Die rasante Entwicklung und zunehmende wirtschaftliche Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie hat eine enorme Auswirkung auf traditionelle Kommunikationsstrukturen in der Gesellschaft. So werden gleiche Kommunikationstechnologien von Personen auf der ganzen Welt benutzt. Ein Konsument in Japan kann beispielsweise ganz leicht über das Internet eine Bestellung in den USA aufgeben oder eine E-Mail an einen Freund in Deutschland senden. Für Anbieter solcher Produkte öffnet sich damit ein gigantischer Markt.
Auch ist zu beobachten, dass durch die Veränderung der Informations- und Kommunikationstechnologie die Entwicklung einer Generation von Produkten beschleunigt wird, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie dem Verwender nur Nutzen spendet, wenn gleichzeitig andere Personen ebenfalls dieses Produkt oder die Dienstleistung verwenden. Diese Eigenschaft distanziert derartige Güter von traditionellen Produkten mit rein originärem Produktnutzen und wirkt sich, daraus resultierend, auch auf deren Vermarktungsprozess aus. Altbewährte Marketingkonzepte müssen überarbeitet und erweitert werden, um den speziellen Vermarktungsanforderungen dieser Güter gerecht zu werden.
Spezielle Probleme ergeben sich während des Vermarktungsprozesses, sowie bei dem Aufbau und bei dem Management von Verwendergruppen. Dem Gruppenaufbau kommt jedoch, im Vergleich zu dem Gruppenmanagement, eine noch größere Bedeutung zu, denn dieser steht am Anfang des Vermarktungsprozesses und öffnet sozusagen das Tor für alle weiteren Marketingaktionen. Anders ausgedrückt: Ist der Netzaufbau nicht erfolgreich, dann muss der Anbieter sich mit dem Netzmanagement nicht näher befassen. Aus diesem Grunde beschäftigt sich diese Arbeit primär mit dem ersten Schritt des Vermarktungsprozesses im Netzgeschäft – dem Gruppenaufbau – und zeigt Lösungsstrategien zur Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus auf. Ziel dieser Arbeit ist es im Bereich des Netzgeschäftes neue theoretische Sichtweisen zu entwickeln und den Marketinggedanken in diesem Gebiet weiter voranzutreiben.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Das Netzgeschäft
2.1 Einordnung und Abgrenzung des Netzgeschäftes
2.2 Charakteristika des Netzgeschäftes
2.2.1 Verwendungsbezogener Gruppennutzen
2.2.2 Informations- und Kommunikationslastigkeit
2.2.3 Phasenspezifität
3 Der Gruppenaufbau als Erfolgsvorrausetzung des Netzgeschäftes
3.1 Die kritische Teilnehmerzahl
3.1.1 Bedeutung der kritischen Teilnehmerzahl aus Anbietersicht
3.1.2 Bedeutung der kritischen Teilnehmerzahl aus Teilnehmersicht
3.2 Situative Einflussfaktoren auf den Gruppenaufbau
4 Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus im Netzgeschäft
4.1 Systematisierung der Möglichkeiten zur Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus
4.2 Erreichung der kritischen Teilnehmerzahl
4.2.1 Vorstellung der Alternativen zur Erreichung der kritischen Teil-nehmerzahl..
4.2.2 Produktverschenkungsstrategien
4.2.2.1 Produktverschenkungsstrategie an Jedermann
4.2.2.2 Produktverschenkungsstrategien nach Röck
4.2.2.3 Produktverschenkungsstrategie in Abhängigkeit von der individuellenkritischen-Masse
4.2.3 Standardisierungsstrategie
4.3 Senkung der individuellen-kritischen-Masse
4.3.1 Vorstellung der Alternativen zur Senkung der individuellen-kritischen-Masse
4.3.2 Erweiterung der Produkteigenschaften
4.3.3 Angebot von Customized Products
4.3.4 Angebot von komplementären Gütern
4.3.5 Kopplungsverkäufe
4.3.6 Nutzenbasierte Preispolitik
4.4 Reduktion der Bedeutung der individuellen-kritischen-Masse
4.4.1 Vorstellung der Alternativen zur Reduktion der Bedeutung der individuellen-kritischen-Masse
4.4.2 Zusicherung von Erfüllungsgarantien
4.4.3 Angebot einer Versicherung
4.4.4 Aufbau einer positiven Erwartung bei potenziellen Adoptern
4.4.4.1 Informationsmanagement bei frühen Adoptern
4.4.4.2 Werbung für eine positive Erwartungsbildung bei späteren Adoptern
4.4.4.3 Absatzkanalbreite als Qualitätsindikator
4.4.4.4 Nutzung von virtuellen Communities
4.4.4.5 Erfahrungsaustausch durch Gruppendiskussionen
5 Schlussbetrachtung
Quellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Vermarktungstypen im Gruppengütermarketing
Abbildung 2: Individuelle Nutzenverläufe bei unterschiedlichen
Güterkategorien – beispielhafte Zusammenhänge
Abbildung 3: Managementphasen bei System- und Gemeinschaftsgüter
Abbildung 4: Phasenspezifität des Netzgeschäftes
Abbildung 5: Erfolgreicher versus erfolgloser Diffusionsprozess
Abbildung 6: Situative Einflussfaktoren auf den Gruppenaufbau
Abbildung 7: Relation zwischen multiattributivem Nutzen
und negativer Nutzenkomponente
Abbildung 8: Interventionsrichtungen zur positiven Beeinflussung
der Kaufentscheidung eines potenziellen Adopters
Abbildung 9: Erreichung der kritischen Masse
Abbildung 10: Zusammensetzung des Produktnutzens
Abbildung 11: Möglichkeiten zur Beeinflussung der
individuellen-kritischen-Masse
Abbildung 12: Reduktion der individuellen-kritischen-Masse
Abbildung 13: Systematisierung der Möglichkeiten
zur Erreichung der kritischen Masse
Abbildung 14: Beispielhafte Verteilung
der individuellen-kritischen-Massen I
Abbildung 15: Marktbearbeitungsstrategie..
Abbildung 16: Beispielhafte Verteilung
der individuellen-kritischen-Massen II
Abbildung 17: Markteröffnungsstrategie
Abbildung 18: Erreichung der kritischen Masse an Teilnehmern
durch Herstellung von Kompatibilität
Abbildung 19: Reduktion der individuellen-kritischen-Masse
Abbildung 20: Systematisierung der Alternativen
zur Reduktion der Bedeutung der IKM
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die rasante Entwicklung und zunehmende wirtschaftliche Bedeutung der Informations- und Kommunikationstechnologie hat eine enorme Auswirkung auf traditionelle Kommunikationsstrukturen in der Gesellschaft. So werden gleiche Kommunikationstechnologien von Personen auf der ganzen Welt benutzt.[1] Ein Konsument in Japan kann beispielsweise ganz leicht über das Internet eine Bestellung in den USA aufgeben oder eine E-Mail an einen Freund in Deutschland senden. Für Anbieter solcher Produkte öffnet sich damit ein gigantischer Markt.
Auch ist zu beobachten, dass durch die Veränderung der Informations- und Kommunikationstechnologie die Entwicklung einer Generation von Produkten beschleunigt wird, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie dem Verwender nur Nutzen spendet, wenn gleichzeitig andere Personen ebenfalls dieses Produkt oder die Dienstleistung verwenden.[2] Diese Eigenschaft distanziert derartige Güter von traditionellen Produkten mit rein originärem Produktnutzen und wirkt sich, daraus resultierend, auch auf deren Vermarktungsprozess aus. Altbewährte Marketingkonzepte müssen überarbeitet und erweitert werden, um den speziellen Vermarktungsanforderungen dieser Güter gerecht zu werden.
Spezielle Probleme ergeben sich während des Vermarktungsprozesses, sowie bei dem Aufbau und bei dem Management von Verwendergruppen. Dem Gruppenaufbau[3] kommt jedoch, im Vergleich zu dem Gruppenmanagement[4], eine noch größere Bedeutung zu, denn dieser steht am Anfang des Vermarktungsprozesses und öffnet sozusagen das Tor für alle weiteren Marketingaktionen. Anders ausgedrückt: Ist der Netzaufbau nicht erfolgreich, dann muss der Anbieter sich mit dem Netzmanagement nicht näher befassen. Aus diesem Grunde beschäftigt sich diese Arbeit primär mit dem ersten Schritt des Vermarktungsprozesses im Netzgeschäft – dem Gruppenaufbau – und zeigt Lösungsstrategien zur Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus auf. Ziel dieser Arbeit ist es im Bereich des Netzgeschäftes neue theoretische Sichtweisen zu entwickeln und den Marketinggedanken in diesem Gebiet weiter voranzutreiben.
Ausgehend von einer näheren Einordnung des Netzgeschäftes in das Gruppengütermarketing sowie einer Betrachtung der Charakteristika des Netzgeschäftes in Kapitel 2, beschäftigt sich Kapitel 3 speziell mit der Gruppenaufbauphase als Erfolgsvoraussetzung des Netzgeschäftes. Ein besonderer Fokus wird hier auf die kritische Masse der Teilnehmerzahl, als wichtige Determinante der Gruppenaufbauphase, gelegt. Insbesondere wird die Bedeutung der kritischen Teilnehmerzahl aus Sicht der Anbieter und aus Sicht der Teilnehmer[5] thematisiert. Ferner wird der Einfluss von verschiedenen situativen Variablen auf den Gruppenaufbau herausgearbeitet. Eine Systematisierung der Möglichkeiten zur Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus im Netzgeschäft sowie eine nähere Betrachtung und Analyse der einzelnen Möglichkeiten wird in Kapitel 4 vorgenommen. Abschließend bildet Kapitel 5 einen kritischen Rückblick auf die Untersuchungsergebnisse und thematisiert offengebliebene Fragestellungen. Zu erwähnen bleibt, dass die, in dieser Arbeit vorgestellten theoretischen Modelle, anhand von Beispielen erläutert werden.
2 Das Netzgeschäft
2.1 Einordnung und Abgrenzung des Netzgeschäftes
Das Gruppengütermarketing, als eine noch relativ junge Teilperspektive des Marketings, beschäftigt sich mit der Vermarktung von Gütern, die durch nachfragerübergreifende Nutzenbestandteile charakterisiert sind.[6] Ein anschauliches Beispiel für diese Art von Produkt ist das Telefongerät. Der Nutzen für ein Telefongerät steigt stetig mit dem Verbreitungsgrad von Telefonendgeräten, denn für einen einzelnen Besitzer eines Telefons ist der Nutzen eines Telefongerätes praktisch gleich Null, wenn nicht mindestens ein Counterpart existiert mit dem er telefonieren kann. Ein weiteres Beispiel für ein Produkt, das dem Gruppengütermarketing zuzuordnen ist, ist der Sammelkauf von Produkten. Beispielhaft sei hier ein Sammelkauf von Computern erwähnt, welcher zum Beispiel bei dem E-Business Unternehmen Letsbuyit.com durchgeführt werden kann.[7] Im Unterschied zu dem ersten Beispiel ist hier der Nutzen für einen Kunden davon abhängig, wie viele andere Käufer an dem Sammelkauf teilnehmen. Je mehr Personen an dem Sammelkauf teilnehmen, desto höher fällt der Preisnachlass für den einzelnen Teilnehmer aus. Obwohl beide Beispiele in den Bereich des Gruppengütermarketings fallen, ist zu erkennen, dass die Entstehung des Nutzens in beiden Fällen unterschiedlich ist. Im ersten Beispiel entsteht der Nutzen aus der gemeinsamen Verwendung der Produkte und im zweiten Beispiel entsteht der Nutzen aus den günstigeren Einkaufskonditionen, die aus dem Sammelkauf resultieren. Diese Verschiedenheit in der Art der Nutzengenerierung wirkt sich auf die Ableitung von Vermarktungstypen innerhalb des Gruppengütermarketings aus.
Allerdings spielt nicht nur die Art der Nutzengenerierung, sondern auch die Bildung und Gestalt der nutzenbeeinflussenden Gruppe für die Ableitung von Vermarktungstypen eine Rolle.[8] So ist es generell möglich, dass die Gruppe schon vor Beginn des Kaufprozesses besteht oder dass sich die Gruppe speziell für den Kaufprozess bildet. Betrachtet man nun diese beiden dichotomen Merkmalsdimensionen – Art des Gruppennutzens und Bildung sowie Gestalt der Gruppe – spannt sich eine Vier-Felder-Matrix auf, aus der drei unterschiedliche Vermarktungstypen abgeleitet werden: das Gruppengeschäft, das Bündelgeschäft und das Netzgeschäft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Vermarktungstypen im Gruppengütermarketing
Quelle: Voeth (2001a), S. 24.
Besteht eine Gruppe schon vor Beginn des Kaufprozesses so ordnet man das Gruppengut, unabhängig davon ob es sich um verwendungsbezogenen oder kontraktbezogenen Gruppennutzen handelt, dem Vermarktungstyp des Gruppengeschäfts zu. Bildet sich eine Gruppe dahingegen speziell und handelt es sich bei dem Nutzen um einen kontraktbezogenen Gruppennutzen, so handelt es sich um das Bündelgeschäft.
Das Netzgeschäft ist durch die folgenden beiden Eigenschaften gekennzeichnet: zum einen bildet sich die Gruppe speziell und besteht nicht schon vor dem Beschaffungsprozess und zum anderen ist der Nutzen der Güter, die dem Netzgeschäft zugeordnet werden, ein verwendungsbezogener Gruppennutzen.[9] Aus diesen beiden wichtigen Dimensionen des Netzgeschäftes resultieren zwei zentrale Marketingaufgaben für eine Unternehmung: zum einen das Netzaufbaumanagement und zum anderen das Netzmanagement.[10]
2.2 Charakteristika des Netzgeschäftes
2.2.1 Verwendungsbezogener Gruppennutzen
Ein zentrales Charakteristikum von Gütern, die dem Netzgeschäft zugeordnet werden, ist der verwendungsbezogene Gruppennutzen. Verwendungsbezogener Gruppennutzen entsteht dann, wenn eine gemeinschaftliche Verwendung von Gütern durch verschiedene Individuen erfolgt.[11] Ein verwendungsbezogener Gruppennutzen wird in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur an vielen Stellen – zum Teil mit leicht unterschiedlichen Definitionen – diskutiert. So wird von vielen Autoren eine Unterscheidung zwischen direkten und indirekten Netzeffekten vorgenommen.[12] Ein direkter Netzeffekt liegt dann vor, wenn der Nutzen für ein Gut in unmittelbarer Abhängigkeit von der Teilnehmerzahl steht.[13] Ein indirekter Netzeffekt existiert im Gegensatz dazu, wenn durch die Zunahme des Gebrauchs von einem Gut die Anzahl von komplementären Gütern steigt oder das Servicenetzwerk ausgebaut wird.[14] Des Weiteren wird in der Literatur vielfach zwischen originärem und derivativem Nutzen unterschieden. Spendet ein Gut einem Konsumenten Nutzen, unabhängig davon ob andere Konsumenten ebenfalls dieses Gut benutzen, so spricht man von originärem Nutzen.[15] Entsteht der Nutzen hingegen durch eine Interaktionsbeziehung zu einem anderen Teilnehmer in einem Netz, so handelt es sich um einen derivativen Nutzen. Ein Gut, das ausschließlich derivativen Nutzen spendet, wird als Systemgut bezeichnet und ein Gut, welches sowohl originären als auch derivativen Nutzen spendet, wird Netzeffektgut genannt.[16]
Ein verwendungsbezogener Gruppennutzen weist insbesondere zwei Merkmale auf: erstens nimmt die Anzahl der Teilnehmer Einfluss auf den individuellen Nutzen und zweitens ist das Verhalten anderer Gruppenmitglieder nutzendeterminierend.[17] Hinsichtlich der Zusammensetzung der Gruppe und der Anzahl der Gruppenteilnehmer stellen sich jedoch zwei Fragen:
1. Spielt es für den einzelnen Teilnehmer eine Rolle welche Personen sich in der Nutzergruppe befinden und
2. impliziert eine Gruppenzunahme[18] immer einen positiven Nutzenzuwachs?
Die Gruppenzusammensetzung spielt sicherlich bei der Nutzendeterminierung eines Teilnehmers eine Rolle. Verständlicherweise ist es für einen Teilnehmer von größerem Nutzen, wenn eine für ihn wichtige Person das gleiche kritische-Masse-Produkt[19] benutzt.[20] Beispielhaft sei an dieser Stelle auf den Instant Messenger von Microsoft hingewiesen. Hier steigt der individuelle Nutzen des Messengers stetig mit zunehmender Teilnehmerzahl, aber die Stärke der individuellen Nutzenzunahme hängt sicherlich davon ab, ob der Teilnehmer mit den Personen, die dem Netzwerk beigetreten sind, auch tatsächlich kommunizieren möchte. Dieses Beispiel macht deutlich, dass die Höhe des verwendungsbezogenen Gruppennutzens häufig nicht alleine von der Anzahl der Personen in einem Netzwerk abhängt, sondern auch von der Personenzusammensetzung innerhalb der Gruppe determiniert wird.
Für die Beantwortung der Frage, ob eine zunehmende Gruppengröße in jedem Fall einen positiven Nutzenzuwachs impliziert, muss die Verschiedenartigkeit von Gütertypen beachtet werden. Wie in Abbildung 2 zu erkennen ist, ist zwischen drei verschiedenen Güterkategorien zu unterscheiden, die alle durch verwendungsbezogenen Gruppennutzen gekennzeichnet sind, bei denen die individuelle Nutzenfunktion allerdings unterschiedlich verläuft.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Individuelle Nutzenverläufe bei unterschiedlichen Güterkategorien
– beispielhafte Zusammenhänge
Quelle: Voeth, (2001a), S. 32.
Wie gut zu erkennen ist, steigt der individuelle Nutzen für Systemgüter stetig mit Zunahme der Teilnehmerzahl, wobei eine deutliche Steigung des individuellen Nutzens ab der Überschreitung einer bestimmten Teilnehmerzahl zu erkennen ist. Diese Teilnehmerzahl wird in der Literatur unter dem Begriff der „kritischen Masse“ diskutiert.[21] Beispiele für Systemgüter sind beispielsweise der Instant Messenger von Microsoft, Faxgeräte oder E-Mail Programme. Diese Güter bringen dem Benutzer nur Nutzen, wenn auch andere Personen das Gut benutzen. Um beispielsweise ein Fax versenden zu können, muss mindestens ein anderes Faxgerät vorhanden sein, an das das Fax gesendet werden kann. Demnach steigt der Nutzen für ein Faxgerät mit Zunahme von Faxgeräten.
Im Unterschied zu dem Verlauf der individuellen Nutzenfunktion bei Systemgütern stellt sich die individuelle Nutzenfunktion für Gemeinschaftsgüter etwas anders dar. Hier steigt der individuelle Nutzen stetig bis zu einem Höhepunkt an und sinkt dann wieder ab.[22] Ein Beispiel für solch eine Güterkategorie ist ein Popkonzert. Die Stimmung steigt bei einem Konzert mit zunehmender Teilnehmerzahl zuerst an, was eine Zunahme des individuellen Nutzens bedeutet. Ab dem Überschreiten einer bestimmten Besuchermenge sinkt der Nutzen jedoch auch wieder ab, da der Konzertbesucher beispielsweise den Sichtkontakt zur Band verliert oder die Wahrscheinlichkeit, dass er Platzangst bekommt, zunimmt.
Die dritte Güterkategorie sind Clubgüter. Bei diesen fällt sofort auf, dass die individuelle Nutzenfunktion, im Gegensatz zu den individuellen Nutzenfunktionen von Gemeinschafts- und Systemgütern, ab der Überschreitung einer bestimmten Teilnehmeranzahl stetig sinkt. Beispiele dieser Güterkategorie sind ein Fitnessstudio oder eine Autobahn. Treten immer mehr Personen in ein Fitnessstudio ein, gelangt man zu einem Punkt, an dem alle Geräte belegt sind und sich Warteschlangen vor den Fitnessgeräten bilden. Dies führt zu einer Nutzenreduktion aller Gäste, da diese nun für die Benutzung der Geräte anstehen müssen. Das gleiche Problem besteht bei einer Autobahn, denn auch hier gibt es Probleme, wenn immer mehr Autos auf eine Autobahn auffahren. Eine größere Menge Autos auf einer Autobahn führt in einem ersten Schritt dazu, dass der Einzelne nicht mehr so schnell fahren kann und in einem zweiten Schritt besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Bildung von Staus. Da es sich bei dieser Art von Problemen allerdings primär um Probleme des Kapazitätsmanagements handelt, bleibt diese Güterkategorie bei den weiteren Ausführungen unberücksichtigt.[23] Darüber hinaus sind System- und Gemeinschaftsgüter durch eine Integration der Teilnehmer in die Entstehung des Gruppennutzens sowie durch eine positive Abhängigkeit zwischen Teilnehmerzahl und individuellem Nutzen gekennzeichnet.[24] Dies unterscheidet sie ebenfalls von Clubgütern. Somit gilt diesen beiden Güterkategorien – System- und Gemeinschaftsgütern – das Hauptaugenmerk des Netzgeschäftes.
2.2.2 Informations- und Kommunikationslastigkeit
Für das Phänomen des verwendungsbezogenen Nutzens gibt es zahlreiche Beispiele. So spendet ein Tennisschläger seinem Besitzer nur Nutzen, wenn mindestens eine andere Person ebenfalls einen Tennisschläger besitzt, eine Gruppenreise spendet höheren Nutzen, wenn auch andere Teilnehmer an der Reise teilnehmen und ein Faxgerät spendet nur Nutzen, wenn noch andere Faxgeräte existieren. Auffällig ist jedoch, dass gerade in dem Bereich der Telekommunikations-, Computer- und Elektronikindustrie Produkte, die dem Netzgeschäft zuzuordnen sind, in immer größerem Maße vertreten sind.[25] Da der Nutzen dieser Güter aus der Interaktionsmöglichkeit mit Kommunikationspartnern resultiert, ist es von besonderer Bedeutung, dass nicht nur eine Person das kritische-Masse-Produkt benutzt, sondern eine Vielzahl von Personen. Der einzelne Teilnehmer hat nämlich gar keinen oder nur einen geringen Nutzen, wenn nicht andere Personen ebenfalls das kritische-Masse-Produkt nutzen und er nicht mit ihnen in Kontakt treten kann. Mit einer zunehmenden Teilnehmerzahl vergrößert sich jedoch die Möglichkeit mit anderen Individuen in Kontakt zu treten und somit der individuelle Nutzen.[26] Der zentrale Punkt, warum also gerade Produkte aus dem Informations- und Kommunikationsbereich im Netzgeschäft präsent sind, ist der Fakt, dass deren Hauptfunktion in der Übermittlung bzw. dem Austausch von Informationen zwischen Individuen liegt und damit eine sehr starke Nutzeninterdependenz zwischen den Teilnehmern besteht.[27] Die individuelle Nutzenzunahme, die aus dem Anstieg der Teilnehmerzahl resultiert, wird in der Literatur auch unter dem Begriff der „Demand-Side Economies of Scale“ diskutiert.
Aus dem Bereich der Telekommunikation ist beispielsweise das Handy, und die damit verbundene Möglichkeit eine SMS (Short Message Service)[28] zu versenden, zu erwähnen. Hier ist es für einen Teilnehmer wichtig einen Counterpart zu haben mit dem er kommunizieren bzw. dem er eine SMS senden kann. Ebenso sind Computer, sofern sie zu Kommunikationsdiensten genutzt werden, dem Netzgeschäft zuzuordnen. Des Weiteren sind E-Mail-Programme, Faxgeräte, Pager, Programme für den Electronic Data Interchange (EDI), Bildtelefone und Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) Endgeräte nur einige wenige Beispiele aus dem Telekommunikationsbereich.
2.2.3 Phasenspezifität
Grundsätzlich ist auffällig, dass das Netzgeschäft durch verschiedene Phasen geprägt ist. So kann es grob durch zwei Phasen gekennzeichnet werden: zum einen durch die Netzaufbauphase und zum anderen durch die Phase des Netzmanagements.[29] Die Netzaufbauphase steht am Anfang des Vermarktungsprozesses und besteht hauptsächlich aus der Akquisition von neuen Teilnehmern. Die Netzmanagementphase schließt sich der Phase des Netzaufbaus an. Im Vordergrund dieser Phase steht die Steuerung des Verhaltens der Teilnehmer durch den Anbieter.[30]
Wie bereits in Abschnitt 2.2.1 diskutiert, hängt der individuelle Nutzen eines Teilnehmers bei System- oder Gemeinschaftsgütern davon ab, wie viele andere Teilnehmer sie nutzen. Die Teilnehmerzahl, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein kritische-Masse-Produkt nutzen, stellt den historischen Absatz des kritische-Masse-Produktes dar und wird in der Literatur als installierte Basis bezeichnet.[31] Die kritische Masse ist der Zeitpunkt eines Diffusionsprozesses[32], wo der individuelle Nutzen vieler potenzieller Adopter überschritten ist.[33] Wird die kritische Masse während eines Diffusionsprozesses überschritten, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Diffusionsprozess von selber weiterbeschleunigt, relativ hoch.[34] Der Grund dafür ist, dass es dann ausreichend viele Personen gibt, deren individuelle-kritische-Masse (IKM)[35] überschritten ist und diese das Gut adoptieren. Die kritische Masse ist folglich eine Mindestanzahl von Teilnehmern, die erforderlich ist, damit ein kritische-Masse-Produkt langfristig am Markt existiert.[36]
Aus Anbietersicht ist es sinnvoll den Diffusionsprozess in eine Phase bis zu dem Erreichen der kritischen Masse und in eine Phase nach Überschreitung der kritischen Masse zu unterteilen, um den unterschiedlichen Zuständen gerecht zu werden und somit die Marketinginstrumente zeitlich optimal einsetzen zu können. So kann es beispielsweise sinnvoll sein, zu Beginn der Einführung eines kritische-Masse-Produktes Produkte zu verschenken. Handelt es sich jedoch bei dem Produkt um ein Gemeinschaftsgut, so ist diese Vorgehensweise nur bis zu einem bestimmten Zeitpunkt sinnvoll, da – wie bereits diskutiert – der individuelle Nutzen eines Teilnehmers bei Überschreiten einer gewissen Teilnehmerzahl wieder sinkt. Dieses Beispiel macht bereits sehr deutlich, warum es aus Marketingsicht fast unerlässlich ist, eine Phaseneinteilung vorzunehmen, um den Vermarktungsprozess zu unterstützen.
In der nachfolgenden Abbildung ist die Phasenunterteilung für System- und Gemeinschaftsgüter angedeutet. Der genaue Anfangspunkt der Phasen hängt natürlich von den jeweiligen kritischen Massen und den unterschiedlichen Verläufen der Nutzenfunktionen ab und ist somit von Produkt zu Produkt unterschiedlich.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Managementphasen bei System- und Gemeinschaftsgütern
Quelle: Eigene Darstellung.
Ferner kann zwischen einer Initiierungs- und einer Beschleunigungsphase unterschieden werden. Vor Beginn dieser beiden Phasen steht jedoch noch die Konzeptionsphase, in der beispielsweise das Konzept erstellt und die Planung durchgeführt wird.[37] Die Initiierungsphase schließt sich der Konzeptionsphase an und steht ganz am Anfang des eigentlichen Vermarktungsprozesses. Sie kann als „Startknopf“ für einen Diffusionsprozess angesehen werden. Die Beschleunigungsphase schließt sich der Initiierungsphase an. Die Initiierung des Gruppenaufbaus fällt eindeutig in die Phase des Netzaufbaus. Die Beschleunigungsphase ist jedoch nicht eindeutig der Netzaufbau- oder der Netzmanagementphase zuzuordnen, da es auch während des Netzmanagements sinnvoll sein kann, den Diffusionsprozess weiterzutreiben und neue Teilnehmer zu akquirieren.
Abbildung 4: Phasenspezifität des Netzgeschäftes
Quelle: Eigene Darstellung.
Im Allgemeinen lässt sich sagen, dass der Anbieter eines kritische-Masse-Produktes mit dem Problem konfrontiert ist, dass der Nutzen für frühe potenzielle Adopter[38] noch nicht sehr hoch ist und deshalb der Diffusionsprozess in der Regel erst initiiert werden muss. Der Diffusionsprozess befindet sich infolgedessen in der Anfangsphase in einem Instabilitätsbereich, der für eine erfolgreiche Etablierung des kritische-Masse-Produktes im Markt erst überwunden werden muss.[39] Ziel eines Anbieters muss es daher sein, diese Instabilitätsphase schnell zu überwinden.
3 Der Gruppenaufbau als Erfolgsvorrausetzung des Netzgeschäftes
3.1 Die kritische Teilnehmerzahl
3.1.1 Bedeutung der kritischen Teilnehmerzahl aus Anbietersicht
Everett M. Rogers beschreibt die kritische Masse an Teilnehmern als „the point in time at which enough individuals have adopted an interactive innovation that the perceived cost-benefit of adopting the innovation changes from negative to positive for the individuals in the system“.[40] Dieses Zitat macht bereits deutlich, dass die „kritische Masse“ einen ganz zentralen Punkt bei der Vermarktung von System- und Gemeinschaftsgütern darstellt. Jedoch ist es nicht so, wie dieses Zitat glauben macht, dass die kritische Masse an Teilnehmern exakt beziffert werden kann, da die Höhe von vielen situativen Einflussfaktoren abhängt.[41]
Wie bereits diskutiert, gehören solche Güter zu der Kategorie der kritischen Masse Produkte, deren Existenz nur gesichert werden kann, wenn eine bestimmte Teilnehmerzahl die Güter nutzt. Die Markteinführung solcher Produkte gestaltet sich deshalb besonders schwer, da die Produkte für die ersten Adopter gar keinen oder nur einen sehr geringen Nutzen stiften und erst ein Markt für diese Güter geschaffen werden muss.[42] Individuen sind eher bereit solch ein Gut zu kaufen, wenn viele andere Wirtschaftssubjekte ebenfalls das Gut konsumieren. In diesem Zusammenhang spricht man auch von Skalenerträgen auf der Nachfragerseite.[43]
Bei dem Vermarktungsprozess ist es deshalb insbesondere notwendig eine Basis an Teilnehmern zu schaffen, um die Diffusion weiter voranzutreiben. Weiber spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „Basis-Nutzerkreis“, der etabliert werden muss, um einen Markt für ein kritische-Masse-Produkt zu schaffen.[44] Dieser Basis-Nutzerkreis stellt allerdings noch nicht sicher, dass der Diffusionsprozess erfolgreich verläuft. Hierfür muss erst, wie bereits angedeutet, eine kritische Masse an Teilnehmern überschritten werden, ansonsten geht die absolute Teilnehmerzahl – wie an der nachfolgenden Abbildung gut ersichtlich – wieder zurück. Aus Anbieterseite ist es deshalb elementar wichtig, dass die kritische Masse an Teilnehmern schnell überschritten wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Erfolgreicher versus erfolgloser Diffusionsprozess
Quelle: In Anlehnung an Schoder (1995a), S. 21.
Eine Unternehmung, die ein Gut neu an den Markt bringt, hat erhebliche Investitionen in große Teile der Wertschöpfungskette zu tätigen, bevor das Gut marktreif ist.[45] Beispielsweise fallen Kosten in Beschaffung, Produktion, Vertrieb und F&E an. Eventuell fallen sogar auch noch zusätzliche Personalkosten an. Überschreitet die Teilnehmerzahl dann nicht die kritische Masse an Teilnehmern und der Vermarktungsprozess gestaltet sich zu einem Flop, dann sind die bereits getätigten Investitionen für das Unternehmen verloren. Präziser ausgedrückt heißt es, dass die in die Zukunft projizierten positiven Finanzströme durch den Verkauf der Güter unter Umständen nicht eintreten und der Kapitalwert des Projektes[46] unter Umständen negativ werden kann. Ein weiterer Grund, warum die Erreichung der kritischen Masse an Teilnehmern für ein Unternehmen von großer Bedeutung ist, ist das aus einem erfolglosen Diffusionsprozess möglicherweise resultierende, schlechte Image für ein Unternehmen. Frühe Adopter werden eventuell schlechte Mund-zu-Mund Propaganda tätigen. Dies kann ein diversifiziertes Unternehmen besonders hart treffen, denn es besteht die Gefahr, dass die Gruppenmitglieder diese schlechte Erfahrung auch auf andere Güter des Unternehmens übertragen.
Fazit aus der anbieterseitigen Betrachtung der kritischen Teilnehmerzahl als Erfolgsvorrausetzung des Netzgeschäftes ist, dass es das erklärte Ziel eines Unternehmens sein muss, die Zeitspanne zwischen der Initiierungsphase und dem Erreichen der kritischen Teilnehmerzahl durch den Einsatz adäquater Marketinginstrumente zu verkürzen. Da die kritische Teilnehmerzahl die kumulierte Anzahl von Wirtschaftssubjekten ist, die bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Produkt adoptiert hat, stellt sie nur das Ergebnis der Verteilung der IKM der Adopter dar. Die IKM eines Wirtschaftssubjektes ist demnach der Punkt, bei dem der Anbieter in seinen Marketingbemühungen ansetzen muss, um den Erfolg eines Diffusionsprozesses zu unterstützen.
3.1.2 Bedeutung der kritischen Teilnehmerzahl aus Teilnehmersicht
Die IKM ist der Zeitpunkt, bei dem der subjektiv empfundene Nutzen für ein kritische-Masse-Produkt so hoch ist, dass es für ein Individuum lohnenswert ist, das Produkt zu kaufen. Der subjektiv empfundene Nutzen setzt sich erstens aus der aktuellen Teilnehmerzahl und zweitens aus der in Zukunft erwarteten Teilnehmerentwicklung zusammen.[47]
Die IKM ist bei Innovatoren und frühen Übernehmern relativ gering, denn ansonsten würden sie ein kritische-Masse-Produkt, bei dem der Diffusionsprozess noch nicht weit fortgeschritten ist, nicht kaufen. Die Intention, die zur Kaufentscheidung dieser Adopter führt, resultiert wahrscheinlich nicht aus dem verwendungsbezogenen Nutzen, sondern aus anderen Motiven, z.B. aus der ihnen entgegengebrachten gesellschaftlichen Achtung, die aus der Nutzung von neuen innovativen Produkten resultieren kann. Da dies jedoch meist nur kurzfristig Befriedigung stiftet, ist es auch für solche Gruppenmitglieder wichtig, dass der Netzaufbau erfolgreich ist, damit sich langfristig die Investition in das Produkt lohnt. Kauft sich ein Unternehmen z.B. ein Videokonferenzsystem in der Anfangsphase der Produkteinführung, um damit den Eindruck eines innovativen Unternehmens bei seinen Kunden zu vermitteln, so kann dies kurzfristig sicherlich Sinn machen. Langfristig rentiert sich die Investition aber nur, wenn auch andere Unternehmen oder Kunden, mit denen die Unternehmung über das Videokonferenzsystem in Kontakt treten möchte, ein Videokonferenzsystem besitzen.
Darüber hinaus wird ein flächendeckendes Servicenetzwerk nur aufgebaut, wenn genügend Nachfrager vorhanden sind, also das Marktpotenzial aus Sicht des Anbieters ausreichend groß ist.[48] Aus der Perspektive der Nachfrager ist es demnach sehr wichtig, dass der Netzaufbau positiv verläuft, um die Vorteile eines funktionierenden flächendeckenden Servicenetzwerkes genießen zu können.
Ein weiterer Punkt, der die Wichtigkeit der Netzaufbauphase aus Teilnehmersicht unterstreicht, ist, dass die Kaufentscheidung in der Netzaufbauphase zum Teil unter Unsicherheit getroffen werden muss. Der Nachfrager weiß nicht genau, wie sich der Gruppenaufbau entwickeln wird. Kauft ein Wirtschaftssubjekt ein kritische-Masse-Produkt nur in der Erwartung, dass sich der Netzaufbau positiv entwickeln wird und tritt dies nicht ein, dann war der erwartete Nutzen größer als der tatsächliche Nutzen ist.
Wie aus den Ausführungen deutlich hervorgeht, ist es aus Marketingsicht sehr wichtig, potenziellen Adoptern zu suggerieren, dass deren IKM auf jeden Fall erreicht wird oder bereits überschritten ist, um einen erfolgreichen Diffusionsprozess zu gewährleisten und damit die kritische Teilnehmerzahl zu erreichen. Dies impliziert, dass ein Unternehmen deshalb nicht nur passiv den Diffusionsprozess beobachten, sondern aktiv in den Vermarktungsprozess eingreifen sollte. Die vorliegende Arbeit gibt Handlungsempfehlungen, wie ein Unternehmen eine aktive Einflussnahme auf den Gruppenaufbau vornehmen kann.
3.2 Situative Einflussfaktoren auf den Gruppenaufbau
Wie bereits diskutiert ist der Gruppenaufbau, als erste Phase des Vermarktungsprozesses, ein elementarer und kritischer Teil des Netzgeschäftes. Da die Netzaufbauphase jedoch nicht für jedes Produkt identisch ist, ist es wichtig herauszuarbeiten, welche Faktoren den Netzaufbau bestimmen. Diese Faktoren müssen berücksichtigt werden, um möglichst gut auf die Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus Einfluss nehmen zu können. In der nachfolgenden Abbildung sind fünf wichtige Einflussfaktoren dargestellt. So spielen beispielsweise
- die Produkteigenschaften,
- die Zielgruppe,
- die Technologieneuartigkeit,[49]
- die Marktcharakteristika sowie
- die Phase des Diffusionsprozesses
eine Rolle bei der Diffusionsgeschwindigkeit und sind demnach auch bei der Wahl der einzusetzenden Marketinginstrumente mit in Betracht zu ziehen.
Abbildung 6: Situative Einflussfaktoren auf den Gruppenaufbau
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Darstellung.
Neben dem Komplexitäts- und Innovationsgrad von Produkten, sind der Preis, der relative Produktvorteil und die Kompatibilität von Produkten einflussnehmende Variablen der Diffusionsgeschwindigkeit und bestimmen somit den Einsatz von Marketinginstrumenten mit.[50] Unter einem relativen Produktvorteil versteht man die subjektive Wahrnehmung der Produkteigenschaften durch den Konsumenten und nicht eine objektive Überlegenheit von produktbezogenen Faktoren.[51] So wird der Diffusionsprozess bei einem innovativen Produkt, welches keine großen relativen Produktvorteile bietet, höchstwahrscheinlich langsamer verlaufen als bei einem Produkt, welches dem Kunden einen immensen relativen Produktvorteil bietet.
Ebenso ist die Wahl der einzusetzenden Marketinginstrumente abhängig von dem anzusprechenden Kundensegment. So wird ein Unternehmen eine andere Vermarktungsstrategie wählen, wenn vorwiegend Geschäftskunden akquiriert werden sollen, als wenn Privatkunden angesprochen werden sollen. Ferner spielt die Risikoneigung, die IKM der Kunden und der von einem Unternehmen angestrebte Zielanteil an Neukunden eine Rolle bei der Instrumentenwahl. So können beispielsweise potenzielle Kunden, die bereits Kunden anderer Produkte und Leistungen des Unternehmens sind, auf eine andere Art und Weise angesprochen werden als neue Kunden.
Der Neuigkeitsgrad von Technologien ist ein weiterer Faktor der die Wahl der Marketinginstrumente bestimmt. So muss ein Produkt, das eine vollkommen neue Technologie unterstützt, anders in den Markt eingeführt werden, als Produkte die auf älteren Technologien aufgebaut sind. Ein gutes Beispiel ist hier die Einführung des MMS (Multimedia Messaging Service) Dienstes, welcher dem Endkunden die Möglichkeit bietet multimediale Bilder zu versenden.[52] Für diesen Dienst benötigen die Teilnehmer allerdings ein spezielles Endgerät, das den Versand und den Empfang solcher Bilder unterstützt. Da bereits eine hohe Penetration von Handys existiert, und ein Neukauf nur für die Nutzung eines neuen zusätzlichen Dienstes für viele Personen nicht diskutabel ist, muss sich ein Unternehmen andere Möglichkeiten überlegen, um einen schnellen Gruppenaufbau zu gewährleisten. Dieses Beispiel macht deutlich, dass der Vermarktungsprozess für neuere Technologien oft anders aufgebaut sein muss, als bei Diensten, die eine ältere Technologie unterstützen.
[...]
[1] Vgl. Ohmae (1995), S. 37-39.
[2] Diese Art von Produktnutzen wird in der Literatur unter dem Schlagwort des direkten Netzeffektes diskutiert. Vgl. dazu beispielsweise Röck (2000), S. 32.
[3] Die Begriffe „Gruppenaufbau“ und „Netzaufbau“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
[4] Die Begriffe „Gruppenmanagement“ und „Netzmanagement“ werden in dieser Arbeit synonym verwendet.
[5] Der Begriff „Teilnehmer” wird in dieser Arbeit synonym zu dem Begriff „Gruppenmitglied“ verwendet.
[6] Vgl. Voeth (2001a), S. 10.
[7] Vgl. Letsbuyit (2002), elektronisch veröffentlicht unter der URL: http://www.letsbuyit.com,
Abrufdatum: 27. Mai 2002.
[8] Vgl. Voeth (2001a), S. 17.
[9] Vgl. Voeth (2001a), S. 23.
[10] Vgl. Voeth (2001a), S. 34.
[11] Vgl. Voeth (2001a), S. 18.
[12] Vgl. beispielsweise Katz/Shapiro (1985), S. 424 und Wiese (1991), S. 43.
[13] Vgl. beispielsweise Chatterjee/Clark (1999), S. 84, Liebowitz/Margolis (1994), S. 139-140, Marra (1999), S. 14-15, Thum (1995), S. 5-8 und Schoder (1995b), S. 18.
[14] Vgl. beispielsweise Katz/Shapiro (1985), S. 424, Liebowitz/Margolis (1994), S. 136-139, Marra (1999), S. 15-16 und Weiber (1992), S. 17.
[15] Vgl. hierzu und zum Folgenden Taschner (2001), S. 85-86.
[16] Vgl. Schoder (1995a), S. 10-12.
[17] Vgl. Voeth (2001a), S. 31.
[18] Der Begriff „Gruppenzunahme“ wird in dieser Arbeit als Synonym für den Begriff „Teilnehmerzunahme“ verwendet.
[19] Unter dem Begriff „kritische-Masse-Produkt“ werden in dieser Arbeit System- und Gemeinschaftsgüter verstanden.
[20] Vgl. Röck (2000), S. 35-38 und Weiber (1992), S. 67.
[21] Vgl. Woeckener (1995), S. 3-4.
[22] Der Verlauf der Nutzenfunktion von Gemeinschaftsgütern ist hier nur exemplarisch dargestellt. Es kann durchaus sein, dass der individuelle Nutzen nach Erreichen des Höhepunktes für eine bestimmte Teilnehmerrange auf diesem Niveau verharrt und erst danach wieder absinkt.
[23] Würde die Anzahl der Fitnessgeräte parallel zu dem Anstieg der Besucheranzahl erhöht, dann träte das Problem der Bildung von Warteschlangen nicht auf.
[24] Zu beachten ist, dass der Gruppennutzen bei Gemeinschaftsgütern nach Überschreiten einer bestimmten Teilnehmerzahl ebenfalls abnimmt.
[25] Vgl. Graumann (1993), S. 1331.
[26] Vgl. Shy (2001), S. 3.
[27] Vgl. Woeckener (1995), S. 2.
[28] Bei dem Short Message Service (SMS) handelt es sich um einen Punkt-zu-Punkt-Dienst, bei dem alphanumerische Kurznachrichten von maximal 160 Zeichen über das Short Message Service Center (SMSC) versendet oder empfangen werden können.
[29] Vgl. Voeth (2001a), S. 34-35.
[30] Vgl. Voeth (2001a), S. 35.
[31] Vgl. Clement / Litfin/Peters et al. (2001), S.104 und Weiber (2001), S. 50.
[32] Unter dem Begriff „Diffusion“ versteht man „den Prozeß der zeitlichen Verbreitung eines Innovationsgutes in einer Gesamtheit von potentiellen Übernahmeeinheiten – also dem Markt – von der ersten bis zur letzten Übernahmeorganisation“. Heidingsfelder (1990), S. 33.
[33] Vgl. Rogers (1990), S. 80-81.
[34] Dieses Phänomen gilt insbesondere bei Systemgütern.
[35] Die IKM repräsentiert die Anzahl der Teilnehmer, die, aus Sicht eines Individuums, bereits ein kritische-Masse-Produkt besitzen muss, damit das Individuum ein kritische-Masse-Produkt kauft. Zu beachten ist, dass die IKM von verschiedenen Wirtschaftssubjekten unterschiedlich hoch sein kann. Vgl. Weiber (1992), S. 68-73.
[36] Vgl. Rosendahl (1999), S. 19.
[37] Vgl. Heidingsfelder (1990), S. 39.
[38] In der Diffusionsforschung unterscheidet man fünf Adoptierkategorien. So werden Adopter in der Regel danach kategorisiert, zu welchem Zeitpunkt sie eine Innovation übernehmen. In der Literatur nimmt dabei folgende deskriptive Kategorisierung nach Adoptionszeitpunkten eine dominante Stellung ein. Man unterscheidet zwischen den Innovatoren (innovators), den frühen Übernehmern (early adopters), der frühen Mehrheit (early majority), der späten Mehrheit (late majority) und den Nachzüglern (laggards). Die angegebene Reihenfolge entspricht hier der zeitlichen Abfolge, in der die Gruppen eine Innovation übernehmen. Vgl. Gruner (1995), S. 41-43 und Rogers (1983), S. 245-247.
[39] Vgl. Rosendahl (1999), S. 20 und Röck (2000), S. 39.
[40] Rogers (1990), S. 84.
[41] Vgl. Picot (2001), S. 26.
[42] Vgl. Graumann (1993), S. 1338.
[43] Vgl. Wiese (1991), S. 43.
[44] Vgl. Weiber (1992), S. 61.
[45] Für ausführliche Erläuterungen zur Wertschöpfungskette vgl. Bodenstein (1998), S. 41 und Kotler (2001), S. 24-25.
[46] Unter dem Begriff „Projekt“ wird hier die gesamte Phase der Entwicklung, Produktion und Vermarktung von System- und Gemeinschaftsgütern verstanden. Zur Berechnung des Kapitalwertes vgl. beispielsweise Brigham (1999), S. 235-247.
[47] Vgl. Besen/Farrell (1994), S. 118, Graumann (1993), S. 1335 und Katz/Shapiro (1986), S. 824.
[48] Vgl. Katz/Shapiro (1985), S. 424.
[49] Hier wird eine weite Begriffsauffassung von Technologie zu Grunde gelegt. Der Begriff „Technologie“ umfasst in dieser Arbeit sowohl Technologie (i.e.S.) als auch Technik. Vgl. Gerpott (1998), S. 17-19.
[50] Vgl. Fantapié Altobelli (1990), S. 30, Litfin (1999), S. 25-35 und Rogers (1983), S. 211-232.
[51] Vgl. Litfin (1999), S. 27.
[52] Vgl. Schmidt (2002), S. B3.
- Arbeit zitieren
- Katrin Scheffold (Autor:in), 2002, Möglichkeiten zur Initiierung und Beschleunigung des Gruppenaufbaus im Netzgeschäft - eine Analyse anhand von Beispielen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32605
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