„Als Lena 8 Jahre alt war, wusste sie nicht, dass andere Menschen herumgingen, ohne dabei die Hand des anderen zu halten. Sie wusste nicht, wie andere auch, dass sich andere Menschen selbständig von einem Ort zum anderen bewegen. Seit Jahren hatte sie die Erfahrung gemacht, dass jemand sie bei der Hand nimmt und sie zum Esstisch oder woanders hin führt. Deshalb folgerte dieses blinde Mädchen, dass sich jeder nur bewegt, wenn er geführt wird und dass sie sich ohne Führung nicht bewegen sollte, selbst, wenn sie dazu imstande war.“ (Nielsen 1992, S.99)
Dieses Denken ist ein Interaktionsresultat, welches aus den persönlichen Eigenschaften als Ausdruck der Erwartungen des derzeitigen Kommunikationsverhältnisses in Wechselwirkung entstanden ist (vgl. Schulz von Thun 1981, S.82f.). Systemtheoretisch betrachtet wird vor diesem Hintergrund die Eigendynamik jeder Kommunikation sichtbar. Der Umgang mit dem Ausfall der visuellen Informationsaufnahme muss demnach auch von beiden Seiten, also aus Sicht der Sehenden und der Sehgeschädigten fixiert werden.
Es ergibt sich die Frage, welche Informationen von Sehenden als allgemeingültig und bekanntermaßen vorausgesetzt werden. Inwieweit können Sehbehinderte an normalen kommunikativen Prozessen beteiligt sein und auf welcher Grundlage kommt es auch bei Sehbehinderten zur Erfassung und Verarbeitung der gegebenen Sachverhalte, die durch den eingeschränkten visuellen Sinn anders wahrgenommen werden? Wie kann Kommunikation mit Blinden und von Blinden zu einem adäquaten Informationsaustausch führen?
Ziel soll sein, Sensibilisierung dafür zu schaffen, welche Informationen sich Blinde mühsam aneignen müssen bzw. welche Vorstellungen sehbehinderte Menschen von der Welt haben und wie diese im kommunikativen Zusammenhang stehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Zum Begriff der Sehschädigung allgemein – die Bedeutung des Sehens
- Kommunikation und Sehbehinderung
- Kommunikationsstörungen
- Unterschiede in der Wahrnehmung
- Allgemeine Unterschiede in der Wahrnehmung zu Sehenden
- Visuelle Informationsaufnahme
- Taktile Informationsaufnahme
- Auditive Informationsaufnahme
- Unterschiede in der Entwicklung blinder und sehender Kinder
- Allgemeine Unterschiede in der Entwicklung
- Sprache und Sprachentwicklung
- Nachahmung
- Bewegung / Körpersprache und Gestik
- Einstellungen und Vorstellungen von der Welt
- Raum und Raumbewusstsein
- Mimik, Gesicht und Blickkontakte
- Kontakte und soziale Interaktion
- Pyramidenmodell der sozialen Interaktion
- Soziale Interaktion und Kontakte
- Stereotype, auffällige Ausstellungen und ihre Folgen
- Adäquate Interaktion und Kommunikation durch Erlernen von Verhaltensweisen
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit analysiert die Kommunikation mit und von Sehgeschädigten, wobei der Fokus auf den Auswirkungen des Sehverlustes auf die Wahrnehmung, Entwicklung und soziale Interaktion liegt. Die Arbeit zielt darauf ab, ein Verständnis für die spezifischen Herausforderungen und Besonderheiten der Kommunikation mit Blinden und Sehbehinderten zu schaffen.
- Die Bedeutung des Sehens und die Auswirkungen von Sehbehinderung auf die Informationsaufnahme und -verarbeitung
- Entwicklungsbedingte Unterschiede zwischen sehbehinderten und sehenden Kindern
- Die Rolle nonverbaler Kommunikation bei Sehbehinderung
- Soziale Interaktion und die Herausforderungen, denen Sehbehinderte im sozialen Kontext begegnen
- Möglichkeiten zur Förderung der Kommunikation und Kompensation von Kommunikationsfehlern
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Kommunikation mit Sehgeschädigten ein und verdeutlicht die Komplexität des Themas anhand eines Beispiels. Es werden wichtige Fragen zur Wahrnehmung und Kommunikation von Sehbehinderten aufgeworfen.
Kapitel 1 beleuchtet den Begriff der Sehschädigung, verschiedene Grade der Sehbehinderung und deren Auswirkungen auf den Menschen.
Kapitel 2 behandelt die Auswirkungen der Sehbehinderung auf verschiedene Bereiche der Wahrnehmung und Kommunikation.
Kapitel 3 beschreibt Unterschiede in der Entwicklung blinder und sehender Kinder in Bezug auf Sprache, Nachahmung und Bewegung.
Kapitel 4 analysiert die Rolle von Raum und Raumbewusstsein im Leben von Sehbehinderten.
Kapitel 5 behandelt die Bedeutung von Mimik, Gesicht und Blickkontakt in der Kommunikation mit Sehbehinderten.
Kapitel 6 fokussiert auf die Herausforderungen, denen Sehbehinderte im Bereich der sozialen Interaktion begegnen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Themen Sehschädigung, Kommunikation, Wahrnehmung, Entwicklung, soziale Interaktion, nonverbale Kommunikation, Blindheit, Sehbehinderung, Kommunikationsstörungen, Kommunikationsförderung, Kompensation, Braille-Schrift.
- Quote paper
- Anja Hartmann (Author), 2004, Kommunikation mit und von Sehgeschädigten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32491