Leitend für diese Arbeit ist die Frage, ob es im Anschluß an Hegels These vom Ende der Kunst notwendig einer Rehabilitation der Kunst bedarf, bzw. ob die Erkenntnisse der Hegelsche n Ästhetik auch für die Kunst der Gegenwart von Relevanz sind und sich auf diese anwenden lassen. Um diese Frage zu klären, ist vorweg eine gründliche Analyse der These von der Vergangenheit der Kunst geboten, wobei die systematischen Implikationen von Hegels Kunstphilosophie offengelegt werden sollen. Es muß eine naive Interpretation vermieden werden, die ein faktisches Ende jedweder Kunstproduktion und –rezeption oder ein völliges Nichtigwerden der Kunst als Konsequenz aus Hegels kunstphilosophischen Prämissen drohen sieht. Vielmehr soll geklärt werden, inwiefern die genuine Leistung der Kunst mit Hegels eigenen Argumenten hervorgehoben werden kann und ob eine Modifikation des Hegelschen Satzes vom Ende der Kunst möglich ist, ohne daß sich systeminterne Inkonsistenzen ergeben. Eine widerspruchsfreie Modifikation und Weiterführung der Hegelschen Ästhetik muß an dem Gedanken der Wahrheitsfunktion der Kunst festhalten; sie muß überzeugend darlegen, daß die mit der These vom Ende der Kunst verbundenen Überlegungen in einem anderen Licht erscheinen, wenn sich eine originäre Leistung der Kunst nachweisen ließe, die mit Hegels These kompatibel wäre. Ein Ergebnis dieser Arbeit: An der These vom Ende der Kunst kann insofern festgehalten werden, daß die Kunst in einer epistemologischen Hinsicht nicht mehr die höchste Form der Vermittlung der Wahrheit darstellt, sondern daß diese vom begrifflichen Denken und der Reflexion der Philosophie besser erfaßt wird. Die so verstandene These schließt jedoch nicht aus, daß die Kunst über eine originäre Form der Wahrheitsvermittlung verfügt, die von der Philosophie nicht aufgehoben wird – das ist ihre spezifische Leistung der Darstellung des ‚sinnlichen Scheinens der Idee‘. Es muß also nachgewiesen werden, daß die Kategorie der Sinnlichkeit, die der Kunst eigen ist, nicht wie bei Platon als etwas Negatives bestimmt ist, als bloße Ableitung und Schatten der Wahrheit, sondern daß vielmehr in der Sinnlichkeit Wahrheit aufscheint. Weiter muß beachtet werden, daß die Wahrheit der Kunst nicht die Wahrheit einer Übereinstimmung mit der Realität ist, sondern die Wahrheit eines sinnlichen Ausdrucks von dem, was begrifflich oder dialektisch wahr ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die systematischen Implikationen von Hegels Kunstphilosophie: Aufwertung der Kunst und Prognose ihres Endes
- Die philosophische Aufwertung der Kunst
- Gegenstand der Ästhetik
- Die Relevanz der Kunst: Selbstzweck der Kunst
- Der Schein der Kunst
- Kunst als Einheit von Sinnlichkeit und Geist
- Die These vom Ende der Kunst
- Die erkenntnistheoretische Dimension der These vom Ende der Kunst
- Die ästhetisch-historische Dimension der These vom Ende der Kunst
- Die philosophische Aufwertung der Kunst
- Kunst und Wahrheit: Diskussion der These vom Ende der Kunst
- Der Wahrheitsanspruch der Kunst
- Die Spannung und Einheit von Gehalt und Form in der modernen Kunst
- Zusammenfassung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Hegels These vom Ende der Kunst. Ziel ist es, die systematischen Implikationen von Hegels Kunstphilosophie zu analysieren und zu klären, ob eine Modifikation dieser These möglich ist, ohne systeminterne Widersprüche zu erzeugen. Die Arbeit hinterfragt, ob die Kunst trotz ihres "Endes" einen intrinsischen Wert behält und wie moderne Kunst im Kontext von Hegels Überlegungen einzuordnen ist.
- Hegels These vom Ende der Kunst und ihre systematischen Implikationen
- Die philosophische Aufwertung der Kunst bei Hegel
- Der Wahrheitsanspruch der Kunst und ihre spezifische Leistung
- Die Einordnung der modernen Kunst in den Kontext von Hegels Ästhetik
- Mögliche Modifikationen von Hegels These vom Ende der Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung führt in die Fragestellung ein: Bedarf es einer Rehabilitation der Kunst angesichts Hegels These vom Ende der Kunst? Sie betont die Notwendigkeit einer gründlichen Analyse dieser These, um eine naive Interpretation zu vermeiden. Das Ziel ist es zu klären, wie die genuine Leistung der Kunst mit Hegels Argumenten in Einklang gebracht werden kann und ob eine Modifikation seiner These möglich ist, ohne systeminterne Inkonsistenzen zu schaffen. Die Arbeit soll zeigen, dass die Kunst, obwohl nicht mehr die höchste Form der Wahrheitvermittlung, dennoch über eine originäre Form der Wahrheitsvermittlung verfügt - die sinnliche Darstellung der Idee.
1. Die systematischen Implikationen von Hegels Kunstphilosophie: Aufwertung der Kunst und Prognose ihres Endes: Dieses Kapitel rekonstruiert Hegels Ästhetik. Es erklärt die Aufgabenbestimmung der Kunstphilosophie und legt die systematischen Implikationen von Hegels Ästhetik dar. Es zeigt, wie Hegel das Wesen der Kunst bestimmt, ihr Verhältnis zur Philosophie darstellt und warum daraus die These vom Ende der Kunst resultiert. Hegels Einschätzung der Kunst hängt stark vom Vergleich mit Religion und Philosophie ab, was zu der scheinbar paradoxen Situation einer Aufwertung der Kunst bei gleichzeitiger Verkündigung ihres Untergangs führt.
2. Kunst und Wahrheit: Diskussion der These vom Ende der Kunst: Dieses Kapitel diskutiert den Wahrheitsanspruch der Kunst im Kontext von Hegels Philosophie. Es analysiert die Spannung und Einheit von Gehalt und Form in der modernen Kunst und untersucht, inwieweit die These vom Ende der Kunst im Lichte einer originären Leistung der Kunst neu betrachtet werden muss. Es betont, dass die Wahrheit der Kunst nicht eine Übereinstimmung mit der Realität ist, sondern der sinnliche Ausdruck dessen, was begrifflich oder dialektisch wahr ist. Obwohl Philosophie und Kunst unterschiedliche Wahrheitsansprüche haben, gehören sie bei Hegel zum absoluten Geist.
Schlüsselwörter
Hegels Ästhetik, Kunstphilosophie, These vom Ende der Kunst, Wahrheitsanspruch der Kunst, Sinnlichkeit und Geist, moderne Kunst, Philosophie, Religion, begriffliches Denken, Wahrheitsvermittlung, systematische Implikationen.
Häufig gestellte Fragen zu: Hegels These vom Ende der Kunst
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert Hegels These vom Ende der Kunst und untersucht die systematischen Implikationen seiner Kunstphilosophie. Das Hauptziel ist die Klärung, ob Hegels These modifiziert werden kann, ohne systeminterne Widersprüche zu erzeugen, und ob die Kunst trotz ihres "Endes" einen intrinsischen Wert behält.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: Hegels These vom Ende der Kunst und ihre Implikationen, die philosophische Aufwertung der Kunst bei Hegel, den Wahrheitsanspruch der Kunst und ihre spezifische Leistung, die Einordnung moderner Kunst in Hegels Ästhetik und mögliche Modifikationen von Hegels These.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, drei Hauptkapitel und ein Literaturverzeichnis. Kapitel 1 rekonstruiert Hegels Ästhetik und legt die systematischen Implikationen dar. Kapitel 2 diskutiert den Wahrheitsanspruch der Kunst im Kontext von Hegels Philosophie und die Spannung zwischen Gehalt und Form in der modernen Kunst. Die Zusammenfassung fasst die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Was ist Hegels These vom Ende der Kunst?
Hegels These vom Ende der Kunst besagt, dass die Kunst als höchste Form der Wahrheitvermittlung ihre historische Aufgabe erfüllt hat und von der Philosophie abgelöst wird. Dies resultiert aus Hegels Vergleich von Kunst, Religion und Philosophie, wobei die Philosophie die höchste Stufe der Geistentwicklung darstellt.
Wie bewertet Hegel die Kunst?
Hegel wertet die Kunst paradoxerweise gleichzeitig auf und erklärt ihr Ende. Die Aufwertung liegt in der Anerkennung der Kunst als eigenständige Form der Wahrheitserkenntnis (sinnliche Darstellung der Idee). Das Ende resultiert aus der Annahme, dass die Philosophie eine umfassendere und höhere Form der Wahrheitserkenntnis darstellt.
Welchen Wahrheitsanspruch hat die Kunst nach Hegel?
Die Kunst hat für Hegel einen spezifischen Wahrheitsanspruch, der nicht in einer Übereinstimmung mit der Realität besteht, sondern im sinnlichen Ausdruck dessen, was begrifflich oder dialektisch wahr ist. Obwohl sich der Wahrheitsanspruch von Kunst und Philosophie unterscheidet, gehören beide zum absoluten Geist.
Wie lässt sich moderne Kunst in Hegels Kontext einordnen?
Die Arbeit untersucht, inwieweit die These vom Ende der Kunst im Lichte der originären Leistung der modernen Kunst neu betrachtet werden muss. Es wird analysiert, ob und wie die spezifische Form der Wahrheitvermittlung in der modernen Kunst mit Hegels Überlegungen in Einklang zu bringen ist.
Gibt es eine Möglichkeit, Hegels These zu modifizieren?
Die Arbeit untersucht die Möglichkeit, Hegels These vom Ende der Kunst zu modifizieren, ohne systeminterne Widersprüche zu schaffen. Ziel ist es, die genuine Leistung der Kunst mit Hegels Argumenten in Einklang zu bringen und aufzuzeigen, dass die Kunst, trotz ihres „Endes“, eine originäre Form der Wahrheitsvermittlung besitzt.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt?
Schlüsselwörter sind: Hegels Ästhetik, Kunstphilosophie, These vom Ende der Kunst, Wahrheitsanspruch der Kunst, Sinnlichkeit und Geist, moderne Kunst, Philosophie, Religion, begriffliches Denken, Wahrheitsvermittlung, systematische Implikationen.
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- Till Spielmann (Author), 1999, Philosophie und Kunst. Die Spannung zwischen Aufwertung der Kunst und der These von ihrem Ende in Hegels Ästhetik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33204