Die zwanziger Jahre waren, wie im Seminar immer wieder angeklungen ist, eine „tanzverrückte“ Zeit. Daher mag es lohnend sein, einen Blick auf ein Phänomen zu werfen, das damals als „jazz dance“ bezeichnet wurde – ein Begriff, der heute etwas vollkommen anderes meint, damals aber deckungsgleich mit „tap dance“ war, den wir heute als Steptanz kennen. (Zur Begriffsverschiebung seit den Zwanzigern siehe unten.) Drei Aspekte stehen im Zentrum meiner Aufmerksamkeit: Die Geschichte des tap dance, die Prozesse des Lernens und der Standardisierung und die rassistischen Diskurse im amerikanischen Showbiz.
In meiner Arbeit konzentriere ich mich auf die USA, da die Quellen, die mir zugänglich waren, keine Auskunft darüber geben, ob und (wenn ja) wie tap dance außerhalb Nordamerikas rezipiert oder gar praktiziert worden ist. Rusty E. FRANK zufolge waren tap acts – Solokünstler, Ensembles und Showproduktionen – auch in Rußland, Japan, Kuba und Australien unterwegs1, ein Publikum dafür hat es anscheinend weltweit gegeben; auf welches Echo tap dance stieß und ob es zum Beispiel in London, Paris oder Wien tap dance außer gastierenden amerikanischen acts gab, wird nicht erwähnt. Dieses Schweigen über tap dance außerhalb der USA könnte auch in der USAzentrierten Perspektive der Literatur begründet sein.
Etwas spezifisch Amerikanisches ist tap dance auf jeden Fall: Wie Jazz ist er eine originär amerikanische Kunstform, von Marshall und Jean STEARNS als „vernacular in the sense of native and homegrown“ beansprucht. FRANK attestiert dem tap dance einen „[...] spirit, which was drawn from America itself, from the tempo, the excitement of the Machine Age.” Daß zwischen Jazz und tap dance ein Verhältnis gegenseitiger Inspiration bestand, ist anzunehmen. Zumindest die Richtung von der Musik in den Tanz legt FRANK nahe: „... In the years to come, the great music revolutions of ragtime, jazz, swing, bebop and avant-garde all played a tremendous role in the evolution of tap dancing.“ Und nach Helmut GÜNTHER sind Jazz und tap dance verwandt: „Auf alle Fälle steht fest, daß Jazzmusik und Tap Dance den gleichen Gesetzen gehorchen.“
Inhaltsverzeichnis
- 0 Einleitung
- 0.1 Zum Begriff „tap dance“
- 0.2 Quellenprobleme
- 0.3 Aufbau der Arbeit
- 1 Die Wurzeln des tap dance
- 1.1 Afrikanische und afro-amerikanische Wurzeln
- 1.1.1 Sudan
- 1.1.2 Westafrika
- 1.1.3 Tanz auf den Sklavenschiffen
- 1.2 Englische und irische Wurzeln
- 1.3 Von der Jig zum Buck and Wing
- 2 Orte und Medien in den 20er Jahren
- 2.1 Aufführungsorte
- 2.2 Vaudeville-„circuits“
- 2.3 Das schwarze Musical
- 2.4 Film und der akustische Teil des tap dance
- 2.5 Schwarzes Entertainment - weißes Entertainment
- 3 Ausbildung und Standardisierung
- 3.1 Orte des Lernens
- 3.2 The Hoofers Club
- 3.3 „Stealing Steps“
- 3.4 Standardisierung
- 4 Schwarz und Weiß
- 4.1 Tap Dance: eine „schwarze Erfindung“?
- 5 Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Phänomen des Tap Dance, einer Kunstform, die in den 1920er Jahren als „Jazz Dance“ bezeichnet wurde. Die Arbeit konzentriert sich auf die Geschichte des Tap Dance in den USA, untersucht die Prozesse des Lernens und der Standardisierung sowie die rassistischen Diskurse im amerikanischen Showbiz.
- Die Entstehung und Entwicklung des Tap Dance als Kunstform
- Die afrikanischen und afro-amerikanischen Wurzeln des Tap Dance
- Die Rolle von Vaudeville und dem schwarzen Musical im Kontext des Tap Dance
- Die Prozesse der Ausbildung und Standardisierung des Tap Dance
- Rassismus und Diskriminierung im amerikanischen Showbiz in Bezug auf Tap Dance
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die den Begriff „Tap Dance“ erklärt, die Quellenprobleme beleuchtet und den Aufbau der Arbeit erläutert. Kapitel 1 beleuchtet die Wurzeln des Tap Dance, indem es seine afrikanischen und afro-amerikanischen Wurzeln sowie die Rolle von englischen und irischen Tänzen in seiner Entwicklung untersucht. Kapitel 2 behandelt die Orte und Medien des Tap Dance in den 1920er Jahren, wobei die Aufführungsorte, Vaudeville-„circuits“, das schwarze Musical sowie Film und der akustische Teil des Tap Dance diskutiert werden. Kapitel 3 widmet sich der Ausbildung und Standardisierung des Tap Dance, während Kapitel 4 sich mit den rassistischen Diskriminierungen in der amerikanischen Unterhaltungsbranche auseinandersetzt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf den Tap Dance, eine originär amerikanische Kunstform, die eng mit dem Jazz verbunden ist. Sie untersucht die historischen Wurzeln des Tap Dance, seine Entwicklung in den 1920er Jahren, die Ausbildungs- und Standardisierungsprozesse sowie die rassistischen Aspekte seiner Geschichte. Zu den wichtigsten Schlüsselbegriffen gehören: „tap dance“, „jazz dance“, Vaudeville, schwarzes Musical, afro-amerikanische Kultur, Rassismus, Standardisierung, Ausbildung, „hoofing“, „buck and wing“ und „stealing steps“.
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- Anne Camilla Kutzner (Author), 2004, 'Jazz Dance': Tap Dance in den Zwanziger Jahren, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33394