolgreich zu meistern. Das wiederholte Versagen, das sich auch auf andere Schulfächer ausweitet, kann im Zusammenhang mit zu wenig Förderung und Aufmerksamkeit zu Schulangst führen. Diese bringt dann oben genannte Verhaltensauffälligkeiten mit sich und nur eine schulexterne Behandlung bei einem Psychologen kann dem Kind die Möglichkeit geben einen Weg aus diesem Teufelskreis zu finden.
In unserer Gesellschaft wird Leistung allzu oft mit Wertigkeit gleichgesetzt. Das heißt: Je mehr der Mensch leistet, desto mehr ist er wert. Kinder, die sich mit dem Erbringen der geforderten Leistung schwer tun, erleben sich als wertlos. Minderwertigkeitsgefühle können zu einem Grundstein der Schulangst werden (AlphaProf, Kap. 7.4 Symptome, Auswirkungen und mögliche Ursachen von Schulangst).
3. Interaktion zwischen Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten
a. Zusammenhang im Vorschulalter
Häufig hängen Legasthenie und Aufmerksamkeitsstörungen eng zusammen, daraus ergeben sich auch erhebliche Diagnoseschwierigkeiten. Beide Störungsbilder treten oft gemeinsam auf, verstärken sich gegebenenfalls auch gegenseitig, bedingen sich aber nicht. Dies wird auch deutlich, wenn man beachtet, dass die meisten Verhaltensauffälligkeiten der Kinder bereits vor Schuleintritt vorliegen (August/ Garfinkel 1990). Nach einer Studie von Velting und Whitehurst 1997 zeigte sich zwar ein klarer kausaler Weg von Hyperaktivität im Vorschulalter zu Hyperaktivität in der ersten Klasse, und von den Vorläuferfertigkeiten des Lesens und Schreibens im Vorschulalter auf die Lesefertigkeiten in der ersten Klasse, aber kein Einfluss von Hyperaktivität auf die Vorläuferfähigkeiten im Vorschulalter. Wenn es darauf ankommt, dass die Kinder still sitzen und sich an die Rahmenbedingungen des Unterrichts halten müssen, lässt sich ein negativer Einfluss des hyperaktiven Verhaltens auf das Lesen feststellen“ (Klipcera, Schabmann & Gaststeiger-Klipcera, 2007, S. 195).
b. Entwicklung im Schulalter
„Etwa ein Drittel der Schüler mit Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben fällt durch dissoziales und sozial unangepasstes Verhalten auf. Aber auch umgekehrt ist etwa ein Drittel der Kinder mit dissozialem Verhalten von Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten betroffen“ (Klipcera, Schabmann & Gaststeiger-Klipcera, 2007, S. 195).
Nach Stanton et al. 1990, gibt der IQ des Kindes in der Schuleingangsphase gibt Aufschluss über Verhaltensauffälligkeiten, später sind diese eher Verstärker von Leseschwierigkeiten. Circa Ab Jahrgangsstufe sechs sind die Entwicklung von Lernschwierigkeiten und Verhaltensproblemen weitestgehend unabhängig voneinander. Zu beachten ist, wie in der Wiener Längsschnittstudie von Klipcera et al. 1993b bestätigt, dass schon vorhandene Störungen im Verhalten, beispielsweise Aggression oder Hyperaktivität, durch Überforderung im schulischen Alltag verstärkt werden, da die Kinder das Gefühl haben den Anforderungen nicht gerecht werden zu können. Die Aufmerksamkeitsschwierigkeiten der Kinder führen langfristig dazu, dass sie im Unterricht nicht mit den anderen Schülern mithalten können und trotz gleicher kognitiver Fähigkeiten schlechtere Leistungen erbringen.
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