Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem 21. Kapitel des Buches „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse“ von Sigmund Freud. In diesem Kapitel geht es vor allem um die frühkindliche Sexualität und die psychosexuelle Entwicklung des Menschen. Dabei wird insbesondere auf den Ödipuskomplex eingegangen.
Zunächst definiert Freud zu Beginn des Kapitels, was für ihn unter den Begriff der Sexualität fällt. Dabei geht er darauf ein, dass eben nicht nur der Geschlechtsakt zum Zwecke der Fortpflanzung eine sexuelle Tätigkeit sei, sondern auch sämtliche sexuelle Perversionen. Bei Erwachsenen ließe sich das unzweifelhaft daran feststellen, dass diese nicht genitalen Handlungen, meist darin Gipfeln, dass es in den meisten Fällen in einem „vollen Orgasmus und in die Entleerung der Genitalprodukte ausgeht.“ (Freud 2010: 307) Da diese sicheren Anzeichen bei einem Kind jedoch nicht gut sichtbar seien, „werden sie durch Andeutungen ersetzt, welche nicht als sicher sexuell anerkannt werden.“ (Freud 2010: 307) Dass das „Normale“ und das „Perverse“ auch leicht zusammenfallen können, zeigt er an dem Beispiel des Kusses, welcher als eine Handlung anerkannt wird, welche in keiner Weise pervers ist. Wenn jedoch jemand sich so in einen Kuss hineinsteigern würde, dass es zumbOrgasmus käme, würde diese Handlung als eine Perversion abgetan werden, da es zum Orgasmus
kam, ohne, dass eine Vereinigung der Geschlechtsorganen vorlag. Bei einer Perversion handelt es sich also um eine „Abweichung vom normalen Sexualakt, der als koitale Handlung mit einer Person des entgegengesetzten Geschlechts aufgefasst wurde“. (Mertens 1998 : 170) Beim Kind seien nach Freud nun allerdings in verschiedenen Lebensphasen Handlungen zu erkennen, welche einen
eindeutig perversen Charakter haben, wenn man davon ausgeht, dass das Kind keinen primären Fokus auf die Geschlechtsorgane hat, sondern durch unterschiedliche Organe einen Lustgewinn erfahren kann. Diese Vorgänge nennt Freud ebenso sexuell. Die kindliche Sexualität ist nach Freud,
eine Kraft die von Geburt an vorhanden ist und sich im Laufe des Lebens und Alterns des Kindes ständig verändert. Die Zonen des Körpers, welche das Kind zum Lustgewinn benutzt und welche nicht genital sind, verändern sich dauerhaft. Aus diesem Grund nennt Freud die Sexualität von Kindern auch polymorph pervers.
Inhaltsverzeichnis
- Libidoentwicklung und Sexualorganisation
- Die psychosexuelle Entwicklung nach Freud und der Ödipuskomplex
- Die orale Phase
- Die anale Phase
- Die phallische Phase
- Der Ödipuskomplex
- Der Ödipuskomplex beim Jungen
- Der Ödipuskomplex beim Mädchen
- Die Latenzphase
- Die genitale Phase
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht das 21. Kapitel aus Sigmund Freuds „Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse". Der Fokus liegt auf der frühkindlichen Sexualität und der psychosexuellen Entwicklung des Menschen, insbesondere auf dem Ödipuskomplex.
- Definition von Sexualität nach Freud
- Die Phasen der psychosexuellen Entwicklung
- Der Ödipuskomplex und seine Auswirkungen
- Die Rolle des Über-Ichs in der Entwicklung
- Bedeutung der Latenzphase und der genitalen Phase
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Teil des Kapitels definiert Freud Sexualität als einen umfassenden Begriff, der nicht nur den Geschlechtsakt, sondern auch perversen Handlungen umfasst. Diese sind, laut Freud, durch Lustgewinn an nicht-genitalen Körperzonen gekennzeichnet. Freud erklärt, dass die kindliche Sexualität polymorph pervers ist, da sie sich im Laufe der Entwicklung verändert und verschiedene Körperzonen zur Lustgewinnung nutzt.
Die orale Phase, die erste Phase der psychosexuellen Entwicklung, ist durch Lustgewinn am Mund und den Lippen geprägt. Das Saugen an der Mutterbrust wird als erste Objektbesetzung betrachtet, die später zum Ödipuskonflikt führt. Störungen in der oralen Phase können zu einem oralen Charakter führen, der sich durch Optimismus, Pessimismus, Launenhaftigkeit und Neugier auszeichnet.
Die anale Phase, die sich im zweiten bis vierten Lebensalter vollzieht, ist durch die Kontrolle des Schließmuskels und den Lustgewinn beim Ausscheiden und Zurückhalten von Exkrementen gekennzeichnet. In dieser Phase entwickelt sich das Ich des Kindes durch die Anpassung an die Umwelt. Störungen in der analen Phase können zu einem analen Charakter führen, der durch Reinlichkeit, Pünktlichkeit und Sparsamkeit gekennzeichnet ist.
Die phallische Phase ist durch die Geschlechtsorgane als primäre Lustobjekte geprägt. In dieser Phase erkennen Kinder die Geschlechtsunterschiede, was bei Jungen zur Kastrationsangst und bei Mädchen zum Penisneid führt. Die frühkindliche Masturbation wird mit dem Auftreten des Ödipuskomplexes eingestellt.
Der Ödipuskomplex ist eine Phase, in der sich das Kind, meist im Alter von fünf bis sechs Jahren, zum gegengeschlechtlichen Elternteil hingezogen fühlt und gleichzeitig den gleichgeschlechtlichen Elternteil als Konkurrenten um die Aufmerksamkeit des gegengeschlechtlichen Elternteils betrachtet. Diese Phase wird auch als positive Ödipuskomplex bezeichnet. Der negative Ödipuskomplex beschreibt die Hingezogenheit zum gleichgeschlechtlichen Elternteil. Die Beobachtung, dass gewisse Phänomene des Ödipuskomplexes bei beiden Geschlechtern auftreten, führte zu der Behauptung, dass sich der Ödipuskomplex eins zu eins vom Jungen auch auf das Mädchen übertragen ließe, was aber heutzutage von vielen Analytikern in Frage gestellt wird.
Der Ödipuskomplex beim Jungen ist dadurch gekennzeichnet, dass er eine libidinöse Beziehung zu seiner Mutter entwickelt und den Vater als Konkurrenten um die Aufmerksamkeit der Mutter betrachtet. Diese Konkurrenz kann zu Mordfantasien gegen den Vater führen. Durch die Beobachtung des weiblichen Genitals entwickelt der Junge die Kastrationsangst, die zu einem Verlangen nach Identifikation mit dem Vater führt. Die Autorität des Vaters wird in das Über-Ich des Kindes übernommen.
Der Ödipuskomplex beim Mädchen ist gekennzeichnet durch den Penisneid. Da sie, aus ihrer Sicht, mangelhaft ausgestattet ist, macht sie die Mutter für diesen Mangel verantwortlich und löst sich aufgrund dieser Enttäuschung von ihr. Sie wendet sich daraufhin dem Vater zu und wünscht sich, ebenso von ihm geliebt zu werden, wie die Mutter.
Sowohl der Ödipuskomplex beim Jungen als auch beim Mädchen wird durch die Latenzphase unterbrochen. In dieser Phase, die vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr dauert, ruhen die sexuellen Bestrebungen und das Kind konzentriert sich auf die Entwicklung sozialer Fähigkeiten und die Wissensaneignung.
Schlüsselwörter
Frühkindliche Sexualität, Psychosexuelle Entwicklung, Ödipuskomplex, Kastrationsangst, Penisneid, Latenzphase, Genitale Phase, Objektbesetzung, Über-Ich, Polymorph Pervers, Orale Phase, Anale Phase, Phallische Phase
- Quote paper
- Bernd Lauert (Author), 2012, Die Psychosexuelle Entwicklung nach Freud und der Ödipuskomplex. Libidoentwicklung und Sexualorganisation, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334685