Die Zeit der Wende und ihre Auswirkungen auf die Universität Rostock mit einem umfangreichen Überblick ihrer Geschichte
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Geschichte der Universität Rostock
2.1. Die Gründung der Universität Rostock
2.2. Die Universität nach dem 30jährigen Krieg (1618 – 1648)
2.3. Die Universität nach 1933
3. Hochschulerneuerung und Hochschulgesetz
4. Die Universität Rostock auf dem Weg in die BRD
4.1. Das erste Jahr Oktober 1989 bis Oktober 1990
4.2. Machterhaltung durch Reform von oben
4.3. Erneuerung durch Reform von unten
4.4. Eingeschränkte Autonomie Oktober 1990 bis heute
4.5. Strukturelle Neuordnungen
4.6. Personelle Überprüfung
5. Schlußbemerkung
Literaturliste
Der Transformationsprozess
an den Hochschulen am Beispiel
der Universität Rostock
1. Einleitung
Die Universität Rostock ist eine der beiden Volluniversitäten im Bundesland Mecklenburg – Vorpommern. Die Tatsache, daß es zwei Volluniversitäten in Mecklenburg – Vorpommern gibt, ist für die Entwicklung des Bundeslandes auf Seiten der Forschung, der Entwicklung von neuen Industriezweigen, der Arbeitsplatzbeschaffung und nicht zuletzt der Bildungspolitik von entscheidender Bedeutung. Daß die Universität nicht nur finanziell zu unterhalten ist, sondern auch dem Anspruch gerecht wird, Forschung und Lehre in gesundem Maß zu beinhalten, Rechte und Pflichten seitens der Lehrenden und Lernenden zu regeln und zu organisieren, ist sowohl Aufgabe des Landes als auch der Universität selbst. Wie im Laufe der Transformation an der Universität Rostock versucht wurde, diese Aufgaben zu lösen, und ob dies auch mit Erfolg geschah, möchte ich nun nachstehen beschreiben.
Anfangs möchte ich aber auf die Geschichte der Universität aufmerksam machen, um den Werdegang der Volluniversität und dessen Einfluß auf die Gegenwart deutlich zu machen.
Dem folgend beschreibe ich die Ereignisse zur Zeit der sogenannten „Wende“, die sich an der Universität abgespielt haben. Desweiteren möchte ich im kurzen die Aufgaben und Ziele der Hochschulerneuerung erläutern, die ebenfalls entscheidenen Einfluß auf die Hochschulen gehabt haben und noch weiter haben werden.
2. Geschichte der Universität Rostock
2.1. Gründung der Universität
Seit 1218 besitzt Rostock das Stadtrecht. 199 Jahre später wurde die Universität gegründet.
Zur Vorgeschichte muß man sagen, daß die drei spätfeudalen Institutionen Landesfürsten, Stadt und Kirche an der Gründung beteiligt waren, da keine Institution alleine dazu in der Lage gewesen wäre. Die erste deutlich erkennbare Aktion zur Gründung der Universität Rostock, war das Schreiben von den Herzögen Albrecht V., Johann IV. und Bischof Heinrich v. Schwerin an Papst Martin V. am 8. September 1418, in dem sie ihm die Absicht mitteilten, ein Universität gründen zu wollen. Erst nachdem der Papst Martin V. dem zustimmte, war die Gründung besiegelt (Stiftungsurkunde am 13. Februar 1419). Am Rande kann man nur erwähnen, daß die Bürgerschaft erst am 29. Juli 1419 von der Gründungsabsicht unterrichtet wurde. Am 12. November 1419 fand dann die feierliche Einführung des Rektors der „Alma mater Rostochiensis“ in der St. Marienkirche statt. Die Besonderheit der Universität Rostock war, daß sie aufgrund der päpstlichen Anordnung nur drei anstelle der üblichen vier Fakultäten ( Facultas artium; Facultas medicorum; Facultas jurum ) besaß. Erst 1432 gestattete Papst Eugen IV. die Errichtung der theologischen Fakultät.
Im nördlichen Ostseeraum war die Universität Rostock zu diesem Zeitpunkt die einzige Hochschule, somit verfügte sie über einen großen Einzugsbereich, der sich von Skandinavien bis hin zum mitteldeutschen Bereich erstreckte. Die Bedeutung der Universität Rostock im Norden konnte auch nicht durch die Gründungen der Universitäten in Kopenhagen (1478) und Uppsala (1477) gemindert werden. Bis ins 16. Jahrhundert hinein schrieben sich pro Semester 100 - 250 Studenten neu ein. Die Epoche des Rennaiscancehumanismus in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts spielte für die Entwicklung der Wissenschaften eine sehr große Rolle.
2.2. Die Universität nach dem 30 jährigen Krieg (1618 – 1648)
Nach 1650 nahm die Bedeutung und der Einfluß der Universität Rostock ab. Bezeichnend war der dramatische Rückgang der Immatrikulationen aufgrund der wirtschaftlichen Zerrüttung Deutschlands und der hohen Verluste an Menschen als Folge des Krieges. Ein weiterer Einschnitt in der Geschichte der Universität und deren Bedeutung war der Niedergang der Hanse in Rostock im Jahre 1669.
Ständige kriegerische Auseinandersetzungen im Ostseeraum führten zum Sinken des wissenschaftlichen Niveaus an der Universität, dieses führte u.a. zur Zersplitterung der Universität. Als Konsequenz der andauernden Streitigkeiten um die theologische Fakultät, wurde am 20. Oktober 1760 eine Universität in Bützow eröffnet, in der u.a. eine theologische Fakultät untergebracht wurde. Das arme Land Mecklenburg besaß keine ausreichenden finanziellen Mittel, um beide Universitäten aufrechtzuerhalten. Im 18. Jahrhundert werden also negative Beispiele erbracht, die sich ironischer Weise noch im 20. Jahrhundert wiederspiegeln.
Dem im 19. Jahrhundert eintretende „Universitätssterben“ konnte man in Rostock entgegenwirken, in dem man anordnete, alle Theologen, Juristen, Mediziner und Lehrer, die später in Mecklenburg tätig sein wollen, müssen in Rostock mindestens ein Jahr studieren.
Im Zuge des 1. Weltkrieges sanken die Immatrikulationszahlen dramatisch. Erst 1918/19 waren wieder steigende Immatrikulationszahlen zu verzeichnen.
2.3. Die Universität ab 1933
Auch im 20. Jahrhundert konnte sich die Universität nicht zu einem der Zentren der Wissenschaft in Deutschland entwickeln. Die Studentenzahlen stiegen zwar stetig auf 2000 jährlich an, aber seit der Machtergreifung der NSDAP kam es bis zum Ende des
2. Weltkrieges zu einem rapiden Abfall der Studentenzahl bis auf weniger als 1000 jährlich.
Eine nicht unerhebliche Zahl der Universitätsangehörigen waren Mitglied in der NSDAP. Im Mai 1933 fanden auch in Rostock Bücherverbrennungen statt, an denen auch Wissenschaftler und Studenten beteiligt waren.
Antisemitismus und organisierte Verfolgungen bewirkten vereinzelt das Ausscheiden von Hochschullehrern. (Hans Moral beging 1933 Selbstmord)
Die medizinische Fakultät wurde von den Nationalsozialisten besonders gefördert. Die Universität beteiligte sich an der Durchsetzung nationalsozialistischer Politik und an der Rüstungs- und Kriegsforschung. So waren Kontakte der Universität zum Flugzeugwerk „Heinkel“ in Rostock nicht nur für Forschung und Lehre wichtig, sondern politisch sehr relevant. (1939 erstes Düsenflugzeug der Welt in Rostock gestartet). Die Universität wurde nach Kriegsende geschlossen, wurde dann aber am 25. Februar 1946, jedoch ohne die medizinische Fakultät, wiedereröffnet.
Die zunehmende Ideologisierung und der politische Druck auf die Universität durch Offiziere der SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) und Funktionäre der SED führten u.a. zur Schließung der Juristischen Fakultät 1950, die 1946 als „Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät“ den Lehrbetrieb aufgenommen hatte. 1951 wurde das Institut für Gesellschaftswissenschaften gegründet, die dann später die Sektion für
Marxismus - Leninismus (ML) darstellte. Bis in die späten 60er Jahre mußte sich auch die Universität Rostock mehreren Reformen untergeben. So auch 1968/69, als die III. Hochschulreform in Kraft treten sollte. Sie beinhaltete u.a. eine umfassende Verbindung von Forschung und Lehre mit den Staatszielen. Tiefe Einschnitte als Folge der III. Hochschulreform waren die Schließungen der Fachgebiete Pharmazie, Geographie, Geologie und Romanistik, dagegen wurden Fachbereiche wie Informatik, Ökologie und Meeresbiologie erweitert bzw. neu aufgebaut.
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