Der "Reinhart Fuchs" des Elsässers Heinrich (der Glichezare) ist ein mittelhochdeutsches Werk des ausgehenden 12. Jahrhunderts und steht in der mittelalterlichen Tradition der Tierepik, also jener Versepen, die die aus der Volksdichtung bekannte und überlieferte Tiergeschichte von Fuchs und Wolf aufgreifen und dabei auf das mittelalterlich- lateinische Werk "Ysengrimus" und die Bestiarien, wie den "Physiologus", zurückgreifen, wo die behandelten Eigenschaften von Tieren nur als Anknüpfungspunkt für eine heilsgeschichtliche Deutung geben. Tierszenen und Fabeln, meist mit lehrhaft- moralischem Inhalt, kennt das gesamte Mittelalter; spätestens seit Pierre de Saint-Cloud (1176) diente der Antagonismus von Fuchs und Wolf als Parodie auf die Ritterepik des 12. Jahrhunderts und die Minne; indem die Gestalt des Fuchses zum Ritter gemacht wurde, pervertierte und entlarvte sie die höfische Welt mit dem Ideal der Minne als Schein; die Branchen dieser Fuchs-Abenteuer in einem Umfang von dreißigtausend Versen1 wurden gesammelt unter dem gemeinsamen Namen Roman de Renard überliefert. Bis in die Mitte des 12. Jahrhunderts war die Literaturgeschichte der Tierdichtung in der lateinischen Klosterliteratur verlaufen; im lateinischen Hexametergedicht Ecbasis captivi aus dem 11. Jahrhundert wurde die epische Behandlung dieses Stoffes zu einem Stück der klösterlichen Lehr- und Erbauungsliteratur. Kern der mittelalterlichen Tierfabel ist dabei die Darstellung der Tierwelt als ein Reich, dessen Herrscher der Löwe ist und in dem die Feindschaft von Wolf und Fuchs die bewegenden Handlungen hervorruft. Nivardus von Gent schreibt dann im Ysengrimus die erste vollständige Geschichte von Fuchs und Wolf, mit dem Wolfen und dessen Schindung zur Heilung des kranken Löwen im Mittelpunkt, mitsamt der dann im Reinhart Fuchs ausgebreiteten Hoftagsszenerie. Heinrich der Glichezare fügt hier die episodischen Begebenheiten der Fabel zu einer einheitlichen Handlung zusammen; obwohl die Kettentechnik der vorangegangenen Reinhart-Dichtungen noch ersichtlich ist. Die Episierung der tradierten Fuchsgeschichte ist hier parodistisch am höfischen Ritterroman orientiert; der Abschluß durch den Gerichtstag ermöglicht hier nicht nur die Strukturierung der traditionell schwankähnlich präsentierten Branchen der Geschichte auf ein Ziel hin, sondern dient auch der satirischen Darstellung der Verkehrtheit der Welt anhand eines warnenden, die Leser durchaus erschreckenden Beispiels.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung
- II Das Ende des "Reinhart Fuchs"
- Themen und Motive
- 2.1 Pervertierung des Rechts
- 2.2 Mangelnde Rechtspflege
- 2.3 Das Bild des schwachen Königs
- III Parallele Motive und Anspielungen - das Nibelungenlied
- 3.1 Das Nibelungenlied
- 3.2 Die triuwe-Thematik
- 3.3 Sprachliche Parodie
- IV Geschichtlicher und literaturgeschichtlicher Hintergrund
- V Quellen und Materialien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht das Ende des mittelhochdeutschen Werks "Reinhart Fuchs" von Heinrich der Glichezare und dessen Parallelen zum Nibelungenlied. Die Arbeit analysiert die Motive und Themen des dritten Teils des "Reinhart Fuchs", die sich auf die Pervertierung des Rechts, mangelnde Rechtspflege und das Bild des schwachen Königs konzentrieren. Darüber hinaus werden die Parallelen zum Nibelungenlied in Bezug auf die triuwe-Thematik und die sprachliche Parodie aufgezeigt.
- Pervertierung des Rechts
- Mangelnde Rechtspflege
- Das Bild des schwachen Königs
- Parallelen zum Nibelungenlied
- Sprachliche Parodie
Zusammenfassung der Kapitel
- I Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik und den Kontext des "Reinhart Fuchs" ein, beleuchtet die Geschichte der Tierepik und die Rolle des Werks innerhalb der mittelalterlichen Literatur.
- II Das Ende des "Reinhart Fuchs": Dieser Abschnitt analysiert den dritten Teil des "Reinhart Fuchs", wobei die Themen der Pervertierung des Rechts, mangelnde Rechtspflege und das Bild des schwachen Königs im Vordergrund stehen. Die Arbeit untersucht die Motive und die Darstellung dieser Themen anhand der Handlung des dritten Teils.
- III Parallele Motive und Anspielungen - das Nibelungenlied: Dieser Teil befasst sich mit den Parallelen zwischen dem "Reinhart Fuchs" und dem Nibelungenlied, insbesondere in Bezug auf die triuwe-Thematik und die sprachliche Parodie.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Seminararbeit sind "Reinhart Fuchs", "Nibelungenlied", "Pervertierung des Rechts", "Rechtspflege", "schwacher König", "triuwe", "sprachliche Parodie", "Tierepik", "mittelalterliche Literatur", "Heinrich der Glichezare".
- Quote paper
- Jochen Müller (Author), 1996, Thematik und Motivik von "Reinhart Fuchs" und Nibelungenlied im Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33225