Die vorliegende Arbeit soll die wesentlichen Strafbarkeitsrisiken bei der Arbeit sowohl externer als auch interner Sanierungsberater aufzeigen und diese mithilfe vertraglicher Gestaltung sowie konkreter Handlungsvorschläge reduzieren helfen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die Grenzziehung zwischen "neutralen Handlungen" und strafbarer Beihilfe gelegt.
Mit 31 998 Unternehmensinsolvenzen in Deutschland 2010 bleibt die Anzahl insolventer Unternehmen auf konstant hohem Niveau. Wie kriminogen dabei das Umfeld der kriselnden Unternehmen ist, zeigen Schätzungen in der Strafrechtspraxis, die annehmen, dass bei 80-90% aller Firmenzusammenbrüche von einer Verübung von Wirtschaftsstraftaten auszugehen ist. Der Sanierungsberater befindet sich dabei in einem erheblichen Spannungsfeld: Auf der einen Seite stehen die strafrechtlich geschützten Rechtsgüter, insbesondere die der Gläubiger, die vor weiteren Beeinträchtigungen geschützt werden müssen. Auf der anderen Seite steht der Mandant und mit ihm auch das wirtschaftliche Eigeninteresse des Sanierungsberaters, die Sanierung so lange wie möglich und mit Erfolg fortzuführen. Nur so kann er sich für weitere Sanierungen empfehlen. Diese Verknüpfung von Mandanten- und Eigeninteresse bewegt den Sanierungberater oft dazu, zur Sanierung des Unternehmens alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn sich diese bereits im strafrechtlichen Graubereich oder sogar dahinter abspielen.
Tritt die Insolvenz später tatsächlich ein, etwa weil ein Gläubiger diese beantragt hat (§ 14 I InsO), so kehrt sich die während der Sanierung noch bestehende Solidarität meist ins Gegenteil um: Beide Seiten versuchen sich selbst von rechtlicher Verantwortung frei zu halten und dem Gegenüber die Schuld am Niedergang des Unternehmens zu geben. Der frühere Vertraute wird zum primären Belastungszeugen. Es ist daher unabdinglich, sich die erheblichen Strafbarkeitsrisiken schon vor der Annahme des Mandats zu vergegenwärtigen und ihnen prophylaktisch bereits während der Beratung entgegenzutreten.
Inhaltsverzeichnis
- A. EINLEITUNG
- B. GANG DER UNTERSUCHUNG
- C. DER BEGRIFF DES SANIERUNGSBERATERS
- I. DIE SANIERUNG
- 1) Krise im Rechtssinne
- a) Insolvenzrechtliche Krise
- aa) Überschuldung, § 19 II InsO
- bb) Zahlungsunfähigkeit, § 17 II InsO
- b) Kapitalrechtliche Krise
- a) Insolvenzrechtliche Krise
- 2) Wirtschaftliche Krise
- 3) Denkbare Sanierungsmaßnahmen
- a) Interne Sanierung
- b) Externe Sanierung
- c) Übertragende Sanierung
- 1) Krise im Rechtssinne
- II. DER BERATER
- 1) Der Insolvenzverwalter
- 2) Unternehmensbestatter
- 3) Scheinsanierer
- III. ZUSAMMENFASSUNG
- I. DIE SANIERUNG
- D. DIE EINZELNEN STRAFBARKEITSRISIKEN:
- I. TÄTERSCHAFT:
- 1. Allgemeindelikte (Täterschaft des Sanierungsberaters möglich)
- a) Untreue, § 266 I StGB
- aa) Vermögensbetreuungspflicht
- bb) Einzelne Fälle zur Untreue
- (1) Treubruchsuntreue durch unverhältnismäßige Honorarzahlungen
- (a) Vermögensbetreuungspflicht durch Aufgaben gleich einem Finanzvorstand
- (b) Unverhältnismäßigkeit
- (c) Zeitpunkt der Vereinbarung
- (2) Untreue wegen Bildung eines Gläubiger-Fonds
- (1) Treubruchsuntreue durch unverhältnismäßige Honorarzahlungen
- b) Betrug, § 263 I StGB und Kreditbetrug, § 265b StGB
- aa) Betrug ggü. Kreditinstituten
- bb) Betrug ggü. Lieferanten
- c) Schuldnerbegünstigung, § 283d StGB
- a) Untreue, § 266 I StGB
- 2. Sonderdelikte
- a) Täterschaft durch Beauftragung nach § 14 II Nr. 2 StGB denkbar
- aa) Buchführungs- und Bilanzdelikte der §§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7, 283b I StGB
- (1) Krise als objektive Strafbarkeitsbedingung, § 283 VI, § 283b III StGB
- (2) Buchführungspflicht
- (3) Der innere Zusammenhang
- (4) Einwand der Unmöglichkeit
- bb) Steuerhinterziehung, § 370 I AO
- aa) Buchführungs- und Bilanzdelikte der §§ 283 Abs. 1 Nr. 5-7, 283b I StGB
- b) Strafbarkeit nur bei faktischer Geschäftsführung
- aa) Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung nach § 15a IV InsO sowie § 266a I StGB, Vereiteln und Veruntreuen von Arbeitsentgelt
- bb) Vereitelung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, § 288 I StGB
- cc) Falsche Angaben, § 82 GmbHG, § 399 I Nr. 4 AktG und § 313 UmwG
- 3. Zusammenfassung
- a) Täterschaft durch Beauftragung nach § 14 II Nr. 2 StGB denkbar
- II. TEILNAHME
- 1) Anstiftung, § 26 StGB
- 2) Beihilfe, § 27 StGB
- a) Privilegierung „neutraler“ Handlungen
- aa) Die Einschränkung anhand qualitativer Kriterien
- (1) Objektive Tatbestandseinschränkungen
- (2) Subjektive Tatbestandseinschränkungen
- (a) Der Vorschlag Roxins
- (b) Die Rechtsprechung
- bb) Die Einschränkung anhand quantitativer Kriterien
- aa) Die Einschränkung anhand qualitativer Kriterien
- 3) Einzelne Fälle
- a) Privilegierung „neutraler“ Handlungen
- E. SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE PRAXIS
- I. ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE
- II. KONKRETE EINZELMAßNAHMEN
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Examensseminararbeit „Strafrechtliche Risiken für den Sanierungsberater“ befasst sich mit den strafrechtlichen Risiken, denen Sanierungsberater im Rahmen ihrer Tätigkeit ausgesetzt sind. Die Arbeit zielt darauf ab, ein tieferes Verständnis für die rechtlichen Grenzen des Handelns im Zusammenhang mit der Sanierung von Unternehmen zu entwickeln.
- Strafbarkeit des Sanierungsberaters wegen Täterschaft und Teilnahme
- Beurteilung der verschiedenen Delikte im Zusammenhang mit der Sanierung, wie Untreue, Betrug, Schuldnerbegünstigung und Insolvenzverschleppung
- Untersuchung der Rolle des Sanierungsberaters im Spannungsfeld zwischen den Interessen des Unternehmens und der Gläubiger
- Analyse der Rechtsprechung zu "neutralen Handlungen" und ihrer Bedeutung für die Strafbarkeit des Sanierungsberaters
- Aufstellung von praxisrelevanten Leitlinien zur Vermeidung von strafrechtlichen Risiken
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel A: Einleitung: Die Einleitung stellt den Kontext der Arbeit vor und beleuchtet die Bedeutung des Themas im Hinblick auf die hohe Kriminalitätsrate bei Unternehmenskrisen.
- Kapitel B: Gang der Untersuchung: Dieses Kapitel skizziert den Aufbau der Arbeit und gibt einen Überblick über die zu untersuchenden Themenbereiche.
- Kapitel C: Der Begriff des Sanierungsberaters: Hier wird der Begriff des Sanierungsberaters definiert und von anderen, begriffsnahen Tätigkeiten abgegrenzt.
- Kapitel D: Die einzelnen Strafbarkeitsrisiken: In diesem Kapitel werden die verschiedenen Strafbarkeitsrisiken für Sanierungsberater im Bereich der Täterschaft und Teilnahme an Straftaten untersucht.
- Kapitel E: Schlussfolgerungen für die Praxis: Das Kapitel fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen und formuliert praktische Empfehlungen für Sanierungsberater, um strafrechtliche Risiken zu vermeiden.
Schlüsselwörter
Die Examensseminararbeit beschäftigt sich mit den Themengebieten Wirtschaftsstrafrecht, Sanierungsberatung, Strafbarkeit des Sanierungsberaters, Insolvenzdelikte, Untreue, Betrug, Schuldnerbegünstigung, Insolvenzverschleppung, Beihilfe, Anstiftung, "neutrale Handlungen", professionelle Adäquanz und Risikominimierung.
- 1. Allgemeindelikte (Täterschaft des Sanierungsberaters möglich)
- I. TÄTERSCHAFT:
- Arbeit zitieren
- Mathias Knecht (Autor:in), 2011, Strafrechtliche Risiken für den Sanierungsberater, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/336265