Wie ist das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft aus Sicht der „Klassiker der Soziologie“ zu definieren? Diese Frage soll im vorliegenden Essay anhand der vier Soziologen Karl Marx, Emile Durkheim, Max Weber und Georg Simmel und der Darstellung ihrer jeweils spezifischen Sichtweisen auf jenes Verhältnis beantwortet werden.
Diese Einschätzungen sind unter Berücksichtigung des Hintergrunds der fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen zur Zeit des Wirkens jener Soziologen zu betrachten. Gemeint ist damit die ab Mitte des 18.Jh. in England einsetzende, sich rasch ausbreitende, industrielle Revolution und die damit einhergehende Umwälzung der Gesellschaft, von einer traditional-ständischen hin zu einer modern-kapitalistischen Gesellschaft und aller gesellschaftlichen Lebens- und Gegenstandsbereiche. Dabei kommt schließlich die Frage auf, wie gesellschaftliches (Zusammen-)Leben unter diesen neuen Umständen möglich sein kann und welche Rolle das Individuum dabei einnimmt.
Besondere Berücksichtigung findet der Begriff der „Gesellschaft“, auf welchen in jeder Darstellung explizit eingegangen wird. Jeder der genannten Soziologen wird dabei separat behandelt, um im Schlussteil ein verbindendes Gesamtfazit zu ziehen. Ein einleitendes Zitat zu jedem Soziologen soll eine gewisse Repräsentativität für den jeweiligen Text entfalten, wobei natürlich klar sein muss, dass es nur bestimmte Aspekte aufgreifen kann und keinen Gesamtüberblick liefert. Teilweise wird in den Texten Bezug auf das jeweilige Zitat genommen, an anderer Stelle ist es auf seine Art selbsterklärend.
Inhaltsverzeichnis
- Karl Marx
- Emile Durkheim
- Max Weber
- Georg Simmel
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Essay befasst sich mit dem Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft aus der Perspektive von vier bedeutenden Soziologen: Karl Marx, Emile Durkheim, Max Weber und Georg Simmel. Er beleuchtet die jeweils spezifischen Sichtweisen dieser Denker auf die Interaktion zwischen Individuum und Gesellschaft und setzt diese in den Kontext der fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungen des 19. Jahrhunderts, insbesondere der industriellen Revolution und dem Übergang von einer traditionellen zu einer modernen, kapitalistischen Gesellschaft.
- Die unterschiedlichen Konzepte von Individuum und Gesellschaft bei den vier Soziologen
- Die Auswirkungen der industriellen Revolution auf das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft
- Der Einfluss von Klassenstrukturen und sozialer Differenzierung auf das Individuum
- Die Rolle von Moral, Werte und Normen in der Gestaltung des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft
- Die Bedeutung von Rationalisierung und Individualisierung in der modernen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Karl Marx
Marx argumentiert, dass das Sein das Bewusstsein bestimmt, d.h. die ökonomischen Verhältnisse prägen die Denkweise und das Verhalten von Individuen. Er beschreibt die Gesellschaft als geteilt in zwei Klassen, Bourgeoisie und Proletariat, die durch einen Klassenkampf gekennzeichnet sind. Marx sieht die industrielle Revolution als Motor für die Ausbeutung des Proletariats durch die Bourgeoisie und die Entfremdung des Individuums von seiner Arbeit und seinen Mitmenschen. Seine Theorie postuliert eine revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft hin zu einer klassenlosen, kommunistischen Ordnung.
Emile Durkheim
Durkheim betrachtet das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft als geprägt von „sozialen Tatsachen“, die einen äußeren Zwang auf den Einzelnen ausüben. Er betont die Bedeutung von Moral und sozialer Integration für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Durkheim analysiert die Entwicklung von der mechanischen Solidarität in traditionell-ständischen Gesellschaften zur organischen Solidarität in modernen, arbeitsteiligen Gesellschaften.
Max Weber
Weber argumentiert, dass die Moderne durch zunehmende Rationalisierung geprägt ist, die sich auf alle Lebensbereiche auswirkt, einschließlich des Verhältnisses von Individuum und Gesellschaft. Er sieht den okzidentalen Kapitalismus als Triebkraft für diese Rationalisierung und beschreibt den Einfluss der protestantischen Ethik auf die Entwicklung des kapitalistischen Geistes. Weber prognostiziert eine Entzauberung der Welt und eine zunehmende Entfremdung des Individuums in der modernen Gesellschaft.
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- Sven Böttger (Author), 2013, Das Verhältnis zwischen Individuum und Gesellschaft. Marx, Durkheim, Weber und Simmel im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/335026