Der „Reformkanzler“ und seine „Reformregierung“ geben Gas: Unter der Devise „Speed kills“ soll Althergebrachtes gründlich erneuert, modernisiert werden. Dass die in ihrem Selbstverständnis konservativen Koalitionäre nun die eigentlich traditionell progressive Oppositionspartei SPÖ als einen Haufen „alter Bewahrer“ betiteln, zeichnet ein bezeichnendes Bild der momentanen Situa tion. 1
Einer Regierung aus Erneuerern, die behauptet, mittels der Durchführung dringend notwendiger Maßnahmen nicht nur den Sozialstaat sondern ganz Österreich vor dem Verfall retten zu wollen, steht eine offenbar ziemlich hilflose Sozialdemokratie gegenüber, die, wohl auch hervorgerufen durch eine katastrophale Kommunikationspolitik, für die die Riege um Vorsitzenden Alfred Gusenbauer verantwortlich ist, in der Bevölkerung als machtlose Verhindererin dieser erforderlichen Schritte dasteht.
Mit der Budgetkonsolidierung, während derer die Marke „Nulldefizit“ als Geniestreich des politischen Marketing etabliert wurde, setzte die Regierung die ersten einschneidenden Veränderungen in der österreichischen Innenpolitik und stieß auf heftigen Widerstand in der Opposition. Stufe 2 der nationalen Verwirrung wurde mit der Ausrufung der Pensionsreform gezündet, gegen die Hunderttausende auf die Straßen gingen. Die Steuerreform, zu der sich die Regierungsparteien erst vor kurzem durchringen konnten, verursachte trotz o ffensichtlicher Bevorzugung der umsatzstarken Unternehmer (Kapitalgesellschaften) gegenüber Kleinverdienern weniger Wind, der Widerstand scheint endgültig gebrochen.
Doch, wie sehen die Konzepte zu diesen kontroversiellen Themen, so vorhanden, der größten Oppositionspartei aus, welche sie im Falle einer Regierungsbeteiligung umsetzen würde? Dieser zentralen Frage soll in dieser Arbeit nachgegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Fragstellung
2. Budgetpolitik
2.1 Die Budgetpolitik der Regierung
2.2 Budgetpolitik der SPÖ
2.2.1 „Wachstum ohne Schulden“ – aus dem Wirtschaftsprogramm der SPÖ
3. Pensionspolitik
3.1 Aktuelle Problemlage
3.2 Das Pensionsmodell der SPÖ
4. Steuerreform
4.1 Die Steuerreform von Schwarz-Blau
4.2 Das Gegenkonzept der SPÖ
5. Literatur
1. Fragstellung
Der „Reformkanzler“ und seine „Reformregierung“ geben Gas: Unter der Devise „Speed kills“ soll Althergebrachtes gründlich erneuert, modernisiert werden. Dass die in ihrem Selbstverständnis konservativen Koalitionäre nun die eigentlich traditionell progressive Oppositionspartei SPÖ als einen Haufen „alter Bewahrer“ betiteln, zeichnet ein bezeichnendes Bild der momentanen Situation.[1]
Einer Regierung aus Erneuerern, die behauptet, mittels der Durchführung dringend notwendiger Maßnahmen nicht nur den Sozialstaat sondern ganz Österreich vor dem Verfall retten zu wollen, steht eine offenbar ziemlich hilflose Sozialdemokratie gegenüber, die, wohl auch hervorgerufen durch eine katastrophale Kommunikationspolitik, für die die Riege um Vorsitzenden Alfred Gusenbauer verantwortlich ist, in der Bevölkerung als machtlose Verhindererin dieser erforderlichen Schritte dasteht.
Mit der Budgetkonsolidierung, während derer die Marke „Nulldefizit“ als Geniestreich des politischen Marketing etabliert wurde, setzte die Regierung die ersten einschneidenden Veränderungen in der österreichischen Innenpolitik und stieß auf heftigen Widerstand in der Opposition. Stufe 2 der nationalen Verwirrung wurde mit der Ausrufung der Pensionsreform gezündet, gegen die Hunderttausende auf die Straßen gingen. Die Steuerreform, zu der sich die Regierungsparteien erst vor kurzem durchringen konnten, verursachte trotz offensichtlicher Bevorzugung der umsatzstarken Unternehmer (Kapitalgesellschaften) gegenüber Kleinverdienern weniger Wind, der Widerstand scheint endgültig gebrochen.
Doch, wie sehen die Konzepte zu diesen kontroversiellen Themen, so vorhanden, der größten Oppositionspartei aus, welche sie im Falle einer Regierungsbeteiligung umsetzen würde? Dieser zentralen Frage soll in dieser Arbeit nachgegangen werden.
2.Budgetpolitik
2. 1 Die Budgetpolitik der Regierung
In seiner ersten Regierungserklärung erläuterte Wolfgang Schüssel die Notwendigkeit einer restriktiven Budgetpolitik - Österreich brauche ein stabiles Budget. Die Stabilität des Staatshaushaltes sei die Kernaufgabe dieser Bundesregierung, weil die Schulden von heute die Steuern von morgen seien. Niemand könne auf Dauer mehr ausgeben als er einnimmt. Ein ausgeglichener Bundeshaushalt sei nicht zuletzt eine Verpflichtung gegenüber Europa und unserer gemeinsamen Währung, des Euro.[2]
Damals hielt sich der frisch gebackene Kanzler noch bescheiden und sagte, er wolle das Budgetdefizit bis zum Jahr 2005 auf 1,5 Prozent des BIP senken. Er behauptete, die Maßnahmen dafür würden größtenteils durch Einsparungen getroffen und die Bundesregierung werde bei sich selbst anfangen. Die Bundesminister würden zum Beispiel ihre Kosten bei den Ermessensausgaben, der Öffentlichkeitsarbeit und Repräsentationsausgaben deutlich senken.[3] Eine Vorgabe, die sich im Rückblick in Anbetracht von Ausgabeexzessen einiger Regierungsmitglieder, die offenbar der Selbstdarstellung dienen, vor allem durch Karl-Heinz Grasser[4] und Benita Ferrero-Waldner[5], heute skurril anhören mag.
Budgetkonsolidierung sei jedoch kein Selbstzweck. Eine rasche und nachhaltige Budgetkonsolidierung sichere vielmehr den Wirtschaftsstandort Österreich und damit die hohe Beschäftigung sowie nachhaltiges Wirtschaftswachstum, die Kreditwürdigkeit Österreichs auf den internationalen Kapitalmärkten, günstigere Zinssätze für Investitionen des Staates, der Wirtschaft und der Konsumenten, den Haushaltsspielraum für Zukunftsaufgaben (Forschung, Technologie, Infrastruktur) und somit Österreichs Zukunft. [6]
2.2 Budgetpolitik der SPÖ
2.2.1 „Wachstum ohne Schulden“ – aus dem Wirtschaftsprogramm der SPÖ
In dem – vorhandenen – Konzept zur Budget-, Wirtschafts- und Steuerpolitik verfolgt die SPÖ laut ihrem Wirtschaftsprogramm das Ziel „faire Chancen für alle“ und dafür folgende Hauptzielsetzungen zu erreichen:
- Schaffung von Arbeitsplätzen
- neues Wirtschaftswachstum
- Stärkung des Wirtschaftsstandorts Österreich
- faire Verteilung der Steuerlast
- faire Verteilung der Sozialversicherungsbeitragsleistungen
- Verlagerung steuerlicher Belastungen vom Faktor Arbeit auf die ökologisch bedenkliche Ressourcenverwendung
- Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen
- Anhebung der Frauen- und Alterserwerbsquote
- faire Wettbewerbsverhältnisse in allen Bereichen der Wirtschaft (also auch bei den freien Berufen, in der Gewerbeordnung, im Genossenschaftswesen oder der Abfallwirtschaft)
Daran anschließend jedoch bekennt sich die SPÖ in der Budgetpolitik nun „zum Prinzip der über den Konjunkturzyklus und unter Beachtung der Langfristigkeit staatlicher Investitionen ausgeglichenen öffentlichen Haushalte.“[7]
Investitionen in die Zukunft der österreichischen Volkswirtschaft– insbesondere in die Infrastruktur des Landes – müssten dabei ein besonderer Schwerpunkt sein und dürften nicht einem inhaltsleeren Fetischbegriff „Nulldefizit“ geopfert werden. Die Budgetpolitik habe auch bei Beachtung des Prinzips ausgeglichener Haushalte die Aufrechterhaltung und den Ausbau der öffentlichen Sozialsysteme und des Bildungssystems zu gewährleisten. Die SPÖ sei sich aber bewusst, dass sich der Staat nicht alles leisten kann und dass die entsprechende Haushaltsdisziplin eingehalten werden müsse.[8]
3. Pensionspolitik
3.1 Aktuelle Problemlage
Aller politischen Lager in Österreich stimmen darin überein: Das österreichische Pensionssystem ist in Gefahr. Die nachhaltige Veränderung verschiedener Faktoren, auf denen das System beruht, gefährdet seine längerfristige Finanzierung.
Zum einen, ein in der öffentlichen Debatte wenig beachteter Punkt, basiert die Finanzierung auf den Lohnnebenkosten, die arbeitende Menschen teilweise an die Pensionsversicherung abführen. Diese Gelder fließen nur, wenn es auch tatsächlich Arbeit gibt. In Österreich nahm, der bisher im Grunde ungebrochene Anstieg der Arbeitslosigkeit spätestens 1981 seinen Beginn. Trotzdem befinden sich hier im Vergleich zu anderen europäischen Ländern die Arbeitslosenquoten seit jeher auf einem niedrigeren Niveau, was darauf zurückzuführen ist, dass sich in Österreich Konjunkturtäler weniger fatal auf den Arbeitsmarkt auswirkten als anderswo. Der dennoch steigende Trend ist darauf zurückzuführen, dass sich die Arbeitslosenquoten nach dem Durchschreiten der Wellentäler nicht mehr auf ihr ursprüngliches Niveau erholen konnten.[9] Die Arbeitslosenrate in Österreich betrug im Jahr 2002 unter Heranziehung der nationalen, „ehrlicheren“ Berechnungsart, 6,9 Prozent.[10]
[...]
[1] Vgl. Richter-Trummer, Teresa, Worte als Waffen, in: Kurier, Wien, Ausgabe vom 5. Jänner 2004.
[2] Vgl. Schüssel, Wolfgang, in der Regierungserklärung 2000, Seite 11.
[3] Ebd.
[4] Vgl. beispielsweise: Der Standard, Minister Grassers Ausgaben für Werbung unter Beschuss, Ausgabe vom 13. Juni 2003, Wien.
[5] Vgl. beispielsweise Lackner, Herbert et al, in: profil, Was gibt’s da zu Lächeln?, Ausgabe vom 19. Jänner 2004, Wien.
[6] Bundesministerium für Finanzen, Hg., 2000, Budgetprogramm 2000 – 2003 – Programm der Österreichischen Bundesregierung, Wien, Seite 7.
[7] Sozialdemokratische Partei Österreichs, Hg., 2003, "Wachstum ohne Schulden" - das Wirtschaftsprogramm der SPÖ, Wien, Seite 3.
[8] Vgl. ebd.
[9] Vgl. Tálos, Emmerich, 1999, Atypische Beschäftigung in Österreich, in: Tálos, Emmerich (Hg.), 1999, Atypische Beschäftigung, Wien, Seite 254.
[10] Vgl. Mahringer, Helmut, 2003, 2002 starke Steigerung der Arbeitslosigkeit bei sinkendem Beschäftigungsniveau, WIFO-Publikation, Wien.
- Arbeit zitieren
- Mag. Hannes S. Auer (Autor:in), 2004, Pensionsreform, Steuerreform, Budgetpolitik: Gegenkonzepte der österreichischen Sozialdemokratie zu Reformvorhaben der ÖVP-FPÖ-Regierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/32350
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