Seit Erving Goffman den Begriff "Stigma" in die Soziologie eingeführt hat, erfuhr er eine stetig wachsende Rezeption.
Ebenso hat der Begriff, in einem an die Soziologie angelehnten Sinne, auch teilweise schon Einzug in die Alltagssprache gefunden. In diesem Text sollen die Verwendung des Begriffs "Stigma", und die Möglichkeiten und Schwächen, die er für das beschreiben von Devianz und Sozialer Kontrolle bietet, erörtert werden.
Der Begriff Stigma stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie Mal oder Wunde. Er ist mit dem Begriff "stechen" verwandt. Stigmatisierung ursprünglich Tätowierung: die Narbung der Haut, meist derer von Vieh oder Sklaven, mittels Instrumenten wie Waffen, Loch- oder Brandeisen. Stigmata, die Spuren von Stigmatisierung, stellen somit zunächst unmittelbar körperliche Male dar, defekte im Sinne des Fehlens bzw. des Verlustes organischer Vollkommenheit. Auf die soziale Ebene übertragen weißen sie, darauf hin, dass ihr Träger gesellschaftlich unterlegen ist, dass er besiegt, unterworfen und geknechtet wurde. Im Christentum erfuhr der Begriff eine Umdeutung und wurde nunmehr auf die Wundmale Christi bezogen. Goffman jedoch benützt den Begriff nahe an seiner ursprünglichen Bedeutung, wobei er die Bedeutung über körperliche Defekte hinaus auch auf andersartige Merkmale einer Person ausweitet, die als Defekt oder als von der Norm abweichend angesehen werden. Des weiteren steht für Goffman nicht der das negativ Definierte Merkmal selbst, sondern die Stigmatisierung, also die aus dem Stigma herrührende Diskreditierung der Person, welche den Defekt trägt, im Vordergrund.
Inhaltsverzeichnis
- Der Begriff Stigma
- Stigma und Devianz
- Der Labeling Approach
- Kategorien von Stigmata
- Die Folgen der Stigmatisierung
- Stigma und Identität
- Stigma und Behinderung
- Stigma und die Frage der Verantwortung
- Stigma als Antonym zu Prestige
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text befasst sich mit dem Begriff "Stigma" und seiner Bedeutung in der Soziologie, insbesondere im Kontext von Devianz und sozialer Kontrolle. Er analysiert die Verwendung des Begriffs, seine Möglichkeiten und Schwächen sowie die Entwicklung des Labeling Approach, der die Entstehung von Stigmatisierung als sozialen Prozess betrachtet.
- Die Entstehung und Entwicklung des Stigmabegriffs in der Soziologie
- Die Rolle von Stigmatisierung bei der Definition von Devianz
- Der Labeling Approach als alternative Perspektive auf Stigmatisierung
- Die Folgen von Stigmatisierung für die Betroffenen
- Die Bedeutung der Frage nach der Verantwortung für Stigmatisierung
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Begriff Stigma: Dieses Kapitel erläutert den Ursprung des Stigmabegriffs im Griechischen und seine historische Entwicklung. Es wird die Bedeutung des Begriffs für Goffman und seine Ausweitung über körperliche Defekte hinaus auf andere Merkmale, die als von der Norm abweichend angesehen werden, dargestellt.
- Stigma und Devianz: Dieses Kapitel behandelt die Beziehung zwischen Stigma und Devianz. Es wird die Unterscheidung zwischen Stigmatisierung und Diskriminierung sowie die Rolle von Stigmatisierung bei der Produktion gesellschaftlicher Randgruppen erklärt.
- Der Labeling Approach: Dieses Kapitel stellt den Labeling Approach vor und seine Kritik an der Annahme, dass Devianz objektiv feststellbar ist. Es wird die Bedeutung des sozialen Festlegungsprozesses für die Definition von Devianz und Stigmatisierung hervorgehoben.
- Kategorien von Stigmata: Dieses Kapitel beschreibt Goffmans Einteilung von Stigmata in drei Kategorien: physische Eigenschaften, Gruppenzugehörigkeiten und Persönlichkeitseigenschaften.
- Die Folgen der Stigmatisierung: Dieses Kapitel untersucht die Folgen von Stigmatisierung für die Betroffenen, wie z. B. Abweisung, Statusverlust, Diskriminierung und soziale Ausgrenzung.
- Stigma und Identität: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen von Stigmatisierung auf die Identität der Betroffenen. Es wird die Diskrepanz zwischen der zugeschriebenen Identität als Stigmatisierter und der Selbstanschauung als normales Gesellschaftsmitglied beleuchtet.
- Stigma und Behinderung: Dieses Kapitel untersucht die besondere Form der Stigmatisierung von Behinderten und die Kritik an der Zuweisung von Verantwortung für die Behinderung an den Betroffenen.
- Stigma und die Frage der Verantwortung: Dieses Kapitel diskutiert die Frage, inwieweit die Betroffenen für ihre Stigmatisierung verantwortlich gemacht werden können. Es wird die Bedeutung gesellschaftlicher Faktoren für die Entstehung von Stigmatisierung hervorgehoben.
- Stigma als Antonym zu Prestige: Dieses Kapitel fasst die Bedeutung des Stigmabegriffs als Ausdruck der negativen Wertung einer Person zusammen.
Schlüsselwörter
Stigma, Devianz, soziale Kontrolle, Labeling Approach, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung, Identität, Behinderung, Verantwortung, Prestige.
- Quote paper
- Sebastian Steidle (Author), 2013, Der Stigma-Begriff Ervin Goffmans. Verwendung und Möglichkeiten zur Beschreibung von Devianz und Sozialer Kontrolle, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335053