Kapitalgesellschaften zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass die Gesellschafter nicht mit ihrem Privatvermögen haften, sondern nur im Rahmen des von ihnen eingebrachten Eigenkapitals. Durch gesetzliche Mindestvorgaben für die Höhe des Eigenkapitals wird dabei ein gewisser Haftungsstock abgesichert. Darüber hinaus steht es den Gesellschaftern aber frei, der Gesellschaft weitere Finanzmittel in Form von Fremdkapital zur Verfügung zu stellen (Finanzierungsfreiheit). Dies geschieht in der Regel durch Darlehensgewährung des Gesellschafters an die Gesellschaft (sog. Gesellschafterdarlehen). Vorteilhaft ist die Gewährung von Fremdkapital anstelle von weiterem Eigenkapital, da eine solche nicht den Regelungen der Kapitalerhöhung unterliegt und somit eine flexiblere und schnellere Finanzierungsmöglichkeit darstellt.
Im Falle der Insolvenz der Gesellschaft ist der Gesellschafter aber trotzdem nicht mit den übrigen (Fremd-)Kapitalgebern gleichgestellt. Vielmehr verweist der Gesetzgeber den darlehensgebenden Gesellschafter in § 39 I Nr. 5 InsO in den Nach-rang und regelt mit § 135 darüber hinaus die Anfechtbarkeit von Sicherung und Befriedigung der Darlehensforderung für bestimmte Zeiträume vor der Insolvenz. Im Falle der Insolvenz unterstehen grundsätzlich alle diese Rückzahlungen der Anfechtung nach § 135 I, sodass der Gesellschafter diese gem. § 143 I zurückgewähren muss.
Es wird im Folgenden dargelegt, wie sich für diese Konstellationen die Anfechtbarkeit nach § 135 I gestaltet. Dabei soll in einem ersten Teil die Behandlung von Staffelkrediten, wie sie auch der Entscheidung des BGH vom 07. März 2013 zugrunde lagen, untersucht werden. Danach soll aufgezeigt werden, inwiefern sich die dort gefundenen Ergebnisse auf das sehr praxisrelevante Cash Pooling als besondere Ausformung dieser Problematik übertragen lassen. Der Gesetzgeber selbst hatte das Cash Pooling im Rahmen des MoMiG als „ökonomisch sinnvoll“ angesehen und wollte insgesamt eine Vereinfachung des Gesellschafterdarlehensrechts erreichen. Es stellt sich die Frage, inwiefern die aktuelle Rechtslage dieser Zielvorgabe und dem wirtschaftlichen Interesse entspricht oder ein Tätigwerden des Gesetzgebers - gerade im Rahmen der aktuellen Diskussion um die Reform des Insolvenzanfechtungsrechts - zu fordern ist.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Staffelkredite
- 1. Rechtshandlung vor Verfahrenseröffnung
- 2. Gläubigerbenachteiligung
- a) Vorteilsanrechnung
- aa) Differenzierte Betrachtung des BGH
- bb) Einzelbetrachtung
- cc) Generelle Vorteilsanrechnung
- dd) Stellungnahme
- b) Nachträgliche Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung
- a) Vorteilsanrechnung
- 3. Gesellschafterdarlehen
- a) Bestimmung der Darlehensforderung(en)
- aa) Nur ein revolvierendes Darlehen
- bb) Durchschnittssaldo
- cc) Zwischenergebnis
- b) Ausnahme für kurzfristige Kredite
- aa) Ausnahmslose Geltung
- bb) Ausnahme für kurzfristige Überbrückungskredite
- cc) Stellungnahme
- a) Bestimmung der Darlehensforderung(en)
- 4. Bargeschäftsprivileg des § 142
- 5. Anfechtbarer Betrag
- a) Zurückgeführter Darlehenshöchststand
- b) Differenz zwischen Höchst- und Endsaldo
- c) Stellungnahme
- 6. Zwischenergebnis
- III. Cash Pooling
- 1. Begriff und rechtliche Qualifikation
- 2. Anfechtung nach § 135 I
- a) Gläubigerbenachteiligung
- b) Anfechtung nach § 135 I Nr. 1 oder Nr. 2
- c) Gesellschafterdarlehen
- d) Bargeschäftsprivileg des § 142
- e) Teleologische Reduktion
- f) Anfechtbarer Betrag
- aa) Kreditlinie
- bb) Gesamtsaldo der Rückführungen
- cc) Zurückgeführter Sollsaldo
- dd) Differenz zwischen Höchst- und Endsaldo
- ee) Gesamtrückführungsbetrag
- ff) Stellungnahme
- g) Zwischenergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der rechtlichen Einordnung von Rückführungen und Neuvalutierungen von Gesellschafterdarlehen im Kontext des Insolvenzrechts. Sie untersucht die Anfechtungsmöglichkeiten nach § 135 InsO und die Anwendung des Bargeschäftsprivilegs des § 142 InsO auf diesen Sachverhalt.
- Anfechtung von Gesellschafterdarlehen nach § 135 InsO
- Gläubigerbenachteiligung durch Rückführungen von Gesellschafterdarlehen
- Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs des § 142 InsO
- Teleologische Reduktion des Bargeschäftsprivilegs
- Bestimmung des anfechtbaren Betrags
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel befasst sich mit der Einleitung und den grundlegenden Ausführungen zu den Rechtshandlungen vor Verfahrenseröffnung und den möglichen Gläubigerbenachteiligungen im Kontext von Staffelkrediten. Das zweite Kapitel untersucht die Rückführung von Gesellschafterdarlehen und die Anfechtungsmöglichkeiten nach § 135 InsO. Dabei werden die verschiedenen Arten von Darlehen und die Ausnahmen für kurzfristige Kredite beleuchtet. Das dritte Kapitel behandelt das Cash Pooling und dessen rechtliche Qualifikation im Insolvenzrecht. Es analysiert die Anfechtungsmöglichkeiten nach § 135 InsO und die Anwendbarkeit des Bargeschäftsprivilegs des § 142 InsO auf den Sachverhalt des Cash Poolings.
Schlüsselwörter
Insolvenzrecht, Anfechtung, Gesellschafterdarlehen, Rückführung, Neuvalutierung, Gläubigerbenachteiligung, Bargeschäftsprivileg, § 135 InsO, § 142 InsO, Cash Pooling, Staffelkredite, Teleologische Reduktion.
- Quote paper
- Denise Rosenau (Author), 2016, Rückführung und Neuvalutierung von Gesellschafterdarlehen. Rechtliche Hintergründe von Staffelkrediten und Cashpooling, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/334632
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