„In der Geschichte der älteren deutschen Staatslehre hat kaum ein anderer Autor so unterschiedliche Beurteilungen erfahren wie Christian Wolff. Sein pervertiertes, korrumpiertes Naturrecht habe hauptsächlich die Aufgabe gehabt, den Staatszwang naturrechtlich zu rechtfertigen und die Gegebenheiten des aufgeklärten Despotismus mit aller Strenge zu deduzieren. Zumindest sei er der Systematiker der wohlwollenden Despotie. Demgegenüber wird Wolff als der frühe Verfechter des modernen freiheitlichen Rechtsstaat gefeiert.“
Christian Freiherr von Wolff war sicherlich einer der umstrittensten Philosophen der deutschen Frühaufklärung und die Frage, inwieweit Wolff überhaupt zur Aufklärung hinzuzurechnen ist, beschäftigt, wie das Zitat verdeutlicht, noch heute die Literatur. Unumstritten ist jedenfalls die Einzigartigkeit und die Vollkommenheit mit der Wolff versuchte ein in sich geschlossenes, zum Teil auf den Gedanken Leibniz basierend, Naturrecht zu schaffen. In den Bänden des Jus naturalae entwickelte Wolff der mathematischen Lehrart folgend eine systematische Darstellung des Staatswesen in all seinen Facetten. So wollte er jedoch keineswegs eine neue Philosophie schmieden, vielmehr wollte er die gegenwärtige verbessern und gelegentlich auf Dinge eingehen, die es nützlich zu berücksichtigen wäre. Wolff stand als Rationalist in der Tradition Leibniz` und nahm im Laufe seiner Schaffensperiode insbesondere auf ihn Bezug, weshalb seine Philosophie des öfteren auch als Leibniz-Wolffsche Philosophie tituliert wird.
Wolff hatte besonders starken Einfluss auf Friedrich II. von Preußen, den Philosophenkönig. Der auch Friedrich der Große genannte König von Preußen von 1740 – 1786 gilt neben Joseph II. als einer der bedeutsamsten Fürsten des aufgeklärten Absolutismus. Friedrich II. zeigte sich den Ideen der Aufklärung gegenüber sehr aufgeschlossen und unterhielt außer mit Wolff auch regen Kontakt mit Voltaire.
Ich möchte die Fragen klären inwieweit Wolff Einfluss auf Friedrich II. hatte und in welchem Rahmen Reformen im Sinne der Aufklärung umgesetzt wurden bzw. ob Absolutismus und Aufklärung zwei sich ausschließende Richtungen sind.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Darstellungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Christian Wolff - eine kurze Biographie
2.1 1679 - 1723
2.2 1723 - 1740
2.3 1740 - 1754
3 Historischer Kontext der Wolff`schen Philosophie
3.1 Deutschland des 18. Jahrhunderts
3.2 Begriff des aufgeklärten Absolutismus
4 Staatsdenken bei Christian Wolff
4.1 Der Naturzustand
4.2 Der Staatszweck
4.3 Die Regierungsform
4.4 Kritische Würdigung
5 Weitere Staatstheoretiker des aufgeklärten Absolutismus
5.1 Gottfried Wilhelm Leibniz
5.2 Christian Thomasius
6 Friedrich der II. von Preußen
7 Ergebnis
Literaturverzeichnis
Anhang
Darstellungsverzeichnis
Darstellung 1 Staatsbildungsprozess nach Christian Wolff
1. Einleitung
„In der Geschichte der älteren deutschen Staatslehre hat kaum ein anderer Autor so unterschiedliche Beurteilungen erfahren wie Christian Wolff. Sein pervertiertes, korrumpiertes Naturrecht habe hauptsächlich die Aufgabe gehabt, den Staatszwang naturrechtlich zu rechtfertigen und die Gegebenheiten des aufgeklärten Despotismus mit aller Strenge zu deduzieren. Zumindest sei er der Systematiker der wohlwollenden Despotie. Demgegenüber wird Wolff als der frühe Verfechter des modernen freiheitlichen Rechtsstaat gefeiert.“[1]
Christian Freiherr von Wolff war sicherlich einer der umstrittensten Philosophen der deutschen Frühaufklärung und die Frage, inwieweit Wolff überhaupt zur Aufklärung hinzuzurechnen ist, beschäftigt, wie das Zitat verdeutlicht, noch heute die Literatur.
Unumstritten ist jedenfalls die Einzigartigkeit und die Vollkommenheit mit der Wolff versuchte ein in sich geschlossenes ,zum Teil auf den Gedanken Leibniz basierend, Naturrecht zu schaffen. In den Bänden des Jus naturalae entwickelte Wolff der mathematischen Lehrart folgend eine systematische Darstellung des Staatswesen in all seinen Facetten. So wollte er jedoch keineswegs eine neue Philosophie schmieden, vielmehr wollte er die gegenwärtige verbessern und gelegentlich auf Dinge eingehen, die es nützlich zu berücksichtigen wäre.[2] Wolff stand als Rationalist in der Tradition Leibniz` und nahm im Laufe seiner Schaffensperiode insbesondere auf ihn Bezug, weshalb seine Philosophie des öfteren auch als Leibniz-Wolffsche Philosophie tituliert wird.
Wolff hatte besonders starken Einfluss auf Friedrich II. von Preußen, den Philosophenkönig. Der auch Friedrich der Große genannte König von Preußen von
1740 – 1786 gilt neben Joseph II. als einer der bedeutsamsten Fürsten des aufgeklärten Absolutismus. Friedrich II. zeigte sich den Ideen der Aufklärung gegenüber sehr aufgeschlossen und unterhielt außer mit Wolff auch regen Kontakt mit Voltaire.
Ich möchte die Fragen klären inwieweit Wolff Einfluss auf Friedrich II. hatte und in welchem Rahmen Reformen im Sinne der Aufklärung umgesetzt wurden bzw. ob Absolutismus und Aufklärung zwei sich ausschließende Richtungen sind.
2. Christian Wollf - eine kurze Biographie
Im folgenden wird die Lebensgeschichte von Christian Wolff in drei Kapiteln dargestellt. Im ersten steht seine Kindheit und Jugend sowie sein Studium an der Universität Jena und seine ersten Lehrjahre an der Universität Halle.
Das zweite Kapitel behandelt seine Vertreibung aus Halle und die sich anschließende Professur in Marburg bis zur seiner Rückberufung an die Universität Halle durch Friedrich II. im Jahre 1740.
Die letzten Jahre bis zu seinem Tod an der Universität Halle werden im dritten Kapitel vorgestellt.
2.1 1679 - 1723
Christian Wolff, siehe Anhang Nr.1, wurde am 24. Januar 1679 im schlesischen Breslau geboren. Aufgrund der Mittellosigkeit seiner Eltern übte er zuerst das Handwerk des Gerbers aus, bevor er im Alter von neun Jahren das lutherische Gymnasium in Breslau besuchte. Schon zu dieser Zeit war sein Streben zu den Wissenschaften, insbesondere der Philosophie und der Mathematik, äußerst ausgeprägt.[3]
Ab 1699 studierte Christian Wolff in Jena Mathematik und Naturlehre. Dabei wollte Wolff „... die Gründlichkeit, Deutlichkeit und Exaktheit der Mathematik auf die Geisteswissenschaften übertragen.“[4]
Er dissertierte im Jahre 1703 an der Universität Leipzig[5] und nahm im Jahre 1706 den Ruf als Professor der Mathematik an die Universität Halle an, lehrte in den nachfolgenden Jahren aber auch Physik und Philosophie. Wolff gehörte zu den ersten Professoren, die in deutscher Sprachen lehrten und schrieben. Bereits 1720 wurde er Prorektor der Universität Halle.
Anlass zu Streitigkeiten war eine Rede von 1721, in der Wolff die Vorzüge des Rationalismus des chinesischen Konfuzianismus lobte, der dem Wesen nach mit den Grundlagen seiner Philosophie übereinstimmte. Dazu äußerte sich Wolff bereits in dem 1719 erschienenen Werk „Vernünftige Gedanken von Gott, der Welt und der Seele der Menschen, auch allen Dingen überhaupt“ zu Gemeinsamkeiten der chinesischen mit seiner Philosophie. Wolff wurde daraufhin insbesondere von den in Halle stark vertretenden Pietisten des Atheismus bezichtigt und letztendlich kam es im November 1723 zu seiner Entlassung durch Friedrich Wilhelm I. .[6]
2.2 1723 - 1740
Noch am selben Tag nahm er ein Angebot der Universität Marburg an und lehrte fortan als erster Professor für Mathematik und Philosophie. Nach Zempliner ist die Vertreibung Wolffs aus Preußen der Beginn des Kampfes gegen die Aufklärung,
wobei der Kampf gegen den Atheismus als Vorwand genutzt wurde.[7]
So wurde in den folgenden Jahren die Verbreitung und Benutzung der wolffschen Schriften unter Strafe gestellt.
Mit Wolff wechselten viele Studenten nach Marburg und die Einschreibungen erreichten Rekordniveau. Wolff erlangte mit der Zeit auch internationale Anerkennung. So wurde er bereits 1710 in die Royal Society aufgenommen und wenig später in die Akademie der Wissenschaften in Berlin. 1725 schlug er eine Berufung an die Petersburger Akademie der Wissenschaften aus, wurde 1732 Prorektor an der Universität Marburg, 1733 Regierungsrat des schwedischen König Friedrich und im gleichen Jahr „assoziierter Ausländer“ an der Akademie der Wissenschaften in Paris.[8]
2.3 1740 - 1754
König Friedrich II. von Preußen holte Christian von Wolff im Jahre 1740 zurück nach Halle und erklärte ihn bereits 1741 zum Kurator aller preußischen Universitäten.
Insbesondere für seine zweite Amtsperiode in Halle jedoch sagte man Wolff Schwermut und Lustlosigkeit nach. „Er sah seine Aufgabe noch unter dem in Marburg aufgestellten Gesichtspunkt und konnte sich bei der Starrheit seines Wesens, dessen Stärke ja nicht in dem Ideenreichtum lag, dem Wandel der wissenschaftlichen Anschauung nicht mehr anpassen.“[9]
Zusätzlich wurde Wolff allmählich von Alterschwäche heimgesucht und starb am 19.04.1754 in Halle an der Saale.[10]
3. Historischer Kontext der Wolff´schen Philosophie
3.1 Deutschland des 18. Jahrhunderts
Der westfälische Friede von 1648 beendete den dreißigjährigen Krieg, der für Deutschland mit Gebietsverlusten und dem Verlust eines Drittels der Bevölkerung endete. Der Westfälische Friede schränkte die kaiserliche Macht zugunsten der Reichsstände ein und schrieb die Zersplitterung des Reiches in 300 praktisch souveräne Einzelstaaten fest.[11] Unter den absolutistischen Einzelstaaten nahmen insbesondere Bayern, Brandenburg-Preußen und Österreich dominierende Stellungen ein. „In diesem Deutschland der dreihundert Vaterländer, von denen es achtzig noch nicht einmal auf zwölf Quadratmeilen brachten und wo der Absolutismus sich in allen nur möglichen Facetten zeigte, waren die Entwicklungsaussichten der bürgerlichen Klasse an sich schon stark eingeschränkt.“[12]
Dazu kam eine flächendeckende Verarmung insbesondere der ländlichen Bevölkerung und ein Reglementierungseifer der Kleinstaaten, der bis zu 1800 Schutzzollbestimmungen hervorbrachte. Dies beeinträchtigte besonders stark die Entwicklung von Handel und Gewerbe. Auch litt die inländische Industrie unter der stark absolutistischen Ausprägung des Merkantilismus. So herrschte die Meinung vor, der Wohlstand eines Landes bemesse sich an seinem Bestand an Geld. Um diesen nicht zu verringern wurden die absurdesten Gesetze verabschiedet. So galt in Preußen lange Zeit ein totales Importverbot, in Hannover wurde den Bauern der Kaffeekonsum verboten und Friedrich der II. von Preußen weigerte sich Landstraßen zu bauen um ausländische Reisende dazu zu zwingen, möglichst viel Geld innerhalb des Landes auszugeben.
Die Privilegien des Adels zeigten sich insbesondere in der Unterdrückung der Bauern. Von den zwei Dritteln der Gesamtbevölkerung, die die bäuerliche Bevölkerung ausmachte, war nur ein Bruchteil frei.[13] Es herrschte die Ansicht vor, dass die Knechtschaft der Bauern natürlich sei, und gerade deshalb hatten diese auch die ganze Last der Feudalleistungen zu tragen. Die Armut und die daraus resultierende Landflucht, die Enteignung der Kleinbauern, aber auch der verstärkt auftretende Menschenhandel, d.h. der Verkauf oder die Verpachtung von Truppeneinheiten an England, Holland oder Dänemark führten zu einer Entvölkerung der ländlichen Gebiete.
„Die allgemeine Abschaffung der Leibeigenschaft blieb daher das ganze Jahrhundert hindurch ein fernes Ziel, das Deutschland nicht erreichen konnte, obwohl es Versuche gab, sie zu mildern und zu reglementieren,“[14] auf die im folgenden noch näher eingegangen wird.
[...]
[1] C. Link, Die Staatstheorie Christian Wolffs, Hamburg 1986, S.171.
[2] Vgl. E. Stipperger, Freiheit und Institution bei Christian Wolff (1679-1754), Frankfurt am Main 1984, S.175.
[3] Vgl. W. Frauendienst, Christian Wolff als Staatsdenker, Berlin, 1927, S. 8f.
[4] S. Sommerhoff-Benner, Christian Wolff als Universitätslehrer, Diss. Siegen 2002, S. 12.
[5] In den folgenden Jahren entwickelte sich ein reger Briefaustausch zwischen Gottfried Wilhelm Freiherr von Leibniz, dem die Dissertation Wolffs überbracht wurde, und Christian Wolff, auf den im weiteren Verlauf der Arbeit noch Bezug genommen wird.
[6] Vgl. W. Frauendienst, Christian Wolff als Staatsdenker, Berlin 1927, S. 20ff.
[7] Vgl. A. Zempliner, Die chinesische Philosophie und Ch. Wolff, 1962, S.772.
[8] Vgl. S. Sommerhoff-Benner, Christian Wolff als Universitätslehrer, Diss. Siegen 2002, S. 24ff.
[9] W. Frauendienst, Christian Wolff als Staatsdenker, Berlin, 1927, S. 20ff.
[10] Vgl. S. Sommerhoff-Benner, Christian Wolff als Universitätslehrer des 18. Jahrhunderts, Diss. Siegen 2002, S. 30.
[11] Vgl. R. Vierhaus, Deutschland im Zeitalter des Absolutismus, Göttingen 1978, S.12ff.
[12] N. Merker, Die Aufklärung in Deutschland, München 1982, S.36.
[13] Vgl. M. Erbe, Deutsche Geschichte 1713-1790, Stuttgart 1985, S. 18.
[14] N. Merker, Die Aufklärung in Deutschland, München 1982, S.38.
- Arbeit zitieren
- Nils Kompe (Autor:in), 2004, Christian Wolff im Staatsdenken der deutschen Aufklärung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/33087
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