Die vorliegende Arbeit widmet sich der Gegenüberstellung von linearem Fernsehen und digitalen On-Demand-Angeboten. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Auswirkungen eines veränderten Konsumverhaltens in Deutschland ableiten, die eine Zukunft der beiden Verbreitungswege erahnen lässt.
Mit der Etablierung von Video-on-Demand (VoD) als Alternative zum herkömmlichen linearen Fernsehen hat sich das Medienkonsumverhalten der Nutzer innerhalb der letzten Jahre drastisch verändert. Während personalisierte Inhalte, die digital zu jeder Zeit abrufbar sind, für den Konsumenten an Bedeutung gewinnen, scheinen Formate im linearen Fernsehen in den Hintergrund zu rücken. Spätestens seit dem Markteintritt des amerikanischen VoD-Marktführers Netflix im September 2014 in Deutschland erlangt das Thema hierzulande eine neue Dimension.
Doch wie reagieren die Akteure des herkömmlichen Film- und Fernsehmarktes auf das veränderte Konsumverhalten? In Zeiten von Medienkonvergenz und Digitalisierung haben sich mittlerweile diverse Geschäftsmodelle entwickelt, um der Veränderung im Nutzungsverhalten der Konsumenten gerecht zu werden. So haben beispielsweise öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Fernsehsender eigene Online-Mediatheken, in denen audiovisuelle Inhalte auf Abruf angesehen werden können.
Mit der wachsenden Zunahme an digitalen Geschäftsmodellen erlebt die Film- und Fernsehlandschaft in Deutschland momentan einen einschneidenden Umbruch. Es stellt sich die Frage, ob in Zukunft sowohl das lineare Fernsehen als auch die On-Demand-Angebote in einer Koexistenz agieren können oder ein Modell das andere in einem Konkurrenzausschluss zu verdrängen vermag.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Zielsetzung
1.3 Aufbau der Arbeit
1.4 Begriffsabgrenzung
2 Die deutsche Film- und Fernsehlandschaft
2.1 Von den Ursprüngen des Fernsehens bis ins digitale Zeitalter
2.2 Status Quo Fernseh- und Videomarkt
2.3 Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten in Bezug auf Film- und Fernsehkonsum
3 Die Geschäftsmodelle der beiden Verbreitungswege
3.1 Das lineare Fernsehen
3.1.1 Das duale Rundfunksystem in Deutschland
3.1.2 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk
3.1.3 Der privatrechtliche Rundfunk
3.1.4 Pay-TV
3.2 Video-on-Demand
3.2.1 Download-to-Own
3.2.2 Download-to-Rent
3.2.3 Kostenlose Video-on-Demand-Angebote
3.2.4 Online-Videorekorder
3.2.5 Die Geschäftsmodelle im Überblick
4 Das Konsumverhalten der Nutzer
4.1 Lineares Fernsehen: Die Quote
4.2 On-Demand: Online-Messungen und Abonnements
4.3 Trends im Mediennutzungsverhalten
5 Was bringt die Zukunft?
5.1 Best Practice aus den USA
5.2 Rechtliche Basis in Deutschland
5.3 Zukunftspläne deutscher Sender
6 Fazit und Ausblick
7 Anhang
7.1 Windowing
7.2 Übersicht der VoD-Geschäftsmodelle
7.3 VoD-Anbieter in Deutschland
7.4 Jahreshitliste 2015
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Übersicht der VoD-Geschäftsmodelle
Abb. 2: Nutzung von VoD-Plattformen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Übersicht der Gemeinschaftsprogramme
Tab. 2: Verwertungsfenster eines Films
Tab. 3: detaillierte Übersicht der VoD-Geschäftsmodelle
Tab. 4: VoD-Anbieter in Deutschland
Tab. 5: Jahreshitliste 2015
Executive Summary
Die vorliegende Arbeit widmet sich der Fragestellung, welche Auswirkungen ein verändertes Konsumverhalten für die Zukunft des linearen Fernsehens und des On-Demand-Angebots als Verbreitungswege bedeutet. Ziel der Arbeit war es, eine Annahme zu treffen, ob in Zukunft eine Koexistenz der beiden Systeme möglich ist oder ein Modell das andere in einem Konkurrenzausschluss verdrängt.
Bei der Betrachtung der deutschen Film- und Fernsehlandschaft stellt sich heraus, dass das Massenmedium Fernsehen seine Position als Leitmedium behauptet und technische Innovationen in Form von Smart-TVs und 3D-fähigen Endgeräten zunehmend in deutschen Haushalten vertreten sind. Für die Angebotsvielfalt im linearen Fernsehen sind die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sowie privatrechtlichen Medienkonzerne ProSiebenSat.1 und die RTL Gruppe und eine Vielzahl an kleineren Fernsehveranstaltern verantwortlich. Im Videomarkt wachsen die Umsätze der digitalen Distributionswege, während sich der physische Verkauf und Verleih von DVDs und Blu-rays in einem Abwärtstrend befinden. Als Bedürfnisse der Konsumenten in Bezug auf Film- und Fernsehkonsum können Individualisierung, Kollektiverfahrungen, Information und Unterhaltung sowie eigene Interessen als solche identifiziert werden. Während die öffentlich-rechtlichen Sender durch den umstrittenen, gleichzeitig finanzstarken Rundfunkbeitrag finanziert werden, bieten sich für privatrechtliche Sender profitable Erlösformen in Kombination verschiedener Erlösmodelle sowie den Erträgen aus Pay-TV-Abos. Die Geschäftsmodelle im VoD unterscheiden sich in Download-to-Own (Kauf), Download-to-Rent (Leihe) und kostenlose VoD-Angebote in Form von FVoD und AdVoD. In der Regel erfolgt die Abrechnung der kostenpflichtigen Inhalte von DTO nach Einzelabrechnung, im DTR hingegen entweder nach dem PPV-Verfahren oder in Form eines Abonnements.
In Bezug auf das Konsumverhalten wird deutlich, dass der Wunsch nach Kollektiverfahrungen sowohl im Fernsehen als auch im On-Demand-Bereich eine wichtige Rolle spielt. Zudem stellt sich heraus, dass rund 74 % der Online-Nutzer auf VoD-Angebote zurückgreifen, was die Folge eines wachsenden Bedürfnisses nach Individualisierung ist. Das Bedürfnis nach Interaktivität sowie ort- und zeitsouveräner Nutzung zeichnet sich in einer Intensivierung der Verwendung von mobilen Endgeräten, der Multiscreen-Nutzung und Social-TV ab. Die eignen Interessen der Nutzer stehen bei beiden Verbreitungswegen im Vordergrund.
Der VoD-Anbieter Hulu kann als Best Practice Beispiel für eine zentrale Sendermediathek dienen, obgleich Zusammenschlüsse dieser Art in Deutschland aus kartellrechtlichen Gründen meist unterbunden werden. Zu den bisherigen Plänen deutscher Sender zählt das Jugendangebot von ARD und ZDF, das zu einer Gesamtverjüngung des Programms führen soll.
Ein Blick auf die deutsche Medienlandschaft zeigt, dass On-Demand-Angebote als Analogie zum linearen Fernsehen ihre Positionierung gefunden und deren Nutzung aller Voraussicht nach weiter steigen wird. Mit einer Ersetzung des linearen Fernsehens durch die digitalen Angebote ist dennoch in nächster Zeit nicht zu rechnen.
1 Einleitung
Die vorliegende Bachelorarbeit widmet sich der Gegenüberstellung von linearem Fernsehen und digitalen On-Demand-Angeboten. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Auswirkungen eines veränderten Konsumverhaltens in Deutschland ableiten, die eine Zukunft der beiden Verbreitungswege erahnen lässt.
1.1 Relevanz des Themas
Mit der Etablierung von Video-on-Demand (VoD) als Alternative zum herkömmlichen linearen Fernsehen hat sich das Medienkonsumverhalten der Nutzer innerhalb der letzten Jahre drastisch verändert. Während personalisierte Inhalte, die digital zu jeder Zeit abrufbar sind, für den Konsumenten an Bedeutung gewinnen, scheinen Formate im linearen Fernsehen in den Hintergrund zu rücken. Spätestens seit dem Markteintritt des amerikanischen VoD-Marktführers Netflix im September 2014 in Deutschland erlangt das Thema hierzulande eine neue Dimension.
Doch wie reagieren die Akteure des herkömmlichen Film- und Fernsehmarktes auf das veränderte Konsumverhalten? In Zeiten von Medienkonvergenz und Digitalisierung haben sich mittlerweile diverse Geschäftsmodelle entwickelt, um der Veränderung im Nutzungsverhalten der Konsumenten gerecht zu werden. So haben beispielsweise öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Fernsehsender eigene Online-Mediatheken, in denen audiovisuelle Inhalte auf Abruf angesehen werden können.
Mit der wachsenden Zunahme an digitalen Geschäftsmodellen erlebt die Film- und Fernsehlandschaft in Deutschland momentan einen einschneidenden Umbruch. Es stellt sich die Frage, ob in Zukunft sowohl das lineare Fernsehen als auch die On-Demand-Angebote in einer Koexistenz agieren können oder ein Modell das andere in einem Konkurrenzausschluss zu verdrängen vermag.
1.2 Zielsetzung
In Bezug auf die Zukunftsfrage der beiden Modelle folgt die Zielsetzung. Ziel dieser Arbeit ist es, anhand einer Gegenüberstellung von linearem Fernsehen und On-Demand Angeboten eine Schlussfolgerung zu treffen, inwiefern ein verändertes Konsumverhalten der Nutzer in Deutschland Auswirkungen auf die Zukunft der beiden Verbreitungswege haben kann. Hierbei werden insbesondere die unterschiedliche Geschäftsmodelle der beiden Wege sowie mögliche Schnittmengen beleuchtet. Außerdem wird auf den Medienkonsum der Nutzer eingegangen, um Trends im medialen Nutzungsverhalten herauszuarbeiten. Auf Grundlage der Erkenntnisse wird eine Annahme getroffen, ob in Zukunft ein Konkurrenzausschluss erfolgt oder eine Koexistenz der beiden Modelle möglich sein wird.
1.3 Aufbau der Arbeit
Um vorerst einen Überblick über die inhaltliche Ausführung der vorliegenden Arbeit zu geben, wird an dieser Stelle kurz auf den Aufbau der Arbeit eingegangen.
Kapitel 1: Einleitung - Das erste Kapitel dient der Einführung und legt die Zielsetzung dar. Anschließend folgt ein Überblick über die Struktur der Arbeit und ihre Kapitel sowie eine Begriffsabgrenzung.
Kapitel 2: Die deutsche Film- und Fernsehlandschaft - Dieses Kapitel stellt den thematischen Einstieg der Arbeit dar und gibt nach einem kurzen historischen Rückblick eine Übersicht über die aktuellen Gegebenheiten des deutschen Film- und Fernsehmarktes sowie über die Erwartungshaltung der Konsumenten an den selbigen wieder.
Kapitel 3: Die Geschäftsmodelle der beiden Verbreitungswege - In diesem Kapitel wird detailliert auf die einzelnen Geschäftsmodelle des linearen Fernsehens und des digitalen Angebotes sowie deren Funktionsweise eingegangen. Die Diversität des in den letzten zehn Jahren entstandenen VoD-Angebots wird in diesem Kapitel veranschaulicht. Als Beispiel wird für jedes Geschäftsmodell ein Anbieter bzw. Unternehmen vorgestellt.
Kapitel 4: Das Konsumverhalten der Nutzer - Dieses Kapitel veranschaulicht die Nutzerseite und ihren Medienkonsum anhand von Erhebungen und Messungen. Hier werden die Trends im Mediennutzungsverhalten der Konsumenten abgebildet.
Kapitel 5: Was bringt die Zukunft? - In diesem Kapitel folgt eine Betrachtung des amerikanischen Marktes, wobei ein Best Practice Modell als Beispiel für neue Ideen auf dem deutschen Markt dient. Anschließend sollen die Zukunftspläne deutscher Sendeanstalten aufgezeigt werden. Hierzu wird näher auf die rechtliche Grundlage für neue Geschäftsmodelle in Deutschland eingegangen, um deren Umsetzbarkeit zu prüfen.
Kapitel 6: Fazit und Ausblick - Das letzte Kapitel beschreibt die gewonnenen Erkenntnisse und führt sie anhand einer Gegenüberstellung mit der Zielsetzung zusammen. Abschließend wird eine Annahme getroffen, ob in Zukunft eine Koexistenz der beiden Modelle möglich ist oder ein Konkurrenzausschluss erfolgt.
1.4 Begriffsabgrenzung
Für das allgemeine Verständnis der Arbeit werden im Folgenden die Begriffe „Lineares Fernsehen“ und „On-Demand“ erläutert und abgegrenzt.
Unter linearem Fernsehen wird „die Anordnung von Sendungen in parallel laufenden, zeitlich strukturierten Programmen“[1] verstanden. Das bedeutet, dass eine Sendung zu einer festen Zeit in einem festen Kanal in den Programmfluss eingebettet ist, wenn sie vom Zuschauer rezipiert wird. Die Ausstrahlung der Sendungen erfolgt linear und kann vom Zuschauer nicht verändert werden. Das lineare Fernsehen wird im Free-TV (Deutsch: „freies Fernsehen“) ausgestrahlt und ist für jede Person, die im Besitz eines Fernsehers ist, frei empfangbar.
On-Demand (Deutsch: „auf Abruf“) ist ein Begriffszusatz, der für die zeitnahe Bereitstellung und das Abrufen von Waren oder Dienstleistungen auf Anfrage verwendet wird.[2] In Bezug auf den Titel der Arbeit sind damit alle Angebote gemeint, die digitale Videoinhalte darstellen. Diese Angebote sind in der Regel non-linear und können demnach vom Konsumenten zeit- und meist auch ortsunabhängig empfangen werden. Demnach ist der Begriffszusatz On-Demand innerhalb dieser Arbeit mit Video-on-Demand gleichzusetzen. Weitere On-Demand-Dienstleistungen stellen im weiteren Sinne z.B. eBooks-on-Demand oder Audio-on-Demand dar, die von dieser Arbeit jedoch unbehandelt bleiben.
2 Die deutsche Film- und Fernsehlandschaft
Heute sind die Medien Film und Fernsehen nicht nur als gesellschaftliche Institutionen, sondern ebenso als zentrale Medien zu betrachten, die insbesondere der Kommunikation innerhalb der Gesellschaft dienen. Dieses Kapitel befasst sich zunächst mit der Geschichte der beiden Medien innerhalb Deutschlands und zeigt den aktuellen Entwicklungsstand des deutschen Film- und Fernsehmarktes auf. Nachfolgend werden die aktuellen Bedürfnisse der Konsumenten hinsichtlich des Film- und Fernsehkonsums abgebildet.
2.1 Von den Ursprüngen des Fernsehens bis ins digitale Zeitalter
Die Grundlage des Fernsehens bildet das Medium Film, das wohl am häufigsten mit dem Begriff des Kinos, der jedoch nicht die einzige Begriffsverwendung darstellt, gleichgesetzt wird. Neben dem Kino als Abspielort für Filme haben sich mit Fernsehen und dem Segment Video, welches inzwischen den Vertrieb von DVDs und Blu-rays und das digitale On-Demand-Angebot darstellt, im Home Entertainment[3] weitere Möglichkeiten entwickelt, Filme zu konsumieren.[4] Der Professor für Medienwissenschaft Knut Hickethier weist darauf hin, dass die Ungenauigkeit in der Benutzung des Begriffes Film dazu führt, dass der „Film im Kontext der anderen audiovisuellen Medien gesehen wird“[5], da sich auf vielen Ebenen von der Produktion bis zur Rezeption durch den Nutzer Überschneidungen zwischen den Medien ergeben. Als anerkanntes Kulturgut und Ausdruck künstlerischen Schaffens werden Filme bei ihrer Produktion in Deutschland durch eine Vielzahl an politischen wie gesellschaftlichen Förderungsmechanismen unterstützt.[6] Im Folgenden dient der produzierte Film als Basis für die anschließenden Verbreitungsmöglichkeiten, die sich im Film- und Fernsehmarkt anbieten.
Seitdem der deutsche Medienunternehmer Leo Kirch[7] Mitte der 1950er Jahre die Entstehung einer Vielzahl an Medienkonzernen initiierte und den Handel mit Verwertungsrechten im Film- und Fernsehbereich betrieb, wird die Bedeutung des Films für das deutsche Fernsehen deutlich erkennbar.[8] Obwohl das Fernsehen seinen Ursprung erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts findet, hat es sich bis heute zu einem gesellschaftlichen Leitmedium für Kommunikation, welches seit jeher die deutsche Medienlandschaft prägt, entwickelt.[9] Nach anfänglichen technischen Schwierigkeiten bei der Ausstrahlung eines ersten deutschen Programms Im Jahr 1935 folgte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs die Etablierung des linearen Fernsehens in seiner heutigen Form und schließlich die Durchsetzung als Massenmedium Mitte der fünfziger Jahre. Die Festlegung des öffentlich-rechtlichen Charakters des Fernsehens wurde erstmals 1961 im ersten Fernsehurteil des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) beschlossen, durch das die Staatsunabhängigkeit sowie der nicht kommerzielle Betrieb der öffentlich-rechtlichen Sender bestimmt wurden. Gleichzeitig entstand mit diesem Fernsehurteil des BVerfG das Startsignal für das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF), welches 1961 als zentralistisch organisierte Institution von den Ministerpräsidenten der Länder als Pendant zum Programm der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland (ARD) eingerichtet wurde.[10]
Als Basis für den Ausbau der Breitbandkabelnetze dienten die zu Mitte der 80er Jahre durchgeführten Kabelpilotprojekte, die parallel dazu den Startschuss für die Entstehung eines privatrechtlichen Fernsehens gaben.[11] Seit der Einführung kommerziellen Fernsehens am 01.01.1984, welche einen grundlegenden Umbau des Rundfunksystems nach sich zog, wird die Koexistenz des öffentlich-rechtlichen und des privatrechtlichen Rundfunks im Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien, kurz Rundfunkstaatsvertrag, geregelt. Für die Kontrolle und Zulassung der privatrechtlichen, kommerziellen Fernsehsender sind die in den jeweiligen Ländern neu geschaffenen Landesmedienanstalten, die ihr Handeln gemäß den Landesmediengesetzen ausrichten, verantwortlich. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands kam es in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) zur Abschaffung des zentralistisch organisierten Fernsehens und zu der Ersetzung durch ein föderales System der Landesrundfunkanstalten nach westdeutschem Vorbild.[12]
2.2 Status Quo Fernseh- und Videomarkt
Als einflussreiches Leitmedium hat das Fernsehen eine fortwährend feste und vor allem finanzstarke Positionierung innerhalb des deutschen Marktes und gilt als Teilmarkt der deutschen Kultur- und Kreativwirtschaft. Dieser Zusammenschluss aus elf Kreativbranchen war im Jahr 2014 mit einem Gesamtumsatz von 146,3 Mrd. € hinter dem Automobilmarkt und dem Maschinenbau die drittgrößte Branche in Deutschland.[13]
Laut einer Studie zur wirtschaftlichen Lage des Rundfunks in Deutschland 2014/2015 im Auftrag der neun Landesmedienanstalten[14] beliefen sich 2014 die Gesamterträge im dualen Rundfunksystem[15] auf 19,01 Mrd. €. Diese setzten sich aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk (9,527 Mrd. €), dem Privatfernsehen, bestehend aus Free- und Pay-TV, (7,122 Mrd. €), dem Teleshopping (1,679 Mrd. €) und dem privaten Hörfunk (0,679 Mrd. €) zusammen. Für die Gesamterträge waren im öffentlich-rechtlichen Rundfunk 80 Programme und im Privatfernsehen 305 Programme zuständig. Diese Angebotsvielfalt an Programmen wird überwiegend durch die öffentlich-rechtlichen Sender sowie durch die Key-Player im Privatfernsehen Pro7Sat.1 Media SE und die Mediengruppe RTL Deutschland geschaffen. Seit 2009 ist eine kontinuierliche Steigerung der Gesamterträge im dualen Rundfunksystem zu erkennen. Laut der Studie wird im privatrechtlichen Rundfunk ein Anstieg der Erträge auf 9,84 Mrd. € inklusive Teleshopping sowie ein weiteres Wachstum der Pay-TV- und Werbeumsätze prognostiziert.[16]
Die Basis für die positive Entwicklung der Gesamterträge bildet der Ausstattungsbestand der deutschen Haushalte. Mit der Durchsetzung des Fernsehens als Massenmedium besaßen 1969 ca. 85 % aller bundesdeutschen Haushalte einen Fernseher.[17] Heute verfügen laut den Laufenden Wirtschaftsrechnungen (LWR) der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) 97,9 % aller privaten Haushalte in Deutschland über einen Fernseher, auf dem Inhalte und Programme öffentlich-rechtlicher, privatrechtlicher Sender oder Pay-TV Programme empfangen werden können.[18]
Durch die Verknüpfung von Fernsehen und Inhalten aus dem Internet entstehen im Home Entertainment neue Möglichkeiten der Nutzung. Ein Ergebnis dieser Verbindung ist der Smart-TV, auch Hybrid- oder Connected-TV genannt. Ein Smart-TV beschreibt ein TV-Gerät, das über eine Internetschnittstelle verfügt, über die neben linearen Fernsehinhalten auch non-lineare Inhalte aus dem Internet abgerufen werden können.[19] So besaßen 2015 in Deutschland bereits 28 % aller Haushalte einen Connectable-TV, also ein internetfähiges TV-Endgerät, während fast 20 % wirklich mit dem Internet verbunden waren. Wird auch die Nutzung über Geräte wie Laptops, Computer oder Tablets mit einberechnet, steigt die Anzahl der internetfähigen Geräte sogar auf 39,6 %. Die tatsächliche Nutzung von Inhalten aus dem Internet über einen Smart-TV belief sich auf 43,9 %.[20] Letztendlich führt die Medienkonvergenz zu einer Erweiterung des klassischen Fernsehens über die linearen Inhalte hinaus.
Eine weitere Errungenschaft der Film- und Fernsehindustrie innerhalb der letzten Jahre ist der dreidimensionale Film (3D-Film). Obwohl dieser seinen Ursprung bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte, erlangte er 2009 durch die Kinoaufführung von Avatar weltweit an Bedeutung. Mit der Durchsetzung von 3D-Filmen im Kino folgte eine schrittweise Annäherung an den Fernsehkonsum zuhause. Aktuell können 22 % der deutschen Haushalte ein 3D-fähiges Gerät aufweisen.[21] Für einen Durchbruch im Home Entertainment als massenmarktfähige Innovation lässt sich 3D-TV noch nicht betrachten, da es bisher vergleichsweise wenig Inhalte gibt, die sich nur im Pay-TV erwerben lassen.[22]
Als wesentlicher Erfolgsfaktor des Sendebetriebs in Deutschland ist die Distribution der Programme zu identifizieren. Die Reichweite eines Programms bildet hierbei die Basis für die Wahrnehmung eines Fernsehsenders. Die theoretische Wahrscheinlichkeit, dass ein größeres Publikum mit einem Programm erreicht wird, steigt oder fällt mit der technischen Verbreitung eines Senders. Für die Distribution eines TV Signals und der damit angeschlossenen Programme wird sich folgender Kanäle bedient: Übertragung über Satellit, Kabel, Terrestrik oder Internet Protocol Television (IPTV). Am weitesten in Deutschland verbreitet sind die Übertragung per Satellit und Kabel mit jeweils ca. 46 %. Deutlich dahinter folgen die Terrestrik mit 9,7 % und schließlich die Distribution über IPTV mit stagnierenden 4,8 %.[23] Die Distribution gilt als größter Kostenblock eines digitalen TV Senders, weshalb eine klare Strukturierung zu einer effizienten Balance zwischen Reichweite und Kosten beitragen kann.[24]
In den Distributionswegen ist der Endspurt der Digitalisierung deutlich zu erkennen. Gemäß dem Digitalisierungsbericht 2015 wird Digitales Fernsehen seit der Abschaltung der analogen Ausstrahlung über Satellit 2012 zu 100 % via Satellit und mittlerweile zu 72,5 % via Kabel empfangen. Eine mögliche Abschaltung des analogen Empfangs per Kabel wird für das Jahr 2018 erwartet. Bis dahin gilt es, den knapp 4,5 Mio. deutschen Haushalten mit rein analogem Empfang den Weg zu einem digitalen Fernsehkonsum zu ebnen, da die Kabelnetze innerhalb Deutschlands längst komplett digital ausgebaut sind. Die wichtigsten Plattformen im Kabelnetz sind Kabel Deutschland, Unitymedia KabelBW und TeleColumbus.[25]
Die Digitalisierung wird auch im Videomarkt (auch Home Entertainment Markt) bei der Betrachtung der aktuellen Konstellation der verschiedenen Verbreitungswege und deren Umsätze deutlich erkennbar. Der deutsche Videomarkt umfasst den Verkauf bzw. Verleih von Filmen und Serien in unterschiedlichen Formen für den Konsum zuhause. Zu den gängigen Formaten im Home Entertainment zählen die DVD, die Blu-ray sowie das aufstrebende Angebot Video-on-Demand, während die VHS-Kassette (= Video-Home-System) im gegenwärtigen Markt keine Beachtung mehr findet. Der Gesamtumsatz des Videomarktes belief sich im Jahr 2015 auf 1,836 Mrd. €, von denen zwei Drittel weiterhin über den physischen Verkauf von DVDs und Blu-rays generiert werden. Obwohl sich der gesamte Videomarkt auf einem recht hohen Niveau bewegt, sind die Umsätze der DVD leicht rückläufig und können vom stagnierenden Verkauf der moderneren Blu-ray nicht aufgefangen werden. Zuwächse werden nur im digitalen Bereich On-Demand erzeugt, der mit 423 Mio. € mittlerweile für fast ein Viertel der Gesamtumsätze im Videomarkt verantwortlich ist. Zudem ist im physischen Leihmarkt weiterhin ein massiver Rückgang zu verzeichnen, was aus einem Abbau der Videotheken resultiert.[26]
2.3 Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten in Bezug auf Film- und Fernsehkonsum
Die aktuellen Begebenheiten des Video- und Fernsehmarktes sind zum Teil auf die unbefriedigten Bedürfnisse der Konsumenten zurückzuführen, was sich in einer Änderung des Konsumverhaltens ausdrückt, jedoch gleichzeitig ein Antrieb für weitere Veränderungen innerhalb des Marktes darstellt.
Das aktuelle Angebot im linearen Fernsehen ist durch eine Programmvielfalt gekennzeichnet, die sich in einer Vielzahl an Voll- und Spartenprogrammen mit divergierenden Inhalten zu Bildung, Information und Unterhaltung äußert. Diese Inhalte werden mittels unterschiedlicher Sendungsformen im deutschen Fernsehen ausgestrahlt. Zu diesen Formen zählen Nachrichtensendungen, Live-Übertragungen, Magazinsendungen, Dokumentationen, Wissenschafts- und Bildungssendungen, Unterhaltungsshows, Talkshows, Sportsendungen, Fernsehfilme und -serien, Kinospielfilme sowie Kindersendungen.[27]
Dennoch werden die Wünsche der Konsumenten nur teilweise abgedeckt. Laut der Justiziarin und stellvertretenden Intendantin des Westdeutschen Rundfunks Eva-Maria Michel besitzt der Zuschauer aufgrund der Digitalisierung der Verbreitungswege mehr Auswahl im Medienkonsum denn je. Eine steigende Fragmentierung der Angebote geht mit einer Individualisierung der Mediennutzung einher. Das lineare, vorgesetzte Programm muss vom Zuschauer nicht widerspruchslos konsumiert werden, sondern kann nach Bedarf selbst zusammengestellt werden.[28] Zusätzlich wird durch die Fragmentierung der Medienangebote die gesamte Medienlandschaft undurchsichtiger und die Ansprüche an den Nutzer selbst steigen, da er interagieren muss. Die Individualisierung in der Mediennutzung weist nach Michel folgende Merkmale auf: eine Vielzahl an Angeboten und Verbreitungswegen, die Möglichkeit, zeit- und ortsouveräner Nutzung, die Möglichkeit des Einzelnen, interaktiv zu reagieren.[29]
Ein weiteres individuelles Bedürfnis sind kollektiv gemachte Erfahrungen. Insbesondere Sport-Events und Großveranstaltungen wie beispielsweise eine Fußball-Weltmeisterschaft haben gezeigt, dass sich der Konsument danach sehnt, Erfahrungen in einer Gemeinschaft zu erleben.[30] Neben kollektiven Rezeptionsformen wie einer Kino- oder Theatervorstellung gibt es zeitgleiche, jedoch räumlich getrennte Formen, wie sie beispielsweise beim Radio und im Fernsehen zu erkennen sind. Durch die zeitgleiche Mitnutzung anderer Personen, die jedoch örtlich voneinander getrennt sind, entsteht so eine Imaginierung der Gesellschaft, eine fiktive Gruppierung.[31] Letztendlich geht es beim Filmkonsum um die Befriedigung der zentralen Bedürfnisse nach Information und Unterhaltung sowie um die Interessen jedes einzelnen Individuums innerhalb einer Gesellschaft.[32]
Als wesentliche Wünsche und Bedürfnisse der Konsumenten in Bezug auf Film- und Fernsehkonsum können zusammenfassend folgende Aspekte genannt werden:
- Individualisierung
- Vielzahl an Angeboten und Verbreitungswegen
- Zeit- und ortsouveräne Nutzung
- Interaktivität
- Kollektiverfahrungen
- Information und Unterhaltung
- Eigene Interessen
Wie sich diese Aspekte im Konsumverhalten der Nutzer äußern, wird in Kapitel 4 erläutert.
[...]
[1] Hasebrink 2009, S. 12.
[2] Vgl. DATACOM Buchverlag GmbH (Hrsg.) 2016.
[3] Der Home Entertainment-Markt, auch Videomarkt genannt, im Sinne der Filmindustrie umfasst alle Möglichkeiten, Videoinhalte per Kauf oder Leihe zuhause zu konsumieren. Zu den Distributionswegen im Home Entertainment zählen die DVD, die Blu-ray und das digitale Video-on-Demand-Angebot.
[4] Vgl. Hickethier 2010, S. 248.
[5] Hickethier 2010, S. 248.
[6] Vgl. Wendling, Eckhard 2012, S. 29 f.
[7] Leo Kirch war als deutscher Medienunternehmer maßgeblich am Aufbau des deutschen Privatfernsehens und Pay-TVs beteiligt. Seine Kirch-Gruppe galt bis zu deren Insolvenz Anfang der 2000er Jahre als einer der größten Medienkonzerne Deutschlands.
[8] Vgl. Hickethier 2010, S.255.
[9] Vgl. Hickethier 2010, S. 271.
[10] Vgl. Hickethier 2010, S. 272.
[11] Vgl. Berger, 2008, S. 65.
[12] Vgl. Hickethier 2010, S. 272 f.
[13] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Hrsg.) 2015, S. 4-6.
[14] Eine ausführliche Erklärung der Funktion der Landesmedienanstalten folgt in Kapitel 3.1.3.
[15] Das duale Rundfunksystem beschreibt die Koexistenz der öffentlich-rechtlichen und der privatrechtlichen Sendeanstalten. In Kapitel 3.1.1 erfolgt eine detaillierte Beschreibung.
[16] Vgl. Goldmedia GmbH Strategy Consulting (Hrsg.) 2015, S. 38-40.
[17] Vgl. Hickethier 2010, S. 272.
[18] Vgl. Statistisches Bundesamt (Hrsg.) 2016.
[19] Vgl. Martens/Barthel 2015, S. 85.
[20] Vgl. die medienanstalten – ALM GbR (Hrsg.) 2015a, S. 46-51.
[21] Vgl. Martens/Barthel 2015, S. 130.
[22] Vgl. Martens/Barthel 2015, S. 131.
[23] Vgl. die medienanstalten – ALM GbR (Hrsg.) 2015a, S.45 f..
[24] Vgl. Apfel/Hampel 2013, S. 49-51.
[25] Vgl. die medienanstalten – ALM GbR (Hrsg.) 2015a, S. 40-42.
[26] Vgl. GfK 2016, S. 13 f..
[27] Vgl. Hickethier 2010, S. 281-284.
[28] Vgl. Michel 2009, S.5 f.
[29] Vgl. Michel 2009, S.7 f.
[30] Vgl. Michel 2009, S. 9.
[31] Vgl. Hickethier 2010, S. 233 f.
[32] Vgl. Michel 2009, S. 9.
- Quote paper
- Alexander Dickopf (Author), 2016, Lineares Fernsehen versus On-Demand. Was ein verändertes Konsumverhalten für die Zukunft beider Verbreitungswege bedeutet, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/323659
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